The Beginning

A/N Hallo meine lieben,
schön das Ihr bei mir vorbei schaut. Neue Story, neues Glück, ich hoffe sie gefällt euch. Schreibt mir doch, wenn es euch gefällt oder ihr Kritik habt.
Nun wünsche ich euch viel Spaß.
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„Kathi, hier bist du also. Ich suche dich schon überall. Willst du nicht mit mir in die Mensa gehen?", fragte mich Claire, ein Mädchen aus der neuen Schule, die ich seit drei Wochen besuchte. Ich nickte und folgte ihr.

Mein Vater, Frank Timmer, war Berufssoldat, Feldwebel um genau zu sein und wurde bisher regelmäßig alle paar Jahre versetzt. Nun hatte es uns also nach München verschlagen. Ein halbes Jahr vor dem Abitur war das natürlich ziemlich blöd, aber ich war es gewohnt ständig neue Leute kennen zu lernen und mich auf andere Gegebenheiten einzustellen. Mit meinen siebzehn Jahren fiel es mir auch nicht schwer dem neuen Unterricht zu folgen, ich war eine sehr gute Schülerin.

Hier in München hatte ich außerdem die Möglichkeit nach dem Abi zu studieren, ohne wieder groß weg zu müssen. Es gab reichlich Unis in der Umgebung. Selbst wenn sich hier nichts ergeben würde, wäre es zumindest für meine Eltern die letzte Station. In fünf Jahren würde mein Vater pensioniert werden. Das Haus, welches wir nun bewohnten, hatte mein Vater dieses Mal gekauft und nicht nur gemietet.

Gleich am ersten Tag im Goethegymnasium lernte ich Claire kennen. Sie war ebenfalls siebzehn Jahre und sehr nett. Sie sprach mich noch im Flur vor dem Klassenzimmer an und half mir so über den ersten Tag in der neuen Schule. Wir hatten sofort einen direkten Draht zu einander und stellten erfreut fest, dass wir mehrere Kurse zusammen hatten. Außerdem wohnte sie ganz in meiner Nähe. Mit dem Bus waren es nur zwanzig Minuten bis zu ihr nach Hause und von da aus noch mal fünf Minuten Fußmarsch bis zu mir.

Das Gymnasium war riesig, ca. 1500 Schüler tummelten sich hier täglich. Normalerweise fiel da ein Einzelner gar nicht auf, aber einer der Schüler, ein blonder Junge, ziemlich heiß aussehend saß jede Pause unter einem Baum am Ende des Schulhofes, dort wo sich so ein kleiner Park anschloss.

Schon ziemlich schnell war mir aufgefallen, dass er immer alleine dort saß. Niemand sprach ihn an oder wurde von ihm beachtet.

Im Unterricht war es nicht anders. Auch heute, als Claire mich nun ansprach, war es nicht anders. Ich beobachtete ihn von einer entfernt stehenden Bank aus. Er schrieb oder malte auf einem Block oder starrte vor sich hin.

Er war immer allein, die Anderen schienen ihn zu meiden. Ich sah nie jemandem bei ihm stehen oder dass er jemanden ansprach. Es war wirklich merkwürdig, da er doch so gut aussah. Zumindest die Mädchen mussten doch irgendwie auf ihn reagieren. Aber ich hörte nie jemanden über ihn sprechen. Nicht einmal Abfälligkeiten über ihn bekam ich mit.

Wir hatten Deutsch zusammen, aber auch in der Klasse saß er nur still ganz hinten und sagte kein Wort, zu niemandem. Er wurde einfach gar nicht beachtet. Eigentlich wirkte er viel älter als die Übrigen des Jahrgangs, ich hätte ihn auf zwanzig Jahre getippt. Obwohl er körperlich eher schmächtig und klein war. Aber dann wäre er sicherlich schon mit der Schule fertig oder am Studieren. Er folgte dem Unterricht, aber beteiligte sich nicht daran.

Einmal hatte ich ihn an die Tafel gehen sehen, da Frau Kreuz ihn bat etwas aufzuschreiben. Er machte erschreckend viele Rechtschreibfehler. Aber sie sagte nichts dazu und was noch erstaunlicher war, die Klasse lachte nicht mal. Wieder wurde er einfach ignoriert. Das war wirklich merkwürdig. Normalerweise bekam man doch irgendeinen klugen Spruch reingewürgt, wenn man sich so offensichtlich dumm anstellte. Aber nichts dergleichen passierte hier. Manchmal fehlte er aber auch für ein paar Stunden ganz, was ebenfalls von den Lehrern hingenommen wurde. Er brachte nie eine Entschuldigung mit.

Wortlos verbesserte Fr. Kreuz an dem Tag seine Fehler und machte im Unterricht weiter. Niall, so hatte ich mittlerweile herausgefunden, ging danach zu seinem Platz zurück und ich schaute ihm erstaunt nach. Unsere Blicke trafen sich kurz, aber er schaute sofort zu Boden. Jedoch reichte dieser Augenblick, um in mir etwas hervorzuholen, was ich noch nicht beschreiben konnte. Seine Augen hatten so etwas Trauriges, sie schrien mich förmlich nach Hilfe an.

Es ging irgendwie ein Ruck durch mich, der mich dazu brachte, sich nicht der Ignoranz meiner Mitschüler anzuschließen. Ich beschloss bereits nach einer Woche, der Sache auf den Grund zu gehen. So konnte es mit ihm nicht weiter gehen, mein Helfersyndrom war erwacht.

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Nun war ich also schon die dritte Woche hier und ich hatte Niall immer noch nicht selber sprechen hören. Da stimmte doch etwas nicht. Niemand igelte sich freiwillig so sehr ein. Und doch schien es so, als ob ihm genau dieses wichtig war. Er wollte in Ruhe gelassen werden.

Da wir heute Nachmittagunterricht hatten, gab es Mittagessen in der Mensa. Claire und ich suchten uns also einen freien Tisch, an dem drei Mann Platz hatten. Normalerweise saß ihr Freund Tom noch bei uns, der aber war mit seinem Freund irgendwo hingegangen, um für ein Projekt etwas zu holen.

„Sag mal, kennst du diesen Niall näher?", begann ich das Gespräch auf ihn zu lenken.

„Er ist so merkwürdig, weißt du, was mit ihm los ist?"

Schließlich kannte sie Niall schon länger. Sie stutzte kurz und antwortete dann.

„Ach der, nein. Der ist ein Freak. Er redet mit niemandem, geht allen aus dem Weg. Er ist erst Anfang des Schuljahres zu uns gestoßen. Er soll vorher in einem Therapiezentrum gewesen sein. Angeblich schwere Kindheit oder so. Genaues weiß keiner. Die Gerüchteküche ist da sehr aktiv. Er soll...", unterbrach sie sich und schaute mich an.

„Was soll er?", fragte ich neugierig. Offensichtlich wusste sie doch etwas.

„Na ja, er soll seine Eltern ... hm ... er soll am Tod seiner Eltern schuld sein. Was Genaueres weiß aber keiner. Er lässt ja niemanden an sich heran. War wohl deswegen schon mit der Polizei aneinander geraten. Einige der Mädels haben versucht mit ihm anzubändeln, er sieht ja auch toll aus, aber er blockt alles ab. Er ist nicht frech oder so, aber er will niemanden um sich haben", antwortete sie frustriert.

Ich war geschockt. Was sollte er? Schuld am Tod seiner Eltern sein? Seine Eltern zu verlieren war schon schlimm genug und dann auch noch mit der Schuld leben? Mich schüttelte es und eine Welle von Mitleid erfasste mich. Machte sich denn niemand die Mühe mal hinter seine Maske zu blicken? Er war sicherlich total traurig und fühlte sich einsam. Nachdenklich aß ich mein Mittagessen weiter.

Er würde wahrscheinlich mit mir auch nicht reden wollen. Also musste ich anders vorgehen, wenn ich ihn kennen lernen wollte. Ob Frau Kreuz mehr über ihn wusste? Sie schien mir irgendwie verständnisvoll mit ihm umzugehen, außerdem war sie Vertrauenslehrerin.

Nach der Deutschstunde ging ich zu ihr. Bevor ich sie ansprach wartete ich, bis alle den Raum verlassen hatten. Erst dann brachte ich mein Anliegen vor und fragte gezielt nach Niall. Frau Kreuz stand von ihrem Stuhl auf und ging seufzend zum Fenster.

„Ja, Niall ist ein schwieriger Fall."

Begann sie zögerlich. Sie schien in Gedanken zu sein. Erst als ich mich räusperte, erzählte sie weiter.

„Er hat eine massive Rechtschreibschwäche und bräuchte dringend etwas Hilfe. Er ist nicht dumm, im Gegenteil, sein Talent ist unbeschreiblich, aber er ist nicht sehr kooperativ. Ich bin der Meinung, dass er einfach nur eine Blockade hat und sich die Schreibschwierigkeiten mit ein bisschen Hilfe beheben ließen. Zumindest die..."

Frau Kreuz unterbrach sich und ich wusste nicht, ob sie mir noch mehr von seinen Schwierigkeiten sagen wollte. Aber bevor ich fragen konnte, redete sie weiter.

„Wenn du es versuchen willst, dann werde ich ihm offiziell den Auftrag erteilen bei dir Nachhilfe zu nehmen. Du bist eine sehr gute Schülerin. Vielleicht lässt er dich ein wenig in seine Welt. Er hätte es verdient."

Sie brachte mich eigentlich nur noch mehr durcheinander, aber ich traute mich nicht, sie weiter auszufragen.

Er lag ihr am Herzen, das merkte ich jedenfalls. Aber sie war nicht bereit mehr über ihn zu sagen, auch nicht auf meine letztendlich doch hervorgebrachte Bitte, mir etwas über seine Vergangenheit zu erzählen. Sie dürfe es nicht, sagte sie, aber ich könnte jeder Zeit zu ihr kommen, wenn ich Schwierigkeiten mit ihm hätte, bot sie mir an.

Ich beschloss es erst mal dabei zu belassen. Später würde sie mir vielleicht mehr erzählen. Ich musste ihn also selber ansprechen. Während ich über den Flur nach draußen ging, überlegte ich mir, wie ich es anstellen sollte, dass er mich anhörte, ohne sich abzuwenden oder mich wegzuschicken.

Als ich das Gebäude verlassen hatte, sah ich ihn wieder unter dem Baum sitzen und beschloss ihn einfach mal anzusprechen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und lief auf ihn zu, nicht ahnend, wie sehr sich mein und auch sein Leben dadurch verändern würde.

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