Kapitel 6: Lucille
Sie schläft den ganzen Tag und die ganze Nacht durch. Als sie aufwacht, ist Negan weg. Scheinbar schon eine Weile, denn das Laken neben ihr ist kühl. Sie riecht aber immer noch den Schweiß und den Staub und sein Aftershave. Da bemerkt sie, dass sie auch nicht gerade gut riecht. Wann hat sie sich das letzte Mal gewaschen? Vor zwei Tagen? Dann sieht sie Dr. Carson, der irgendetwas auf einen Notizblock kritzelt. Er bemerkt, dass sie wach ist. "Wie sind die Schmerzen?", fragt er. "Akzeptabel.", entgegnet Eden. Das stimmt. Ihr Gesicht spannt enorm, aber tut nicht mehr wirklich weh. Nur der Schmerz in der Schulter ist noch ziemlich stark. "Du hast großes Glück. Ich dachte, die Schmerzen fallen viel heftiger aus. Dann lass ich dich jetzt allein." "Äh...Dr. Carson? Ich würde mich gerne mal waschen...wo...?" "Negan hat ein eigenes Badezimmer, das kannst du benutzen. Ich schicke dir jemanden." Dann ist er verschwunden.
Er schickt tatsächlich Reena. Die dreht beinahe durch, als sie Eden sieht. "Oh mein Gott!", ruft sie vollkommen entsetzt aus, "Was hast du nur angestellt?" Eden erzählt Reena von ihrem mehr oder weniger erfolgreichen Fluchtversuch, während diese vorsichtig Edens Haare wäscht. Reena schüttelt nur immer wieder mit dem Kopf und hilft Eden, sich zu waschen. "Jetzt fühle ich mich wieder wie ein Mensch", seufzt Eden erleichtert als sie fertig sind. Sie betrachtet und betastet ihr Gesicht im Spiegel. Ihre rechte Gesichtshälfte ist angeschwollen und schillert in den buntesten Farben. Von tiefviolett bis gelb ist alles vertreten. Auf der Stirn hat sie eine ansehnliche Platzwunde, genauso auf dem Nasenrücken. Es ist ein Wunder, dass ihr nicht die Nase oder der Kiefer gebrochen wurde. Und dass sie nur einen Backenzahn verloren hat. "Meinst du nicht, dass mein blaues Gesicht meine grünen Augen hervorhebt?", fragt Eden scherzhaft. Reena ist so still und hat kaum etwas gesagt. Sie sieht Eden nur kopfschüttelnd an. "Reena. Es tut mir leid! Wirklich! Habt ihr wegen mir Ärger?" Reena schüttelt erneut den Kopf. "Ich muss wieder.", sagt sie dann. "Reena, bitte, geh noch nicht.", bettelt Eden, "Und sag mit endlich, warum du sauer bist!" Aber sie bekommt keine Antwort, Reena bringt Eden schweigend zurück in Negans Schlafzimmer.
"Reena. Sag mir, was ich falsch gemacht habe.", bittet Eden erneut, als Reena sich zum Gehen wendet. Wütend dreht sie sich um.
"Das fragst du noch? Du bist so verdammt egoistisch, Eden. Du warst weg und dann sagte irgendjemand, dass du abhauen wolltest. Und dass Negan dich getötet hat. Weißt du, wie Dylan geheult hat? Ist dir überhaupt aufgefallen, dass er total in dich verknallt ist? Ist dir bewusst, was wir in den letzten Stunden durchgemacht haben? Welche Vorwürfe wir uns gemacht haben, weil wir nichts bemerkt haben? Und dann kommt da vorhin Dwight zu mir und meint, ich soll einer von Negans Frauen helfen. Und dann bist du das! Und siehst aus als hätte er dich mit einem Vorschlaghammer bearbeitet! Ernsthaft, Eden? Er tut dir das hier an und du heiratest ihn? Das ist krank!", schreit sie. Eden weiß nicht, was sie sagen soll. Sie hat nicht eine Sekunde bedacht, wie die ganze Situation für Reena und Dylan gewesen sein muss. Ihr war nicht bewusst, dass sie den beiden so viel bedeutet. "Es tut mir wirklich leid. Es stimmt, ich war egoistisch..." Reena schneidet ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. "Spar dir das, Eden. Du bist am Leben und das zählt.", sagt sie und will gehen. "Willst du ihn wirklich heiraten?", fragt sie dann noch leise. Eden fällt das bizarre Gespräch ein, welches sie mit Negan geführt hat. Ihr Entschluss, ihn zu töten. Und der damit verbundene Umstand, dass sie ihn heiraten wird. Jetzt, vor Reena, ist ihr das furchtbar peinlich. Und absurd. Wie will sie das eigentlich machen? Wie soll sie es mit ihm aushalten? Allein der Gedanke, dass er sie anfasst...
"Er war das nicht. Mit meinem Gesicht, meine ich. Das war Davie, nehmt euch vor dem in Acht..."
"Wir passen schon auf. Also?"
"Ja. Ich weiß, das kommt dir sicherlich wie Verrat vor...aber wenn ich schon hier bleiben muss, dann..." Eden weiß nicht, wie sie das erklären soll. Ihr kommt ihr ganzes Vorhaben ja selbst vollkommen absurd vor. "Ich verstehe dich- irgendwie zumindest.", sagt Reena nur, "Ich weiß nur noch nicht, wie ich's Dylan sagen soll." Im nächsten Augenblick ist sie verschwunden. Eden fühlt sich furchtbar. Sie hat die einzigen Menschen verletzt, denen sie auf dieser Welt noch etwas bedeutet.
Negan erscheint gegen Abend froher Dinge im Schlafzimmer. "Ich hab den Doc mal gefragt, wie lange du noch aussiehst wie Frankensteins Monster. Und wie lange es dauert, bis wir beide in der Hochzeitsnacht unseren Spaß haben können. Er meinte, du brauchst mindestens vier Wochen. Dann haben wir wohl einen Hochzeitstermin.", begrüßt er sie und spielt dabei mit seinem Baseballschläger.
"Toll!", entgegnet Eden und versucht dabei, leider erfolglos, begeistert zu klingen. Sie unterdrückt ein Schaudern. Er ignoriert das großzügig. "Und ich habe mir überlegt, was ich bis dahin mit dir mache.", sagt er bedeutungsvoll, "Ich gehe mal davon aus, dass du mir, wenn ich dich weiterhin Punkte sammeln lasse, in der Hochzeitsnacht den Schwanz abreißen wirst.", er kichert vergnügt, "Daher dachte ich, dass du meinen Frauen ein wenig behilflich sein könntest. Dann lernt ihr euch schon mal kennen, werdet dicke Freunde und so. Sie werden dir sicherlich nicht zu viel zumuten, sie haben ja Augen im Kopf.
Und da ich ja jetzt weiß, dass du gerne mal frische Luft schnappst, nehme ich dich ab und an mit raus. Aber nur, wenn ich dabei bin, wenn es nicht gefährlich ist und du tust, was ich sage. Und du bleibst bei der Backup-Gruppe.", er sieht sie erwartungsvoll an.
"Backup-Gruppe?"
"Wenn wir unsere Sachen von anderen Gruppen abholen, bleibt immer eine Gruppe draußen. Sollten wir da drinnen überwältigt werden, können die uns dann da rausholen. Ich dachte mir, du könntest bei dieser Gruppe bleiben und dich währenddessen ein wenig umsehen..."
"Ich soll spionieren?"
"So in der Art. Ich will wissen, ob vor mir etwas verheimlicht oder versteckt wird. Du könntest mir da sehr nützlich sein."
"Verstehe."
"Aber ich muss dir vertrauen können. Wenn wir jedes Mal, damit beschäftigt sind, dich wieder einzufangen, wird das nichts.", meint er eindringlich.
"Ich werde nicht weglaufen." Nicht bevor ich dich getötet habe, fügt sie gedanklich hinzu.
Er sieht sie misstrauisch an. Scheinbar überzeugen ihn ihre Versprechungen nicht besonders. Was überzeugt jemanden wie Negan?
Sie greift nach seinem Baseballschläger. Verdutzt überlässt er ihn ihr. "Ich schwöre es auf Lucille.", sagt Eden ernst, "Ich werde nicht weglaufen. Sollte ich es doch versuchen, darfst du mir damit höchstpersönlich die Birne einschlagen."
Ein breites Grinsen breitet sich auf Negans Gesicht aus. "Ihr nehme dich beim Wort.", sagt er und meint es bitterernst, "Und-", er beugt sich nach vorne, damit er ihr ins Ohr flüstern kann, "Du siehst verdammt heiß aus mit Lucille."
In den nächsten Tagen lernt Eden Negans drei Frauen kennen: Carla, Tyra und Nancy. Alle drei sind herausragend schön, jede aus auf ihre Art. Sie geben Eden einen Einblick, was auf sie zukommt, wenn sie Negans Frau wird. Sie bekommt ein eigenes Zimmer, welches sie jetzt bereits beziehen darf. Sie wird nicht arbeiten müssen, erhält alles was sie braucht. Sie wird ein Leben führen, welches dem vor dem Ausbruch des Viruses ziemlich nahe kommt. Meistens sitzen Negans Frauen aber gelangweilt, in heißen Dessous in ihrem Wohnzimmer herum. Das ist nicht das Leben, welches Eden jemals für sich gewählt hätte.
"Wir fahren heute nach Hilltop.", verkündet Negan eines Morgens. Eden ist wieder ziemlich fit. Ihr rechter Arm ist noch nicht voll einsatzfähig und ihr Gesicht noch etwas bunt, aber ansonsten geht es ihr gut. Noch zwei gute Wochen bis zur Hochzeit. Negan hat sie in den letzten Tagen kaum zu Gesicht bekommen, er war viel unterwegs. "Bist du bereit?", fragt er und mustert sie. "Ja.", sagt sie. Er nickt. "Kann ich mich auf dich verlassen? Kein Blödsinn?", fragt er streng. Eden nickt ernst. "Absolut." "Ich schwöre dir, wenn du rumzickst...", beginnt er. "Ich hab's versprochen.", unterbricht sie ihn unwirsch, "Was soll ich noch machen, damit du mir vertraust?" Er seufzt. Dann zieht er eine kleine Waffe aus der Tasche. "Nimm den hier. Du kannst ja schießen."
"Nicht besonders gut, aber ja."
"Das dürfte ausreichen. Und nimm noch das hier." Er reicht ihr ein Messer. Nicht irgendein Messer, ihr Messer. Es ist das, welches Pete ihr damals abgenommen hat. Es fühlt sich wunderbar vertraut in ihrer Hand an.
"Danke.", sagt sie und umgreift das Messer freudig.
"Das Ding ist ziemlich scheiße.", meint er, "Aber wenn es dich so lange am Leben gehalten hat...muss es ja zu was nutze sein."
Hilltop ist eine kleine Gruppe ungefähr zehn Meilen westlich vom Sactuary entfernt. Die Gemeinschaft hat einen hohen Zaun um ein ehemaliges Museum gebaut, um die Beißer fernzuhalten. Dort leben ungefähr zwanzig Menschen, ihr Anführer heißt Gregory und er muss ein ziemlicher Kauz sein. Dies alles erfährt Eden auf dem Weg zur Gemeinschaft. "Und was wollen wir dort?", fragt sie Claudia, eine von Negans engsten Vertrauten. "Gregory will sich nicht an die Regeln halten. Wir haben ihm wiederholt kleine Nachrichten geschickt, aber er versteht immer noch nicht.", bekommt sie als Antwort. Sie versteht davon kein Wort. So richtig hat sie noch nicht verstanden, welche Vereinbarungen Negan mit diesen Gruppen hat. Soweit sie weiß, heißt der Deal: Die Saviors beschützen die andere Gruppe vor Beißern, halten die Verkehrswege sauber und sicher- und bekommen dafür Nahrung, Waffen und anderen Kram. Die Hilltopgemeinschaft ist ein wichtiger Lieferant von Nahrungsmitteln, Negan will auf diese Kooperation nicht verzichten.
"Eden.", knistert Negans Stimme in ihrem Funkgerät. Er sitzt in dem Truck, der vor ihnen fährt. "Wir sind gleich da. Ihr bleibt jetzt zurück, Claudia erklärt dir, was zu tun ist."
"Ey, Sir!", antwortet sie sarkastisch.
Der Lieferwagen, in dem sie sitzen biegt in einen Waldweg ab. Die anderen fahren weiter. Claudia ist ehemalige Polizistin und hat das Kommando über den achtköpfigen Backup-Trup. Sie verteilt die Aufgaben und die Saviors beziehen Stellung. "Du kommst mit mir.", sagt sie schließlich zu Eden. Eden folgt ihr gehorsam. Zu Fuß begeben sie sich nach Hilltop. Die vereinzelten Beißer, die ihren Weg kreuzen, töten sie schnell und lautlos. Dann sehen sie den Zaun der Hilltops. "Negan möchte, dass du hier ein bisschen rumschnüffelst.", sagt Claudia zu Eden, "Ich sorge dafür, dass du einen keinen Ärger mit den Beißern bekommst." "Darf ich aufs Gelände?", fragt Eden. "Ausdrücklich: Nein.", sagt Claudia bestimmt. "Wonach soll ich dann suchen?", fragt Eden irritiert. "Das hat er nicht gesagt." Großartig. Negan hat ihr also eine Beschäftigungstherapie verordnet. "Dann mach ich mal ne Runde ums Gelände.", schlägt Eden vor. Claudia nickt nur. "Und äh...treffen wir uns dann wieder hier?", fragt sie, da Claudia keine Anstalten macht, zu gehen. "Ich bleibe bei dir." Oh, noch besser, er hatte ihr betreuten Ausgang gewährt. "So funktioniert das nicht.", stellt Eden fest und stemmt die Hände in die Hüften, "Wie soll ich hier unauffällig rumspionieren, wenn du mir die ganze Zeit hinterherläufst?"
"Ich bin darauf auch nicht scharf.", entgegnet Claudia bissig, "Aber Befehl ist Befehl. Wenn was schiefgeht, bin ich dran."
"Wir machen es so: Wir treffen uns in dreißig Minuten dort.", sie deutet auf eine große Kiefer, "Es wird nichts schiefgehen. Ich bleibe in der Nähe. Der Trick an der Sache ist, dass man mich nicht sieht, weißt du." Claudia mustert Eden unsicher. Dann zuckt sie mit den Schultern und bezieht Stellung. Eden atmet auf. Endlich kann sie mal wieder allein sein. Und wenn es nur eine halbe Stunde ist.
Sie umrundet das Gelände und sucht nach Auffälligkeiten. Es gibt keine. Eden schaut auf ihre Uhr. Sie hat noch fast zwanzig Minuten. Der Zaun der Hilltops mag Beißer abhalten, aber wenn man geschickt ist, kommt man leicht darüber. Was solls. Was Negan nicht weiß, macht ihn nicht heiß.
Sie klettert auf einen Baum, dessen Äste über den Zaun reichen. Binnen Minuten ist sie auf der anderen Seite. Das Gelände ist wie ausgestorben. Wo sind denn alle? Dann hört sie einen Schrei. Sie folgt dem Laut.
Vor dem eleganten Museumsgebäude haben sich Saviors und Hilltops versammelt. Negan steht in der Mitte der Versammlung und hält eine seiner Reden. Durch die Entfernung kann Eden nicht genau hören, um was es geht. Seine Stimme klingt kalt. Ein paar Männer, wahrscheinlich Hilltops, knien vor ihm. Hinter ihnen stehen Saviors mit gezogenen Waffen. Negan beendet seine Rede und hält einen Moment inne. Dann schlägt er vollkommen unvermittelt mit seinem Baseballschläger zu. Und dann sieht sie, worauf er einprügelt: Ein Junge, der vor ihm kniet. Das Opfer ist noch nicht alt, höchstens 16. Ein Aufschrei geht durch die Hilltops. Negan holt erneut aus und lässt den Schläger auf den Jungen niederkrachen. Der Junge geht zu Boden. Negan sagt irgendetwas. Dann lacht er. Es ist ein kaltes, kehliges Lachen. Wieder und wieder kracht der Baseballschläger dumpf auf das am Boden liegende Opfer. Blut spritzt. Der Kopf des Jungen verwandelt sich immer mehr in eine blutige, matschige Masse. Die Hilltops sind verstummt. Sie starren nur noch voller Schrecken auf die Szenerie vor ihnen. Eden hat genug gesehen. Sie dreht sich um und sieht, dass sie wegkommt.
Sie hockt in ihrem Zimmer und starrt an die Wand. Noch nie hat sie sich so einsam gefühlt. Selbst als sie ein halbes Jahr völlig auf sich allein gestellt war, hatte sie nie das Gefühl allein zu sein. Aber jetzt...Sie fühlt sich das erste Mal hilflos. Ohnmächtig. Hoffnungslos.
Ihr zukünftiger Ehemann ist ein Monster. Sie wusste bisher, dass er grausam ist. Und emotionslos. Und dass er Menschen manipuliert und demütigt. Aber sie hatte bisher immer das Gefühl, dass er damit, zumindest ansatzweise, einen Sinn verfolgt. Sie hatte zwar kein Verständnis für seine Mittel, aber konnte seine Ziele nachvollziehen. Aber das heute... Das war entfesselte Brutalität. Eine sinnlose Demonstration von Macht. Es war schlichtweg unmenschlich. Und es hatte ihm Spaß gemacht. Er war danach völlig berauscht und euphorisch zum Truck zurückgekehrt. Von seinem Baseballschläger tropfte noch Blut. Er hatte sie angesehen und in seine Augen blitzte es. Sie hatte noch nie so viel Angst vor einem Menschen empfunden, wie in diesem Moment.
Es klopft. "Jetzt nicht!", faucht sie. Eden will jetzt mit niemandem reden. Außerdem trägt sie nur Unterwäsche. Die Tür öffnet sich trotzdem. Negan trägt Boxershorts und sieht verschwitzt aus. Er war wohl bei seinen Frauen. Scheinbar hat ihn das, was er heute getan hat, auch noch erregt. eden schüttelt sich vor lauter Ekel. "Welche beschissene Laune hast du denn?", fragt er und lässt seinen Blick schamlos über ihren Körper gleiten. Eden wickelt sich eine Decke um. Noch sind sie ja nicht verheiratet. Er lässt sich neben sie auf das Bett fallen. "Gefällt's dir hier?", fragt er. "Ja.", sagt sie, "Du weißt schon, was 'Nein' bedeutet, oder?"
Er lacht nur dreckig. "Genauso wenig, wie du.", entgegnet er. Eden zieht fragend eine Augenbraue hoch.
"Das war ein Test, Eden. Und du hast wirklich so verfickt nochmal gar nicht bestanden.", erklärt er. Also weiß er zumindest, dass sie nicht die ganze Zeit Claudias Schoßhündchen war. Weiß er auch, dass sie ihn gesehen hat?
"Willst du mir jetzt den Schädel einschlagen?", fragt sie monoton.
"Nein.", sagt er nur.
Sie starren beide schweigend vor sich hin. Seine Nähe wird immer unerträglicher.
"Du bist ihr so verdammt ähnlich.", sagt er plötzlich.
"Wem?"
"Lucille."
Sie starrt ihn entgeistert an. Ist er noch bei Sinnen?
"Ich erinnere dich also an deinen...Baseballschläger?", stellt sie sarkastisch fest.
"Nein.", sagt er und seine Augen sind das erste Mal, seit sie ihn kennt, nicht kalt. Sondern...traurig? Sie blinzelt erstaunt.
"Lucille war meine Frau.", sagt er nach einer Weile. "Ich hab sie am College kennengelernt, da war sie so alt wie du jetzt. Ich...ach, egal. Ich lass dich jetzt in Ruhe." Er steht auf und will gehen. "Wie ist sie gestorben?", fragt Eden leise.
"Krebs.", entgegnet er.
"Das tut mir leid.", sagt sie aufrichtig.
Er sieht sie an.
"Du hast mich gefragt, wie ich so geworden bin. Ein Teil von mir war schon immer so. Aber seit sie tot ist...fühle ich nichts mehr.", gesteht er. Er sieht sie an. "Ich werde dich niemals lieben. Das solltest du wissen."
Sie weiß nicht was sie sagen soll. Sie steht unsicher auf, greift nach seiner Hand. Keine Ahnung, was sie damit vorhat. Er zieht sie an sich, streicht ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann küsst er sie.
So schnell wie es begonnen hat, ist es auch schon wieder vorbei. Er löst sich von ihr. "Gute Nacht, Eden.", haucht er ihr noch ins Ohr und schiebt sie dann wieder ein Stück von sich weg. Dann geht er ohne ein weiteres Wort. Eden schaut ihm völlig irritiert hinterher.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top