18~ Sofia
Ich ging mit schnellen Schritten über den spiegelnden Krankenhausflur, mit den Augen suchte ich nach dem Zimmer in dem Rose lag. Ich war so schnell gekommen, wie ich konnte. Finn hatte sich nicht gut am Telefon angehört. Wir hatten telefoniert, als er auch gerade auf dem Weg zu ihr war. Vor dem passenden Zimmer blieb ich stehen und drückte die Klinke runter. Vorsichtig schob ich die weiße Tür auf und trat ein. Rose lag in einem dieser schrecklichen weißen Krankenhausbetten und lehnte sich an meinen Bruder, der auf ihrer Bettkante saß. Sie hatte noch nicht einmal aufgesehen, als ich reinkam und wirkte seltsam in sich gekehrt. Ich sah mich deswegen etwas verwirrt im Raum um und fragte "Ist wer gestorben oder warum ist hier so eine Stimmung?". Sofort warf Finn mir einen Blick zu, der mir klar machte, dass ich das besser nicht gesagt hätte. Rose sah mich inzwischen an. Erst jetzt sah ich, wie erschöpft und auch traurig sie wirkte. Was auch immer passiert war muss sie ganz schön umgehauen haben. Ihre braunen Augen wirkten kühl und unendlich traurig. So hatte ich sie noch nie gesehen. Mit einer Kopfbewegung machte ich Finn klar, dass er aufstehen sollte. Ich hatte das Gefühl ich müsste mit Rose alleine reden. Finn würde mir keine Erklärung abgeben. Wiederwillig erhob er sich. Ich schob ihn in Richtung Tür und fragte "Was ist passiert?" "Sie wurde von einem Pferd getreten" Das war jetzt aber kein Grund für so eine Stimmung. "Wie lange muss sie noch bleiben?" "Sie wollen sie jetzt noch drei Tage zur Beobachtung hier behalten." antwortete er mir kühl. "Dann wär es vielleicht nicht schlecht, wenn du ein paar Sachen für sie holen würdest. Ich bin bei ihr. Ermorden kann sie in der Zeit garantiert keiner" witzelte ich, aber ihm war wohl nicht zum Lachen zumute. Er nickte einfach nur und ging wieder zu ihr rüber. Leise redete er mit ihr. Sie nickte kaum merklich und er gab ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Man sah ihr an, dass sie nicht wollte, dass er ging.
Kaum fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, ging ich ruhig auf Rose zu. "Hey. Was machst du, denn für Sachen?" ich lächelte sie an, aber sie reagierte nicht. Das war doch eigentlich gar nicht Rose Art. Ich ließ mich langsam auf die Bettkante sinken und zog sie vorsichtig in meine Arme. Es war, als würde man eine Puppe umarmen. Sie ließ erschöpft den Kopf auf meine Schulter sinken, das war aber auch Ihre einzige Reaktion. Es klopfte an der Tür und ein etwas ältere Arzt in einem weißen Kittel, gefolgt von einer Krankenschwester, betrat den Raum.
"Guten Tag, ich bin Dr. Olsen. Ihr behandelnder Arzt" stellte er sich vor und Rose hob einfach nur müde den Kopf. Er wandte sich an mich "Ich würde gerne mit meiner Patientin alleine reden. Sie können so lange draußen warten." Ich wollte aufstehen, aber Rose schüttelte den Kopf "Nein, sie kann ruhig da bleiben" "Gut." meinte der Arzt daraufhin nur. "Frau Archer, es tut mir wirklich leid. Wir haben alles in unserer Macht stehende versucht. Vergebens. Es war schlicht und ergreifend noch zu klein, aber vielleicht als kleiner Trost, wäre dieser Unfall nicht passiert hätten sie in ungefähr sechs Monaten ein gesundes Baby in ihren Armen halten können" er lächelte sie matt an. Sie war schwanger gewesen? Hatte ich also doch recht! "Vielleicht ziehen sie in näherer Zeit Professionelle Hilfe in Betracht." meinte er noch, aber sie schüttelte den Kopf. Rose würde eher sterben, als sich einem Psychiater anzuvertrauen. Er nahm es lächelnd zu Kenntnis und verließ den Raum wieder, allerdings nicht ohne uns nicht noch einen schönen Tag zu wünschen. Komischer Typ!
Rose atmete tief durch. "Wusstest du nichts von der Schwangerschaft?" fragte ich vorsichtig. Sie schüttelte den Kopf. "Krass. Ich wäre fast Tante geworden!" murmelte ich. Erst jetzt spürte ich, dass Rose angefangen hatte zu weinen. Ihr Körper verkrampfte sich leicht und ich zog sie näher an mich. Das war das erste mal, dass ich sie wirklich weinen sah. Mir gegenüber war sie in manchen Sachen immer sehr verschlossen und naja irgendwie ich ein wenig distanziert, aber immer nur dann wenn es um sie selbst ging. Sie sprach, aber auch nicht so gerne über sich, geschweige denn ihre Schulzeit. Ich wusste nur, dass sie etwas Stress mit ein paar Mädchen gehabt hatte. Diese Mädchen würden mittlerweile wahrscheinlich vor Neid sterben oder zumindest grün anlaufen.
Ich fuhr ihr über den Rücken, immer und immer wieder. In der Hoffnung sie würde sich etwas beruhigen. Langsam beruhigte sie sich auch etwas, aber mehr aus Erschöpfung. Dafür war der Schmerz zu groß.
Wieder flog die Tür auf und Miranda stürmte in den Raum. "Rosy, Darling" begrüßte sie Rose mit einem besorgten Unterton "Tut mir leid, dass ich nich früher kommen konnte!". Rose müsste es echt schlecht gehen, wenn sie sich nicht gegen Rosy wehrte, denn das durfte nur Finn und auch nur wenn er sie etwas ärgern wollte. Die Ältere ließ sich auch auf die Bettkante sinken und fuhr ihr vorsichtig über die Wange "Alles ist wieder gut". Rose schüttelte kaum merklich den Kopf und war schon wieder den Tränen nahe. Miranda reagierte, wie eine Mutter und zog sie an sich. "Was ist los? Setzt dir der Tritt so zu, oder ist es etwas anderes? Du weißt bei einem jung......" weiter kam sie nicht, denn Rose unterbrach sie. "Ich weiß bei einem jung Pferd kann sowas mal passieren." sie klang aufgebracht, aber vor allem verletzt. Miranda sah sie jetzt besorgt an und man konnte auch das Unverständnis in ihren Augen sehen. "Was ist los?" fragte sie jetzt mit etwas mehr Nachdruck. Rose musste schlucken "Was soll schon los seien?!" sie funkelte Miranda an. "Ich habe ja nur mein Kind verloren. Du hast recht es ist alles wieder gut!" Die Augen ihrer Tante weiteten sich ungläubig und sie schien um Fassung zu ringen. "Warum hast du nichts gesagt?" fragte sie nach einer gefühlten Ewigkeit und Rose presste ihre Lippen fest aufeinander "Weil ich es selber nicht wusste" antwortete sie heiser und im nächsten Moment rann auch schon wieder eine Träne ihre Wange runter. "Darling, es ist nicht deine Schuld!" sagte Miranda mit Nachdruck und nahm sie wieder fest in den Arm. Ich fühlte mich, wie das fünfte Rad am Wagen. Anscheinend genauso, wie Jake den ich bis gerade eben gar nicht bemerkt hatte. Er wirkte etwas erschrocken und sah immer wieder zu seiner Cousine rüber, die eine gefühlte Ewigkeit in den Armen ihrer Tante weinte. Mit einem Mal sah Miranda zu mir rüber "Wo ist eigentlich Finn?". "Er holt Sachen für Rose" antwortete ich und sie nickte "Das ist gut" murmelte sie.
Rose tat mir in dem Moment einfach nur so leid.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top