Private Kochstunde

"Ti, treffen wir uns nachher? Ich lad dich ein!", Aiden gesellte sich zu mir, als ich gerade mein Geographiebuch aus der Unordnung in meinem Schließfach kramte. Solange ich meine Sachen fand, war das ja kein Problem, nicht? Zu meinem Unglück flogen zwei weiter Bücher aus dem Schließfach, die Aiden geschickter Weise auffing und mir mit einem Grinsen wieder in die Hand drückte.

"Vielen Dank", hastig schloss ich das Schließfach ab, wobei mein Armband leicht klimperte und sofort Aidens Aufmerksamkeit auf sich zog:

"Süßes Armband, das ist neu oder?", interessiert erkundigte er sich danach.

"Ja, habe ich geschenkt bekommen!", antwortete ich strahlend und Aiden gab ein "Ahhh" von sich und nickte langsam. Gemeinsam gingen wir zum Unterricht. Diesmal saß ich neben Josie, die sich begierig nach dem Stand der Dinge erkundigte:

"Und, wie ist es jetzt?"

"Hmm?", gab ich nur knapp zurück.

"Naa mit Aiden, du weißt schon."

Tatsächlich setzte mich dieses Thema in der letzten Zeit mehr unter Druck, als dass ich darauf eine Antwort finden konnte. Es machte viel Spaß mit Aiden keine Frage, aber dann war da noch Asmo, der plötzlich ganz neue Gefühle in mir hervorrief. Ich hatte so viel Angst, das falsche zu tun, dass ich nichts tuend die Zeit verstreichen ließ und abwartete. Ich wollte Aiden einfach nicht enttäuschen. Bevor Asmo mein Leben erneut auf den Kopf gestellt hatte, spürte ich den Funken bei Aiden. Und nun war alles völlig durcheinander. Es wurde dringend Zeit, eine Entscheidung zu treffen.

"Da war ein Funken, aber ich kann mich einfach nicht entscheiden...", kam es aus mir heraus.

Überrascht weiteten sich ihre Augen: "Ist da etwa noch jemand?"

Hatte ich das wirklich gesagt? Mist!

"Du solltest ihn aber nicht zappeln lassen, das wird ihn nur noch mehr verletzen. Entscheide nach deinem Herzen", lächelte sie, als der Unterricht begann.


Am Nachmittag fand ich mich mit Aiden beim Italiener wieder. Der Zweiertisch am Fenster mit hohen Hockern hatte es mir sehr angetan. Man hatte ich vielleicht Hunger, da kam die Karte gerade Recht.

"Lass mich raten, du bestellst Pasta", grinste Aiden über den Kartenrand.

"Richtig geraten, 100 Punkte", gab ich zurück und klatschte in die Hände.

Ich bestellte mir eine Lasagne und er bestellte sich eine Pizza Rustica. Während wir aufs Essen warteten sprach er das unvermeidliche an:

"Du... ist daraus mehr geworden? Ich würde ...mich freuen."

Jetzt hatte er er es ausgesprochen. Wie ich Entscheidungen hasste.

"Ehrlich gesagt weiß ich es immer noch nicht. Ich weiß, das klingt total dämlich, als würde ich dich hinhalten, aber ich möchte dich nun mal nicht enttäuschen. Vor kurzem war da aber etwas, weshalb ich mich noch nicht entscheiden konnte."

"Okay, das muss ich wohl akzeptieren, ich gebe dir alle Zeit der Welt."

Nachdem er das Thema angesprochen hatte, bildete ich mir ein, die Atmosphäre zwischen uns hätte sich etwas angespannt und war nicht mehr so locker wie zuvor.





Am nächsten Tag hatte beschloss ich, mir einen Ruck zu geben. In der Hoffnung, er hätte noch nichts geplant, fragte ich, ob er mir später nicht Nachhilfe in Mathe geben könne, da ich dringend eine bessere Note brauchte und Aiden ausgesprochen gut mit Zahlen umzugehen wusste. Und bekanntlich war Nachhilfe einer der besten Vorwände, sich ein bisschen näher zu kommen, auch wenn es keine vollständige Ausrede war, da ich wirklich Hilfe brauchte. Schon oft bot er seine Hilfe an, warum also nicht auch dieses Mal? Natürlich stimmte er zu. Super! Dieses mal wartete ich auf der Bank vorm Haupteingang auf Aiden, als sich jemand neben mich setzte, der nicht er zu sein schien. Neugierig hob ich meinen Blick vom Handydisplay und erschrak, als ich Asmo identifizierte. Tagelang hatte ich nichts von ihm gehört.

"Was machst du denn hier?", begrüßte ich ihn.

"Ich dachte, ich schaue mal vorbei, wo ich schon mal da bin", schmunzelte er und ich umarmte ihn freudig.

"Ti?", hörte ich im Hintergrund Aiden rufen.

Wir lösten uns wieder und ich winkte ihn zu uns heran.

"Das ist Asmo, ein Freund von mir. Asmo, das ist Aiden", stellte ich die beiden vor. Asmo schien Aiden aufmerksam zu mustern und gab sogar ein "Freut mich" von sich, worauf Aiden "Ebenfalls" antwortete.

"Wollen wir dann?", forderte Aiden mich auf. Ich blickte zu Asmo, dessen Gesichtsausdruck sich etwas verdüsterte. Ich wechselte zwischen Asmo und Aiden, unschlüssig, was ich nun tun sollte, da ich ja eigentlich Aiden gebeten hatte, mir zu helfen. Als ob Asmo Gedanken lesen konnte, nahm er mir diese Entscheidung ab:

"Sorry Sportskanone, ich muss Tiara dringend entführen, ist wirklich wichtig", bevor ich etwas einwenden konnte, griff er bestimmend nach meinem Arm und ließ mir keine Wahl.

Äußerst verwirrt schaute Aiden mir nach, was mir verdammt leid tat und ich ein:

"Es tut mir leid, hättest du vielleicht auch morgen Zeit? Das wäre wirklich lieb!"

Schon zog mich Asmo um die nächste Ecke.

"Kannst du mir mal sagen, was das sollte?", ermahnte ich ihn. Mein indirekter Vorwurf kam jedoch nicht so gut rüber, da er größer war und mich deshalb nicht ernst nehmen konnte, wenn ich angefressen war.

"Würdest du mir jetzt bitte meine Frage beantworten?", hakte ich genervt nach. Jetzt musste er mir aber eine gute Erklärung dafür liefern, dass ich Aiden versetzen musste.

"Lass uns zu dir gehen, ich habe was geplant!", grinste er schelmisch. Das war also so wichtig?

Trotzdem freute ich mich irgendwo, dass ich ihn unter den Umständen mal wieder sehen konnte. Es war nun mal so, dass er nicht viel Zeit haben würde.

Ich betrat meine Wohnung und schaute mich um. Etwas war anders. Die Küche!

"Was hast du vor?", fragte ich irritiert.

"Siehst du das nicht? Wir kochen jetzt!"

"Was??", fragte ich ungläubig, aber irgendwie fand ich es total süß, was Asmo hier organisiert hatte. Da konnte ich nicht nein sagen.

"Ich weiß zwar nicht ganz wie das geht, aber wir kriegen das schon hin!", sagte er selbstsicher und holte die Nudelpackung heraus. Kritisch beobachtete ich, was er da vor hatte und stoppte schnell seine Hand.

"Warte, du musst erst Wasser in den Topf machen", lächelte ich ihn an.

"Der Teufel kann das auch so! ...Aber wenn du das sagst", protestierte er. Der Anblick, wie er völlig überfordert versuchte, die ganzen Spaghetti in den Kochtopf zu stecken, war sehr unterhaltsam. Ich stellte mich neben ihn und rührte in der Zeit die Soße an.

Stolz schaute er zu mir herüber, als er das Wasser zum kochen brachte.

"Wenn du nicht aufpasst, kocht es gleich über", lachte ich und wollte den Herd etwas runterschrauben, als er auf die gleiche Idee gekommen war und sich unsere Hände zufällig berührten. Schüchtern lächelte ich ihn erneut an und zog meine Hand zurück, um mich wieder der Soße zu widmen. Es duftete herrlich. Gemeinsam zauberten wir eine köstliche Bolognese.

"Du musst zugeben, wir sind ein gutes Team!", er hielt mir die Hand entgegen, damit ich einklatschte. Da hatte er ausnahmsweise Recht.

"Und außerdem muss ich zugeben, dass du dir wirklich Mühe gegeben hast, das war es sogar wert", zwinkerte ich. Als Antwort bekam ich wieder sein berüchtigtes diabolisches Grinsen zu sehen.

Gemeinsam setzten wir uns aufs Sofa, um beim Essen einen Film zu schauen.

"Was möchtest du sehen?", ich ließ ihn entscheiden.

"Keine Liebes-Schnulze bitte", gab er mit vollem Mund von sich.

"Okay, dann ein Horrorfilm", schlug ich vor.

"Ohh ja, bitte etwas mit besessenen Menschen. Die sehe ich immer gerne", schmunzelte er vor sich hin.

"Meinetwegen", ich wählte einen Film aus und drückte auf Start.

Die Anfangswerbung erschien und ich ließ den Tag noch einmal revue passieren. Asmo und ich hatten heute so viel Spaß wie lange nicht mehr gehabt. Wir verstanden uns so gut, dass es nie langweilig wurde, was die Stimmung sehr auflockerte. Wieder dachte ich an Aiden. Kam es mir nur so vor, dass es bei ihm anders war? Ich genoss es so sehr mit Asmo diesen Tag verbracht zu haben und nun hier sitzen zu können. Er verschlang das Essen wie ein kleines Kind, was wirklich niedlich aussah. Wie lange er wohl noch bleiben konnte? Und wann würden wir uns wohl wiedersehen? Das ständige Warten und die große Ungewissheit lasteten auf mir. Man konnte nichts dagegen tun.

Wie gewünscht handelte der Film von Menschen, die von Dämonen besessen waren, die dem Teufel dienten. Das ironische daran war, dass der Teufel direkt neben mir saß und ich gelegentlich bei ihm Schutz suchte, weil ich es doch mit der Angst bekam. Ab und zu fing Asmo laut zu schmunzeln an, weil er etwas im Film entdeckte, das nicht der Wahrheit entsprach. Diese Tatsache war so unglaublich lustig, ihn plötzlich "Das würde der Teufel nie tun, was ein Blödsinn" oder "solche Dämonen hätte ich auch gerne" rufen zu hören.

"Sag mal Asmo, können Dämonen wirklich Körper von Menschen übernehmen?", nun interessierte mich diese Frage brennend. Ich spürte, wie sich seine Muskeln leicht anspannten und bereute im selben Augenblick, die Frage gestellt zu haben.

"Unter gewissen Umständen ist das möglich. Wenn ich wollte, könnte ich auch einen aus dir machen", grinste er bedrohlich und ich schaute schockiert, er hatte mir einen Schrecken eingejagt.

"Keine Sorge, wenn du dich benimmst, werde ich das ja nicht tun", er hob seine Augenbrauen.

Als plötzlich ein vom Dämon befallener Mensch in den Bildschirm sprang, erlitt ich einen halben Herzinfarkt und rückte Asmo fast schon auf die Pelle. In dem Moment war mir das aber herzlich egal, er gab mir Sicherheit. Als ich ihn leise Kichern hörte, erntete er ein paar böse Blicke, woraufhin er seinen Mund hielt. Einige Sekunden später merkte ich, wie er seinen Arm um mich legte und ich automatisch näher rückte und mich an seine Schulter schmiegte. Da war es wieder, dieses mulmiges Gefühl im Bauch, das ich aufgrund seiner Nähe verspürte.

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