[24] Kimiko


2 Wochen später

Wie eine leere Hülle saß ich in einer Ecke auf meinem Bett und hatte die Beine an meinen Körper gezogen. Die Sonne ging bereits unter, als meine einzige Zofe, Yui, in meine Gemächer kam und mir das Essen servierte. Satoru hatte entschieden, dass ich zumindest eine Zofe behalten dürfte, da ich alleine nicht klarkommen würde. Und seitdem Risa an eine Vergiftung gestorben ist, wurde auch mein Essen immer vorgekostet. Doch....

»Dame Kimiko, ihr müsst essen« versuchte es Yui mal wieder. Denn, ich aß kaum noch. Wenn ich etwas zu mir nahm, dann war es nur wegen dem Kind, dass in meinem Leib heranwuchs.

»Verschwinde« zischte ich müde. Ich wollte allein sein, niemanden sehen oder hören. Ich hasste mich für alles, was ich getan hatte. Und ich hasste mich noch mehr, dass Dai wegen mir hingerichtet wird. Es war alles meine Schuld, aber als ich vor Satoru kniete und diese ganzen feigen Maden mich ansahen, war ich einfach nicht mutig genug, genau dies zu sagen.

Dai war ein guter Mann, mit viel Herz, er war loyal, liebte sein Kaiser, seinen Freund und liebte mich. Ich hatte das ausgenutzt, seine Gefühle und sein Verlangen nach mir. Ich hatte es als Spaß angesehen, ihn mir zu nehmen, wann auch immer ich Lust dazu hatte. Es war ekelhaft und erniedrigend. Er hatte so etwas nicht verdient. Ich hatte ihn nicht verdient.

»Dame Kimiko, ich bitte euch. Wenn ihr nicht isst, dann bekomme ich vom Kaiser ärger« erzählte Yui mal wieder. Das sagte sie fast immer, wenn ich mich weigerte etwas zu essen.

Eigentlich könnte es mir gleich sein, ob sie Ärger bekam oder nicht, aber leider war ich zumindest in diesen Belangen ein guter Mensch.

Ich seufzte, rutschte von meinem Bett auf den Boden und setzte mich an den Tisch. Dann begann ich zu essen, langsam und zwingend. Ich spürte, dass Yui erleichtert war. Sie war die Einzige, die Satoru darum gebeten hat, an meiner Seite bleiben zu dürfen. Weshalb Satoru sich zum Ende so entschied, und es genehmigte. Meine Gedanken schweiften zu Akane, wie es ihr wohl ging. Ich hoffe gut.

Ein weiterer Löffel der Suppe landete in meinem Mund und ich musste auf einmal an meinen Vater denken. Er hatte mit Satoru eine große Diskussion gehabt, weil er mich sehen wollte. Letzten Endes hatte Satoru wohl kein Nerv mehr dazu gehabt und erteilte ihm die Erlaubnis mich zu besuchen.

Das Erste, was mich an diesem Tag traf, war seine Hand, die mich direkt ins Gesicht schlug.
»BIST DU VON ALLEN GUTEN GÖTTERN VERLASSEN, DU NUTZLOSES WEIB!!« hatte er mich angebrüllt und wollte mich weiter schlagen, doch Yui ging dazwischen und bekam dadurch einige Schläge ab.

Wie heute, so auch zu der Zeit, hatte ich mich nicht wirklich gewehrt oder etwas gesagt. Ich war wortwörtlich zu einer leeren Hülle geworden. Ich war kein Mensch mehr, ich war nur noch eine Frau, die wegen dem Kind in ihrem Leib leben durfte.

Doch, was mich am meisten verletzte war, dass Satoru mich nicht einmal besucht hat. Ich wollte ihn so gern sprechen, ihm alles erklären, aber ich bekam keine Chance dazu. Ich war abgeschottet von der Außenwelt. Und die einzigen, die ich sehen durfte, war Yui, meine Zofe und der Heiler, der eigentlich auch nur für das Wohlergehen des Kindes zuständig war.

»Ich bin fertig, bring es weg« befahl ich mit gebrochener Stimme und erhob mich.

»Aber Dame Kimiko...« wollte Yui widersprechen, da ich nicht einmal die Hälfte gegessen hatte.

»Raus!« zischte ich.

Ich spürte ihren besorgten Blick auf mir, bevor sie dann Ergebens meine Gemächer verließ.

Danach war ich allein. Wieder saß ich in der Ecke, dachte über die Fehler nach, die ich begannen hatte. Kein einziger Gedanke ging an das Kind. Zumindest kein positiver. Was hatte dieses Kind vom Leben, sollte es geboren werden? Wenn es 10 Jahre alt wird, müsste ich es verlassen. Es musste für meine Fehler büßen. Wenn es ein Mädchen wird, dann war es doch eh nichts wert. Ich wollte dieses Kind nicht.... ich atmete erschöpft aus, ließ mich zur Seite fallen und schloss meine Augen.

Doch ich wollte das Kind. ich erlaubte mir nur nicht, irgendetwas positives mit dem Kind in Verbindung zu bringen. Die Frage, ob es Satorus Kind war oder das von Dai, brauchte ich mir nicht zu stellen. Ich wusste, dass es Satorus Kind war. Ich spürte es einfach.
Meine Hand glitt zu meinem Bauch und ich strich sanft drüber.
Alles wird gut.
Du hast nichts falsch gemacht.
Bitte überlebe und mach deinen Vater glücklich.
Nehme ihm die Last ab, unbedingt einen Erben zu bekommen.
Liebe deinen Vater, auch wenn er mich irgendwann wegschickt.
Es waren wünsche, die ich an das Kind schickte.

Ich rollte mein Körper stärker zusammen. Schluchzte in die Dunkelheit hinein und schlief langsam ein.

******

Ein Knacken ließ mich aufschrecken. Schuhe, die versuchten leise den Boden zu berühren, ließen mich unwohl fühlen. Meine Augen weit aufgerissen, durchsuchte ich die Dunkelheit nachdem Verursacher.

Langsam stieg ich aus dem Bett und lief zu meinem Schrank, nahm eine meiner Haarnadeln und drückte mich in die nächste Ecke, direkt in diese, die zu meinem Schlafgemach führte. Mit zittrigen Händen hielt ich die Haarnadel fest, bereit mich zu verteidigen.

Wieder ein knarren, wieder Schuhe auf dem Boden. Ich schluckte und dann ging alles ganz schnell. Ich hob meine Arme, als der Übeltäter in mein Schlafgemach trat und rammte ihm meine Haarnadel in sein Auge, in dem Moment, als er sich zu mir drehte und mich erblickte.

Er knurrte schmerzverzerrt auf, als die Nadel in seinem Auge stecken blieb. Er zog sie mit einem Ruck wieder raus und schmiss diese auf den Boden. Zischend betatschte er die Stelle an seinem Auge, die nun blutete. Und bevor ich regieren konnte, traf mich seine Rückhand.

Ich flog auf meinen Tisch, der sofort in zwei Teile zerbrach. Dann packte er mich, zog mich auf die Beine zurück. Mir war schon allein von diesem Schlag schwindelig und ich blutete am Kopf. Am Hals packend hob er mich hoch, so dass ich den Boden unter meinen Füßen nicht mehr spürte.

»Hilfe... Hilfe! Hört mich keiner!« rief ich und bekam langsam keine Luft mehr. wieso reagierten die Wachen vor meinen Gemächern nicht! »Bitte...«

Er setzte zum nächsten Schlag an und schlug mir direkt in den Bauch. Meine Augen weit aufgerissen, hatte ich mich in seinem Handschuh gekrallt. »Nein!!! Oh Götter!« schrie ich tonlos. Keine Luft.
Das Kind.
Nein.
Wieder ein Schlag in den Bauch. Ich hustet, noch ein Schlag, ich verdrehte die Augen. Dann ließ er mich los und ich fiel zu Boden.

Mein Bauch schmerzte, mein Kopf schmerzte, mein Hals schmerzte und dann.... Ich konnte mich kaum noch bewegen, nicht atmen, nichts sagen. Langsam fuhr nur meine Hand an meinem Oberschenkel entlang und ich sah mit verschwommener Sicht das Blut.
Der Täter, trat mir hart gegen den Kopf und Schwärze holte mich ein.

*****

Stimmen ließen mich zu Bewusstsein kommen.
»Dame Fujiwara hat viel Blut verloren. Sie brauch jetzt Ruhe« hörte ich die Stimme des Heilers.

»Bei allen Göttern, wie konnte so etwas passieren? Weiß der Kaiser davon?« fragte Yui geschockt. Sie schien zu weinen.

»Die Kaiserin hat den Boten abgefangen, so hörte ich es. Sie wird es dem Kaiser mitteilen, da bin ich mir sicher.« erklärte der Heiler.

Ich öffnete meine Augen, langsam und sofort spürte ich den Schmerz. Mein ganzer Körper schmerzte, aber der größte Schmerz war in meinem Unterleib.
Das Kind.

»Yui....« hauchte ich leise.

Sie sah sofort zu mir, ihre Augen weiteten sich und sie kam zu mir gerannt. »Dame Kimiko, die Götter haben meine Gebete erhört« schluchzte sie sofort und drückte meine Hand.

Ich blinzelte langsam und versuchte, zu begreifen, was passiert war. Aber erst einmal, musste ich etwas anderes wissen und sehen. »Was ist mit dem Kind?«

Sofort angespannte stille. Sie hätten auch nichts sagen müssen, so greifbar war die Antwort.
»Dame Fujiwara, ich muss euch leider mitteilen, dass ihr das Kind verloren habt« informierte mich der Heiler.

Ich hörte auf zu atmen, als er mein Gefühl bestätigte. Plötzlich schmerzte mein Herz, es zerbrach in viele kleine Teile.

»Das Kind hatte bereits Haare...« begann er weiterzusprechen. Ich blickte ihn verwirrt an, weil ich nicht auf Anhieb verstand, was er mir damit sagen wollte. »Weiße Haare. Es war ein Junge und das Kind des Kaisers« fuhr er fort.

Meine Augen weiteten sich und ich hörte Yuis schluchzen nur noch gedämpft. Es war ein Junge, ein Erbe und er hatte weiße Haare.

Nun stiegen mir auch die Tränen, ich atmete stoßweise und sofort schmerzte meine Lunge.
»Wie konnte das nur passieren? Wer war das?« weinte ich. Ich hätte Satoru einen Erben geschenkt. Ich hätte ihn glücklich gemacht. Ihm diese dumme Last genommen. Dieses unschuldige Kind hatte nichts verbrochen.
Ich schloss meine Augen und mein Weinen wurde immer lauter.

Es tat so unglaublich weh.

*****

Ich war so erschöpft, dass ich weinend wieder einschlief. Yui meine Treue Zofe blieb die gesamte Zeit an meiner Seite und strich mir sanft über den Kopf.

Als ich jedoch wieder wach wurde, ging schon wieder die Sonne unter. »Yui...« setzte ich an und versuchte, mich zu erheben. Es tat alles so weh.

»Dame Kimiko, ihr sollt liegen bleiben...« versuchte, sie mich aufzuhalten, aber ich schüttelte den Kopf. »Bitte hilf mir, ich will....mich sehen« erklärte ich ihr leise.

Sie sah mich mit großen Augen an, nickte dann aber. Langsam half sie mir aufzustehen und begleitete mich in meinen Baderaum. Vor dem Spiegel half sie mir mein gewandt zu öffnet und ich ließe ihn auf den Boden fallen.

Nun stand ich nackt vor dem Spiegel, nur ein Höschen tragend. Fassungslos, wie grausam ich zugerichtet wurde, sah ich mich an. Mein Unterleib war grün und blau, mein Hals war ebenfalls mit grünen und blauen Flecken überseht und meine Kopfverletzung war mit einem Verband bedeckt. Ich berührte die Stellen und sie taten weh. Ich betrachtete jede einzelne Prellung und brannte es in mein Gehirn ein.

»Das war die Kaiserin« stellte ich leise fest. Yui, die kaum meinem schlimm zugerichteten Körper ansehen konnte, sah nun mich an.

»Dame Kimiko, sagt sowas nicht.« versuchte sie mir zu widersprechen.

»Es ist die Wahrheit. Die Kaiserin ist ein Monster.« sprach ich weiter, ignorierte Yuis geschocktes Gesicht.

Sie hat mein Kind getötet. So wie sie alle Kinder von den Konkubinen getötet hat.

Ich zeigte Yui, dass sie mir wieder helfen, sollte mich anzuziehen und sagte dann. »Gehe persönlich zum Kaiser, achte darauf, dass die Kaiserin und ihre treuen Diener dich nicht sehen. Du musst ihm sagen, was geschehen ist. Sonst erfährt er es nicht, die Kaiserin fängt mit Absicht den Heiler und die Boten ab. Satoru muss die Wahrheit erfahren, auch wenn es bedeutet, dass er mich vermutlich nun doch zum Tode verurteilen wird«

Ich sah sie ernst an, obwohl ich psychisch komplett am Ende war, ich musste jetzt stark sein, so lange wie es nun einmal ging. Um mein totes Kind würde ich später trauern, erst einmal musste ich Satoru sehen.

»Ja, Dame Kimiko. Ich werde euch nicht enttäuschen« sprach sie.

Ich nickte, umarmte sie zum ersten Mal und bedankte mich für alles.

Auch wenn ich jetzt hingerichtet werden sollte, weil ich versagt habe, das Kind zu schützen, so möchte ich Satoru wenigstens noch einmal sehen.

Ich möchte dabei sein, wenn er erfährt, dass es sein Kind war und nicht das von Dai. Ich will ihm noch einmal in die Augen sehen und ihm sagen, dass ich ihn liebe und es mir leidtut.

Nur noch ein einziges Mal.

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