Ice Ice Baby

TEIL I

"Just set it all on fire and burn down this room and strip my being to the wires and I'll learn to carry it through", singe ich ausgelassen, während ich mich bemühe, mir die Wimperntusche nicht in mein Auge zu stechen. Für den restlichen Teil des Refrains überlasse ich dem originalen Sänger die imaginäre Bühne. Lieber tanze ich etwas aufgedreht vor dem großen Spiegel - was man halt so tanzen nennen kann. "Was habe ich gemacht?", fragt Tim mit aufgerissenen Augen, als er das Badezimmer betritt. „Nichts?", ziehe ich meine Augenbraue in die Höhe, nachdem ich mich zu ihm umgedreht habe. „Dann hast du deine Tage bekommen?", rätselt er weiter. Lachend drücke ich meine Finger gegen seine Stirn. „Man kann Break-Up Songs auch fühlen, wenn man gut gelaunt ist", grinse ich, „kein PMS, keine Regel." Eigentlich sollte er wissen, dass ich sowieso eher weniger unter Stimmungsschwankungen leide.

Das Schmunzeln auf meinen Lippen beibehaltend drehe ich mich zurück zum Spiegel. „Habe ich dir schon einmal gesagt, dass ich es liebe, wenn du meine Anziehsachen trägst?", nutzt Tim die Gelegenheit seine Arme von hinten um meinen Bauch zu schlingen. Langsam gleitet sein Blick über sein graues T-Shirt, dass bisschen mehr als nur meinen Oberkörper bedeckt. Auf seine Unterlippe beißend legt der Braunhaarige sein Kinn auf meine Schulter. Dass ich ihn nur mit einem geschminkten Auge anstarre, scheint ihn nicht zu stören. „Die Schleimspur kannst du dir für nächste Woche aufheben", lehne ich mich schließlich näher zum Spiegel, um auch mein anderes Auge zu tuschen.

„Kaffee ist fertig, Care", hallt Angelinas Stimme zu uns herüber. Jedes Mal aufs Neue muss ich über ihren Spitznamen für mich grinsen. Während die meisten mich Caro nennen, besteht sie wegen The Vampire Diaries auf Care. „Komme!", beuge ich mich in Richtung Tür. „Meinst du? Dafür müsste ich dich ja erst einmal gehen lassen", fordert mich Tim kess lächelnd heraus. Augenblicklich wird seine Umarmung fester, als ich mich zu ihm umdrehe. Lachend betrachte ich seine Grübchen, bevor ich mich wie so oft in seinen Augen verliere. „Würde ich dir nur raten", flüstere ich gegen seine vollen Lippen, „ansonsten wird der Break-Up Song mit ganz viel Ernsthaftigkeit gesungen." Angelina gibt sich immer so viel Mühe mit dem Kaffee, sodass er auch unverzüglich genossen werden muss. „Harte Worte", behauptet mein Freund, nachdem er kapitulierend seine Hände in die Höhe gehalten hat. „Keine wahren Worte", drücke ich Tim einen Kuss auf seine Lippen, bevor ich aus dem Badezimmer eile. Beinahe vergesse ich mir eine Hose überzuziehen. Doch zum Glück erinnere ich mich rechtzeitig und schlüpfe noch schnell in meine liebste Highwaist-Jeans.

„Geilo", lasse ich mich auf einen der Stühle am Esstisch fallen. Gerade nehme ich den ersten Schluck von meinem Kaffee, als meine Aussage von Angelinas Handy wiederholt wird. Und erneut ist ein „Geilo" zu hören. „Das ist zu gut. Ich muss das bitte so posten", lacht sie heiter vor sich hin. Scheinbar habe ich ihre Aufnahme von ihrem morgendlichen Kaffee gecrashed. „Nur zu", winke ich es grinsend durch. Es ist nicht das erste Mal, dass mein Kommentar in einer der zahlreichen Instagramstories zu hören ist.

„Ich finde meine Schlittschuhe nicht", gesellt sich Tim genervt zu uns. „Wir schauen gleich noch einmal zusammen, ja?", biete ich ihm an. Dabei fühle ich mich wie die Mutti eines sechsjährigen Kindes, das sein Mathebuch verlegt hat. Aber es ist einfach zu süß, wie sich das Gesicht meines Freundes aufhellt. Außerdem bin ich mir sicher, dass ich den Schlittschuhen letztens noch in seinem Zimmer über den Weg gelaufen bin. Als sich Bene mit einer Schüssel Haferflocken neben mich setzt rümpfe ich extra auffällig meine Nase. Dann tue ich so als müsse ich kotzen, „du stinkst seitdem du vierzehn bist."

Jedes Mal, wenn er sich mit der Scheiße von Paco Rabanne einsprüht, gebe ich etwas anderes von mir. „Du, ich versteh's total, dass du nicht weißt, wie echte Männlichkeit riecht, wenn du dir mit dem Bubi da drüber ein Bett teilst", schießt der Lockenkopf sofort gegen seinen Kumpel. „Ich glaube, dir hat heute Nacht jemand in dein Gehirn geschissen", empört sich Tim, bevor er eine Alufolienkugel über den Tisch wirft. „Soll ich dir ein Geheimnis verraten?", lehne ich mich näher zu Bene. Dabei muss ich aufpassen, dass ich nicht zu tief einatme. „Der Bubi da drüber hat als einziger aus dieser WG echten Bartwuchs und rasiert sich nicht täglich imaginäre Haare von der Wange."

Keine Sekunde später brechen alle, die am Tisch sitzen, in lautes Gelächter aus. „Love you", formt Tim stumm mit seinen Lippen. Grinsend blicke ich ihn für einen Moment an. „Gib her", fordere ich dann Bene auf seine Hand auszustrecken. „Caro, eindeutig Caros Punkt", schiedst Luis mit vollem Mund für mich, als sich Bene ziert. „Ich hasse dich", grummelt dieser, bevor er seine Hand hergibt. „Beruht auf Gegenseitigkeit, sweety", flöte ich. Dabei wissen wir beide ganz genau, dass unsere Aussagen überhaupt nicht stimmen. Mit möglichst viel Schwung lasse ich meine Hand auf seinen Handrücken sausen. Zufrieden lächle ich in die Runde, nachdem ein schöner Knall zu hören war.

Vor einigen Monaten haben Bene und ich uns diese Art von Spiel ausgedacht. Wir geraten so oft aneinander und manche Schlagabtäusche wollen gar nicht enden. Also haben wir die Regel mit den Händen aufgestellt. Wann immer einer von uns beiden dem anderen einen eindeutigen Burn entgegenbringt, darf er auf den Handrücken des Gegenübers schlagen, um die Rauferei zu beenden. Luis ist meistens derjenige, der den Sieger ernennt, weil er am objektivsten ist. Zu Beginn haben wir uns tatsächlich Ohrfeigen verpasst. Aber eine gerötete Wange im nächsten TikTok kam nicht so gut.

„Ist das euer Ernst? Müsst ihr so früh am Morgen schon so einen Krach veranstalten?", betritt Jacob noch vollkommen verschlafen den Raum. „Bro, es ist zehn Uhr", schüttelt Julien seinen Kopf, da er definitiv zu den Frühaufstehern gehört. „In einer Stunde wollen wir schon auf der Bahn sein", erinnert Luis seinen Kumpel an unsere Pläne. Stöhnend rauft sich Jacob seine dunklen Haare, „dann gehe ich wohl mal besser duschen." Applaudierend stimmen die Jungs ihm bei diesem grandiosen Plan zu. „Soll ich dir einen Kaffee vorbereiten?", bietet Angelina an. „Wäre mega lieb", lächelt er sie schwach an. So als wären seine Gesichtsmuskeln auch noch nicht ganz aufgewacht. „Sollte mir das Koffein aber wahrscheinlich intravenös spritzen", murmelt der Dunkelhaarige noch im Weggehen. Lachend stehe ich auf, klaue mir ein Stück von Tims Brezel und verschwinde in sein Zimmer.

Während ich mir eine Sweatshirt Jacke überziehe, beginne ich mit der Suche nach den Schlittschuhen. Alles in mir schreit danach, die Anziehsachen vom Boden aufzuheben und generell etwas Ordnung zu schaffen. Jedoch lasse ich alles, so wie es ist. „Wir sind so gut wie auf dem Sprung. Aber ich muss erst noch meine Schlittschuhe finden. Habt ihr Bock, dass ich euch später ein bisschen auf der Eisbahn mitnehme?", kommt Tim mit seiner Innenkamera quatschend ebenfalls in sein Zimmer. Ich warte noch bis er auf seinem Handy herumtippt, ehe ich meins in die Höhe halte und meinen Kopf weit in den Nacken lege. „Ladies, so sieht nie jemand euer Doppelkinn", ahme ich die Jungs nach, wie sie immer aus einem übertriebenen Winkel ihre Stories aufnehmen, „folgt mir für mehr Beauty-Tipps."

Begleitet von Tims Lachen trifft mich ein Sockenbündel an meiner Schulter. „Du willst gar keine Follower sammeln. Und ich habe kein Doppelkinn", stellt er sofort klar. „Ersteres ist vollkommen richtig", öffne ich seinen Kleiderschrank. Ich habe nicht umsonst ein privates Profil und nehme keinen seiner Fans an. „Beim zweiten Punkt würde ich an deiner Stelle nicht mit solch einer Selbstsicherheit sprechen", ziehe ich meinen Freund auf. „Hallo?", schmollt er vor sich hin, während er mich mit seinen todtraurigen Augen fixiert. Grinsend gehe ich auf den Jungen zu. „Du hast kein Doppelkinn. Du hast das schönste Einfachkinn auf der ganzen Welt", muss ich über meine neue Wortkreation lachen. „Diesen Satz lasse ich mir tätowieren", behauptet Tim schmunzelnd, bevor er seine Lippen auf meine legt. Kichernd erwidere ich den Kuss, während ich meine Arme um seinen Nacken schlinge.

„Ich habe übrigens deine Schlittschuhe gefunden", platziere ich einen letzten Kuss unter seinem Ohr. Danach löse ich mich von meinem Freund, um in den Schrank zu klettern - wortwörtlich. Verdeckt von reichlich Sneakern und den unterschiedlichsten Kleidungsstücken liegen die Schlittschuhe in der hintersten Ecke. Triumphierend halte ich sie an den Schnürsenkeln in die Höhe. „Verstehe nicht, wieso dich Die Trovatos noch nicht angerufen haben", lacht Tim - aber sichtlich erleichtert, dass er gleich mit seinen eigenen Schuhen fahren kann.

„Dann können wir ja los", will er gerade seine karierte Jacke anziehen, als ich ihn unterbreche. „Was ist mit Finderlohn?", starre ich meine Lieblingsjacke in seinen Händen an. Natürlich braucht er nicht lange, um zu verstehen, was ich möchte. Grinsend nimmt mir der Braunhaarige die Schlittschuhe aus der Hand und drückt mir sowohl einen Kuss auf meine Stirn als auch seine Jacke in meine Hand. Nachdem er unter einem anderen Klamottenstapel seine gefütterte Jeansjacke hervorgezogen hat, verlassen wir sein Zimmer. „Okay let's go", ruft Tim durch die WG - genau so wie dieser eine TikTok Sound - um die Jungs und Angelina zusammenzutrommeln.

Fortsetzung folgt...

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Wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr! ❇ Bin zwar irgendwie noch nicht bereit für 2022, aber dafür sind es die Elevator Boys umso mehr 😌😂

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