4. März 1972

Sirius' POV

Die nächste Seite. Das nächste Datum. Der nächste Eintrag, der mich auf jener Seite erwartete. Mittlerweile war ich mir nicht mehr wirklich sicher, ob ich ihn lesen wollte. Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt noch jemals in diesem Tagebuch weiter lesen wollte.  Ich wusste nicht, ob ich es ertragen könnte, ein noch schlechteres Gewissen zu bekommen, während ich weitere Tagebucheinträge meines jüngeren Bruders laß.

Während ich Dinge über ihn laß- Dinge über ihn  erfuhr, die ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst hatte. Während ich Dinge erfuhr, die mich vielleicht nicht mehr so schnell wieder los lassen würden. Während mir wieder einmal klar wurde, dass ich so gut wie gar nichts über Regulus gewusst habe. Dass ich meinen eigenen Bruder kaum gekannt zu haben schien.

Dennoch hatte mich, seit ich angefangen hatte im Tagebuch zu lesen eine gewisse Neugier gepackt. Es war, als würde ich irgendwas Neues erfahren, was mich so interessierte, dass ich nicht aufhören könnte weiter zu lesen, ehe ich alles darüber erfahren hatte. Es war auch, als würde ich Regulus noch einmal kennen lernen. Nicht die kühle, gefühllose Maske, die er so oft aufgesetzt hatte.

Nicht den Todesser, der ich dachte, dass er war, nein. Sondern Regulus.  Den richtigen Regulus, der sich hinter der kühlen Maske verborgen gehalten hatte. Es war, als würde ich die ganze Geschichte nicht einmal durchleben- aus seiner Sicht. Zögerlich wandte ich meinen Blick wieder der Seite im Tagebuch zu.

4. März 1972

Ich weiß, ich sollte vermutlich gar nicht mehr wach sein. Vermutlich sollte ich schon längst in meinem Bett liegen und schlafenMir über nichts Gedanken machen. Meine Sorgen vergessen- zumindest für einige, kurze Stunden.  Zumindest für eine kurze Zeit, auch, wenn ich wüsste, dass all die Probleme und Gedanken wieder da sein werden, sobald ich die Augen aufschlagen würde. Dennoch hätte ich wenigstens einige Zeit lang Ruhe vor ihnen.

Manchmal kommt es mir vor, als wären düstere Gedanken eine Art von bösartigen Dämonen, die sich in meinem Kopf herum treiben. Dämonen, die ich am liebsten für immer aus meinem Kopf vertreiben würde. Die ich am liebsten vergessen würde, und dabei hoffen, niemals wieder an sie erinnert zu werden. Doch das Problem an der ganzen Sache ist...ich kann es nicht. Ich kann sie nicht los werden, nicht mal ansatzweise.

Es ist, als verfolgen sie mich. Als würden sie mir auflauern, überall.  Man sagt, man müsse gegen die eigenen Dämonen ankämpfen. Man sagt, man dürfte ihnen keine Chance lassen. Man sagt, man sollte sie vertreiben. Doch wie soll man sie vertreiben, wenn man keinen blassen Schimmer hat, auf welche Art? Wie soll man sie jemals los werden, wenn man nicht wusste, wie man gegen sie vorgehen sollte? Kann man sie überhaupt jemals los werden? Ich glaube nicht. Zumindest mir gelingt es nicht. Zumindest mir wird es nie gelingen.

Sie sind immer da. Sie kommen immer wieder und sie lassen mir keine Ruhe. Die düsteren Gedanken...

Gedanken an unsere Familie. Wie es jetzt weiter gehen soll, da Sirius nicht der Erbe ist, den meine Eltern sich erhofft haben. Gedanken daran, wie sie reagieren werden, wenn er in den Sommerferien zurück nach Hause kehren würde. Gedanken daran, wie er auf uns reagieren wird, wenn er im Sommer von Hogwarts zurück kommt.

Ob er überhaupt noch mit uns reden wird? Ob er uns überhaupt wieder erkennen wird? Ich weiß es nicht. Und ehrlich gesagt, bin ich auch froh darüber, dass ich es noch nicht weiß. Denn wenn ich wissen würde, dass ich von nun an nur Abschaum für ihn sein würde-...wenn ich wissen würde, dass er kein Wort mehr mit mir reden würde- ich weiß nicht, wie ich mit diesem Wissen umgehen würde.  Ich weiß nicht, wie ich ihm ins Gesicht sehen könnte, mit dem Wissen, dass er mich hasst. Obwohl ich das Gefühl habe, dass er dies ohnehin schon tut.

Ich habe Angst. Ich habe Angst, dass unser Verhältnis kaputt geht. Ich habe Angst, dass wir uns eines Tages als Feinde gegenüber stehen könnten. Todfeinde. Denn ich bezweifle stark, dass ich ihn jemals ernsthaft verletzen, geschweige denn töten könnte. Wenn ich daran denke, wird mir bereits schlecht...

Aber ich befürchte bereits, dass es passieren wird. Ich spüre, dass es passieren wird. Wenn er sich irgendwann komplett von der Familie abwendet- und das wird er-dann werde ich keine Wahl haben. Sobald Sirius nicht mehr offiziell als der Erbe unserer Familie ist gilt, werde ich diese Position übernehmen müssen.

Sobald die Erwartungen meiner Eltern nicht mehr auf ihm ruhen werden, werde ich sie alle auf den Schultern tragen müssen. Noch mehr, als ich es zur Zeit ohnehin schon tue. Noch mehr, als sie ohnehin schon auf mir ruht. Ich habe Angst, dass ich die Last vermutlich nicht tragen werde können.  Angst, dass ich den Ansprüchen meiner Eltern nicht gerecht werde. Dass ich nicht gut genug sein werde. Doch was kann ich schon tut? Wenn ich von meiner Familie anerkannt werden will, muss ich perfekt sein- oder es zumindest versuchen.

Ich muss zumindest versuchen, das Richtige zu tun. Ich muss versuchen, der bessere Sohn zu sein. Ich muss versuchen perfekt zu sein, so, wie meine Eltern sich ihren Sohn vorstellen. Ich muss den Familiennamen in Ehre behalten, ich darf keine Schande in den Namen meiner Familie waschen. Denn das, was meine Eltern sonst tun würden, will ich mir gar nicht erst vorstellen.

Was sie mir antun würden, doch auch, was sie Sirius antun würden, wenn ich so werde, wie er. Sie würden ihn als schlechten Einfluss ansehen. Sie würden ihn dafür verantwortlich machen, dass ich mich nicht angemessen verhalten würde. Sie würden ihn dafür verantwortlich machen, falls ich jemals so enden sollte, wie er selbst. Eine Schande für die Familie. Ein Gryffindor. Ein Blutsverräter.

Aber ich schätze, ich habe noch Zeit...Schließlich beginne ich doch erst diesen September mein erstes Schuljahr. Schließlich bin ich doch erst vor lächerlichen, drei Tagen elf geworden...

Es ist mittlerweile bereits Ein Uhr nachts. Ich schätze, ich sollte nun wirklich schlafen gehen, auch, wenn ich weiß, dass ich vermutlich nicht sonderlich viel Schlaf bekommen werde. In letzter Zeit schlafe ich überhaupt nicht gut. Aber was soll's. Ich schätze, ich mache irgendwann weiter, wenn ich wieder wacher bin. Wenn ich wieder klarer denken kann.

Regulus

Ein erneuter Stich in meiner Brust. Ein erneutes, schweres Einatmen, ehe ich auf die nächste Seite umblätterte. Ich selbst wusste nicht genau wieso, doch mein schlechtes Gewissen schien mit jedem Eintrag den ich laß zu wachsen. Fast so, als würde jemand alte Wunden, die bereits schon fast verheilt waren erneut aukratzen. So, als würden alte Narben erneut zu bluten anfangen.  So, als würde ich alles, was ich damals durch gemacht hatte erneut durchmachen müssen.  So, als würde ich Regulus erneut verlieren.

AN: Soo, ich lebe auch noch XD endlich habe ich mich mal dazu überwunden, weiter zu schreiben. Ab jetzt werden auch wieder regelmäßiger Kapis kommen...😊 Jedenfalls hoffe ich, dass euch dieses Kapitel gefallen hat...schreibt mir gerne eure Meinung dazu in die Kommis und sonst dann bis bald 😊❤

LG: Drawaine







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