⋆✧*~Kapitel 1~*✧⋆
Ich vernahm ein leises Geräusch, welches Meilen entfernt schien. Es wurde zunehmend lauter. Nein! Ich will noch nicht aufwachen! Doch es war zu spät. Der Schlaf zog sich zurück, kroch langsam aus mir heraus und hinterließ nur noch dieses müde Gefühl.
Ich öffnete verschlafen die Augen. Noch war er da, dieser Traum. Ich konnte mich erinnern! Seltsame Gerüche, Wesen, die wie wir aussahen und doch anders waren, dieses Leuchten am Himmel, die Wärme, welche ich auf meiner Haut spürte und...
»Elena! Hey, Elena! Wach auf!« Noch nicht! Nur noch ein kleines bisschen. Ich darf es nicht vergessen. Der fremde Ort...
»Elena, jetzt steh endlich auf, oder soll ich dich aus dem Bett werfen?!« Aber, wie hieß dieser Ort noch mal? Dieser Planet...
»Elenaaaaa!« Oh nein, ich habe es vergessen.
Widerwillig setzte ich mich auf. Ich sah in zwei dunkelgrüne, katzenartige Augen, die angriffslustig funkelten. Luna!
»Na Langschläfer, endlich wach?«, Lunas Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen.
»Was soll nur dein zukünftiger Ehemann denken, wenn er dich so sehen würde?«
Ich sah sie etwas genervt an: »Wahrscheinlich: Was für eine schlafende Schönheit liegt da neben mir?«
Luna prustete laut los: »Nein, wohl eher eine schnarchende, hässliche, alte Schachtel!«
»Waas?! Luna du bist so gemein. Außerdem, wer im Glashaus sitzt...«
Tja... und schon hatten wir beide uns wieder in eine morgendliche Kissenschlacht verstrickt. Doch wenigstens war ich jetzt wach.
Das blonde Mädchen mit dem Kissen im Gesicht war niemand anderes, als meine persönliche Zofe und allerbeste Freundin, Luna. Obwohl wir uns oft nicht einig waren, stand sie mir immer zur Seite und war oft die Einzige im Schloss, die mich verstand.
Auch heute würde sie dieses seltsame Talent, meine Gedanken zu verstehen, unter Beweis stellen. Nach einem kurzen Bad, in den königlichen Quellen, zog ich mir ein weißes Gewand mit hellblauen Stickereien an, das an der Taille zusammengebunden und hinten mit einer großen blauen Schleife fest gemacht wurde.
Luna band mir meine rotbraunen, langen Haare zu einer aufwendigen Flechtfrisur zusammen und steckte mir eine silberne Haarnadel mit passenden blauen Steinen an.
*****
Schon wenig später trat ich in das Arbeitszimmer meines Vaters, der mich zu sich bestellt hatte. Ich fand ihn, versunken in diversen Schriftrollen, an seinem Schreibtisch vor.
»Guten Morgen Vater. Du wolltest mich sehen?«, fragte ich und trat vorsichtig näher an den Tisch heran, oder... wurde eher von Luna geschoben.
Was wollte mein Vater? Er sah von seiner Arbeit auf und drehte sich zu mir.
»Elena. Wie ich sehe bist du schon angezogen. Gut, gut. Gleich kommt der Prinz des Nachbarkönigreiches.«
Was in aller Welt?! Mein Vater hatte doch tatsächlich einem weiteren Treffen zugesagt. Seit ein paar Monaten war dieser Mann immer wieder hier erschienen, sein aufgesetztes Lächeln wurde immer breiter und seine Geschenke immer teurer.
Die meisten dieser Präsente waren für mich gedacht und ich hatte diese schon heimlich, aber mit gutem Gewissen, an einige Hofdamen weitergegeben.
Dieser Mann war mir einfach vollkommen zuwider und es kümmerte mich nicht, was die anderen von ihm sagten. Am Hof waren alle Frauen betört, von seinem höflichen Auftreten und guten Aussehen, selbst mein Vater war begeistert, doch mich konnte er nicht täuschen.
Alles war vorgespielt: Seine Gefühle zu mir, sein vermeintliches Interesse am Wohle des Königreiches, sowie alle Versprechen, die er zu Hauf gab.
Seine wahren Absichten waren von seinen Augen abzulesen, er wollte sich einfach nur den Posten als König, über beide vereinte Länder, unter den Nagel reißen.
Ich sah meinen Vater ernst an: »Vater, wieso hast du diesen Mann schon wieder ins Schloss gelassen? Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich ihn nie wieder treffen möchte, geschweige denn heiraten. Ich habe nichts mit einem wie dem zu schaffen, er—« Mein Vater erhob die Hand und brachte mich so zum Schweigen.
»Elena, wie oft muss ich es noch sagen: Richard ist, politisch und wirtschaftlich gesehen, die beste Wahl. Das Königreich bietet uns eine einmalige Chance der Einigung an, diese dürfen wir nicht ignorieren.«
»Aber dafür darfst du mein Herz ignorieren?«, fragte ich wütend.
»Heiraten hat nichts mit dem Herzen zu tun. Es ist eine politische Angelegenheit, nichts weiter.«
»Also war meine Mutter auch nur eine politische Angelegenheit für dich? Du hast sie nicht geliebt?«, wollte ich aufgebracht von ihm wissen.
Er seufzte: »Doch. Ich habe sie über alles geliebt.«
Ich wendete mich ab: »Wieso darf ich nicht aus Liebe heiraten, darf ich denn nicht glücklich sein?«
»Es ist nun mal nicht immer so einfach«, beharrte er auf seiner Meinung.
Langsam wurde ich ungehalten: »Ich werde diesen schmierigen Hochstapler niemals heiraten. Was wärst du für ein König, wenn du ihn akzeptieren würdest? Was würde Mutter sagen? Er belügt alle. Seine Versprechen sind nichts anderes als Lügen!«
»Das reicht! Tu was ich sage, denn ich habe es so entschieden.«
Für einen kurzen Moment sagte ich nichts, dann nahm ich all meinen Mut zusammen. »Niemals«, flüsterte ich, gerade laut genug, damit er es hören konnte und rannte aus dem Zimmer.
*****
Als ich nach draußen kam, wehte mir ein frischer, aber angenehmer Wind ins Gesicht. Das Schloss stand auf einem Berggipfel und so konnte man das Land überblicken, die Berge und Wälder.
Ich sah hinauf zum Himmel, auf die gewaltige Anzahl an Sternen, die immer blasser in dem rot-lila Dunst verschwanden. Drei riesige Monde standen am Himmelszelt und leuchteten hell, tauchten alles in ein weißes Licht.
Es war fast wie in meinem Traum und doch anders. In ihm kam das Licht nur von einer einzigen Quelle, es war viel heller und wärmer...
»Prinzessin Elena!«
Die Stimmen der Hofdamen rissen mich aus meinen Gedanken. Oh Schreck. Ich eilte die Stufen nach unten in den Garten, um mich dort in eine ungestörte Ecke zurückzuziehen. Ich lehnte mich an die kalte Steinmauer, die das Schloss umgab.
An diesem Platz hatte ich mich schon so oft versteckt. Es war eine kleine Nische zwischen der Hofmauer und dem Waschhaus. Nur ein großer Baum und einige alte Körbe und Holzwannen leisteten mir Gesellschaft, dort konnte ich einfach mal ich sein, fernab von all dem Trubel im Schloss.
Als ich das Wiehern von mehreren Baoris vernahm, schielte ich um die Hausecke. Einige Diener waren gerade von einem Ritt ins Dorf zurückgekehrt und versorgten diese genügsamen Reittiere mit frischem Wasser.
Drei Dienstmädchen hatten sich zu ihnen gesellt und halfen, Lebensmittel ins Schloss zu tragen. Sie plauderten unbeschwert bei der Arbeit.
»Na, wie war es im Dorf? Ist dieser Jahrmarkt immer noch auf dem Marktplatz?«, fragte eine der Frauen.
Der Diener nickte: »Ja. Wir waren vorhin kurz da, um...naja...«
Die Frauen sahen die beiden gespielt ernst an: »Um zu saufen! Ihr Trunkenbolde!«
Doch dann fingen alle zu lachen an und verschwanden, ein Trinklied singend, im Schloss. Ich seufzte. Wie sehr wünschte ich manchmal das Schloss verlassen zu dürfen, um das Dorf zu sehen, oder die Wälder.
Und plötzlich hörte ich sie wieder. Die Stimmen der Hofdamen, die nach mir suchten, dazu Hufgetrappel von der Brigade des Prinzen, der gerade ankommen sein musste. Ich fasste den Entschluss, auszureißen. Ich bugsierte eine der alten Holzwannen unter den Baum und stellte mich darauf.
Ich griff nach dem erstbesten Ast und begann zu klettern, dabei blieb ich mit meinem Kleid hängen. Dieses doofe Ding! Aber ich hörte nicht auf, bis ich die Mauer erreicht hatte.
»Prinzessin Elena!« Die Hofdamen hatten mich entdeckt! Sie packten meine Beine und versuchten, mit vereinten Kräften, mich von der Mauer zu ziehen. Kreischend und um mich strampelnd wollte ich ihnen entkommen.
»Was tust du da?«, hörte ich plötzlich eine tiefe Stimme von der anderen Seite der Hofmauer. Ich blickte nach unten. Es war ein junger Mann, nur wenig älter als ich, in teuren Kleidern. Seine dunkelblonden Haare fielen seidig in sein Gesicht, verbargen aber seine stechend blauen Augen nicht.
Er sah unverschämt gut aus. Irgendwie kam er mir bekannt vor, aber das spielte jetzt keine Rolle. Immer mehr Zofen und Hofdamen waren angerückt, um mich herunterzuholen.
»Hey, du!«, rief ich dem blonden Schönling zu, »Wärst du so nett mir einen Gefallen zu tun?«
Er zog eine Augenbraue nach oben. »Tja, sieht ganz so aus als ob du den brauchen könntest« Mit gespielter Höflichkeit verbeugte er sich tief. »Was kann ich für euch tun, Majestät?«
»Wie du siehst, stecke ich etwas in der Klemme. Bei drei springe ich. Sei doch so nett und fang mich auf!«
Ich zwang mich zu einem lieblichen Lächeln, was angesichts meiner Lage nicht gerade einfach war. Als Antwort gab er mir ein Schulterzucken und hielt die Arme auf. Ich befreite mich von den vielen Händen, die nach meinen Beinen griffen, und sprang dem jungen Mann in die Arme. Er fing mich mit einer Leichtigkeit, als wäre ich eine Feder und setzte mich am Boden ab.
»Und jetzt, schöne Frau?«, fragte er mit einem verschmitzten Lächeln, das mich rot werden ließ.
»Jetzt möchte ich ins Dorf. Kannst du mich hinbringen?« Wieder schenkte ich ihm ein zuckersüßes Lächeln, um den Trubel im Schloss zu überspielen.
Er zog erneut eine Augenbraue nach oben: »Das könnte ich schon. Aber was ist mit denen?«
Er zeigte mit dem Finger hinter mich auf eine wütende Menge an Wachleuten und Dienstmädchen, die immer näherkamen. »Oh weh!«, stieß ich hervor, doch es war aus mit mir. Die Wachleute packten mich und zerrten mich, wie eine Verbrecherin, in mein ganz eigenes Gefängnis zurück.
Mit halbem Ohr hörte ich die Dienstmädchen mit meinem Komplizen reden: »Vielen Dank, Prinz Tayron, dass sie unsere Prinzessin gerettet haben.« Gerettet?! Wie bitte? Das war ein Ausbruch!
Aber halt, wie war das gerade? Tayron? Doch nicht etwa mein Cousin Tayron, mit dem ich früher immer gespielt hatte. Bevor er aus meinem Sichtfeld verschwand, warf ich noch einmal einen flüchtigen Blick auf ihn. Tatsächlich! Deswegen war er mir so bekannt vorgekommen.
Dieser junge Mann war wirklich mein Cousin und Kindheitsfreund, Tayron. Wann war der kleine pausbäckige Junge nur zu so einem attraktiven Mann herangewachsen?! Ich musste Einiges verpasst haben. Wieder etwas, das mir das Schloss vorenthielt.
»Prinzessin Elena, was habt Ihr euch dabei nur gedacht? Ihr hättet stürzen und Euch verletzen können! Alle waren in großer Sorge.« Diese Standpredigt kam von keiner anderen als Luna. Obwohl sie vor den Bediensteten Entrüstung spielen musste, konnte sie sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
Am Ende kam ich mit einem Tag Zimmerarrest davon, der aber sowieso vergessen werden würde, da morgen ein besonderer Tag war: Mein Geburtstag.
»Immerhin ist dir so ein weiteres Treffen mit Prinz Richard erspart geblieben. Er hat nur einen total übertrieben teuren Spiegel für dich hiergelassen«, kicherte Luna als wir auf dem Weg in mein Gemach waren.
»Tja, es ist wohl ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk, das ich ihn heute nicht ertragen musste!«, sagte ich und wir beide mussten laut loslachen.
*****
Am nächsten Morgen wurde ich von einer lauten Fanfare geweckt, mit der am Hofe traditionell das freudige Fest eröffnet wurde. Alle im Schloss machten jedes Jahr ein riesiges Tamtam um meinen Geburtstag, während ich mir wünschte, einfach ausschlafen zu können. Die ganze Aufregung um meine Person war mir vollkommen zuwider und machte meinen Geburtstag anstrengend und irgendwie peinlich.
Nach einem nicht gerade ausgiebigen Schlaf hatte ich wie immer an Feiertagen das seltene Vergnügen mit meinem Vater zu frühstücken. Danach begleiteten mich die Hofdamen zu einigen Spielen in den Schlossgarten, wie zum Beispiel »Rette die Krone«.
Bei diesem Spiel mussten sich ein paar, von den Hofdamen auserwählte, Männer duellieren, um die Gunst der Damen zu gewinnen. Um ehrlich zu sein sah ich in diesem Spiel keinen heldenhaften Kampf zwischen zwei mutigen Kontrahenten, sondern nur zwei erwachsene Narren, die mit einem Holzschwert aufeinander einprügelten. Wenig unterhaltsam, eher geschmacklos. Da jedoch mein Fernbleiben von diesen Spielen als unangemessen betrachtet werden würde, ließ ich alles, wie jedes Jahr, über mich ergehen.
Danach fand der größte Teil der Veranstaltungen statt: Ein riesiges Bankett, zu dem mein Vater wieder das halbe Königreich eingeladen hatte. Im Gegensatz zu den Vorjahren würde ich mich diesmal jedoch nicht zu Tode langweilen, denn Tayron, mein gestriger Komplize hatte sich auch unter die Partygäste gemischt.
»Lang nicht gesehen Prinzessin!«, rief er mir zu und kam lässig angeschlendert. Mit gespieltem Desinteresse widmete ich mich einem Stück Kuchen, allerdings nicht, ohne ihn heimlich zu mustern. Ich kam nicht umhin festzustellen: Er sah einfach umwerfend aus.
»Ja, lange nicht gesehen«, entgegnete ich und stopfte mir ein weiteres Stück des köstlichen Kuchens in den Mund.
»Besteht heute weniger Fluchtgefahr?«, fragte er belustigt, woraufhin ich ihm einen bösen Blick zuwarf, den er aber gekonnt ignorierte. Tayron gesellte sich zu mir an den Tisch und sah mir zu wie ich aß.
Schmunzelnd legte er den Kopf schief: »Wenn du so weiter isst, wirst du noch dick.« Entgeistert sah ich von meiner Torte auf: »Wie bitte?!«
Lachend kam auch Luna an unseren Tisch: »Seht Ihr, Prinzessin, meine Rede. Sie werden noch zu einem Schwein!« Schon wieder fing sie mit diesem eigenartigen Fremdwort an.
»Luna, was bitte soll ein Schwein sein? Ich habe noch nie von so etwas gehört.«
Sie wich mit erschrocken funkelnden Augen zurück und setzte ein künstliches Lächeln auf: »Ach, das ist gar nichts.«
Er sah sie für einen Moment ebenso verwirrt an wie ich, bevor er sich wieder mir zu wand: »Es ist schön dich wiederzusehen, Prinzessin Elena.« Tayron fuhr sich durch sein dichtes Haar und sah mich nun direkt mit seinen strahlend blauen Augen an. Mir wäre fast mein Stück Torte im Hals stecken geblieben.
»Äh, ja also, es ist auch schön dich wiederzusehen«, stammelte ich unbeholfen.
»Meine Damen, ich glaube ich sehe da einige Gäste kommen, die begrüßt werden wollen.« Damit erhob er sich vom Tisch und reichte mir die Hand, um mir hoch zu helfen. Ich nahm diese und zog mich mit knallrotem Kopf nach oben.
»Euer Haar sieht heute übrigens sehr hübsch aus, Prinzessin«, flüsterte er mir verführerisch ins Ohr, als wir auf dem Weg zur Tür waren. Seine sanfte Stimme ließ meine Knie weich werden. Ich nestelte verlegen an einer Strähne herum: »Äh, danke.«
»Hast du etwas Besonderes gemacht? Sie glänzen so schön?«
»Nein, ich denke sie sind immer so«, antwortete ich spitz. Um genau zu sein, hatte ich sie zweimal gewaschen und mit wertvollem Apridrebeerenöl gepflegt, bevor Luna sie mir ewig lang gekämmt und dann zu einer aufwendigen Frisur hochgesteckt hatte.
Allgemein hatte ich für diesen Abend ungewöhnlich viel Aufwand betrieben und mich besonders herausgeputzt, was ich sonst nur widerwillig tat. Zum Beispiel hatte ich ein Dutzend Kleider anprobiert, um das hübscheste zu ermitteln und ein Duftwasser aufgetragen.
Trotzdem saß ich nun hier und stopfte dieses sündhaft süße Gebäck in mich hinein. Wahrscheinlich würde mir das Kleid nächstes Jahr nicht einmal mehr passen.
Doch heute wollte und musste ich einfach die Schönste sein. Tayron war hier, wegen mir, um meinen Geburtstag zu feiern. Ja, wer es bis jetzt noch nicht erraten hatte, ich schwärmte ganz schrecklich für ihn. Den ganzen Abend konnte ich kaum meinen Blick von ihm nehmen.
Früher hatten wir noch zusammen im Matsch gespielt und jetzt war er so aufregend und verführerisch. Aber auch ich hatte mich seitdem stark verändert. Ging es ihm vielleicht wie mir? Empfand er möglicherweise das gleiche für mich? Wie lange würde er wohl bleiben?
Könnte ich meinen Vater überzeugen, seine Hochzeitspläne für mich noch einmal zu überdenken? Wenn ich schon heiraten musste, wieso konnte ich nicht selbst entscheiden und einen Mann wie Tayron wählen? Wieso war das alles so kompliziert?
All diese Fragen schwirrten in meinem Kopf herum und ließen mich nicht einschlafen, obwohl ich nach dieser langen Feier todmüde war. Ich weiß nicht mehr, wieso ich mich dazu entschloss aufzustehen und nachts durchs Schloss zu wandeln, aber ich tat es.
Ich wollte meinen Vater sehen und ihm noch einmal sagen, dass ich diesen Mann vom Nachbarkönigreich nicht heiraten würde. Ich musste ihn umstimmen, denn dieser Abend mit Tayron hatte mir erst richtig bewusst gemacht, wie unglücklich mich solch eine erzwungene Bindung machen würde.
Eigentlich hätte ich misstrauisch werden müssen, dass keine Wachen im Schloss auf und ab liefen, aber ich war zu sehr in meinen Gedanken versunken, um es zu bemerken. Ich steuerte direkt auf das Gemach meines Vaters zu und riss ohne nachzudenken die Tür auf.
»Vater, ich—«, setzte ich an, doch verstummte abrupt. Mit weit aufgerissenen Augen, blickte ich auf eine fremde Gestalt, die mitten im Zimmer stand, in der Hand eine lange Klinge. Vater lag zusammengekrümmt am Boden und rührte sich nicht, eine im Mondschein schwarz wirkende Flüssigkeit tränkte seine weiße Schlafrobe.
»Hilfe! So helft mir doch! Irgendjemand«, wollte ich schreien, doch ich war wie gelähmt. Nur ein leichtes Wimmern kroch über meine Lippen.
Tränen verschleierten meinen Blick. Nur schemenhaft nahm ich wahr, dass die Gestalt rasch auf mich zukam. Vor mir stand ein großgewachsener, athletischer Mann, halb im Schatten verborgen, doch ich erkannte ihn sofort: »Tayron...was...warum. Was hast du getan?«
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top