2. Oktober 1974
Sirius' POV
Das dritte Schuljahr meines Bruders also. Ich wusste nicht wieso, doch ich hatte das getan, dass in diesem Jahr irgendwas passiert war. Irgendwas, das Regulus wohl zu schaffen gemacht haben musste, denn ich glaubte, mich daran erinnern zu können, dass Regulus ab einem gewissen Zeitpunkt in jenem Jahr, recht bedrückt gewirkt hatte. Er war noch blasser gewesen als sonst.
Das kühle, gekünstelte Lächeln, dass öfter seine Lippen geziert hatte, schien wie verschwunden gewesen zu sein. So, als hätte man über jene helle Lippen gestrichen, und das Lächeln einfach weg gewischt, als wäre es aufgemalt gewesen. Vielleicht war es das auch. Vielleicht, hatte es einfach zu jener Maske, die Regulus in der Öffentlichkeit oft getragen hatte, dazu gehört. Die Maske, die er all den Leuten zeigte, die sie nicht kannte. Den Leuten, von denen er nicht wollte, vor denen er sein wahres Selbst verstecken wollte.
Auch vor mir hatte er es versteckt. Vor seinem eigenen Bruder. Seinem eigenen Bruder, der auf jene Maske herein gefallen war, und sich auch jetzt, nach all diesen Jahren noch immer nicht sicher war, ob es sich dabei tatsächlich nur um eine Maske gehandelt hatte. Der sich auch jetzt noch nicht komplett sicher war, ob der Slytherin jener kalte Todesser gewesen war, der er vorgegeben hatte, zu sein. Noch immer war ich mir nicht sicher, in wie weit sein wirkliches Selbst seiner Maske, die ich so lange mit diesem verwechselt hatte, übereinstimmte. Oder, ob es dies überhaupt tat.
2. Oktober 1974
Hallo.
Was soll ich heute hier rein schreiben? In letzter Zeit, ist nicht sonderlich viel los. Ich bin oft mit Severus in der Bibliothek, meinen Bruder bekomme ich kaum zu Gesicht. Nicht, dass das wirklich etwas Neues wäre. Es kommt mir vor, als entfernten wir uns immer mehr voneinander. Tag für Tag. Woche für Woche und Jahr für Jahr.
Man sagt, ein neues Schuljahr, wäre gleichzeitig ein neuer Anfang. Ein neuer Abschnitt des Lebens, der an jenem Tag beginnt, an dem man die nächste Fahrt nach Hogwarts antritt. Doch mir kommt es vor, als würde sich alles auf gewisse Art wiederholen. Als würden die Ereignisse des letzten Schuljahres in dem jeweils Aktuellen ähnlich noch einmal geschehen. Als würde sich nichts jemals wirklich ändern. Als wäre mein Alltag grau, seltsam eintönig.
Zwar freue ich mich wie auch letztes Jahr jedes Mal, wenn wieder einmal ein Quidditchspiel ansteht, oder ich eine weitere Prüfung hinter mir habe, aber dennoch kommt mir mein Alltag teilweise farblos vor. Teilweise sitze ich beinahe stundenlang über meinen Schulbüchern, versuche mich zu konzentrieren und denke immer wieder über die gleichen, oder zumindest ähnliche Dinge nach.
Oft, wenn ich in der Bibliothek sitze, gleiten meine Gedanken ab, zu Dingen, über die ich schon so oft nachgedacht habe, jedoch nie so einer wirklichen Antwort gekommen bin. Viele Leute sagen, man solle sich nicht den Kopf über Dinge zerbrechen, die man nicht beeinflussen kann. Über Fragen, deren Antwort man nie erhalten wird. Über Wege, die man nie gehen wird. Die man nicht gegangen ist, als man noch Gelegenheit dazu hatte, weil sie einem damals als falsch erschienen waren.
Die man damals nicht gegangen ist, und die man heute nicht mehr gehen können würde. Die einem heute wie verschlossen bleiben würden, fast ein wenig wie aus Rache dafür, dass man sie nicht wirklich in Betracht gezogen hatte, als man es noch konnte. So, dass man nie darüber nachdenken kann, was wäre, wenn man sie doch eingeschlagen hätte. Wie das Leben bis jetzt verlaufen wäre, hätte man sich anders entschieden.
Und so denke ich hin und her noch immer darüber nach, was wohl geschehen wäre, wenn der sprechende Hut mich vor zwei Jahren in ein anderes Haus gesteckt hätte. Wenn ich nicht in dem Haus gelandet wäre, in dem meine Familie mich hatte sehen wollen. Es wäre der falsche Weg gewesen. Oder?
Es wäre nicht richtig gewesen, als Black in einem anderen Haus als Slytherin zu landen, besonders aus dem Grund, dass mein älterer Bruder dies bereits getan hat. Es wäre nicht richtig gewesen, meine Familie eben so zu enttäuschen, wie er. Denn, wer soll der Erbe der Familie Black sein, wenn wir uns beide weigern würden, der Familientradition zu folgen? Wer würde die Erwartungen unserer Eltern erfüllen, wenn wir dies beide nicht wollen würden? Ich weiß nicht, wie es wäre. Ich weiß nicht, wie mein jetziges Leben dann aussehen würde, doch ich weiß, dass ich mit dem Weg, den ich gewählt habe, den Richtigen eingeschlagen habe.
Auch, wenn mein Bruder das anders sieht. Doch das hier ist mein Leben. Es sind meine Entscheidungen. Meine Entscheidungen, von denen ich hoffe, dass sie die Richtigen sind. Von denen ich hoffe, dass ich nicht eines Tages aufwachen, und auf bereuen werde. Ich hoffe, dass ich nicht eines Tages feststellen muss, das Falsche getan zu haben. Ich weiß nicht, wie ich mit so etwas umgehen könnte.
Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn sich eines Tages heraus stellen würde, dass ich das Falsche getan habe. Und das, obwohl ich mich Tag für Tag bemühe, das Richtige zu tun. Das zu tun, was meine Familie von mir erwartet. Zu überlegen, was für mich und meine Familie wohl das Beste wäre.
Weißt du...manchmal beneide ich Severus sogar ein wenig. Nicht darum, dass er sich Tag für Tag mit James Potter herumschlagen muss. Auch nicht darum, dass er es alles Andere als leicht hat, weder in Hogwarts, noch bei sich zu bringen. Und doch beneide ich ihn ein wenig. Dafür, dass es seine Eltern nicht wirklich zu interessieren scheint, ob er nun der Jahrgsnfsbeste ist, oder nicht. Dafür, dass seine Eltern nicht jedes Jahr in sein Zeugnis blicken, und ihm dann diese enttäuschten Blicke zuwerfen, wie meine es oft bei mir tun.
Als ich einmal mir Sev über seine Eltern gesprochen habe, da meinte er, er wäre ihnen egal. Er meinte, sie würden sich nicht für ihn interessieren, aus dem Grund, dass sie zu viel streiten, als dass sich wirklich etwas von ihrem Sohn mitkriegen. Er hat recht verbittet geklungen, als er von seinem Eltern erzählt hat. So, als würde er sich wünschen, mehr Aufmerksamkeit von ihnen zu bekommen. Als würde er sich wünschen, mehr von ihnen beachtet zu werden.
Von ihnen so behandelt zu werden, wie die meisten Kinder von ihren Eltern behandelt werden. Von ihnen vielleicht nicht geliebt, doch zumindest akzeptiert zu werden. Und nicht angesehen zu werden, als wäre er ein einziger Fehler. Denn auch das hat er mir einst erzählt. Das, dass sein Vater ihn anblickte, als wäre er ein Fehler. Ein Fehler, den sein Vater so selten wir möglich sehen wollten.
Bei dem er froh ist wenn er ihn ein Jahr lang nicht sehen muss. Und das, weil Severus ein Zauberer ist. Ein recht starker Zauberer noch dazu. Ich weiß nicht ,warum Severus' Vater die Magie so verachtet, noch weiß es Severus. Er ist in einer Welt aufgewachsen, in der es keine Magie zu geben schien. Er hat nie etwas von unserer Welt mitbekommen, bis er Severus' Mutter getroffen hat, vermutlich. War es ihm zu viel gewesen? War er nicht darauf klar gekommen? Ich weiß es nicht, doch ich finde es widerlich, sein eigenes Kind aus solch einem Grund zu verachten.
Sein eigenes Kind zu schlagen, einfach weil es das war, was es nun einmal war. Ein Zauberer. Ich erinnere mich noch an den Anfang dieses Schuljahres, als ich Severus in einem Abteil im Hogwartsexpress getroffen habe. Seine rechte Hand hatte einen ungesunden, bläulichen Ton angenommen. Es wirkte, als wäre sie verrenkt, oder auf andere Weise beschädigt. Es sah schmerzhaft aus, so, dass ich mich nur mit Mühe dazu hatte bringen können, die Hand meines besten Freundes wirklich anzublicken. Als ich ihn gefragt hatte, was passiert sei, so hatte Severus nur den dunklen Boden des Abteils angeblickt. Hatte mir nicht direkt in die Augen gesehen. Sein Vater war sehr betrunken gewesen. Zumindest hatte Severus dies behauptet. Betrunken und wütend.
Ich weiß noch, dass ich einen Moment lang die Luft angehalten hatte. Dass ich mein Gegenüber erschrocken angeblickt hatte. Denn ich könnte mir damals nicht wirklich vorstellen, dass ein Vater so etwas tun würde. Obwohl ich einen recht strengen Vater habe. Obgleich ich selbst hin und wieder einige Ohrfeigen, oder Schläge abbekomme, wenn ich etwas tue, das Mutter oder Vater entfällt. Obgleich ich selbst weiß, dass einige Eltern eine strenge Erziehung bevorzugten, so könnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Vater so etwas tun würde. Ohne richtigen Grund.
Mit der Wirkung des Alkohol als einzige Entschuldigung. Ich selbst bin meinen Vater ebenfalls einige Male betrunken erlebt. Er war wütend gewesen. Hatte geschrien, undeutliche Worte, die ich nicht richtig hatte verstehen können. Hatte Gläser gegen die Wand geworfen, und einige Verwünschungen gegen Muggel geäußert. Vater ist unbeherrscht, wenn er betrunken ist. Er weiß vermutlich nicht wirklich, was er tut.
Hat keine richtige Kontrolle mehr über seine Worte, seine Taten. Und doch weiß ich nicht, ob er es jemals so weit treiben würde, dass er seine Wut, zusammen mit seinem Razsvv n mir auslassen würde. Dass er mich so behandeln würde, wenn ich nichts falsch gemacht habe. Wenn ich nichts tue, das der Familie entfallen könnte. Wenn ich einfach nur da bin. Doch Severus' Vater, scheint die Anwesenheit seines Sohnes wohl zu reichen.
Jetzt, wo ich darüber nachdenke, beneide ich Severus nicht mehr. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, habe ich vermutlich Glück mit meinen Eltern. Oder?
Severus tut mir leid. Er hat etwas Besseres verdient. Ich glaube, ich mache jetzt lieber Schluss.
Wir hören uns.
Regulus
Fast schon könnte Snape mir leid tun. Fast schon hatte ich das Gefühl, ein wenig Mitgefühl für den ehemaligen Slytherin empfinden zu können. Fast. Aber dennoch schien jenes Gefühl nicht wirklich zu mir durchkommen zu wollen. Und doch, schien ich dieses Gefühl nicht wirklich zulassen zu wollen. Ich wollte kein Mitleid mit dem Mann haben, der mich vermutlich am liebsten in Askaban verroten sehen wollte.
Mit dem Mann, der meinen Patensohn verhöhnte, aus dem Grund, dass dieser James' Sohn war. Und doch war es seltsam zu lesen, dass auch er es nicht sonderlich leicht zu Hause gehabt hatte. Dass Regulus und ich nicht die Einzigen gewesen waren, deren Eltern verrückt waren. Dass es noch einen weiteren Schüler gegeben hatte, der sich vermutlich nie richtig auf die Sommerferien hatte freuen können.
Hatte ich dies in meiner Schulzeit gewusst? Ich könnte es nicht sagen. Vielleicht habe ich es einfach nicht realisiert, nicht realisieren wollen, dass der Junge, den wir so gerne geärgert hatten, auch zu Hause Probleme hatte. Dass sein Leben ohnehin nicht sonderlich schön gewesen war.
Vielleicht war dies auch einer der Gründe, weshalb er und Regulus sich so gut verstanden hatten. Sie waren zwei Slytherins gewesen. Zwei gebrochen wirkende Slytherins, die es ihren Familien hatten recht machen wollen, ohne wirklich zu wissen, wie. Zwei Slytherins, die von ihren Eltern nie wirklich so akzeptiert worden waren, wie sie nun einmal waren. Zwei Slytherins, die sich selbst in wenigen dem jeweils anderen gesehen hatten.
Zwei Slytherins, von denen viele Leute geglaubt hätten sie zu kennen.
13. Januar 1975
AN: Hey, ich bin wieder da! Heute, oder zumindest morgen und demnächst kommen sicherlich noch einige Kapitel, denn ich bin momentan irgendwie mega motiviert. XD Wie findet ihr dieses neue Kapitel eigentlich? Schreibt mir gerne eure Meinung dazu in die Kommis und Joa 😊 Dann bis bald 😉❤
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top