24. Juli 1975
Sirius' POV
Mittlerweile waren jene Zweifel daran, ob ich jenes Tagebuch noch weiter lesen sollte, fast schon wie weg gewischt. Beiseite geschoben. Ich wusste nicht, was Regulus selbst davon halten würde, wenn er wüsste, dass ich sein Tagebuch las. Vermutlich wäre er wütend auf mich. Vermutlich würde es ihm nicht wirklich gefallen, zu wissen, dass ich nach seinem Tod in seinen Sache herum gestöbert hatte. Dass ich mich jetzt, Jahre nach seinem Tod erst darüber nachdachte, dass vielleicht mehr hinter seinen Entscheidungen gesteckt hätte, als ich anfangs glauben wollte.
Regulus war schon immer eine sehr private Person gewesen, die mit den wenigsten Menschen wirklich über sich selbst sprach. Eine Person, die Geheimnisse hatte, und diese Geheimnisse auch behalten wollte. Die der Meinung gewesen war, ihr Leben würde nicht jeden etwas angehen. Der Meinung, ihr Leben nicht allen Mitmenschen zeigen zu müssen. Allen Mitmenschen von ihrem Leben erzählen zu müssen.
In gewisser Weise hatte er damit wohl auch Recht gehabt. Schließlich war es vermutlich tatsächlich nicht sonderlich gut, jedem zu vertrauen. Jedem seine Geheimnisse und Gefühle anzuvertrauen. Jedem einen Blick in das eigene Leben zu gewähren, im Gegenteil. Es war vermutlich teilweise besser, wenn Andere nicht allzu viel über einen wussten. Es war besser, wenn sie weniger über einen wussten, und da durch auch Weniger hatten, dass sie gegen einen verwenden konnten. Weniger, dass sie einem zum Verhängnis machen n
konnten. Weniger, in dem sie womöglich eine Schwäche erkennen konnten. So ähnlich musste Regulus wohl über das Ganze gedacht haben.
Doch auch wenn ich wusste, dass Regulus wohl alles Andere als begeistert darüber sein würde, dass ich sein Tagebuch las, so kam es mir fast schon wie eine Art Pflicht vor, das Buch zu Ende zu lesen. Fast schon so, als wäre ich es dem Slytherin schuldig, ob er es nun wollte, oder nicht. Als wäre ich es ihm schuldig, mich für ihn zu interessieren, nachdem ich dies nie wirklich getan hatte, als er noch lebte. Oder besser gesagt, nachdem ich ihm dies nie gezeigt hatte, solange er noch unter uns geweilt hatte.
Umso mehr begann ich es nun zu bereuen. Nun, wo er dies nicht mehr tat.
24. Juli 1975
Bereits einige Tage sind vergangen, seit die Sommerferien angefangen haben. Es ist seltsam, wie schnell die Zeit vergeht. Es kommt mir vor, als hätte ich gerade erst mein erstes Jahr in Hogwarts angetreten, und schon in einigen Wochen, würde bereits mein viertes Schuljahr beginnen. Ich habe früher immer geglaubt, sieben Jahre wären eine lange Zeit, doch nun, wo ich das Gefühl habe, einen großen Teil jener sieben Jahre bereits hinter mir zu haben, merke ich erst, wie kurz jene Zeit eigentlich ist.
Wie auch immer dem sei. Seit einigen Wochen bin ich wieder im Grimmauldplatz, doch habe ich mich hier noch nicht so unwohl gefühlt. Schon immer habe ich die kühle, dunkle Ausstrahlung unseres Hauses mitbekommen. Schon immer hat mich jene Ausstrahlung ein wenig bedrückt, doch dieses Mal ist alles anders. Dieses Mal, liegt es nicht nur an der Wirkung der großen, dunklen Räume, dass ich mich unwohl fühle. Nicht nur an dem dunklen Parkettboden, der nachts so unheimlich knarzt, wenn jemand gerade in den Fluren herum geht.
Dieses Mal, liegt es an mir selbst. An mir selbst, und an meinen Eltern. Ich weiß nicht, sie ich mich ihnen gegenüber verhalten soll. Ich weiß nicht, wie ich mich in ihrer Anwesenheit benehmen soll, ohne, dass sie Verdacht schöpfen könnten, dass etwas nicht stimmt. Ich weiß nicht, wie ich ihnen in die Augen blicken kann, nachdem, was mir in VGDDK passiert war. Zwar wissen meine Eltern nichts von meinem damaligen Erlebniss, doch es fühlte sich seltsam an, jemandem gegenüber zu stehen, dessen Gestalt der Irrwicht angenommen hatte. Jemandem, dem man eigentlich vertrauen sollte, doch der einem in gewisser Weise Angst macht.
Ich kann Mutter nicht in die Augen blicken, ohne, dass ich an jenen Tag zurück erinnert werde. Kann nicht mit ihr sprechen, ohne dabei ins Stocken zu kommen, zumal vor meinem inneren Auge das Bild des Irrwichtes wieder auftaucht. Schon oft hat die mich deswegen seltsam angeblickt, so, als würde sie bereits ahnen, dass irgendwas nicht in Ordnung ist. Ich hoffe, dass sie nicht erfährt, was genau nicht in Ordnung ist.
Ich weiß nicht, wie sie darauf reagieren würde. Sie würde mich wohl als Schande für die Familie bezeichnen. Als Schwächling, der Angst vor seinen Verpflichtungen der Familie gegenüber hat. Als Schwächling, der sich nicht genug Mühe machte, und deshalb die Konsequenzen fürchtet. Doch das bin ich nicht. Ich bin kein Schwächling.
Ich bin kein Schwächling, und deshalb brauche ich weder Hilfe, noch Mitleid für das, was mir in jener Unterrichtsstunde passiert ist. Ich will kein Mitleid, oder Worte, die mir sagen sollen, dass die Person, von der sie stammen mich versteht. Denn, wie soll eine andere Person mich wirklich verstehen, wenn ich mich noch nicht einmal selbst wirklich verstehen kann? Die soll eine andere Person aus meiner Persönlichkeit schlau werden, wenn selbst ich es nicht wirklich werden kann?
Wenn selbst ich hin und wieder nicht verstehe, weshalb ich mich fühle, wie ich mich fühle. Wenn selbst ich hin und wieder nicht verstehe, warum ich die Dinge schreibe, die ich hier aufschreibe. Manchmal lese ich mir frühere Einträge durch. Einträge, die ich in meinem ersten Schuljahr gemacht habe. Einträge, die ich vor meiner Zeit in Hogwarts, oder aber in meinem zweiten Schuljahr gemacht habe. Und auch, wenn ich einen Teil jener Dinge, die ich damals geschrieben habe noch immer nachvollziehen kann, so gibt es auch einen kleineren Teil, bei dem ich nicht genau weiß, was damals in mir vorgegangen ist.
Was ich dachte, als ich sie geschrieben habe. Was meine Gedanken zu jenen Texten gewesen waren, die mir jetzt teilweise schon ein wenig fremd vorkommen. Texte, in denen ich über Probleme schrieb, die nun leicht zu lösen schienen. In denen ich über Dinge geschrieben habe, die mich zu der damaligen Zeit beschäftigt haben, die mir jedoch jetzt, wo ich zurück Blicke, fast schon ein wenig lachhaft erscheinen. Lachhaft, wenn man sie mit dem vergleicht, was mich nun beschäftigt. Damit, was nun in mir vorgeht.
Was für ein Chaos nun in mir herrscht. Dass ich selbst nicht genau weiß, wie ich mich fühle. Nicht genau weiß, was mir fehlt, dass ich nicht wirklich glücklich, und nicht wirklich traurig bin. Ich habe doch eigentlich Alles. Ich habe eine Familie, Eltern, die sich um mich kümmern. Die sich zumindest um mich kümmern, wenn ich in den Ferien zu Hause bin. Habe ein Dach über dem Kopf. Bin mittlerweile recht gut darin geworden, mit den magischen Künsten umzugehen. Und doch kommt es mir vor, als gäbe es irgendwas, das fehlt.
Irgendwas, das das Ganze weniger schön aussehen ließ. Meine Eltern, die mich stets kühl behandeln . Die noch immer hohe Erwartungen an mich haben. Erwartungen, von denen ich glaube, dass ich es meinen Eltern schuldig bin, sie zu erfüllen. Erwartungen, die mir noch immer unglaublich schwer zu erfüllen scheinen. Besserere Noten. Bessere Fähigkeiten.
Mehr Konzentration auf die Schule, und auf das Dasein als Familienmitglied des Hauses Black. Oft sagen Mutter und Vater, ich solle mich erwachsener Verhalten, reifer. Ich solle vernünftiger werden, und wissen, was ich als ehrenwürdiges Familienmitglied beachten sollte. Ich solle meine Zeit nicht mit unnützen Dingen wie Quidditch verschwenden, die mir ohnehin nur noch einige Jahre bleiben würden.
Vielleicht haben sie auch Recht damit. Vielleicht bin ich tatsächlich zu unvernünftig, dass ich meine Zeit lieber mit Quidditch verbringe, als mit Lernen, auch, wenn ich Letzteres überwiegend tue. Dass ich die Zeit manchmal damit tot schlage, mir andere Bücher durchzulesen. Mir, wenn auch manchmal unbewusst neues Wissen anzueignen, dass weder etwas mit dem Schulunterricht, noch mit den dunklen Künsten zu tun hat.
Wissen, das meine Eltern als unwichtig bezeichnen würden. Dass ich noch immer oft an meinen älteren Bruder denke, der jetzt, in diesem Moment wohl gerade in seinem Zimmer, das neben dem Meinen liegt ,auf dem Bett sitzt, und die Tage bis zum Schulsnfang hinunter zählt. Dass ich ihn noch immer vermisse, auch, wenn wir mit jedem Jahr weniger miteinander sprechen.
Dass ich manchmal mit dem Gedanken spiele, mit ihm zu reden. Mir jenen Gedanken aber bald darauf wieder aus dem Kopf schlage, als dem Grund, dass er wohl ohnehin nicht mit mir sprechen wollen würde. Mit dem Grund, dass es womöglich sogar besser ist, wenn wir nicht miteinander reden.
Aber ich sollte nun wirklich aufhören, darüber zu schreiben. Mir darüber den Kopf zu zerbrechen, wenigstens für einige Momente lang. Bald ist Cissy's Hochzeit. Bald, in einigen Wochen wird die zusammen mit Lucius Malfoy im Malfoy Manor einziehen. Ich freue mich für sie.
Ich glaube, es wird wieder einmal Zeit, den Eintrag zu beenden.
Regulus
Ich seufzte. Es kam mir vor, als würde jeder Eintrag des Slytherins trauriger werden. Als würde sich auf jeder neuen Seite ein Text befinden, der für mich noch schwerer zu lesen wäre. Der noch mehr Schuldgefühle wecken würde.
Warum war mir frühe4 nichts davon aufgefallen? Wieso war mir nicht aufgefallen, wie es meinem Bruder in den Sommerferien von seinem dritten zu seinem vierten Schuljahr gegangen war? Wieso hatte ich nicht bemerkt, dass er mit irgendwas zu kämpfen gehabt hatte? Hatte er seine Gefühle tatsächlich so gut verstecken können, dass dies nicht aufgefallen war? Hätte er all das wirklich so gut überspielen können, dass sein Umfeld nichts davon bemerkt hatte? Dass selbst sein eigener Bruder es nicht bemerkt hatte?
Oder hatte es mich einfach nicht interessiert? Hatte Ich einfach bemerken gewollt, dass der Jüngere weniger gesprochen hatte? Dass er sich in jenen Sommerferien mehr zurück gezogen hatte, als in denen davor? Hatte ich mir einfach nicht die Mühe gemacht zu überlegen, ob irgendwas dahinter stecken könnte, weil ich zu sehr auf meine eigenen Probleme fixiert gewesen war? Weil ich Regulus fast schon komplett ausgeblendet habe? Ich weiß es nicht .
Doch es tut weh, zu wissen, dass ich es zu spät bemerkt habe. Dass sich nun nichts mehr ändern ließ.
17. August 1975
AN: Jep, finally update ich regelmäßig. ^^ Heute kommt vielleicht noch ein Kapi, oder auch Mehrere, je nachdem, wie ich Zeit finde. Wie findet ihr dieses Kapitel? Schreibt mir gerne eure Meinung. 😉 Dann bis bald 😊❤
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