3. September 1971

Sirius' POV

Der Text auf der nächsten Seite wirkte, als wäre er in großer Eile, oder Unruhe geschrieben worden. Als hätte die Hand von demjenigen, der diese Worte geschrieben hatte, während dem Schreiben stark gezittert. Als hätte er Angst vor irgendwas gehabt. Als hätte er es heimlich geschrieben und hätte Angst gehabt, dabei erwischt zu werden, wie diese Worte seiner Feder entsprangen.

Als hätte er es in aller Eile aufgeschrieben und hörenden dessen die ganze Zeit befürchtet, dass jemand durch seine Tür spaziert kommen und ihn erwischen würde. Denn seine Schrift wirkte auf dieser Seite leicht krakelig, ja, nahezu unordentlich. So, als hätte er sich keine Mühe gegeben, ordentlich zu schreiben.

Es klang nicht sehr nach Regulus, etwas so unordentlich, beinahe achtlos zu tun. Zumindest nicht, wenn es ihm git gegangen war. Wenn er in einer vertrauten situation gewesen war, in der er geglaubt hatte, nichts befürchten zu müssen.

Er hatte stets ordentlich sein wollen- so, wie unsere Eltern es erwartet hatten. Selbst seine Schrift hatte stets ordentlich ausgesehen- als wäre er jeden Buchstaben mehrere Male ziemlich achtvoll nachgefahren. Doch die Art von Schrift, die sich nun auf diesem Stück Pergament befand, überzeugte vom Gegenteil.

Er hatte Angst gehabt, während er es geschrieben hatte. Anhand des Datums konnte ich erkennen, dass es sich hierbei wohl um den Tag handeln musste, an dem meine Familie davon erfahren hatte, dass ich in Gryffindor gelandet war. Schließlich zwang ich mich, mich auf das Geschriebene zu konzentrieren. 

3. September 1971

Heute ist Sirius' Brief angekommen. Heute wurde unserer Familie davon benachrichtig, in welchem Haus er gelandet ist. Und jetzt kommt es. Sirius ist dem Hause Gryffindor zugeteilt worden. Was soll ich groß sagen? Mutter und Vater sind rasend. Blacks gehören für sie nach Slytherin, und in kein anderes Haus.

Heute morgen, als der Brief angekommen ist, hat Mutter am Frühstückstisch die Fassung verloren. Anfangs hat sie sich darüber aufgeregt, dass der Name unserer Familie nun mit Schande befleckt worden ist. Dass wir zum Gespött der Zaubererwelt werden würden. Dass Sirius Schande über den Familiennamen gebracht hat.

Sie hat geschrien. Mit Schimpfworten nur so um sich geworfen, während ich ihr gegenüber am Tisch gesessen und ins Leere gestarrt habe. Ich weiß einfach nicht, was ich dazu sagen soll- was ich zu seiner Wahl sagen soll. Ehrlich gesagt, fand ich es egoistisch, was er gemacht hat.

Dass er sich dazu entschieden hat, der Familie einfach den Rücken zu kehren und sich gegen die Tradition zu stellen.  Einfach daran zu denken, dass er unsere Eltern damit gut provozieren, sie wütend machen könnte. Dass er sie damit zur Weißglut bringen würde, in dem er gezeigt hat, dass er anders ist, als der Rest der Familie.

Dass ihm so viel daran liegt, anders zu sein, dass er überhaupt keine Rücksicht mehr auf uns, seine Familie nimmt. Dass wir ihm wohl jetzt total egal sind- dass er uns schon jetzt am liebsten vergessen will. Irgendwie tut es weh, so zu denken. Natürlich war Sirius schon immer anders als der Rest von uns gewesen. Er war schon öfters aus der Reihe getanzt, hatte Dinge auf seine eigene Art getan.

Er hat nie wirklich sonderlich auf unsere Eltern gehört, sich nie sonderlich viel aus deren Meinung gemacht. Er hatte schon immer seinen eigenen Kopf gehabt. Doch trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass es so weit reichen würde. Dass er seine Familie wirklich so verraten würde. Natürlich hatte er nie wirklich dazu gehören gewollt- doch ich hatte nicht gewusst, dass er sich grad so dagegen sträubt.

Dass er sich gar weigert, so zu werden, wie unsere Eltern.  Dass ihn diese Vorstellung vermutlich gerade zu anwidert. Ich habe das Gefühl, dass er nur auf eine Gelegenheit gewartet hat, unserer Familie eins auszuwischen.

Dass er nur auf eine Chance gewartet hat, zu zeigen, wie anders er doch war. Und diese Chance hatte er somit auch bekommen. Ob er überhaupt noch an seine Familie denkt? An mich denkt? Ich weiß es nicht.

Und ehrlich gesagt, will ich auch nicht weiter darüber denken- ich kann es wirklich nicht gebrauchen, jetzt von meinen Gefühlen überrumpelt zu werden.  Ich kann es nicht gebrauchen, wegen dem Gedanken daran, dass er mich womöglich schon längst durch einen neuen Freund ersetzt hatte, anzufangen, zu weinen. Auch, wenn das leicht Ziehen in meiner Brust trotzdem nicht nachlässt- im Gegenteil. Es wird schlimmer.

Wenn er dort, in Hogwarts neue Freunde findet- wenn ihr andere Schüler kennen lernt, mit denen er sich gut versteht, wird er sich dann überhaupt noch an mich erinnern? Wird er sich überhaupt noch daran erinnern, was er mir versprochen hat? Dass er mir regelmäßig schreiben wird? Vermutlich nicht.

Ich weiß nicht, was ich empfinden soll. Wut? Trauer? Schmerz? Alles zusammen? Die Wahrheit ist...ich habe Angst. Angst davor, was als Nächstes kommen könnte. Davor, was in nächster Zukunft auf mich wartet- wie es nun mit unserer Familie weitergehen soll. Ich habe Angst davor, dass meine Eltern nun alles, was sie eigentlich von Sirius erwartet hätten, nun von mir erwarten würden.

Ich habe Angst, dass ich nicht genug bin. Dass sie mich als schwach, unfähig ansehen. Dass sie mich nicht als ihren Sohn ansehen. Dass ich in ihren Augen ein Niemand bin. Dass ich nur ein billiger Ersatz für meinen Bruder an. Dass ich nie so sein werde, wie er. Dass ich nie das sein werde, was sie sich von mir erhoffen. Denn Mutter selbst hat heute morgen noch gesagt, es wäre ihr lieber gewesen, wenn ich der Blutsverräter gewesen wäre.

Tja, ich schätze, da hört man es doch schon. Ich werde in ihren Augen nie der Sohn sein, den sie sich wünschen. Ich werde nie gut genug sein. Ich glaube, ich sollte jetzt Schluss machen. Ich glaube, ich muss erstmal eine Nacht über all diese Neuigkeiten schlafen. Vielleicht kann ich in den nächsten Tagen ja klarere Gedanken fassen...

Regulus

Erneut hielt ich kurz Inne.  Ich merkte, wie sich nach diesem Eintrag Tränen in den Augen sammelten.  Ich verspürte winzigen Stich in meiner Brust, als ich den Text noch einmal durchlas.  Es klang verzweifelt, so ängstlich, was dort geschrieben stand. Was er geschrieben hatte.

Ich verspürte einen weiteren Stich bei dem Gedanken, wie verunsichert er wirklich gewesen sein musste. Wie allein er gewesen war. Ohne jemanden, der ihm beigestanden hatte. Der ihm in diesem Moment sagenhafte können, woran er glauben sollte. Was richtig und falsch war. Es war traurig, dass ich erst jetzt anfing, meinen Bruder auch nur ansatzweise zu verstehen.

Dass ich erst jetzt begann, sein Verhalten nachvollziehen zu können. Dass ich all die Zusammenhänge zwischen meinen und seinen Aktionen erkannte. Dass mir erst jetzt auffiel, dass jede einzelne meiner Aktionen Folgen mit sich gebracht hatte  Folgen für ihn. Mit zittrigen Händen blätterte ich weiter.

1. Oktober 1971

AN: Soo, das nächste Kapi😊 wie findet ihr, ist es gelungen? Schreibt mir gerne eure Meinung dazu in die Kommis und sonst...Bis bald dann😊❤

LG: Drawaine

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