Das Ding im Marmeladenglas
Ich sitze in meinem Seat und fahre wie eine Irre nach Hause. Unerlässlich pocht dieser Gedanke in meinem Kopf. Jahrelang war der Gedanke kaum greifbar gewesen, ein vager Bruchteil nur eines Gedankens. Ein Schatten. Ich hatte ihn nie greifen können. Jetzt ist er da.
Ich hatte auf der Koppel gesessen. Im Gras, im Matsch. Im Blut. Mit Carries Kopf im Schoss. Ich war über und über mit ihrem Blut bedeckt gewesen. Ich war durchgefroren gewesen, aber ich hatte die Kälte nicht gespürt. Ich hatte unter Schock gestanden. Ich hatte Carrie gestreichelt, wieder und wieder. Da war sie schon lange tot gewesen.
Ich war mir nie sicher gewesen, ob da wirklich jemand gestanden hatte. Ob mich wirklich jemand beobachtet hatte. Deshalb hatte ich nie etwas gesagt.
Aber ich hatte etwas gefunden. Etwas Vertrautes. Etwas, das für mich damals keinen Sinn ergeben hatte. Etwas, das ich eingesteckt hatte. Eben weil es für mich keinen Sinn ergeben hatte.
Eine Stunde später stehe ich in meinem Zimmer und halte das Freundschaftsband meines besten Freundes in der Hand. Das ergibt keinen Sinn. Verdreckt und eingewickelt in silberfarbenes Alupapier habe ich es eben gerade aus meinem Marmeladenglas gezogen. Ich verstehe es nicht.
Wie kann ich Moritz Freundschaftsband vor drei Jahren auf dieser Koppel gefunden haben? Das ergibt doch keinen Sinn. Ich verstehe das nicht.
Geschockt sinke ich zurück auf die Matratze und starre das dreckige Band an wie einen Geist. Es war keine Einbildung. Ich hatte es damals wirklich mitgenommen.
Mein Puls beschleunigt sich und rauscht in meinen Ohren, als ich zu verstehen beginn, was das bedeutet. Was es bedeutet, dass ich Mos Freundschaftsband auf Carries Koppel gefunden habe. Neben meinem sterbenden Pferd.
Scheiße.
Ich wusste damals schon genau, was das Ding in dem Klumpen war. Ich hatte es damals schon gewusst und ich wusste es heute auch. Ich hatte das Ding tausendmal gesehen. Ich hatte es jahrelang selbst getragen. Bis mein bester Freund es plötzlich verloren hatte.
„Nein..."
Ich sehe zwar, dass es Moritz Freundschaftsband ist, das ich vor mir habe, aber... ich verstehe das nicht. Ich will das nicht verstehen. Wie soll bitte Mos Freundschaftsband auf Carries Koppel kommen... neben sie? An die Stelle, an der sie gestorben war... ? Mo war nur zweimal mit im Stall gewesen. Nie an der Koppel. Das war doch unmöglich. Außer...
Außer.
Ich lasse das Band fallen, als sei es ätzend, und schlage beide Hände vor den Mund, als ich endgültig verstehe. Nein. Nein. Einfach Nein. Das ergibt doch keinen Sinn.
Mein Handy vibriert.
Nicks Name erscheint im Display. Mechanisch nehme ich ab.
„Sophie?"
Ich bekomme keinen Ton heraus.
„Gott sei Dank... Ich... Pi, es tut mir alles so leid..."
Er klingt erleichtert. Glaube ich. Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll. Ich starre noch immer auf das verschlammte, kaputte Freundschaftsband vor mir.
„Pi? Bist du dran?"
Ich schlucke. Stehe ich unter Schock? Ich fühle mich wie gelähmt.
Mos Freundschaftsband. Das Ding ist Mos verlorenes Freundschaftsband.
„Kannst du bitte herkommen?", flüstere ich. „Sofort?"
Nick schweigt. „Ist was passiert?"
Ich lege auf. Schließe die Augen. Das kann doch alles nicht wahr sein. Dafür muss es eine ganz normale Erklärung geben.
Mo könnte doch nie...
Mo ist mein bester Freund.
Er könnte nie...
Er ist...
Mo...
Ich lehne mich zurück und atme ein. Und aus. Zwinge mich ruhig zu atmen. Bis Nick kommen wird. Er wird wissen, was zu tun ist. Er ist Polizist...
Das Klingeln der Tür durchschneidet die Stille. Instinktiv greife ich nach dem Freundschaftsband und meinem Handy und laufe zur Tür. Ich habe kein Zeitgefühl mehr. Wie lange ist es her, dass Nick mich angerufen hat? Fünf Minuten? Eine Stunde? Ich habe keine Ahnung
Ich drücke auf den Summer und öffne die Tür.
Überrascht stelle ich fest, dass schon jemand vor der Tür steht. Nick ist es nicht.
„Hallo... Prinzessin."
Die Person lächelt mich an und mich ergreift eine Panik, die ich noch nie erlebt habe. Ich will instinktiv die Tür zuschlagen, doch es gelingt mir nicht. Ich verspüre einen Stich, ein kurzes Brennen im Arm und Dunkelheit umfängt mich. Die Welt versinkt um mich herum.
Mein letzter Gedanke gilt Nick.
Ich liebe dich.
...........
Well, hello. Willkommen, zurück meine Lieben. Mai ist es nicht. Das weiß ich. Und richtig los geht es ja auch nicht, weil "neu" ist der Teil Ja nicht... Ich leiste Vorarbeit, okay?
Ihr habt mir gefehlt. Es wird nicht so Schlag auf Schlag weiter gehen wie bei " The Secrets inside us" , sondern eher so "mühsam ernährt sich das Eichhörnchen-Style 🐿... ich hoffe, ich enttäusche euch nicht.
Ich bemühe mich vorerst um Updates jeden Samstag... 😎
Und nun: möge das Gemetzel beginnen...
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