10. Dezember


~Türchen 10~
10. Dezember

Draco spürte, wie ihm das Blut in den Ohren rauschte, als die Worte aus seinem Mund drangen, kälter und schärfer, als er es je beabsichtigt hatte. Sein Blick wich ihrem nicht aus, auch wenn er die Welle aus Schmerz und Entsetzen sah, die sich in ihren Augen bildete. Die Stille, die folgte, war fast körperlich greifbar, dick und schwer wie eine unsichtbare Last, die sich auf seine Schultern legte.

Hermine schnappte nach Luft, als hätte er ihr einen körperlichen Schlag versetzt. „Was?" Ihre Stimme war brüchig, kaum mehr als ein Flüstern.

Draco verzog das Gesicht, ein bitterer Ausdruck, der zwischen Wut und Selbsthass schwankte. „Das war der Plan", sagte er und verschränkte die Arme, als müsste er sich selbst zusammenhalten, um nicht vollständig zu zerbrechen. „Als ich dich gesehen habe, hätte ich... ich hätte es tun sollen. Es war meine einzige Aufgabe. Niemand hätte Verdacht geschöpft, niemand hätte mich hinterfragt. Aber stattdessen..." Seine Stimme brach, und er wandte den Blick ab, seine Augen glitten zu den schattigen Ecken des Raumes, als könnte er dort die Antwort finden, die er selbst nicht kannte.

„Stattdessen hast du mich gerettet", fuhr Hermine mit zitternder Stimme fort. Die Worte klangen wie ein Vorwurf, aber ihre Augen suchten nach etwas, nach irgendeinem Hinweis darauf, dass er nicht so kalt und berechnend war, wie er gerade klang.

„Ich weiß nicht mal, warum", gab Draco schließlich zu, seine Stimme kaum mehr als ein Knurren. „Vielleicht war es Schwäche. Vielleicht war es etwas anderes. Aber jetzt? Jetzt bist du mein Fehler, Granger, und wenn sie dich finden, dann..." Er biss die Zähne zusammen, die Worte wollten nicht heraus. Sie beide wussten, was passieren würde, wenn sie es herausfanden.

„Du bereust es." Ihre Worte waren ruhig, doch in ihrem Inneren tobte ein Sturm. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Sie hob das Kinn, versuchte, Stärke zu zeigen, auch wenn sie innerlich zerbrach. „Du bereust, mich nicht getötet zu haben."

Draco lachte kurz, trocken und ohne einen Funken Humor. „Das ist nicht der Punkt." Er sah sie direkt an, seine grauen Augen wie kalter Stahl. „Ich bereue es, dich nicht getötet zu haben, weil es das Richtige für dich gewesen wäre. Nicht für mich."

Hermine hielt den Atem an, sein letzter Satz hallte in ihrem Kopf nach. Sie hatte erwartet, dass er es für sich bereut – für seine eigene Sicherheit, für seinen eigenen Vorteil. Aber diese Antwort... Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Ihre Finger zitterten leicht, als sie unbewusst ihre Hand zu einer Faust ballte.

„Für mich?" Ihre Stimme klang rau, beinahe schwach, doch ihr Blick war fest auf ihn gerichtet. „Wie kannst du das behaupten? Du entscheidest, was das Richtige für mich ist?"

Draco presste die Lippen zusammen, sein Blick kalt, aber seine Hände zitterten, als er sie in den Taschen seines Mantels verbarg. „Du verstehst es nicht, Granger", begann er, seine Stimme leise, fast gefährlich. „Es gibt keine zweite Chance. Nicht für dich. Nicht für mich. Und ganz sicher nicht für das, was du den Widerstand nennst."

Hermine wich leicht zurück, aber sie hielt seinem Blick stand. „Was soll das heißen? Was versuchst du mir zu sagen, Malfoy?" Ihre Stimme war leiser, aber sie bebte vor aufgestautem Zorn und Verzweiflung.

„Du bist die Letzte." Die Worte kamen wie ein Schlag. „Die Letzte von ihnen, zumindest von denen, die uns bekannt sind. Die anderen... sie sind tot. Oder Schlimmeres. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Und wenn sie dich finden – wenn sie auch nur ahnen, dass du noch lebst – dann wirst du dir den Tod wünschen."

Sie spürte, wie ihre Kehle trocken wurde, während sie die Bedeutung seiner Worte auf sich wirken ließ. „Das kann nicht... das kann nicht wahr sein." Ihre Stimme klang zerbrochen, ihr Blick suchte vergeblich nach einem Funken Hoffnung in seinem Gesicht. Doch Draco sah sie nur an, und die Härte in seinen Augen ließ keinen Zweifel.

Hermines wollte schreien, wegrennen, sterben.
Nein. Nein. Nein. Sie hatte gehofft, dass sie es geschafft hatten. Dass Ron und Harry es geschafft hatten. Die Weasleys...

„Nein...das ist nicht wahr."

„Denkst du, ich würde lügen?" Er lachte kurz, bitter, ohne jede Wärme. „Ich habe gesehen, was sie tun, Granger . Jeden Tag. Jede Stunde. Ich war dabei, verdammt noch mal! Wenn du ins Manor zurückgebracht wirst, ist der Tod ein Gnadengeschenk im Vergleich dazu, was sie mit dir machen würden."

„Dann lass mich sterben", flüsterte sie, kaum hörbar, aber die Worte schnitten durch die Luft wie eine Klinge. Draco starrte sie an, als hätte sie ihm die Luft aus den Lungen geschlagen.

„Was?" Seine Stimme war rau, fast erstickt.

„Wenn es keine Hoffnung gibt, wenn alle anderen tot sind... wenn du wirklich glaubst, dass es besser ist zu sterben, dann mach es." Sie hob das Kinn, ihre Augen glitzerten vor unvergossenen Tränen, aber ihr Blick war fest. „Tu es, Malfoy. Aber hör auf, mir etwas vorzumachen."

Draco schloss die Augen, als hätte sie ihm ein Messer ins Herz gerammt. Seine Hände bebten, doch er ballte sie zu Fäusten, zwang sich, die Kontrolle zu behalten. „Denkst du, es ist so einfach? Dass ich das einfach tun könnte?" Er schüttelte den Kopf und wandte sich ab, als könnte er ihr Gesicht nicht länger ansehen. „Ich habe zu viele Menschen sterben sehen. Freunde. Feinde. Aber dich..."

Er atmete tief durch, bevor er weitersprach, seine Stimme nun rau und gebrochen. „Du warst das Einzige, was mir bewiesen hat, dass ich noch etwas Menschliches in mir habe. Dass ich nicht völlig verloren bin."

Hermine schüttelte ungläubig den Kopf, ein bitteres Lachen entkam ihren Lippen. „Das ist es also? Ich bin dein moralisches Alibi? Dein Beweis, dass du doch kein Monster bist?"

„Nein!" Seine Stimme war plötzlich laut, heftig, und sein Blick brannte sich in ihren. „Du bist der Grund, warum ich überhaupt noch kämpfe. Aber du verstehst nicht – es gibt keinen Sieg. Für keinen von uns. Wenn sie dich finden, ist es aus. Dann ist auch der letze Teil des Widerstandes vernichtet."

Er trat einen Schritt näher, seine Augen bohrten sich in ihre. „Du sagst, ich soll es tun? Dass ich dich umbringen soll? Glaubst du, das wäre einfacher für mich, als dich am Leben zu sehen? Nein, Granger. Es wäre die Hölle. Aber ich werde dich nicht zurück ins Manor gehen lassen. Nicht, solange ich atme."

„Was willst Du also tun. Wieso kämpfst Du nicht?"

Draco ließ ihren Blick nicht los, seine Augen grau und kalt wie ein winterlicher Sturm. „Du willst wissen, warum ich nicht kämpfe? Weil es nichts mehr zu kämpfen gibt." Seine Stimme war leise, beinahe tonlos, doch jedes Wort hallte in dem kleinen Raum nach.

„Ich habe aufgegeben. Schon vor langer Zeit."

Hermine schluckte, doch sie hielt seinem Blick stand.

„Das glaube ich nicht", sagte sie, ihre Stimme zitternd, aber bestimmt. „Du hast mich gerettet. Du riskierst dein Leben für mich.
Nenn das, wie du willst, aber es ist kein Aufgeben."

Draco schnaubte, ein bitteres Lachen entkam ihm.
„Ich habe dich nicht gerettet, Granger. Ich habe dich nur aus einer Holle in eine andere gezerrt. Du denkst, das hier ist irgendeine noble Tat? Es ist nichts als Feigheit." Seine Hände zitterten, und er ballte sie zu Fäusten, um die Kontrolle zu bewahren. „Ich wollte dich nicht sterben sehen. Nicht so. Nicht dort."

Hermine trat einen Schritt näher, ihre Stimme wurde drängender. „Aber warum dann? Warum nicht einfach alles beenden, wenn es dir so egal ist?"

„Weil ich nicht so, wie er bin, okay?" Er fuhr herum, seine Stimme plötzlich laut und voller Zorn. „Weil ich es nicht ertragen konnte, zu wissen , dass du durch meine Hand sterben würdest. Aber ich wusste auch, was sie mit dir tun würden, wenn ich dich lebend hinbringen würde. Weil ich..." Er brach ab, als hätte er zu viel gesagt, und wandte den Blick ab. „Weil ich keine Wahl hatte. Als dich hierher zu bringen."

„Du hattest eine Wahl", sagte Hermine leise. Ihre Worte trafen ihn wie ein Messer. „Du hattest immer eine Wahl."

Draco lachte bitter. „Eine Wahl? Glaubst du, ich bin hier der Held in deiner Geschichte? Glaubst du, ich könnte irgendetwas tun, um das alles wieder gutzumachen? Nein, Granger. Ich bin nicht wie du. Ich habe mich längst aufgegeben."

„Ich befolge bloß Befehle, um nicht zusehen zu müssen, wie meine Mutter stirbt!"
Stille. Die Gryffindor wusste nicht, was sie sagen sollte.

Draco spürte, wie seine Kehle sich zuschnürte, aber die Worte drängten aus ihm heraus, bevor er sie aufhalten konnte. „Dein Leben für ihres, Granger. Das ist der Handel. Das war immer der Handel." Seine Stimme brach leicht, doch er zwang sich, nicht die Fassung zu verlieren. „Glaubst du, ich folge ihren Befehlen, weil ich an diese Sache glaube? Weil ich ein guter kleiner Todesser sein will? Nein. Ich tue es, damit sie meine Mutter nicht vor meinen Augen töten."

Er trat einen Schritt zurück, als müsste er Distanz schaffen, als hätte er zu viel preisgegeben. Seine grauen Augen waren schmerzhaft klar, und für einen Moment war die Maske des arroganten Malfoy-Sohns vollständig gefallen. „Das bin ich. Kein Held. Kein Widerstandskämpfer. Nur ein feiger Bastard, der sich selbst genug hasst, um jeden verdammten Tag weiterzumachen."

Hermine stand wie erstarrt, die Worte hallten in ihrem Kopf wider. Sie hatte Draco Malfoy immer gehasst – für seine Arroganz, seine Grausamkeit, seine unerschütterliche Loyalität gegenüber der dunklen Seite. Aber das hier war kein Malfoy, den sie kannte. Das war ein Junge, der alles verloren hatte und trotzdem gezwungen war, weiterzuleben.

„Und jetzt?" Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Was tust du jetzt, Malfoy? Was wird passieren, wenn sie herausfinden, dass du mich gerettet hast?"

Draco lachte erneut, ein bitteres, kurzes Geräusch, das kein bisschen Freude trug. „Was glaubst du? Sie bringen uns beide um. Wahrscheinlich langsam, damit es eine Lektion für die anderen ist. Und weißt du was?" Er sah sie direkt an, seine Stimme eiskalt. „Vielleicht habe ich das verdient. Aber du..." Er schüttelte den Kopf. „Du wirst dir den Tod wünschen. Und das kann ich gleichzeitig nicht zulassen."

„Also willst du mich töten, um mich zu retten. Damit sie es nicht tun." Ihre Stimme klang fast ungläubig, aber da war auch etwas anderes – Wut, Schmerz, vielleicht sogar Mitleid.

„Vielleicht schaffe ich das. Irgendwann.", antwortete Draco, seine Augen funkelten vor einer Mischung aus Verzweiflung und Entschlossenheit. „Oder vielleicht hoffe ich, dass du selbst begreifst, dass es besser wäre, wenn du einfach verschwindest. Dass du dich irgendwo versteckst und nie wieder auf einen Widerstand oder einen Plan oder einen Funken Hoffnung setzt."

Hermine schüttelte den Kopf, Tränen brannten in ihren Augen, aber sie ließ sie nicht fallen. „Das kann ich nicht. Du weißt, dass ich das nicht kann."

„Dann wirst du sterben", sagte Draco schlicht, und seine Stimme war plötzlich müde, beinahe tonlos. „Und ich auch. Vielleicht ist das der einzige Weg, wie das hier enden kann."

tbc...

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