22. Verherende Folgen
Ich starre fassungslos auf den Screen und sehe meine Freunde auf dem Boden liegen. Sind sie etwa tot? Alles in mir wehrt sich gegen diese Vorstellung aber in seinem jetzigen Zustand würde ich Morro alles zutrauen.
Sogar den Mord an meinen Freunden.
Mein Mund ist trocken und ich bekomme kaum einen Ton heraus, aber ich muss wissen ob es ihnen gut geht.
„W-was hast du mit meinen Freunden gemacht?", frage ich stockend.
Morro dreht sich zu mir um und grinst. „Wer weiß das schon...?"
Ich packe die Gitterstäbe und rüttle an ihnen. „Sind sie etwa tot?"
Er grinst noch breiter. „Vielleicht..."
Ich spüre eine Träne meine Wange hinunterlaufen. Das kann nicht sein. Nein, das würde er nicht tun.
Ja, in seinem normalen Zustand ganz bestimmt nicht. Oder sollte ich eher sagen: In seinem beherrschten Zustand. Das hier ist sein normaler Zustand, Leyla.
Er ist grausam und kaltherzig und hinterhältig. Ja, aber nur wegen dem Schlangengift, sage ich mir.
Wenn er nie gebissen worden wäre, wäre das alles nie geschehen.
Nein, wird mir plötzlich klar. Wenn ich ihn nie geküsst hätte, wäre das alles nie geschehen. Noch mehr Tränen sammeln sich in meinen Augen.
Das ist alles meine Schuld. Dass er mich in einen Käfig gesperrt hat, dass er meine Freunde
verletzt oder sogar getötet hat, dass er seine Kontrolle verloren hat.
Ich spüre wie die heißen Tränen über meine Wangen laufen.
Ich will das nicht. Ich will ihn nicht so sehen. Ich ertrage das alles keine Sekunde länger. Wieso ausgerechnet ich? Ich meine, wieso musste Morro ausgerechnet MEINEN Körper besetzen? Und wieso muss ich mich auch noch in ihn verlieben?
Ich seufze. Wie viel einfacher wäre das alles wenn ich ein Junge wäre. Dann würde ich mir das ganze Gefühlschaos ersparen.
Morro beachtet mich nicht mehr. Er lächelt.
„Lass mich raus."
Bei meinen Worten wirbelt er überrascht herum.
„Lass mich raus und ich zeige die, was ich wirklich draufhabe. Nicht so wie bei dem Turnier. Ich weiß nicht einmal ob ich damals wirklich mein Bestes gegeben habe."
Morro beobachtet mich, während ich spreche.
Ein Teil von mir will, dass ich mich entschuldige und sofort meine Klappe halte. Ein anderer will ihn fertig machen.
Ich begreife, dass das hier wohl die nachträgliche Wut ist, die sich erst jetzt entlädt. Für alles was er uns angetan hat. Für alles was er MIR angetan hat.
Wie kann er es wagen, einfach so in unser mehr oder weniger friedliches Leben zu platzen und alles zu zerstören?
Der andere Teil von mir, der das alles nicht will, hofft, dass er verächtlich schnaubt und mich nicht weiter beachtet.
Doch er grinst. „DU willst MICH fertig machen? Warum eigentlich nicht? Ich könnte ein wenig Spaß vertragen. Außerdem bin ich gerade so in Kampfstimmung."
Ehe ich mich versehe sind die Gitterstäbe weg. Ich laufe auf ihn zu aber eine Windpeitsche trifft mich hart im Gesicht und schleudert mich gegen die Wand.
Ich richte mich benommen auf und kann gerade noch einem weiteren Angriff ausweichen. Wir kämpfen eine Weile und ich merke den Unterschied sofort.
Und auch, was für einen Fehler ich gemacht habe.
Im Turnier ging es nur um die Ehre. Wir wussten beide, dass wir dem anderen nicht wirklich etwas antun konnten und im Notfall helfen würden, aber jetzt, begreife ich, kämpfe ich um mein Leben.
Eine Zeit lang kann ich ausweichen, aber ich merke sofort, dass ich ihm unterlegen bin. Ein weiterer Schlag donnert mich gegen die Wand und mein Kopf schmerzt. Mir ist schwindelig und ich kann nur noch verschwommen sehen.
Er kommt auf mich zu und ich habe Angst.
Panische Angst.
Todesangst.
Was wird er mir antun? Ist er in der Lage mich zu töten? Kann man in diesem Zustand überhaupt sterben? Oder sich verletzen? Vielleicht habe ich ja gar nichts zu befürchten?
Ich spüre, wie Morro mich am Arm packt und hochzieht, nur, um mir im selben Moment einen Schlag auf die rechte Schläfe zu verpassen, der mich drei Meter durch den Raum schleudert. Ich falle zu Boden, meine rechte Schläfe brennt wie Feuer.
Ich spüre etwas Klebriges, Flüssiges an meinem Kopf.
Blut.
Also kann man sich doch verletzen. Hätte ich mir ja denken können. Und sterben? Werde ich sterben? Auf diese Weise?
Alles verschwimmt vor meinen Augen und das letzte was ich denken kann, ist, dass es mir jetzt wohl genau so ergeht, wie meinen Freunden.
Nya und die beiden Sensei sehen besorgt aus dem Fenster des Flugseglers. Sie halten nach den Ninja Ausschau.
„Glaubst du, es geht ihnen gut?", will Nya wissen.
Wu seufzt. „Ich weiß es nicht. Aber ich-", doch sein Bruder unterbricht ihn. „Ich sehe sie!"
Das Schiff landet nahe einer steilen Klippe, an deren Rand die vier Ninja liegen.
Offensichtlich bewusstlos. Oder tot?
Schnell laufen Nya und die Brüder auf die vier zu. Nya rüttelt an Kais Schulter. Wu und Garmadon sehen nach den anderen.
„Kai! Kai, kannst du mich hören?" Nyas Stimme ist verzweifelt. Langsam bewegt sich ihr Bruder. „Aahhh...was...wer...wo...?", beginnt er stockend.
„Oh mein Gott, Kai, du lebst!" Seine Schwester fällt ihm um den Hals.
„Den anderen geht es auch gut", meldet Garmadon. „Sie kommen langsam zu Bewusstsein."
Langsam erheben sich die vier. „Mein Gott war der schnell...", stöhnt Jay.
„Wir...wir waren nicht stark genug!", ruft Cole.
„Dieser Mistkerl!", schreit Kai.
„Wartet mal, ihr habt ihn alles zusammen nicht besiegen können?", fragt Wu ungläubig.
Die vier senken die Köpfe.
„Er ist stärker geworden.", meint Garmadon.
„STÄRKER?!", schreit Jay. „Wie ist das möglich?!"
„Hey, Moment, Leute, irgendwas stimmt nicht...", meint Kai auf einmal.
„Was denn?"
Kai versucht, eine Flamme zu erzeugen. „Meine Elementarkräfte sind weg!"
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top