Yggdrasil und Decūn

Nicht viel später am nächsten Vormittag, war es nun Sophie, die ihre eigene Identität nachstellen sollte.
Heute war der Tag, an dem sie ihre Reise beginnen würde und vor all' dem Trubel ihrer Identität wegen, war sie kaum dazu gekommen, aufgeregt zu sein. Dafür traf sie dieses Gefühl nun wie ein Faustschlag ins Gesicht.

Ihr wurde eine Perücke aufgesetzt, wodurch ihr Haar wieder wie früher wirkte, lang und blond. Sie musste nicht sprechen und sie würde es auch nicht tun.

Das Chaos der letzten Tage hatten ihr zu schaffen gemacht, sie hatte kaum geschlafen und wäre vor Verwirrung fast geplatzt. Aber wer würde für Klarheit sorgen, wenn nicht sie? Wer würde des Rätsels Lösung finden, wenn es nicht sie war, der das Rätsel aufgebürdet wurde?
Hatten die Geschehnisse mit der Prophezeiung zu tun? Unumstößliche Begebenheiten im Zeitkontinuum, welche zwangsläufig passieren müssen, damit die Galaxien dieses Zeitstrangs weiterhin existieren.
Die Zeitstränge selbst versuchen so lange wie möglich zu existieren, geben den Lebewesen Ratschläge oder eine Art Hinweis, wie sie an das Ziel gelangen.
Das geschah durch Prophezeiungen, Naturereignisse, 'Zufälle', Mythen und auf viele andere, mal mehr mal weniger aufklärbare, Deutungen.

Wenn ihre Prophezeiung auch solches Ausmaß hatte, war sie auch in der Lage, Nachweisbare Dinge zu verändern, Identitäten zu nehmen und sonstiges?
War ihr ganzes Leben von Anfang an bestimmt? Doch sie konnte sich immer anders entscheiden, nach links gehen, wenn der Weg rechts doch vielversprechender aussah. Wenn sie es so recht überdachte, so konnte jeder Umweg geplant, jede Unebenheit ausgeglichen werden. War der falsche Weg letztendlich doch der Richtige?

Schon immer haben die multiplen Zeitstränge des Universums darum gekämpft, der Beste zu sein. Man sagt sich sogar, dass die Zeitstränge eine Art Seele haben und dass sie ihre Welten vorantreiben besser zu werden, indem sie Mythen und Legenden erschaffen. Es ist unmöglich ihre Wurzeln ausfindig zu machen, wo doch die Zeit selbst, die eine Abstrakte Sache, die immer weiterexistieren wird, ihr Ursprung ist.

So dachte Sophie über die Entstehung der Planeten nach, vor Milliarden an Jahren, so weit in der Ferne, dass nur eine einzige Legende darüber schreibt.
Früher einmal, vor so langer Zeit, dass es noch keine Welten gab, da war das einzige existente, eine Blüte von Löwenzahn.
In allen erdenklichen Farben blühte sie und lebte ihr Leben, welches noch heute in uns steckt.
Am Ende ihrer Lebenszeit legte sie ihr samtenes Kleid ab, und ein anderes Kleid trat an seine Stelle. Die tausenden Samen waren bunt, jede in eine der vielen Farben getauft.
Jede der Früchte hatte seine eigene Farbe, die meisten davon wurden noch nie von Menschenauge gesehen und doch vermochte diese eine Löwenzahnpflanze, ihre Pracht weiterzugeben.
Irgendwann kam die Zeit, an der sie sich von ihrem Schatz verabschieden musste und so ließ sie, mit einem tiefen Seufzen, ihre Kinder in eine ungewisse Zukunft entfliehen. Man sagt sich, dass wenn eine Person stirbt, sie dieses Urseufzen noch einmal hört, denn schon wieder hat sich ein Kind des Löwenzahns verabschiedet.
Doch die vielen bunten Samen flogen weit, fanden Meteoriten, an denen sie sich absetzten, und anfingen zu wachsen.
Die letzten 4 von diesen Samen, die den Elements bekannt waren, die trügen die schillerndsten Farbtöne, der Yggdrasil war rot wie das Feuer, der Dekūn war braun wie die Erde, der Remadra war blau wie das Meer und Zylchon war grau wie der Sturm.
Yggdrasil, Dekūn, Remadra und Zylchon, das waren die Namen der vier Elementbäume.
Doch ihr Schicksal hat es nicht gut mit ihnen gemeint, zwei davon wurden im Elementkrieg mit ihrem Planeten zusammen zerstört, das waren Zylchon und Remadra. Der dritte im Bunde, der Decūn, der verdorrte nur wenige Jahre darauf.
Auf den Welten herrschten ungleiche Bedingungen und allen war klar, dass die Feuerbändiger immer stärker und alle anderen immer schwächer werden würden.
Es war ein offenes Geheimnis, dass die Kräfte der Wasser- und Luftelements mit der Zeit immer schwächer wurden. Die heiligen Bäume haben nämlich Pollen abgestoßen, welche das jeweilige Element erst zu bändigen vermochten.
Der letzte verbliebene Baum, der heilige Yggdrasil, er musste mit aller Kraft beschützt werden, denn wenn er es nicht würde, dann müssten alle Lebewesen sowohl auf der Erde, als auch auf der Sonne, sterben.
Der Yggdrasil war der Geist des Lebens, seine Wurzeln besaßen die Macht, unglaubliche Energie freizusetzen, welche den Feuerschild erschufen. Dieser Schild machte das Leben auf der Erde erst möglich und das wussten auch alle, und trotzdem, trotzdem gab es so viele, die diesem Baum schaden wollten, nur um sich zu rächen.

Sophie konnte und wollte das nicht verstehen. Natürlich verstand sie das Leid, natürlich kannte sie das Gefühl, sich rächen zu müssen, doch alles brauchte ein Maß und alle Lebewesen zu töten war nicht der optimale Preis für Gerechtigkeit.
Gerechtigkeit. Schon wieder so ein riesiges Wort. Was war schon gerecht? Es konnte keine allgemeine Definition gefunden werden, also legten die reichen sie Reichen sie fest und schwupps, lebten diese dann begünstigt.
Ist es gerecht, wenn alle das Gleiche bekommen, oder jeder das, was er braucht? Wenn jeder das bekommt, was er geleistet hat oder was seinen Verdiensten und Werken entspricht? Was ist gerecht?
Das war eine der vielen Fragen, die Sophie auf ihrer Reise klären musste, denn sie wollte gerecht sein, sie wollte, dass ihr ganzes Volk glücklich werden würde. Nein, nicht nur ihr ganzes Volk, sie wollte, dass JEDER glücklich war.
Sie würde viele Weise Leute treffen, sie würde die Reichsten, aber auch die Ärmsten in der Gesellschaft sprechen und sich ihr eigenes Bild machen müssen.

So Schritt sie voran, mit der Maske, die ihr eigenes Gesicht abzeichnete, immer weiter auf die Wurzeln des Weltenbaumes zu.
Der Yggdrasil, er war das wichtigste Transportmittel, wenn es um Reisen zwischen den Schichten ging. Seine Zellen waren genau so groß, dass ein ausgewachsener Mann aufrecht darin stehen kann. Diese Zellen machten einen steten Zyklus zu den Blättern nach oben, bis hinunter ins Wurzelwerk. Nicht dass jemand das falsch versteht, bevor die Zellen nach unten in die Wurzeln durften, wurden sie kontrolliert, denn ansonsten wäre es wirklich einfach, in das Schloss zu kommen.

In kleinen Schritten ging Sophie auf die mit Blumen und Gestecken geschmückte Pflanzenzelle zu, die Zelle war, wie Traditionen es verlangten, mit feinstem Gold geschmückt, so dass jeder sehen konnte, dass dies die Königin war.
An einigen Stellen war die Rinde des Baumes durchsichtig, so habe sie es sich sagen lassen, zu den Orten pilgerten die Untertanen in Scharen um einen Blick auf ihren nächsten Peiniger zu werfen.

Ihr war mulmig im Bauch, sie würde nun regelmäßig als die Königin in Perücke und als Unbekannte naturell herumlaufen. Sie musste aufpassen, denn bei nur einem einzigen Fehltritt würde ihre Identität auffliegen und sie hatte keine Ahnung, wie sie das dann erklären sollte. Sie dachte über "Oh, auch wenn es vielleicht nicht so aussieht und ich wie eine Lügnerin aussehe, ich bin die Königin" oder " ach herje, da sind mir jetzt aber meine Haare ausgefallen." nach.
So oder so, das Königshaus hätte viel zu erklären. Zu viel.

Souuu, heute mal wieder etwas philosophischer, aber im Ernst, wenn ihr Gerechtigkeit definieren müsstet, was würdet ihr sagen? Schreibt es in die Kommentare und lasst fleißig Sterne da, damit der Himmel heute leuchtet.

LG
Eure Dämmer 💟

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