Zu viel Alkohol
Das kleine, schnuckelige Café, in dem ich arbeitete, war nur gute zehn Minuten zu Fuß entfernt. Zweimal die Woche kellnerte ich, um mir ein bisschen Geld dazuzuverdienen, unter anderem, um meinen Großeltern etwas zurückzugeben, für alles, was sie mir ermöglichten und vor allem dafür, dass ich in der Wohnung leben durfte. Andernfalls hätte ich einfach ein schlechtes Gewissen. So war ich nun einmal, ein kleines, soziales Sensibelchen, wenn auch etwas zurückhaltend. Anders als meine beste Freundin Josie, überlegte ich immer gut, wie ich mit Leuten redete, sie hingegen hatte einen etwas direkteren Charakter. Diese Eigenschaft änderte aber nichts daran, dass sie ein herzensguter Mensch war. Grundsätzlich war es ja auch nicht schlecht, eben kein offener Mensch zu sein, das hieß ja nicht, dass es auf einer freundschaftlichen Ebene genauso war. Im Gegenteil, es war interessant, die Tiefen einer Person zu erforschen. Und das war es, was mich an Asmodeus so reizte.
Da wären wir schon wieder beim Thema. Das musste ich unbedingt nachher noch einmal mit Jo besprechen.
Meine Schicht war bald vorüber und danach würden wir uns auf einen Drink mit der Clique treffen, worauf ich mich schon wahnsinnig freute, da wir ewig nicht mehr zusammen rausgegangen waren.
Schnell räumte ich die letzten Tische ab und wischte sie über, um anschließend das dreckige Geschirr in die Küche zu bringen. Freundlich verabschiedete ich mich bei der Mitarbeiterin und dem Chef, der gerade zufällig auch da war. Leider hatte ich mit ihm weniger Glück, als mit meiner Mitarbeiterin Charly, wir hatten zur gleichen Zeit Schicht und verstanden uns sehr gut, er jedoch passte ins Klischee eines mürrischen, alten Arbeitgebers, der auch gerne mal einen nicht so netten Kommentar abgab.
„Tschüss Ti, wir sehen uns", rief sie mir nach, wohingegen mein Chef nur über seinen Brillenrand zu mir aufschaute und nickte, um sich wieder in seine Arbeit zu vertiefen. Naja nichts im Leben war perfekt.
Immerhin konnte ich nun zu meinen Freunden.
Sie erwarteten mich bereits an einem kleinen Tisch in der Ecke der Bar. Diese besaß eine Art futuristischen Stil, alles war sehr einzigartig , mit vielen runden Formen und glänzendem Material, vermutlich Glas oder Plastik, versehen, bestehend aus abwechselnd schwarzen, weißen und blauen Mustern. Wir gingen nicht oft trinken, aber wenn, dann musste es ausgenutzt werden!
„Ti, ich hab schon mal für dich bestellt", rief mir Jo entgegen. Sie wusste genau, was ich liebte.
„Vielen Dank", zur Begrüßung umarmte ich sie und die anderen folgten.
„Was steht heute auf dem Programm?", fragte Giona mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Gibt es was Neues bei dir zuhause Aiden?", Nora begann die Runde.
„Die Luft kühlt wieder ab, bald kann ich wieder normal leben", lachte er und die anderen schlossen sich an.
„Wie läuft es mit deinem Boy, Nora?"
Jetzt waren wir aber gespannt. Alle Blicke waren auf sie gerichtet.
„Wiee? Davon weiß ich ja noch gar nichts!", belustigt schloss ich mich an.
„Freunde, ich würde euch ja gerne eine spannende Story auftischen, aber leider wird daraus nichts. Dieser Typ hatte kein ernsthaftes Interesse an mir. War doch wirklich der Meinung, für einen Ons wär ich gut genug. Vielleicht wirke ich durch meine offene Art so zugänglich, aber ihr kennt mich."
Wir stimmten ihr alle zu.
„Warum sind wir so langweilig, wir brauchen neue Lovestories!", Josie nippte an ihrem Mojito, als ich einen kurzen verstohlenen Blick von Aiden erhaschen konnte. Sollte Jo Recht behalten? Oder war das bloß ein Zufall? Wir waren nun schon so lange befreundet und zwischen uns fünf ist noch nie etwas gelaufen, warum sollte es dann jetzt so sein? Ich entschied mich für den Zufall und dachte nicht weiter darüber nach.
„Ti, wie läuft es mit deinem Job, hälst du es noch mit dem Alten aus?", scherzte Nora, woraufhin ich entgegnete:
„So schlimm ist er nicht, es lässt sich damit leben."
Dem fügte ich ein Zwinkern hinzu.
„Ach wenn nicht, musst du einmal süß mit den Wimpern klimpern und er wird dahinschmelzen!", versicherte mir Jo, woraufhin ich rot wurde, da ich mit Komplimenten nicht so gut umgehen konnte und mein Unbehagen schnell mit einem ironischen Spruch überspielte:
„Ich bin mir sicher, das würde seine Meinung ändern, da ich ja soo niedlich bin."
„Natürlich! Daran würden wir nie zweifeln!", fügte Aiden mit einem seltsamen Unterton hinzu. Ein leichtes Kichern entwich mir.
Stundenlang konnten wir uns so unterhalten, es wurde nie langweilig. Wir tauschten Insider aus und sprachen uns die Seele vom Leib.
Viel zu lange hatte wir geredet, sodass wir eigentlich längst nach Hause mussten. Ich würde sagen, ich war gut angetrunken, aber um meinen Verstand zu vernebeln hatte es nicht gereicht, wie bei gewissen anderen Kandidaten.
„Jo, ich begleite dich nach Hause", besorgt musterte ich sie, sie hatte es übertrieben.
„Ich gehe nur noch schnell zur Toi, dann hole ich dich, okay? Nicht weglaufen!", kicherte ich und beeilte mich, zur Toilette zu gelangen. Die Toiletten waren etwas abseits in einem Gang hinter der Bar, abgeschnitten vom Trubel. Als ich fertig war und zurück zu Josie wollte, stoppte ich. Meine Blicke fielen auf Aiden, der an der Wand lehnend auf mich zu warten schien. War er betrunken?
„Gehts dir gut?", besorgt ging ich zu ihm.
„Ja, es geht schon. Und dir? Wie geht's dir wirklich?", okay, das kam mir jetzt schon ein bisschen komisch vor, so zwischen Tür und Angel, aber ich schob es auf den Alkohol.
„Pass auf, das erzähle ich dir das nächste Mal! Aber ich muss jetzt wirklich los. Am Besten wäre es, wenn du gleich wieder mitkommst", versuchte ich ihn zum Gehen aufzufordern.
„Ja? Nächstes Mal? Wie wäre es, wenn wir uns morgen treffen? Ist doch Samstag. Kommst du vorbei?", erwartungsvoll blickte er zu mir und ich war mir gar nicht mehr so sicher, ob es wirklich nur der Alkohol war.
„Pass auf, wir kurieren uns jetzt alle aus und wenn du möchtest, kannst du mir dann morgen spontan noch mal schreiben, gut?"
Er schien sich mit diesem Vorschlag zufrieden zu geben, denn sein Körper setzte sich zu meiner Erleichterung in Bewegung, zurück zu den anderen.
Wir verabschiedeten uns und ich brachte Jo nach Hause. Auf dem Weg konnte ich es einfach nicht unterdrücken, ihr von den Neuigkeiten zu erzählen, ganz egal wie voll sie war.
„Jo, du wirst es nicht glauben, Aiden hat besoffen vor der Toilette auf mich gewartet und will sich jetzt mit mir treffen. So langsam bekomme ich doch Bedenken, dass an deiner Aussage was Wahres dran ist.."
„Ich sagschss jaaa...", lallte sie.
Vermutlich hatte sie das morgen eh alles wieder vergessen. Aber scheiß drauf, mich interessierte, was sie dazu sagen würde. Betrunken waren die Menschen ja am ehrlichsten.
"Was noch viel komischer ist, ich habe wieder von diesem Typen geträumt..."
„Weer?"
„Er heißt Asmodeus."
„Der Teufel, nehm dich in Acht, buuuuh", kicherte sie.
„Er war plötzlich da und dann habe ich ihm meine Geschichte erzählt und er hat zugehört..."
„Klingt ja romantisch und was hat er gesagt?"
„Er war so einfühlsam, er hat mir sogar seine Hilfe angeboten. Verrückt, das ist ja schon sechs Jahre her.."
„Naaa dann, heiratet und bekommt Kinder. Ich möchte aber Patentante werden, jaaa? Ohjhhhhja, am liebsten ein Mädchen.."
Die hatte Fantasien. Sicherlich würde ich einen fremden, gruseligen Stalker heiraten.
„Bevor du nicht nüchtern wirst, passiert hier gar nichts!", ermahnte ich sie.
„Das wär doch soo süß. Oder doch mit Aiden? Lieber nicht, wer bleibt denn dann noch für mich..??"
Was hörte ich da? Meine geheime Theorie, dass sie ihn eigentlich selbst gar nicht so schlecht fand, wurde zu meinem Widerwillen immer mehr bestätigt. Vielleicht konnte ich den beiden irgendwie helfen, wenn auch indem ich ihn erstmal von mir abbringen musste. Aber noch hatte ich ja keine Beweise dafür, dass es wirklich so war.
"Du kannst ihn gerne haben, ich möchte doch, das du glücklich bist!", zufrieden lächelte ich sie an und schloss die Tür auf, um sie leise ins Bett zu schaffen.
"Schlaf gut, ich schreibe dir morgen nochmal"
Kaum versuchte sie zu antworten, da fielen auch schon ihre Augen zu.
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