Ypnos VII oder Ace ist sehr bedrohlich
"Was hältst du davon", meinte Nero, der sein Bestes gab, nicht allzu angepisst zu klingen, und dennoch scheiterte, "das nicht zu tun?"
Katherine, die irgendwo unter dem Beifahrersitz noch ranzigen Strick hervorgezaubert hatte, überhörte ihn.
"Ich meine, können wir uns bitte darauf besinnen, das ich uns verfickt nochmal das Leben gerettet habe?"
"Nee, das war Ace", warf Branwyn ein und sicherte sich damit einen dankbaren Blick von Aces Seite. Er selbst war unschlüssig. Sicher, Neros Entscheidung mochten dazu geführt haben, dass sie den Ort mit heiler Haut verlassen konnten, aber das war ja auch nicht aus der tiefen Grundgüte von dessen Herzen geschehen. Er hatte nur genauso schlimm in der Scheiße gesessen wie der Rest von ihnen.
"Ace hätte den Arsch in zehn Jahren nicht hochgekriegt, hätte ich ihm keine Motivation geboten." Katherine schnaubte, während sie noch mit spitzen Fingern einen Knoten entwirrte.
"Indem du ihm eine Waffe vor die Nase hältst. Diskutier weiter und ich bind sie dir wieder auf den Rücken."
"Richtig, und ganz offensichtlich hat's funktioniert", erklärte Nero in vollständiger und absoluter Missachtung jeglicher Drohung. "Punkt für mich." Der Junge warf noch griesgrämige Blicke in die Runde, doch als keiner für ihn einstehen wollte, streckte er schnaubend die Hände nach vorne und legte die Handgelenke zusammen. "Hättet ihr wenigstens die Güte, mir zu erklären, für welchen Teil von mir es so viel Interesse gibt, dass ich hier mitgeschleift werde?"
"Jeden. Es ist ein Kopfgeld." Ace hatte das unbedarft in die Runde geworfen. Erst, als sich die Blicke auf ihn richten, wurde ihm klar, dass er vielleicht doch besser den Mund hätte halten sollen.
"Ist ja'n Ding." Nero sprach gedehnt, und seine Augen fixierten Ace in einer Art und Weise, dass der sich am liebsten irgendwo verkrochen hätte. Nur lag die Abdeckplane des Trucks aktuell zusammengerollt hinter ihm. "Und wer exakt ist der Meinung, dass ich tatsächlich Geld wert wäre?" Das führte zu raschen Blickwechseln zwischen Katherine und Branwyn, bis erste großspurig erklärte: "Warum meinst du, dass dich das etwas angeht? Du bist immer noch Gefangener." Demonstrativ schwenkte sie dabei die Waffe, und Ace fragte sich, ob Nero schon bereute, sie so leichtfertig aus der Hand gegeben zu haben.
Der musterte Katherine gerade noch mit unergründlichen Augen, ehe er sich zurücklehnte und ein typisches Nero-Lächeln über sein Gesicht schlich. "Tatsache. Das bin ich." Und seine Stimme war so sanft wie zuvor, als er Ace ein Gewehr ins Gesicht gedrückt hatte. Die Gänsehaut meldete sich schlagartig zurück. Falls Katherine sich genauso verunsichert fühlte wie er, ließ sie es sich zumindest nicht groß ansehen.
"Richtig. Und nur, weil du gerade einen tollen Moment hattest, in dem du den großen Mann spielen durftest, heißt es nicht, dass sich daran schnell etwas ändern wird. Also benimm dich."
"Keine Sorge. Ich benehme mich immer hervorragend." Katherine schnaubte, vor allem, weil Neros Gesichtsausdruck dabei der Inbegriff vertrauenswürdiger Freundlichkeit war. Sie wand das Stoffband um die Handgelenke, einzeln, zusammen, einzeln, zusammen, und wollte schon dazu übergehen, noch die Finger zu verknoten, als ihr Gefangener die Brauen hob.
"Übertreibs nicht. Wenn ich was sehr Dummes vorhätte, hätte ichs schon lange tun können." Ganz sicher war Ace sich dessen nicht. Nero hatte nicht allzu erleichtert gewirkt bei der Erwähnung des Kopfgelds, und er wusste nicht, ob das irgendeinen Unterschied machen würde. Aber zumindest Katherine schienen die Worte zu überzeugen. Sie hielt inne, dann sicherte sie doch nur den Knoten.
"Gut so. Keine Dummheiten. Ace passt auf dich auf." Warum ich?, wollte Ace noch empört fragen, aber er konnte es sich schon denken. Er war derjenige, der am wenigsten von ihnen allen wusste und am meisten auf Hilfe angewiesen war, um auch nur einen Tag in dieser Welt zu überstehen. Es war vermutlich berechtigt, dass man erwartete, er würde sich nützlich machen - ganz egal, ob ihm die Aufgabe passte.
Ace konnte nicht schlafen. Es war still unter ihrer Wetterplane, und von Nero waren nicht einmal Atemgeräusche zu vernehmen, aber er konnte nicht schlafen. Es lag nicht nur an dem Schnarchen aus dem Fahrerhäuschen. Nachdem er sich im gefühlten Fünf-Minuten-Takt gedreht hatte, in der Hoffnung, die richtige Position würde ein winziges bisschen weniger eiskalt sein und ihm endlich benötigte Ruhe bringen, hielt er inne und drehte den Kopf. Neben ihm lag ein dunkles Bündel Mensch, dass für leises Köcheln in seinem Magen sorgte.
Er setzte sich auf, starrte auf seinen ehemaligen Peiniger herab und atmete tief aus.
Wie?
Wie hast du mir all das antun können?
Was bist du eigentlich für ein Mensch?
Ace mochte es nicht, dass Nero aktuell so einen hilflosen Eindruck erweckte. Hilflos war falsch, es passte nicht zu diesem Riesenarschloch, und es wirkte wie ein Sticker, der eigentlich einen Apfel ausweisen sollte, aber den irgendein Scherzbold auf eine Drachenfrucht geklebt hatte.
Er streckte seine Füße und setzte einen davon auf der Hüfte des schlafenden Jungen ab, aber konnte sich nicht einmal dazu bringen, schlimmer als federleicht zuzutreten. Ace erinnerte sich an Schuhe, die sich in seinen Magen bohrten und gegen seine Rippen krachten, wenn er selbst schon lange hilflos am Boden lag - aber was auch immer es war, das Menschen so viel Grausamkeit verlieh, irgendwie fand er es nicht in sich. Es fühlte sich schon seltsam an, seine Beine auch nur stärker gegen den reglosen Körper zu strecken.
Er hatte gerade den zweiten Fuß auf Neros Bauch abgelegt, als sich der bis eben reglose Kopf ohne Vorwarnung zu ihm drehte. Die Augen waren geöffnet und schienen hellwach.
"Wenn du nicht vorhast, das hier in absehbarer Zeit in nem Footjob enden zu lassen, würde ich dich bitten, die da wieder wegzunehmen." Ace zuckte stärker zusammen als gewollt. Er rutschte rascher zurück, als er denken konnte, und erst, als der Sicherheitsabstand hergestellt war, erlaubte ihm sein Gehirn, Ressourcen auf eine Retourkutsche zu verwenden.
"Ich würde lieber mit Monstern kuscheln, als dich freiwillig anzufassen!", spuckte er schließlich aus. Das mochte nicht unbedingt originell sein, und auch nicht so lässig, wie Ace es gerne gehabt hätte, aber es war besser als Schweigen. Hoffte er. Außerdem fasste es gut zusammen, was er seit dem Vorfall im Bunker von ihrem selbsternannten Retter hielt.
"Kann ich mir bei dir tatsächlich ziemlich gut vorstellen." Ace zog die Schultern in die Höhe. Angriffslustig. Und ganz sicher nicht, weil der Hurensohn es schaffte, dass er sich allein wegen ein paar Worten schon wieder in seinem mentalen Schneckenhaus verkriechen wollte.
"Was soll das bitte heißen?!", zischte er, und dann, weil er das Gefühl hatte, sie beide vergaßen hier einen entscheidenden Fakt: "Außerdem solltest du besser den Mund halten. Du bist unser Gefangener und ich kann machen, was ich will."
"...Dann mach mal." Neros Seelenruhe regte ihn auf. Menschen sollten eigentlich Angst haben vor dieser Aussicht. Insbesondere Menschen, die einen guten Teil ihres jungen Lebens genutzt hatten, ihm das seine zur Hölle zu machen. Also schnaubte Ace - bedrohlich.
"Glaub mir, das willst du gar nicht. Du solltest glücklich sein, dass ich mich zurückhalte."
"Klar. Ich bin total erleichtert. Ich hatte schon Angst, dass du meine Situation sonst vielleicht ausnutzt, um ein böses Wort zu mir zusagen."
Ace biss die Zähne zusammen. Katherine hatte ihm vielleicht keine Pistole überlassen, aber sie war auch dagegen gewesen, ihn ganz wehrlos zu lassen. Seine Finger schlossen sich fester um das Messer, das bis jetzt in einer Ritze zwischen den Metallstreben der Innenwand versteckt gewesen war.
"Du kannst mich wirklich nicht ernstnehmen, oder?" Ace knurrte. Hieß, er versuchte zu knurren. Er rutschte unter der Plane hindurch zu Nero, packte ihn an der Schulter und drehte ihn vollständig auf den Rücken, ohne dass dessen Körper viel Widerstand leistete. Ein Knie wurde auf dessen Schulter ablegt, damit Ace Körpergewicht darauf verlagern konnte. Notfalls. Man konnte ja nie wissen.
Er zückte die Klinge - und hoffte, dass auch Nero sie im fahlen Nachtlicht sehen konnte, andernfalls würde das eine sehr verschwendete bedrohliche Geste sein - und schnappte nach den Stoffetzen, die Neros Oberkörper bedeckten. Mit einem Ruck zog er sie nach oben. Ace hielt inne, nur einen Moment lang, um dann langsam das Messer auf den Körper sinken zu lassen. Sachte drückte er das kühle Metall der Schneide gegen die Haut, so dass Nero erkennen musste, mit was da an ihm gearbeitet wurde.
...Der hübschen blassen Haut, wie ein Teil von ihm registrierte. Nero mochte an Muskelmasse abgenommen haben, aber der schlanke, sehnige Bauch hatte seinen ganz eigenen Reiz, wenn - wenn man außer Acht ließ, wem er gehörte und in welcher Situation sie sich befanden und überhaupt alles.
Er zog die Klinge die Mitte des Bauches entlang, ließ sie stoppen und führte sie dann mit mehr Nachdruck wieder herunter, genug, dass sich bei Tageslicht wahrscheinlich blasse, rote Linien abgezeichnet hätten. Dann - für den Fall, dass alles andere nicht angsteinflößend genug war - ließ er das Messer weiterwandern, schob die Klingenspitze unter den Hosenbund und verharrte in der Bewegung knapp oberhalb des Schambeins. Ace warf Nero seinen fiesesten Blick zu und zischte, nach aller Möglichkeit ebenso fies: "Und jetzt? Immer noch der Meinung, dass es mich nicht ernstzunehmen gilt? Oder haben wir uns umentschieden?"
Neros Blick war nicht einzuschätzen, aber er schwieg einen Moment länger. "Umentschieden." Ace konnte das siegessichere Grinsen beinahe schon spüren, als es ungeduldig an seinen Mundwinkel zupfte.
"Ach ja? Wie kommts? Was beschäftigt dich denn?" Bitte. Nicht nur Nero konnte ein fieser Drecksack sein. Jeder konnte das, und Ace nicht weniger als alle anderen.
"... Ich glaube, das macht mich gerade n' bisschen horny." Ace brauchte mehrere Sekunden, um zu verarbeiten, was Nero gerade gesagt hatte. Andererseits brauchte es danach weniger als eine Sekunde, um wegzurutschen, als hätte er sich auf ein Wespennest gesetzt, und sich in die sichere Zone auf der anderen Wagenseite zu kauern, wo er nach dem ersten Schreckmoment begann zu knurren.
"Du bist so ein... dummer Scheißkerl!" Und Ace hatte ganz sicher auch nicht heftigstes Herzklopfen. Vor Schreck, und auch bei dem Gedanken, dass die Worte wahr sein könnten. Vielleicht sollte er nachsehen, nur sicherhei-
Nein. Ace weigerte sich, sich von Nero verarschen zu lassen. Besonders dann, wenn er die Verarsche durchschaute. Er schnaubte, wie um sich selbst herunterzukühlen, und fügte grollend an: "Außerdem wäre das nicht nur pervers, sondern auch ziemlich schwul." Er könnte schwören zu sehen, wie Nero in der Dunkelheit seine Brauen hob.
"Stimmt. Ist es. Verklag mich halt?" Er sah es nicht ein, diese durch und durch unsinnige Erwiderung zu kommentieren. Stattdessen schnaubte Ace ein "Fick dich" und schob das Messer an seinen angestammten Platz, ehe er sich umdrehte und die Augen wieder schloss. Hinter seinen dunklen Lidern flackerten Bilder von jüngster Zeit vorbei, von einem blöden Arschloch, dass in einer blöden Schulsportdusche seinen blöden Körper präsentierte, als würde der irgendwen interessieren. Ace wollte überhaupt nicht wissen, was er gesehen hätte, hätte er auf Neros Worte hin doch nachgeguckt. Ganz, ganz sicher nicht.
Der frühe Morgen hatte einen Teil von Schreck und Scham des gestrigen Abends weggespült, um ihn dafür mit allgemeinerem Schrecken zu konfrontieren. Ace lag wach, sobald sich die ersten Sonnenstrahlen zeigten, und starrte auf die lichtgeflutete Plane über ihm.
Was war hier eigentlich los?
Und wo war er?
Es brauchte mehrmals ein gewispertes "Hey, Arschloch", bis er dumpfes Grollen neben sich vernahm und Nero die verschnürten Hände hob, um sich fahrig über die Augen zu reiben.
"Halsmaul es is früh", bekam er als halb gegähnte Antwort und sah es als Anregung, weiterzusprechen.
"Sag mal, wo sind wir hier eigentlich?" Nero, der gerade noch das Gesicht verzogen hatte, hielt kurz inne, um das Gesicht noch einmal stärker zu verziehen.
"Steht irgendwie Landkarte auf meiner Stirn oder warum glaubst du, ich würde das besser wissen als du?" Ace verdrehte die Augen und flüsterte weiter.
"Ich meine... hier. Allgemein. Was ist das hier? Warum bin ich in nem Bunker aufgewacht? Warum sieht die Welt so anders und fremd aus? Warum-?"
"Warum glaubst du, dass ich dir auf irgendwas davon eine Antwort schulde?" Ace, der im ersten Moment noch daran dachte, mit dem Messer herumzufuchteln, verwarf den Gedanken gleich wieder. Hatte ja schon letztes Mal so gut geklappt. Und an Neros Gewissen und Menschlichkeit zu appellieren, kam ihm genauso albern vor. Er holte tief Luft.
"Erzähl mir, was du weißt, und ich erzähl dir mehr von deinem Kopfgeld." Was eine gewagte Ansage war angesichts der Tatsache, das er selbst eigentlich nichts wusste. Aber das musste ja Nero nicht ahnen. Diesmal wanderten die Brauen seines Ladefläche-Gefährten allerdings in die Höhe, und er wälzte sich herum.
"Du hast meine Aufmerksamkeit."
Ace räusperte sich. "Ich meine, du sollst anfangen." Das sorgte einen langen Moment für Schweigen von Nero, doch als Ace schon überlegte, seine Erwartungen umzuformulieren, nickte der Junge.
"Du hast drei Fragen, dann das Kopfgeld, dann drei weitere Fragen. Und formulier präzise, ich hab keinen Bock, hundertmal nachzuhaken." Ace zog den Mund zur Seite, aber konnte nicht leugnen, dass das eigentlich ein guter Deal war - insbesondere, wenn man bedachte, dass er nichts in der Hand hatte, um Nero überhaupt zum Reden zu bringen.
"Okay. Erstens..." Ace nahm sich einen Moment, um seine Gedanken zu sammeln. "Ist das hier... noch unsere Welt? Träume ich, oder bin ich in der Zukunft, oder werde ich verrückt, oder-?"
"Nein." Die Unterbrechung ließ Ace in seinem Fragekatalog aufhalten und aufsehen. "Nicht unsere Welt. Zumindest gibt es nichts, was darauf hindeutet - aber du musst dir auch bewusst sein, dass nur ein kleiner Teil dieser... Welt eigentlich bewohnbar ist. Wer zu weit geht, kommt nicht zurück. Und nicht nur, weil das Vorkommen an Kreaturen größer wird. Zum Rest - Wenn du träumst, dann bist du nicht der erste von uns, und es klingt sehr unwahrscheinlich, dass wir alle denselben Trip schieben, über mehrere Monate hinweg." Der Junge verstummte kurz, verfiel in Schweigen und schien zu überlegen. "Wenn du nichts Dummes tust, muss dein Leben hier nicht schlimm sein. Sorg für dein Wohlergehen und bleib unter dem Radar, und es kann gut werden. Lern deine Umgebungen und die Leute kennen, und du weißt, wie du dich bewegen musst, um niemandem auf die Füße zu treten." Ace schluckte. Nichts davon war, was er sich erhofft hatte zu hören.
"Und... wann und wie komme ich zurück?" Nero setzte sich inzwischen auf und legte dann den Kopf schief, während der Blick gleichbleibend ruhig auf Ace lag. Es war ein kein schöner Blick. Irgendwas daran wirkte nicht komplett menschlich, und Ace war sich nicht sicher, ob es nur an der Todesangst lag, die Nero gestern in ihm ausgelöst hatte.
"Wenn irgendwer von uns das wüsste, dann wären wir nicht mehr hier." Ace schwieg, aber er konnte den Knoten spüren, der in seiner Brust anzuschwellen begann. Seine Schultern bebten unmerklich.
In allen Büchern, allen Filmen, die er kannte, gab es am Ende immer einen Rückweg. Eine Entscheidung. Man hatte sich die fremde Welt angesehen, hatte ihre Wunder genossen, aber dennoch gab es eine Heimat und eine Familie, die darauf wartete, dass man zurückkehrte. Man brauchte sowas wie Familie. Ace hing dank pubertärer Sinneswandel sicherlich nicht übermäßig heftig an seinen Eltern, aber so viel wusste sogar er. Und wie sollte er überstehen, wenn John nicht mehr da war, um ihn aus düsteren Gedanken herauszureißen? Wie sollte John bestehen, wenn sein kleiner Bruder plötzlich nicht mehr zurückkam und von einem Tag auf den anderen vom Erdboden verschluckt war? Was würde seine Mum davon halten, wo Ace doch extra noch diskutiert hatte, dass er nicht mit auf diese Fahrt wollte? Am Ende hatten sie sich sogar gestritten - Himmel, er wollte doch nicht, dass ein Streit die letzte Erinnerung war, die sie an ihn hatte!
"Was ist mit unseren Eltern und so?" Ace bemerkte, wie seine Stimme zu zittern begann. "Glaubst du, sie suchen nach uns?" Glaubst du, sie vermissen uns? Das rief wieder einen Moment Schweigen bei Nero hervor, ehe er langsam den Kopf schüttelte.
"Eher nicht so."
"Aber es sind unsere Eltern! Wie-?!" Aces Stimme hatte sich unbeabsichtigt gehoben, und sein Gegenüber verzog die Miene.
"Reg dich ab und denk nach. Erinnerst du dich daran, wie du hergekommen bist?"
"Klar. Ich hab mich gestern in Florida auf diesen Stuhl gesetzt, und plötzlich..." Ace schluckte. Die Erinnerungen standen ihm zu nah vor Augen und waren zu unverständlich. Zu unbegreiflich. "Plötzlich war ich ..."
"Hier. Richtig." Nero rutschte kurz, vermutlich, um eine bequemere Sitzposition zu finden. "Und wer hat den Scan vor dir gemacht?" Ace zögerte.
"Naja, ich glaube... Du warst dabei, und Sean? ... Und dann irgendeines der Mädchen, und Brenda, und... weißnichmehr-" Sein Nuscheln wurde schon gar nicht mehr zur Kenntnis genommen, aber Nero nickte noch.
"Und für mich galt dasselbe wie für dich. Auf den Stuhl gesetzt, hier die Augen wieder aufgeschlagen. Aber gestern, in deiner Welt, bin ich deswegen nicht verschwunden, oder?" Ace hielt inne. Tatsache. Jeder der Schüler war quicklebendig und unversehrt wieder nach draußen gekommen. Wäre irgendwas passiert, dann hätte man es doch gemerkt.
Er seufzte tief und zog die Beine an. "Wenn das hier eine Fantasygeschichte wäre, dann würde das vielleicht heißen, dass wir eine bestimmte Aufgabe erfüllen müssen, damit wir ... ich weiß nicht, hier wegdürfen und mit gelöschten Erinnerungen zuhause ankommen?"
"Ja, und wenn das hier ein Erwachsenenfilmchen wäre, hätte Kath Doppel-D und Batty würde nichts unter ihrem Röckchen tragen, aber wie wärs, wenn wir uns auf die Realität konzentrieren, die wir vor Augen haben?"
"Aber es ist nicht die Realität!" Ace war beinahe erschrocken über sein eigenes Fauchen. "Es gibt Monster! Und geheimnisvolle fiese Bunker, und alle sehen aus wie auf ner Zombie-Apokalypsen-Convention, und ich habe gottverdammt nochmal magische Kräfte! Und dafür, dass es eine große, bewohnte Welt sein soll, haben wir vier es geschafft, ausgerechnet durch puren Zufall alle am selben Ort aufzutauchen und genau die Kombination aus Leuten dabeizuhaben, die uns hilft, da durchzukommen! Tu doch nicht, als würde irgendwas davon wie Zufall klingen!"
Nero erwiderte seinen Blick einen Moment, dann schnaubte er. "Verzeih. Ich hab gelogen. Du bist natürlich ein ganz, ganz besonderer kleiner Junge, der besonderste von allen, und die Götter von Leckmichdoch haben dir deswegen starke Kräfte gegeben, weil sie die Reinheit von deinem Herz und Körper spüren konnten und wussten, dass du mit 17 immer noch niemanden außer deine Eltern nackt gesehen hast-" Ace biss empört die Zähne aufeinander. Natürlich hatte er schon nackte Leute gesehen! ... Wobei ihm das ein schlechter Zeitpunkt erschien, um das Thema Jungenumkleide anzusprechen.
"-und damit du ganz besonderes Häschen deine ganz besondere Mission erfüllen kannst, haben sie dir uns als die lustigen lustigen Sidekicks zur Verfügung gestellt, die dir ab und zu die Eier lutschen können, wenn du es mal schaffst, was nicht falsch zu machen. Das Schicksal dieser Welt liegt in deinen Händen. Große Macht und große Verantwortung und all sowas."
Ace atmete tief ein, um ausreichend Luft für seine Erwiderung zu haben. "Fick. Dich." Nero hob die Brauen.
"Sowas machen die Kerle in einer netten, braven Fantasygeschichte aber nicht, Johnson ... Vor allem nicht, wenn du dabei zuguckst. Anderes Thema, ich bin dran. Wer ist jetzt unser geheimnisvoller Auftragsgeber?" Ace war erleichtert, dass das gerade jetzt zur Sprache kam. Dann würde er sich wenigstens weniger schlecht dafür fühlen, wenn er jetzt keine hübsche Antwort hatte.
"Weiß ich nicht." Stille senkte sich über alle beide. Es brauchte einen Moment, dann hob Nero das Wort.
"Du weißt, dass ich dich auch mit verbundenen Händen erwürgen kann, ja?"
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