11~Rose

Finn:

Als wir den Flughafen betraten sah ich, wie sich ein Schatten über Rose' Gesicht legte und ihre Augen zu spiegeln begannen. "Alles okay?" fragte ich gedehnt. Sie nickte, sagte jedoch nichts und starrte nur geradeaus und biss sich auf die Unterlippe. Ich blieb stehen. "Und jetzt nochmal, diesmal bitte die Wahrheit." forderte ich sie auf, drehte ihren Kopf zu mir und blickte ihr fest in die Augen. "Ich fliege nie, ausser nach Amerika..." nuschelte sie. Jetzt verstand ich: fliegen bedeutete für meine Freundin USA und USA bedeutete tote Eltern. Ich schlang meine Arme und sie und küsste sie auf den Scheitel. "Du schaffst das, ich bin doch bei dir, okay?" murmelte ich und Rose nickte. Eine halbe Stunde später saßen wir nebeneinander im Flieger und sie hing am Fenster wie ein kleines Kind. Wir waren kaum über den Wolken, da schlief sie auch schon, den Kopf an meiner Schulter. Ich fuhr vorsichtig mit den Fingern durch ihre Haare und dachte daran, dass es so gerne öfter sein könnte. Blieb nur zu hoffen, dass sie Ja sagen würde.

Rose:

"Es ist sooo schön hier!" schwärmte ich, als wir auf der Auffahrt des Ferienhauses standen. Auf dem Weg vom Flughafen hierher hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon bekommen, wie ich "Am Arsch der Welt" in Zukunft definieren würde. Finn grinste, schloss die Tür auf und ich folgte ihm nach drinnen. Das Haus war meiner Meinung nach etwas groß für ein Ferienhaus, aber inzwischen wunderte mich nichts mehr. In dem hellen Wohn-/Esszimmer gab es eine großzügige Fensterfront mit Blick auf das atemberaubende Panorama der Highlands. "Ich fürchte ich werde mir echt was einfallen lassen müssen, wenn ich dich diese Woche nochmal vom Fenster wegkriegen will." meinte Finn lachend, der plötzlich hinter mir stand. "Och, ich glaube so schwer wird das nicht." entgegnete ich, ebenfalls lachend und drehte mich zu ihm um.

"Wohin gehen wir?" fragte ich zum gefühlt hundertsten mal und zum ebenfalls hundertsten mal entgegnete Finn: "Siehst du dann." Er machte mich schier wahnsinnig damit! Gerade fielen mir Sofias Andeutungen wieder ein - würde ich jetzt erfahren, was sie gemeint hatte? "Es wird aber schon dunkel." jammerte ich. "Eben." entgegnete Finn und ich sah ein, dass ich aus ihm erstmal nichts mehr rauskriegen würde. Irgendwann standen wir in mitten einer Ruine und Finn ließ sich ins Gras fallen. Nach kurzem Zögern folgte ich seinem Beispiel und lehnte mich dann an ihn. Es war wirklich schön, nur der Wind war zu hören, der die hohen Gräser rings herum zum rauschen brachte und Finns gleichmäßiger Atem neben mir. Der Himmel war fast wolkenlos und durch die Abgeschiedenheit gab es kaum künstliches Licht, sodass die Sterne gut sichtbar waren. "Ziemlich kitschig hier." merkte ich skeptisch an "Ausserdem will ich jetzt endlich wissen, warum wir hier sind!" Finn holte tief Luft. "Mach deine Augen zu." forderte er. Okay, jetzt wird's interessant... Ich schloss die Augen und wartete. "Kannst wieder aufmachen." hörte ich Finn sagen, in seiner Stimme lag mit einem Mal eine Unsicherheit, wie ich sie bei ihm selten erlebte. Ich sah kaum etwas in der Dunkelheit, aber ein kleiner Gegenstand direkt vor mir reflektierte das Mondlicht. Zuerst weigerte ich mich zu glauben, dass das da auf Finns Hand wirklich das war, wofür ich es hielt, doch spätestens als er fragte: "Rosaly Ann Archer, willst du mich heiraten?" gab es keinen Zweifel mehr, dass er tatsächlich ein Kästchen mit einem Verlobungsring in der Hand hatte. "Nein. Neinneinneinnein" stammelte ich, ich konnte und wollte es immer noch nicht glauben. "Nein? Oh." erwiderte Finn enttäuscht und wollte seine Hand schon zurückziehen, da hielt ich ihn zurück. "Nein, ich meinte Ja, also nein, also..." stammelte ich "Ich meinte nicht das nein, ich meinte, das ich das nicht glaube. Du verarscht mich doch, oder?" Ich sah ihn unsicher an. "Ich meinte das durchaus ernst." erklärte er und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: "Rose, atmen nicht vergessen. Atmen ist wichtig, ich will diesen Abend nicht in der Notaufnahme verbringen, weil du fast erstickst!" Ich holte Luft. Einatmen, ausatmen, einatmen - ging doch. "Ja." sagte ich, als ich mich wieder etwas gefangen hatte. "Was ja?" fragte Finn iritiert. "Na, ja halt. Ja, ich will dich heiraten." Er stieß erleichtert die Luft aus, dann küsste er mich. "Aber nur wenn du mir verrätst, woher zur Hölle du meinen zweiten Vornamen kennst, den kannten nur fünf Leute und zwei davon sind tot." fügte ich lachend in einer Atempause hinzu.

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