[9] Satoru


»War alles okay heute?« Ich stellte mich zu Dai und lehnte mich neben ihn an die Wand. »Gab es Vorkommnisse?«

»Keine nennenswerten«, antwortete er trocken.

Und ich kam nicht umher, festzustellen, dass mein General scheinbar ab sofort immer schlecht gelaunt war. »Sie war bei der Kaiserin und dann hat sie sich mit den anderen unterhalten und ist zu ihren Stunden gegangen.«

»Gibts das auch noch in der langen und ausführlicheren Version? Oder muss ich mich mit den paar Wortfetzen zufriedengeben?«

Er schnaubte und meine Wachen regten sich. Ich hob die Hand und brachte sie zum Schweigen, als Dai sich zu mir drehte. »Ich könnte dir haarklein berichten, was wer wann gesagt hat. Aber es war nichts Interessantes dabei. Die Kaiserin versprüht ihr Gift, die anderen Konkubinen spinnen ihre Intrigen und setzten zu kleinen Sticheleien an, die sie als Höflichkeiten verpacken und Kimiko steckt alles ziemlich gut weg. Also, alles wie immer, mein Kaiser.«

Wir sahen einander an. »Dir gefällt nicht, dass ich sie besuche.«

»Ist das eine Frage?«

»Hörte es sich wie eine an?«

Dai spannte den Kiefer an und sah dann wieder stur gerade aus. »Sie ist dein Besitz. Du kannst sie besuchen, wann immer du willst, Satoru.«

Ich nickte nur und rieb mir recht unkaiserlich durchs Haar. »Ich verlasse mich darauf, dass du mit mir sprichst, Dai.«

Seine Antwort war ein knappes Nicken, ein gebrummtes »Jawohl, mein Kaiser« und nun biss ich die Zähen zusammen.

Doch ich richtete mich auf und ließ mir von ihm die Tür zu Kimikos Zimmer aufschieben. Ich sah allerdings noch, dass sein Blick eine winzige Sekunde zu ihr schwenkte.

Ich lief an ihm vorbei, als hätte ich es nicht gesehen und ging zu meiner Konkubine in den Raum.

Die Tür schloss sich und ich nahm mehrere Dinge gleichzeitig wahr. Ich roch den Sake, der in einer dampfenden Kanne auf einem Tisch stand, sah die Früchte und die Käsesorten, die auf einem Teller angerichtet waren, und bewunderte das diesmal hellblaue aber ebenso durchscheinende Stoffteilchen, in das Kimiko gehüllt war.

Etwas verwunder lächelte ich und schüttelte den Kopf, als ich zu ihr lief. Ich stellte mich vor sie und zog drei Spangen aus ihrem Haar, sodass es, so wie ich es mochte, über ihre Schultern glitt.

»Wieso ist hier eine Mahlzeit aufgetischt?«, fragte ich und sah in ihrer grünen Augen.
Sie waren schön. So wie die ganze Frau an sich.

Sie lächelte mich an. »Das ist für euch, als ... kleines Dankeschön.« Mir einer eleganten Geste, die ihre Brüste leicht in Bewegung versetzte, bedeutet sie mir, dass ich mich setzten sollte.

Ich schmunzelte, weil ihr offensichtlich nicht klar war, dass sie gerade den Kaiser aufforderte, sich zu setzen. Aber ich ließ sie gewähren und fragte, mich setzend: »Ein Dankeschön für was genau, Kimiko?«

Sie setzte sich neben mich und nahm die Kanne mit dem heißen Sake. »Ihr habt mich gerettet«, erklärte Kimiko und beugte sich zu ihm vor. Elegant schenkte sie mir ein und sah mir in die Augen. »Dafür möchte ich mich bedanken.«

Ich versuchte, erst gar nicht, den Blick von ihren Brüsten zu nehmen. »Du irrst dich. Ich habe nicht dich, sondern meine Fische gerettet.« Während ich an meinem Sake nippte, sah ich ihr entgegen. »Außerdem erspare ich meinen Beratern so die Mühe, sich wegen eines Ersatzes den Kopf zu zerbrechen.«

Sie blinzelte mehrfach und ließ sich zurückfallen. »Verstehe ... natürlich. Dann vergesst, was ich gesagt habe.«
Sie sah mich nicht mehr an und trank.

Kopfschütteln hob ich die Hand und zwang sie, mit einem sanften Griff, den Kopf zu heben. »Du bist nicht unbedingt gut darin, einen Scherz zu erkennen, oder?«

»Das war ein Scherz? Aber Ihr habt nicht dabei gelacht.«

Ich grinste einseitig. »Das ist unnötig, wenn es offensichtlich ist. Denkst du nicht?« Ich seufzte und ließ sie los. »Woher wusstest du, dass ich Käse mag?«, fragte ich und griff mir ein Stück des duftenden Bergkäses, der aufgetragen war. Ich biss hinein und kaute, während ich sie betrachtet.

Sie sah zum Käse auf dem Tisch. »Ich habe meinen Diener aufgetragen, euren Lieblingssake und Lieblingsessen zu bringen. Ich wusste bis gerade eben nicht, was Ihr mögt.« Sie nahm sich ebenfalls von dem Käse. »Es schmeckt wirklich lecker.«

Ich beobachtete sie und fragte dann. »Was isst du am liebsten?«

Sie leckte sich über die Lippen und überlegte. Und ich überlegte derweil, sie zu packen, über den Tisch zu werfen und zu vögeln, bis es ihr die verdammte Sprache verschlug? Wie sie sich wohl anhörte, wenn sie sich der Lust hingab, statt meine Besuche als Pflicht anzusehen?

»Ich liebe süße Speisen, eure Hoheit.«
Kimiko schenkte mir Sake nach und dabei streifte ihre Brust meinen Arm.

Nun leckte ich mir die Lippen. Oh, ich würde rausfinden, welche Stoßseufzer sie von sich geben würde, wenn sie kam. Aber nicht heute.
»Süßes also«, merkte ich an und zog meinen Arm unauffällig zurück. Was zur Folge hatte, das meine Haut an ihrer Spitze entlangglitt. Mein Mundwinkel zuckte. »Ich dachte, du seist eine Frau, die auf Scharfes steht. Herb und salzig.«

Ihr Atmung ging schneller, sie sah hinab und schluckte. »Wie kommt ihr darauf?«

Sie sah mich wieder an und ich legte den Kopf schief. Dann griff ihr ihr Handgelenk und zwang sie, sich zu erheben und zu mir zu kommen. Fragend zog ich an ihrem Arm und gab ihr demnach die Möglichkeit, sich nicht auf meinen Schoß zu setzen.

Sie zögerte, sah von mir zum Eingangsbereich und ließ sich mehrere Minuten Zeit. Minuten, in denen ich mich fragte, ob die Verlobung für sie und Dai doch mehr war, was nur ein einfaches Arrangement.

Letztlich ließ sich Kimiko dennoch auf meinen Schoß nieder, gerade als ich ihr diesen verwehren wollte. Sie sah mir direkt in die Augen und meine Zweifel nahmen zu. Ich sah, dass sie sich Mühe gab, diese Fassade des Interesses aufrecht zu erhalten.

Doch ... ich wusste Menschen gut einzuschätzen. Und wo ich in Risas blick Ehrgeiz aufflammen sah und und in Yamas Augen eine Verliebtheit, sowie Eifersucht glitzerten, sah ich bei Kimiko ... Zwang. Abneigung, nein ... eher Unwillen. Und diese verschwanden, wenn sie den General ansah. Sie wurde weicher in seiner Nähe.

Ich schluckte. Sie liebten einander – oder waren sich zumindest zugeneigt. Das war mittlerweile offenkundig.

Ich räusperte mich und verlagerte ihr Gewicht so, dass sie nicht mehr auf meiner Männlichkeit saß.
»Es hat nie wehgetan, sondern war eher unangenehm«, ich lächelte dennoch zu ihr hinauf. Dann aber hob ich sie wieder an und stand direkt mit ihr auf. Ich richtete meine Kleidung und nickte. »Ich werde mich jetzt verabschieden, kleine Fijiwara.«

Kimiko blinzelte irritiert. »Aber ... ihr ... wir ... haben noch ...« Sie schloss den Mund wieder. Kimiko sah zu Boden und nickte. »Verstehe. Ich wünsche euch eine angenehme Nacht bei Konkubine Risa.«

Ich beobachtete, wie sie sich verbeugte und in dieser Position verharrte.
»Risa? Warum sollte ich jetzt zu ihr?«

»Weil ... Ihr doch das letzte Mal auch zu ihr
gegangen seid«, erklärte sie, weiterhin gebeugt.

Ich zog die Brauen zusammen und dann hinauf. Dann seufzte ich. »Sie mich an, Fijiwara.« Sie tat, was ich verlangte und ich betrachtete sie. »Ich war das letzte Mal nicht bei ihr und gehe auch heute nicht. Es wäre respektlos meinen Konkubinen gegenüber, wenn ich den Abend, den ich bei einer begonnen habe, bei der anderen beenden würde. So eine Art Mann bin ich nicht. Und so begierig darauf, einen Erben zu bekommen, bin ich nicht. Ich bin 22. Dadurch das ich so früh Kaiser wurde, habe ich etwas mehr Zeit. Außerdem ... Nein, wie gesagt. Es wäre eine Respektlosigkeit, die ich nicht begehen werde«, erklärte ich und fragte dann: »Wer hat das behauptet?«

Langsam sah sie wieder auf und stellte sich aufrecht hin. Ihre Finger vor dem Körper ineinander verflochten.
»Niemand«, antwortete Kimiko. »Niemand hat das behauptet.«

Mein Blick huschte über ihr Gesicht. Mir war klar, dass sie log. Es war sehr deutlich zu lesen, dennoch nickte ich. Wenn sie es mir nicht sagen wollte, hatte es eventuell einen Grund. Und ich würde mich hüten, mich in die Belange meiner Huren einzumischen. Ich hatte genug Stress damit, Kaiser zu sein, und wäre irrsinnig, mir mehr aufzuladen, als nötig.

»Was auch immer ihr untereinander zu euch sagte«, setzte ich an, »ich an deiner Stelle, würde nicht alles für wahre Münze nehmen.« Mein Kopf legte sich schief. »Möchtest du denn, dass ich noch bleibe?«

»Ich werde es mir merken, eure Hoheit«, sagte sie und nickte, bevor ihr Blick wieder Richtung Tür huschte. Aha. »Wenn ich Nein sage, würdet ihr mich dann gar nicht mehr aufsuchen und mich verstoßen?«

»Ich würde dich nicht verstoßen, nein. Aber ... als Kaiser wird von mir erwartet, euch zu besuchen, bis ich einen Erben habe. Und wenn du auf Dauer nicht an diesem Arrangement interessiert bist, werde ich mich nach einer Frau umsehen müssen, die bereit dazu ist, die Nächte mit mir zu verbringen. Aus freien Stücken«, setzte ich hinterher, weil mir dieses Detail wichtig war. »Also vorerst, kann ich dir durchaus Zeit geben, dich zu entscheiden.«

Mein Blick zeigte ihr, dass diese Wortwahl eher heißen sollte »dich zu entscheiden, wen du willst«.

»Ich«, begann ich, »schlafe ungern mit Frauen, die das nicht wirklich wollen.«
Meine Frau besteigen zu müssen, obwohl wie einander so abgeneigt waren, reichte vollkommen. Mir war es lieber, dass ich die restlichen Nächte Damen im Bett hatte, die mich wollten.

Kimiko sah mich an, dann bejahte sie mit einer kleinen Geste. »Ich werde mich entscheiden, eure Hoheit. Darf ich euch etwas ernstes Fragen?«

Da sie näher trat, musste ich den Kopf neigen, um ihr entgegenzusehen. »Du darfst.«

Sie schluckte. »Wenn ich mich gegen euch entscheide, werdet ihr mich dann wirklich freigeben? Werde ich dann frei sein, den Mann zu wählen, den ich möchte? Bitte antwortet ehrlich, was mit mir passieren wird, wenn ich nicht länger eure Hure bin und ihr mich nicht mehr wollt. Was wird mit meinem Vater passieren und was mit dem Ansehen meiner Familie?«

Sie trat noch näher heran und musste ihren Kopf nach hinten neigen, um mir weiter entgegenzublicken.

»Du weißt, was mit ehemaligen Konkubinen passiert, Kimiko. Ihr ... werdet keinen Mann wählen können, weil kein Mann euch als Frau nimmt. Zudem ... dürft ihr niemanden heiraten, der unter dem Rang eures ersten Meisters war. Und da ich der Kaiser bin ...« Ich ließ den Satz unvollendet und strich mit der Hand über ihre Wange. Sie tat mir leid. »Die meisten werden nach ihrem Dienst einfach in Hurenhäuser geschickt.«

Ihre Augen weiteten sich und etwas Schmerzliches glomm auf. »Danke, das ihr mir ehrlich geantwortet habt. Ich.... Würde dennoch gerne etwas Zeit für mich haben. Ich ...« Sie schloss den Mund, neigte ihren Kopf etwas in meine Hand und schloss die Augen. »Ich werde euch meine Entscheidung zukommen lassen.« Langsam öffnete sie wieder die Augen und sah ihn mich. »Gebt mir nur etwas Zeit, eure Hoheit.«

Ich nickte und obwohl ich es nicht vorhatte, lehnte ich mich vor und küsste federleicht ihre Wange. »Wie du möchtest, kleine Fijiwara.« Meine Lippen strichen mit jedem Wort über ihre Haut. Dann nahm ich wieder Abstand. »Ich werde jetzt gehen und geduldig auf den Entschluss des Karpfenschrecks warten«, scherzte ich und lächelte. »Ach und übrigens«, sagte ich und machte schon einen Schritt zur Tür. »Ich und der General werde morgen abreisen und einige Wochen weg sein. Du bekommst so lange eine neue Wache. Zum sommerlichen Hofhalten bin ich aber wieder zurück. Ich erwarte das du und die anderen daran teilnehmen. Risa und Yama kenne das Prozedere schon, also lass es dir erklären.«

Sie schmunzelte. »Ich hoffe, eure Fische haben sich von dem Schock erholt. Bitte passt auf euch auf«, sagte sie nun und ich fragte mich, ob dies nur eine Bitte an mich, oder auch die Besorgnis um Dai war. »Ich werde euch meine Entscheidung bei eurer Rückkehr mitteilen und selbstverständlich bei dem sommerlichen Hofhalten teilnehmen.«

Ich lachte leise. »Du hast nicht wirklich eine Wahl, Fijiwara. Aber schön, dass du zustimmst an meiner Seite mit Anwesenheit zu glänzen. Und nein«, witzelte ich, als ich die Tür aufschob, »Meine armen Fische werden sich wohl nie wieder erholen.« Ich grinste frech und neigte den Kopf. »Gute Nacht, kleine Kröte.«

Sie lächelte mich an, verbeugte sich dann aber und verabschiedete mich. »Gute Nacht, eure Hoheit.«

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