Kapitel 17: Abschied

Ihr lieben Leute,

ich hoffe, ihr seid bereit, denn mit der romantischen Atmosphäre ist es jetzt erst einmal vorbei :-) In den letzten Tagen war ich sehr produktiv, es wird jetzt aber erst einmal ein wenig weniger werden, da ich einen neuen Job habe ;-) Also wundert euch nicht und seid nicht böse, wenn ich nur ein Mal die Woche update. Ich bin weiterhin glücklich über jeden Leser, jeden Kommentar, über jeden, dem die Geschichte gefällt! Haltet euch auch mit Kritik nicht zurück. Und habt Spaß!

😙Katha

Sie lässt ihr Messer über das Stück Holz schaben, sodass dicke Späne abspringen und auf den Boden fallen. Sie weiß noch  nicht, was es werden soll, aber so wie es bisher aussieht, wird es eine Spitze. Und zwar so eine, die man in Fleisch bohren kann. Er spioniert sie aus! Er dokumentiert fein säuberlich, was sie so den ganzen Tag tut. Es fehlen nur noch Einträge wie:

E: heute mit mir gefickt (yeah!), ca. ne halbe Stunde (mit Vorspiel), weil ich ein jämmerlicher Schlappschwanz bin, konnte dabei nur an meine Lucille und die Opfer, denen ich mit ihr den Schädel eingeschlagen habe, denken (Was stimmt denn nur nicht mit mir?)

Aber vielleicht gibt es derlei Notizen sogar, sie hat sie nur übersehen. Und als wäre dies nicht abartig genug, guckt er sich noch Bilder seiner Opfer an. Wie eine Trophäe. Wie eine liebsame Erinnerung. Oh man, dieser Mann ist so daneben. So verquer. So krank.
Und sie hatte fast ein schlechtes Gewissen, weil sie Dwight, Sherry und Tina hilft. Weil sie ihn verführt hat, um an Informationen zu kommen. Weil sie ihn, nachdem er ihr seine andere Seite gezeigt hat und ihr ein Stück ihrer Freiheit wiedergegeben hat, hintergeht.
Wahrscheinlich ist all das, was er in den letzten Tagen getan hat, nur eine neue Masche. Wahrscheinlich hat er aufgegeben, sie zu brechen und will sie jetzt um den Finger wickeln. Indem er ihr Honig ums Maul schmiert, ihr scheinbare Freiheiten und Privilegien einräumt und letztendlich ja doch bekommt, was er will. Und es funktioniert. Sie ist ins Zweifeln gekommen. Sie hat sogar eine Art Zuneigung empfunden. Sie ist auf ihn zugegangen und hat sich sogar die Mühe gemacht, ihm zu gefallen. 

Und sie hat noch nicht abgetrieben. Das ist wahrscheinlich sein größtes Ziel. Ihr das Gefühl zu geben, selbst entscheiden zu dürfen und zu können, aber sie letztendlich so zu manipulieren, dass sie tut, was er möchte.  Damit er sein heiß ersehntes Mini-Me bekommt. Ein Kind, dem er seine verqueren, perversen Ideen und Weltbilder beibringen kann. Warum hat sie das bisher noch nicht durchschaut? Warum hat sie sich von ihm einlullen lassen? Warum hat sie es bisher nicht einfach hinter sich gebracht? Dies ist keine Welt für ein Kind. Negan ist kein Vater, sie selbst keine Mutter. Der Fall ist glasklar. Sie tut diesem Wesen in ihr keinen Gefallen, wenn sie es leben lässt. Sie tut sich selbst keinen Gefallen. Nur Negan. Und der gewinnt immer.

Wenn sie das heute über die Bühne gebracht hat, wird sie zu Carson gehen und es machen lassen. Und dann wird sie es Negan unter die Nase reiben. Und dann wird sie endgültig von hier verschwinden. Dies ist auch kein Ort für sie. Sie vergisst sich hier selbst,wer sie ist und worauf es ankommt. Vielleicht wird sie ihr Steppenwolfdasein wieder aufnehmen und sich irgendwann eine Gemeinschaft suchen, die wirklich versucht, wieder eine Zivilisation aufzubauen. In der es noch Menschlichkeit gibt. In der sie nicht immer Angst haben muss, manipuliert, bespitzelt und entmündigt zu werden. In der sie wieder sie selbst sein kann. Und wenn es so etwas nicht mehr gibt, dann wird sie eben irgendwann allein und einsam sterben. Aber frei.

Sie schaut auf das Stück Holz. Es ist wirklich eine Art Pfahl geworden. Vielleicht wird er sich irgendwann in das Herz einer ganz bestimmten Person bohren. Man weiß ja nie.

Je näher der Abend rückt, umso nervöser wird sie. Negan weiß, dass sie sich gestern mit Dwight und Sherry getroffen hat. Was, wenn er etwas vermutet und sie jetzt besonders im Auge behalten lässt? Auf der anderen Seite tut er dies offensichtlich ohnehin. Sie muss trotzdem verdammt vorsichtig sein, sonst sind sie alle am Arsch. Mal wieder.

Es ist soweit. Sie packt ihre Skizze ein und ihr Messer. Für den Fall. Dann macht sie sich auf den Weg zum Nebengang. Wer hat sie dort gestern gesehen? Sie ist jetzt besonders auf der Hut und geht sicherheitshalber einen Umweg. Dwight, Sherry und Tina sind noch nicht da. Wo bleiben sie denn? Eden studiert derweil nochmal ihre Skizze. Sie hat eine Fluchtroute markiert, die ihr am sichersten erscheint. Wenn... Schritte. Sie verschwindet blitzschnell in einer Nische. Sie sind es! Sie haben Rucksäcke dabei und Dwight hat eine schwarze Tasche in der Hand, die Eden wage bekannt vorkommt.
"Da seid ihr ja endlich!", zischt Eden leise, "Seid ihr bereit?"  Die drei nicken zaghaft. Sie haben Schiss.
"Noch könnt ihr es lassen.", bemerkt Eden.
"Nein, können wir nicht.", sagt Dwight und hebt die schwarze Tasche hoch. Jetzt weiß sie, woher sie die kennt! Es ist eine von Carsons Taschen!
"Seid ihr verrückt?", entfährt es Eden, "Ihr habt Medikamente geklaut?"
"Sonst kommt Tina nicht weit.", entgegnet Sherry.
Eden starrt ungläubig auf die Tasche. Das ist nicht gut, gar nicht gut. Die Flucht von dreien seiner Leute, wird Negan ärgern, aber er wird sich deswegen nicht die Hände schmutzig machen. Aber sie haben ihn bestohlen und das ändert die ganze Sache gewaltig.
"Wenn er euch damit erwischt, dann...", beginnt sie und kann den Satz nicht beenden. Er wird sie töten. Zumindest Dwight. Der scheint sich dessen bewusst zu sein.
"Er darf uns eben nicht erwischen.", sagt er entschlossen.
Eden nickt. Jetzt ist es sowieso zu spät. Carson wird in zwei Stunden die Medikamente kontrollieren und dann wird er es merken. Sie haben jetzt also zwei verschissene Stunden, um so weit wie nur möglich wegzukommen.
"Wir müssen sofort los. Wir haben knapp zwei Stunden bis Carson den Diebstahl merkt.", sagt Eden schließlich.
"Wir?", fragt Sherry.
"Ich komme mit. Ich bring euch hier raus und lauf dann zurück. Wir haben nicht genug Zeit, damit ich euch alles erklären kann."
"Das musst du nicht..."
"Ich steck da jetzt mit drinnen. Los jetzt!" Eden schiebt Sherry zum Ausgang. Es geht los.

Ihre Fluchtroute ist zunächst derselbe Weg, den Eden damals gegangen ist, aber dann müssen sie einen kleinen Bogen um das Fabrikgelände machen und in nördliche Richtung gehen. Direkt vorbei an einem der Stützpunkte, der jetzt unbesetzt sein müsste. Und falls nicht, können sie sich vorbei schleichen. Hoffentlich. Ab dort müssen die Drei allein weiter. Und Eden hofft, dass sie dann schnell und möglichst unbemerkt zurück ins Santuary kommt.
Sie kommen zunächst gut voran, da sie zu viert und bewaffnet sind, sind auch die Beißer, die ihren Weg kreuzen, kein allzu großes Problem. Von herumstreunend Saviors werden sie auch verschont. Bisher.

Tina fällt immer wieder zurück. Sie ist blass und kraftlos. Eden packt ihren Arm und zieht sie mit sich. "Halt jetzt durch.", flüstert sie ihr zu. Tina nickt benommen. In Eden wächst immer mehr der Zweifel, ob sie überhaupt weit kommen. Als sie allein war,  war es leichter, unbemerkt an den Saviors vorbei zu kommen. Und dann ist da noch Tina... Falls sie es schaffen, falls sie an dem Stützpunkt vorbei kommen- werden sie es bis Alexandria schaffen? Dwight ist der einzige, der halbwegs gut kämpfen kann. Sherry könnte mit ein wenig Training eine akzeptable Kämpferin werden- sie hatte aber kein Training. Das, was sie hier tun, ist Wahnsinn!  Wie zur Bekräftigung ihrer Gedanken tauchen am Horizont Scheinwerfer auf. Shit! Hat Carson seine Medikamente heute früher überprüft? Sitzt Negan in diesem Wagen, der da direkt auf sie zukommt?
"Rüber in den Wald!", ruft Eden. Sie schlägt einen Haken und sprintet, Tina immer noch hinter sich her zerrend, in Richtung Wald. Soweit war sie damals auch gekommen. Sie erreichen den Wald, verschwinden hinter den Bäumen. Die Scheinwerfer ziehen an ihnen vorbei. Erst jetzt traut sie sich wieder zu atmen.
"Weiter! Wir müssten gleich am Stützpunkt sein.", sagt sie, als auch der Motor nicht mehr zu hören ist.

Der Stützpunkt ist ein kleines Häuschen am Waldrand. Davor parken zwei Wägen. Licht brennt. Es ist jemand da.
"Wartet hier.", befiehlt Eden und schwingt sich dann auf einen Baum, der ziemlich frei im Gelände steht. Es ist niemand draußen. Sie lässt sich wieder auf den Boden fallen.
Plötzlich greift eine Hand nach ihrem Bein, bekommt sie zu fassen. Es ist eine Frau. Oder besser gesagt: Es war mal eine. Stinkende, verfaulte Gedärme hängen dort, wo ihr Unterleib sein müsste. Sie hat Edens Wade gepackt und ihr Maul schnappt geifernd nach ihrem Fleisch. Eden tritt ihr, so fest sie kann, ins Gesicht. Ihr Fuß steht jetzt in grau-grünem Glibber, der scheinbar mal das Gehirn dieser Frau war. Angewidert zieht sie ihr Bein aus dem Schädel des Beißers, die Hand, die immer noch ihr Bein umklammert löst sich und fällt zu Boden. Wo sind die anderen? Als Antwort auf diese Frage ertönt ein Schuss.

Sie sind umzingelt von fünf oder sechs Beißern. Sie sind wirklich keine Kämpfer. Zu dritt müsste man locker mit mit einer solchen Menge Beißer fertig werden. Dwight hat die Waffe gezogen. "Du kannst doch hier nicht rumballern.", ruft Eden und schnappt sich den ersten Beißer. dann den zweiten. Wie immer, wenn sie draußen ist, wenn sie kämpft, vergisst sie alles um sich herum. Es gibt nur sie und ihr Messer. Die Dynamik von Leben und Tod. Nach wenigen Minuten sind alle Beißer tot. Kommen die Saviors schon? Sie müssen doch den Schuss gehört haben!  
Da bemerkt Eden, dass die anderen sie verstohlen von der Seite anblicken. "Was?", fragt sie.
"Du...du liebst es, zu töten.", sagt Tina nach einer Weile. Es ist Frage und Feststellung zugleich. Ja, für solche Dinge haben sie jetzt wirklich Zeit. "Ich tue, was ich tun muss.", entgegnet Eden nur.
"Du solltest mit uns kommen.", sagt Dwight.
"Wieso 'sollte'?", fragt Eden scharf. Was wollen die jetzt von ihr? Riskiert sie hier nicht gerade ihren Arsch, um ihnen zu helfen? Und anstatt die Beine in die Hand zu nehmen, stehen sie hier und machen doppeldeutige Bemerkungen. Sherry und Dwight tauschen einen Blick.
"Du hast dich verändert.", sagt Sherry dann, "Du solltest nicht im Santuary bleiben. Sonst wirst du irgendwann wie er..." Jetzt wird es wirklich lächerlich! Eden entfährt ein bitteres Lachen.
"Ihr wisst doch gar nicht, wie ich bin. Und wenn ihr es wüsstet, dann würdet ihr nicht so ne Scheiße reden." Gut, das klang jetzt wirklich ein bisschen wie Negan. 

Eden seufzt. "Ich weiß eure Sorge zu schätzen. Aber ich kann nicht weg. Noch nicht. Ihr müsst jetzt alleine weiter, und zwar so schnell, wie ihr nur könnt. Geht nach Alexandria. Aber bleibt dort nicht zu lange, denn Negan weiß von dieser Gruppe.", sie sieht die drei eindringlich an, "Ich wünsche euch alles Glück der Welt." Sie nicken und umarmen Eden. "Danke.", sagt Dwight und er lächelt zaghaft. Sherry und Tina sind ein wenig überschwänglicher. Tina hat sogar Tränen in den Augen.
"Vielleicht können wir dich irgendwann da raus holen.", sagt sie leise. Eden verkneift sich im letzten Moment ein Lachen. Diese Drei sind alles, aber bestimmt keine Rettungseinheit. Da kommt sie allein bestimmt weiter. Rührend ist es aber trotzdem.
"Haut jetzt ab.", sagt Eden schließlich. Sie trödeln schon viel zu lange. "Lebt wohl."

Sie schaut Dwight, Tina und Sherry noch einen Moment hinterher. Haben sie eine realistische Chance oder schickt sie sie geradewegs in den Tod? Selbst wenn - es ist ihre Entscheidung. Wenn sie lieber diesen Weg gehen, und das ist nachvollziehbar, dann müssen sie auch mit den Konsequenzen leben. Trotzdem hat Eden ein flaues Gefühl im Magen. Es ist, als hätten sie sich für Immer verabschiedet. Irgendwie ist sie sich sicher: Sie wird sie nie wieder sehen.

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