5. Juni 1976

Sirius' POV

Als ich an einen bestimmten Absatz in dem Eintrag meines Bruders zurück dachte, zuckte ich unwillkürlich kurz zusammen. Jener Absatz, in dem er mich mit unseren Eltern verglichen, und behauptet hatte, ich wäre nicht besser. In dem er mehr oder weniger direkt behauptet hatte, ich würde  ihnen mehr ähneln, als ich es wahr haben wollte. Ich würde ihnen von meinem Verhalten her mehr ähneln, als ich zugeben  wollte.

Meine rechte Hand ballte sich für kurze Zeit zu einer Faust zusammen. Ich war nicht wie meine Eltern. Ich ähnelte meinen Eltern nicht. Niemals. Wenn ich Ihnen ähnlich gewesen wäre, hätten sie mich nicht so behandelt. Dann wäre unser Verhältnis anders gewesen. Ich wäre nicht mit sechzehn abgehauen, weil ich all den Druck, all den Streit nicht mehr ausgehalten hatte. Ich hätte keinen Grund gehabt, mich so oft mit meinen Eltern zu streiten, wenn ich Ihnen ähnlich gewesen wäre. Oder?

Es tat weh, jene Zeilen zu lesen, und noch dazu zu wissen, dass Regulus sie geschrieben hatte.  Zu wissen, dass es mein eigener Bruder gewesen war, der mich mit Mutter und Vater verglichen hatte. Obgleich er früher immer behauptet hatte, ich wäre anders. Obwohl er in früheren Einträgen der Meinung gewesen war, ich wäre anders als der Rest der Familie.

Doch womöglich, hatte er mit seiner Aussage noch nicht einmal wirklich Unrecht. Viell eicht gab es doch einen kleinen Teil von mir, der meinen Eltern tatsächlich ähnelte. Einen kleinen Teil von mir, der doch einige der Dinge, die er von Orion und Walburga Black gelernt hatte, beibehalten hatte. Einen kleinen Teil, der anders war, als der Rest von mir. Ein kleiner, weniger beherrschter Teil. Ein kleiner Teil, bei dem ich noch nicht wusste, ob ich zugeben sollte, dass er existierte.

Ob ich wahrhaben wollte, dass er existierte. Ein kleiner Teil, der mich vermutlich letzten Endes auch dazu gebracht hatte, das zu tun, was ich mit Snape gemacht hatte. Ihm jenen Streich zu spielen, der ihn das Leben hätte kosten können. Den Streich, dessen Auswirkungen ich damals unterschätzt hatte.

5. Juni 1976

Ich bin noch immer nicht ganz darüber hinweg, was passiert ist. Ich bin noch immer nicht wirklich in der Lage, das Geschehene einfach zu akzeptieren. Meinem Bruder womöglich sogar zu verzeihen. Noch immer bin ich zu enttäuscht von ihm, als das ich dies könnte. Zu enttäuscht von seinem Verhalten. Von seiner Leichtsinnigkeit und davon, dass er seinen Hass auf uns Slytherins so sehr an uns auslässt. Dass er und fast schon behandelt, als wären wir minderwertig, oder weniger schlau, talentiert oder Sonstiges. Dass er es anscheinend lustig findet, wenn wir in Schwierigkeiten geraten. Wenn es uns nicht gut geht. Wenn uns etwas passiert. So lange es ihm und seinen Freunden gut gehen würde, wäre es ihm wohl egal, was mit uns wäre.

Doch seine Freunde, scheinen ihm in letzter Zeit ziemlich aus dem Weg zu gehen. Ihn zu ignorieren, so, als wären sie wütend auf ihn. Als wären sie, trotz ihrer Freundschaft zu Sirius der Meinung, dass das, was er getan hatte, nicht so leicht zu verzeihen ist. Oft sehr ich, wir er alleine, recht weit abseits von Potter und den anderen beiden am Gryffindortisch in der großen Halle sitzt. Wie er ihnen einige traurige, verletzte Blicke zuwirft.

Wie er sich vermutlich wünscht, sich einfach zu den anderen drei dazusetzen zu können,  ohne, dass jene seltsame, kühle Atmosphäre zwischen ihnen existierte. Ohne, dass sie ihn ignorieren, oder an seine Tat erinnern würden. Ohne, dass jene Tat noch einmal erwähnt werden würde. Vermutlich wünscht er sich, es würde alles erneut so werden, wie es vor jenem " Streich" gewesen war. Wie es vor jenem Tag gewesen war, an dem er drei Schüler in Gefahr gebracht hatte.

Vielleicht merkt er jetzt, wie es ist, alleine zu sein. Wie es ist, auf sich selbst gestellt zu sein. Wie es ist, wenn alle Anderen einem aus dem Weg gehen, ohne, dass man verstehen kann, warum sie das tun. Der Außenseiter zu sein, ohne wirklich  zu wissen, warum  dem so war. Ohne zu verstehen, weshalb die Anderen einen verachten. Warum sie einen für seine Einstellung verachten. Für seine Familie. Seine Eltern. Oft seltsam angeschaut zu werden, als würden die Anderen einen für verrückt halten. Als würden sie denken, es würde irgendwas mit einem nicht stimmen.

Doch Sirius kennt jenes Gefühl nicht. Das kann er gar nicht, denn schließlich weiß er genau, wieso er jene seltsamen Blicke erntet. Wieso einige Schüler ihm aus dem Weg gehen. Wieso er ignoriert wird. Er scheint zu wissen, weshalb es ihm so ergeht, wie es ihm ergeht, und doch bin ich mir nicht sicher, ob er das  was er getan hat wirklich bereut. Und doch bin ich mir nicht sicher, ob jene Traurigkeit, die er ausstrahlt davon kommt, dass er seinen Streich zwar bereut, jedoch auch weiß, dass er ihn nicht mehr rückgängig machen kann, oder, ob er allein aus dem Grund traurig zu sein scheint, dass seine drei besten Freunde ihn ignorieren.

Ob es daran liegt, dass er es bereut, was er mit Severus gemacht hatte. Dass ihm die Folgen mit einem Mal bewusst geworden sind, und er erst jetzt wirklich bemerkt, wie das Ganze hätte noch ausgehen können. Dass er erst jetzt wirklich realisiert, wie gefährlich sein Streich gewesen war. Dass er erst jetzt wirklich realisiert, wie sehr er unseren Eltern darin ähnelt, seine Gefühle nicht zügeln zu können. Ihnen darin ähnelt, sich nicht wirklich beherrschen zu können. Seiner Wut so nachzugeben, ohne vorher noch einmal über seine Taten nachzudenken.

Vermutlich wäre es für Sirius ein Schock, zu realisieren, dass er unseren Eltern gar nicht so unähnlich ist. Dass er mehr mit ihnen gemeinsam hat, als er bis jetzt dachte. Gerade er, der Alles dafür tut, anders zu sein, als unsere Eltern. Gerade er, der so oft verleugnet, so zu sein, wie seine Familie. Der den anderen Zauberer beweisen will, dass er anders seie, als seine Eltern. Sirius, der den sprechenden Hut womöglich sogar angefleht hat, ihn nicht nach Slytherin zu stecken, damit er bereits von Anfang an beweisen konnte, dass er anders war, als wir.

Früher habe ich dies ebenfalls geglaubt. Früher habe ich geglaubt, er wäre anders. Er würde anders denken, anders fühlen. Die meisten Dinge anders sehen, als unsere Eltern. Jetzt, bin ich mir nicht mehr so sicher, wie sehr er sich von ihnen unterscheidet. Denn, obgleich seine Einstellung zu Muggeln anders ist, obgleich er nichts von unserer Familie hält, kommt es mir vor, als gäbe es irgendwo in ihm einen Teil, der unserer Familie mehr ähnelt, als irgendwer denken würde. Obgleich er unsere Familie hasst, scheint er sich doch nicht so sehr von ihr zu unterscheiden.

Ich bin Sirius vor einigen Tagen in einem Korridor begegnet. Evan war bei mir, wir waren gerade auf dem Weg zur großen Halle, als wir Sirius gesehen haben, der auf einer Fensterbank in einem der vielen Gänge in Hogwarts gesessen hatte. Den Blick hatte er starr geradeazs gerichtet  so, als müsse er über irgendwas angestrengt nachdenken. Als würde es irgendwas geben, über das er nachdenken musste, weil es ihm nicht mehr aus dem Kopf geht.

Jetzt weiß er wohl, wie es ist, wenn es Gedanken gibt, die immer wieder zu einem zurück kehren. Die einen nicht mehr los lassen, egal was man tut. Gedanken, die dich einem und Gedächtnis brennen, und nicht mehr aus diesem zu verbannen sind. Gedanken, die für einige Zeit verfliegen. Die für Einige Zeit aus dem Gedächtnis verschwinden. Für die Zeit, in der man abgelenkt war, etwas tat, was man gerne tut. Etwas, das einen über andere Dinge nachdenken  lassen.

Für jene Zeit, würde man hoffen, dass jene Gedanken endlich verschwunden wären. Dass man nun endlich frei von ihnen wäre. Doch dann, nach einiger Zeit würden sievzurüvn kehren, und Alles würde erneut von Anfang beginnen. Ob es Sirius gerade wirklich so geht? Ob es bei ihm tatsächlich einige Gedanken gibt, die ihn momentan nicht mehr loslassen? Um was für Gedanken handelt es sich wohl? Ich weiß es nicht, aber irgendwas muss ihn beschäftigen.

Wie viel es mit dem letzten Vorfall zu tun hat, weiß ich nicht genau. Aber als wir Sirius gesehen haben, hatte er seltsam zerbrechlich ausgesehen. So, als wäre sein Stolz für eine kurze Zeit verschwunden. Als wäre jene Arroganz, die aus seinem sonstigen Grinsen sprach, vor eine kurze Zeit von ihm gewichen. Fast hätte es gewirkt, als würde eine Art Schale zerbrechen.

Eine Schale aus Stolz und Arroganz, unter der sich jemand versteckt, der...womöglich gar nicht so stolz ist, wie er tut. Der womöglich auch Zweifel und Probleme hat. Als Evan Sirius beschimpft hat, hat mein Bruder fast schon ein wenig verletzt gewirkt. So, als wüsste er, dass er es verdient hat, mit jenen Worten betitelt zu werden, die Evan ihm an den Kopf geworfen hatte.

So, als würde er wissen, dass das, was er getan hatte nicht so leicht verzeihbar ist, und er es verdient hat, bestraft zu werden. So, als würde er zwar wissen, dass es ihm recht geschieht, doch als würde es ihn trotzdem in gewisser Weise verletzen. Evan hat bereits ebenfalls von dem letzten Vorfall erfahren. Er weiß, was Severus fast zugestoßen wäre, und er ist mehr als wütend darüber.

Evan hat Sirius noch nie gemocht, doch ich habe das Gefühl, dass seine Verachtung gegenüber meines Bruders mit jenem Ereignis gestiegen ist. Dass er ihn nun noch weniger leiden kann. Schließlich ist Severus auch Evan's Freund und noch dazu ein Slytherin. Evan ist niemand, der es einfach so hinnimmt, wenn seine Freunde beleidigt,oder gar verletzt werden. Besonders, wenn dies durch Leute geschieht, die Evan als minderwertig ansieht.

Durch Leute, von denen er denkt, sie wären schwächer, schlechter als er. Leute, die er nicht schätzt. Blutsverräter. Muggelstämmige. All die Menschen, von denen seine Familie ihm erzählt hatte, sie seien verachtenswert. Als er Sirius in jenem Gang gesehen hat, schien er sich nicht mehr wirklich beherrschen zu können. Er hat ihn fast schon angeschrien, doch ich kann seine Reaktion nachvollziehen. Auch ich bin wütend auf meinen Bruder.

Auch ich bin enttäuscht von ihm. Auch ich kann das, was er getan hat nicht so leicht vergessen. Aber dennoch hatte ich kein Gefühl von Genugtuung, oder Freude,empfunden, als Evan ihn beschimpft hatte. Trotz dem, was er getan hat, freut es mich nicht, ihn  so zu sehen. Nicht wirklich. Zwar bin ich in gewisser Weise froh darüber, dass er nun weiß, wie es ist, wenn man unbeliebt ist. Dass er weiß,wie es ist, ignoriert zu werden. Mit niemandem wirklich sprechen zu können. Was ist los mit mir? Sollte ich nicht eigentlich froh darüber sein, dass es ihm nicht sonderlich gut geht?

Darüber, dass er einen nicht sonderlich schönen Abschnitt seines Lebens durchmacht? Immerhin hat er meinen besten Freund beinahe umgebracht. Meinen besten Freund, und eine der wenigen Personen, denen ich wirklich vertraue. Mit der ich reden kann. Die Person, bei der ich mich nicht davor fürchten muss, dasscsue mich auslachen oder verspotten könnte, wenn ich etwas sage, das andere Slytherins womöglich  als seltsam bezeichnen würden. Die etwas Ähnliches durchmacht, wie ich.  Die Person, die für mich da ist.

Im Gegensatz zu meinem Bruder, der mich ignoriert. Der mich verachtet, für das, was ich tue. Dafür, dass ich versuche, gut genug zu sein. Dass ich versuche, das zu tun, was meine Eltern von mir verlangen.  Er hat bewiesen, wie wenig Respekt er von uns Slytherins hat. Bewiesen, dass sogar James Potter mehr Vernunft besitzt, als er.

Wie auch immer dem sei. Ich glaube, ich sollte hier wohl Schluss machen.

Regulus

Ich wusste nicht genau, was ich dieses Mal zum dem Geschriebenen sagen sollte. Einerseits, machte es mich ein wenig wütend, zu lesen, wie Regulusmich aufgrund meiner damaligen Aktion mit unseren Eltern verglich. Zu lesen, wie er schrieb, ich wäre ihnenhnlicher als ich dachte, zumal ich mich ebenfalls nicht kontrollieren könnte. Zumindest nicht gut.

Zu lesen, dass ich es damals verdient hatte, ignoriert und verachtet zu werden. Ich erinnerte mich noch ab jene Zeit, in der James und die anderen beiden aus dem Weg gegangen sind. Die Zeit, in der ich kaum geschlafen und gegessen hatte, zumal jene Übelkeit, die sich den ganzen Zeitraum über in mir breit gemacht hatte, mir jeglichen Appetit und Schlaf geraubt hatte. Die Übelkeit, die bei dem Gedanken daran in mir aufkam, jemanden fast umgebracht zu haben. Bei dem Gedanken daran, seinen besten Freund in Gefahr gebracht zu haben.

Es war hart, von seinem eigenen Bruder zu hören, man habe es verdient gehabt, dass es einem nicht sonderlich gut gegangen war. Und es war noch härter, zu wissen, dass er damit Recht hatte. 

27. Juli 1976

AN: Joa, endlich ein neues Kapitel ^^ heute kommt vielleicht noch eins, oder auch zwei. Wie findet ihr das neue Kapi? Schreibt es mir gerne. Ansonsten dann bis bald 😊❤

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