Kapitel 3
"Krass, wie geil", sagte Lena und begutachtete meine Videokamera.
"Die war doch bestimmt arschteuer, oder?"
"Jap", stimmte ich Ria zu.
"Mein Papa hat auch gesagt, das war eine Ausnahme."
"Ich will ein Video machen", rief Lena begeistert und klappte die Kamera auf.
"Mach es nicht kaputt", scherzte Ria und bekam einen vorwurfsvollen Blick von Lena zugeworfen.
"Was muss ich drücken?", fragte sie an mich gewandt.
"Den Knopf da", zeigte ich ihr und die Kamera machte pling, als Lena auf den Knopf drückte.
"Cool! Also, hallo Welt, ich habe Langeweile. Und wir gehen gleich raus", sprach sie in die Linse und Ria und ich zogen uns kopfschüttelnd unsere Schuhe an.
"Lena, kommst du jetzt mal?", rief Ria durch die Tür ins Haus, wo Lena immer noch mit ihren Schuhen zu kämpfen hatte.
"Jaha!", kam es genervt zurück.
Plötzlich polterte es laut und im nächsten Moment lag Lena auf dem Boden.
Ria und ich prusteten los und stützten uns vor Lachen an der Hauswand ab.
"Leute!", rief Lena kläglich.
"Das ist nicht lustig! Ihr könntet mir ja mal helfen."
"Nö", grinste ich.
"So ist es doch viel lustiger."
Schließlich halfen wir ihr doch, da wir andernfalls nie mehr losgekommen wären.
"Laufen wir durch den Wald?", fragte ich die beiden.
"Ja!", rief Lena begeistert.
"Okay", zuckte Ria mit den Schultern und schlug den Weg über die Wiese ein.
Der Schlitten, den sie hinter sich her zog, hinterließ eine leichte Spur im Schnee, welcher ich folgte.
Wir liefen über die weiße Wiese und ich hielt es für die richtige Zeit, meinen Handschuh auszuziehen und meine Kamera zu positionieren.
"Es ist der fünfte Januar 2016! Heute ist doch der fünfte, oder?"
"Glaub schon", sagte Ria und grinste in die Linse.
"Es ist der fünfte Januar 2016 und wir befinden uns auf der glorreichsten Exposition des Jahres! Es ist zwar erst der fünfte Tag des Jahres, aber es ist jetzt schon klar, dass es die Glorreichste des Jahres wird, denn das hier kann niemand übertreffen!"
Ria prustete los.
"Was machen wir denn so tolles?", fragte sie und wackelte verführerisch mit den Augenbrauen.
"Wir suchen einen Yeti!", rief ich laut, zoomte auf Lena, welche die Arme auseinander riss, laut "BÄM!" schrie und dann mit mir einen Lachflash verfiel.
"Einen Yeti?", presste Lena hervor.
"Besser als den Osterhasen", verteidigte ich mich.
"Oh Mann, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist gestört."
"Und du weißt es besser?"
"Jap, du bist nämlich doppelt gestört."
"Aber du", mischte Ria sich ein und schaute Lena mit einem breiten Grinsen an.
Wir stapften weiter durch den Schnee und ich machte mir einen Spaß daraus, meine Freunde zu filmen.
"Was erhoffen sie sich von dieser Expedition?", fragte ich Ria, welche schon wieder breit grinste.
"Ich hoffe natürlich, dass wir den Yeti finden. Das wäre eine seltene Entdeckung. Und als professionelle Yetijägerin ist das natürlich mein Ziel, nicht zuletzt, da mein Großonkel Karl vor vielen Jahren auf so einer Expedition wie dieser gestorben ist."
"Und was werden sie, Professorin Ria, mit dem Yeti tun, wenn sie ihn gefangen haben?"
"Ich werde meinen Großonkel Karl rächen", sagte Ria mit erhobener Brust.
Lena lachte los, trat einen Schritt nach vorne und rutschte mit dem Fuß in eine Kuhle.
"Ah! Eine Falle!", rief ich lachend und filme Lena dabei, wie sie versuche, sich nicht zu packen.
"Könnt ihr mir vielleicht einmal helfen, wenn ich mich packe, und nicht lachen?", beschwerte sie sich und klopfte sich den Schnee vom Hosenbein.
"Nope", verneinte ich.
"Ich bin ja doppelt gestört, also geht das nicht."
Ich streckte ihr die Zunge raus, während sie nur die Augen verdrehte.
"Ria? Krieg ich wenigstens deine Unterstützung?"
"Hallo! Ich bin Professorin Ria!", korrigierte sie.
"Also wenn du nicht mal das kannst, dann: nein."
Ich grinste Lena ins Gesicht und schlug mit Ria ein.
"Ihr seid so scheiße", murmelte Lena und lief weiter voraus.
"Wissen wir!", rief Ria.
"Und deswegen liebst du uns!"
"Jaja!", kam es genervt zurück.
Wenig später hatten wir den Waldpfad verlassen - ohne weitere Vorkommnisse - und bogen auf den Feldweg ab.
"Eine Riesenratte!", rief ich laut, als uns ein älterer Mann mit einem Dackel an der Leine entgegen kam.
"Pscht, nicht so laut! Spinnst du?", mahnte Lena mich.
"Ist 'ne ganz schön fette Riesenratte", bemerkte Ria kichernd.
"Leute, ihr könnt es dem Typen gleich selbst sagen, dass sein Hund hässlich ist", motzte Lena uns an.
"Sag's ihm doch jetzt", flüsterte ich ihr zu, als der Mann an uns vorbei lief, und fing mir deswegen einen Schlag auf den Oberarm ein.
Wir schlenderten weiter über das Feld und bogen an dem Kindergarten ab.
"Das waren noch Zeiten", seufzte Ria.
"Das waren noch wahre Zeiten", stimmte ich ihr zu.
"Wahre Zeiten in denen ich euch wohlmöglich mit einer Schaufel durch den ganzen Sandkasten gejagt hätte?", fügte Lena grinsend hinzu.
"Hätten wir uns damals schon gekannt, sicherlich. Aber auch nur, weil mein Eimer Sand vorher über deinen Kopf geschüttet wurde", neckte ich sie.
"Oh mein Gott, stellt euch mal vor, wir hätten uns damals wirklich schon gekannt", dachte Ria laut.
"Die Kindergärtnerinnen wären verrückt geworden und hätten sich nach drei Tagen arbeitslos beim Arbeitsamt gemeldet und Umschulung verlangt oder so."
Wir verfielen in schallendes Gelächter und hielten den Blicken anderer Passanten stand, indem wir unseren Fantasien freien Lauf ließen - dieselbe Kindergartengruppe wäre echt nicht gut für uns gewesen.
Wir kannten uns zwar erst seit dem Gymnasium, aber das war ja auch schon ein paar Jahre her. Allerdings waren wir nicht immer so gute Freunde gewesen. Ein gewisser Umstand hat uns sozusagen zusammen gebracht und nun waren wir so gut wie unzertrennlich.
"Oh mein Gott, ist das da hinten Nessi?", rief ich plötzlich und zeigte auf eines der Felder.
"Was?", fragten Ria und Lena gleichzeitig.
"Da bei dem Stromkasten. Seht ihr sie nicht?", scherzte ich und holte die Kamera aus meiner Jackentasche.
"Meinst du den Busch?", lachte Ria.
Ich nickte. Hinter dem Stromkasten war ein verwilderter Strauch, indem sich mit ein bisschen Fantasie das Monster von Loch Ness erkennen ließ.
"Ich weiß ja, dass du im interpretierten gut bist, aber das würde ich in hundert Jahren nicht als Nessi bezeichnen", bemängelte Lena.
"Du bist ja auch eine Spielverderberin", steckte ich ihr die Zunge raus.
Mithilfe meiner Zähne zog ich meinen Handschuh aus und drehte mich zu Ria.
Das piep ertönte, als ich die Aufnahme startete und Ria fragte:
"Also, was sagen sie zu der überraschenden Wendung, dass sie nun das berühmt berüchtigte Nessi-Monster entdeckt haben?"
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