"Des Teufels Puppe"

Die gesamte Bücherei war leer, ich hatte alle Bücher für mich allein. All diese Geschichten, die hier in diesen Seiten schlummerten und gelesen werden wollten. Mit glänzenden Augen betrachtete ich die vielen Regale in der, einem kleinen Schloss ähnelnden Bücherei. Wo würde ich wohl zuerst hingehen? Ganz genau, in die Abteilung, die ganz neue Welten erschaffen konnte. Fantasy. Da fühlte ich mich wohl. Da konnte ich in eine neue Welt eintauchen, eine Welt voller Feen, Drachen, Helden und Schurken und vieles mehr.

Mit dem Zeigefinger fuhr ich die ganzen Buchrücken entlang, die ganzen Reihen herum. Doch im nächsten Augenblick fiel ein Buch vor meine Füße. Sein Name lautete: "Des Teufels Puppe".

Gespannt durchblätterte ich die Seiten, als eine Art Stimme aus dem Nichts ertönte:

"Dieses Buch erzählt die Geschichte eines liebenswürdigen Mädchens, das ihre Eltern verlor und wie aus Schicksals Hand überlebte. Sie ließ sich auf ein gefährliches Spiel ein. Ein Spiel mit dem Teufel. Sie sehnte sich nach dem Abenteuer, das er ihr versprach. Sie war bereit, alles für ihn aufzuopfern, ja, sie liebte ihn. Er aber war böse, er führte sie zum Abgrund des Lebens. Das ist es, was die Leute sich erzählten, doch steckte hinter der Fassade ein sehnsüchtiges Herz? War er mehr, als nur ein Bestrafer der Sünder? Hat ein ein Geheimnis zu verbergen, das sie niemals herausfinden durfte, welches ihn dazu verleitete, ihr die Zukunft vorwegzunehmen und neu zu schreiben?"

Aufmerksam lauschte ich der sanften, aber tiefen Stimme, die die Geschichten so gefühlvoll erzählte, als hätte sie sie selbst erlebt.

"Wie endet sie?", fragte ich neugierig.

"Doch die Zukunft ist ungewiss. Das Schicksal durchkreuzt die Wege und verleitet dazu, deine ganzes Leben erneut auf den Kopf zu stellen. Niemand weiß, wie die Geschichte für dieses Mädchen ausgehen würde, das kann nur sie ganz allein entscheiden."

Unbedingt wollte ich die Antwort auf diese Geschichte wissen. Irgendwas in mir glaubte daran, dass dieser vermeintliche Teufel  nicht das pure Böse in sich hatte, sondern das das war, was die Menschen in ihm sahen. Ich aber hielt nichts von Vorurteilen. Ich war mir sicher, der Teufel hatte hinter dieser Mauer eine gefühlvolle Seite und verspürte ebenso Gefühle, wie es dieses Mädchen tat. Menschen versteckten ihre gebrochene Seele hinter dem Bösen, da sie so nicht mehr angreifbar waren. Aber was, wenn sie sich nicht zu verstecken brauchten? Was, wenn es jemanden gab, der sie mit anderen Augen ansah? Würde dann das Böse verschwinden?

"Ich glaube nicht daran, dass er böse ist", fügte ich bestimmt hinzu.

"Das zeigt wirklich, wie liebenswürdig du bist, süße Tiara."

"Woher kennst du meinen Namen?", fragte ich erschrocken.

"Ich weiß so vieles über dich, Tiara."

"Wer bist du?"

"Finde es selbst heraus!"

Was wollte mir diese Stimme damit sagen? Wo kam sie überhaupt her? Vorsichtig trat ich ein paar Schritte nach vorne und schielte mit Herzklopfen um die Ecke. Da war niemand. Anschließend prüfte ich die andere Seite. Auch niemand. Verwirrt schaut ich mich in der Bibliothek um und erschrak fürchterlich als in weiter Ferne ein Mann in schwarz zu sehen war. Er schien mich anzulächeln, auch wenn ich Angst hatte, sagte mir etwas, ich bräuchte keine Angst zu haben. Meine Gedanken waren nicht im Einklang mit der Sicherheit in der mein Körper verweilte. 

"Wer sind Sie?", rief ich mutig zu dem Fremden hinüber.

"Finde es heraus!", rief er zurück und ich erkannte die Stimme sofort wieder. Es war der Geschichtenerzähler. Schritt für Schritt wagte ich mich näher zu ihm heran, doch auf einmal verschwand er hinter der Ecke.

"Halt, warte!", rief ich ihm nach.

Als ich ankam, war er nicht mehr zu sehen. 

"Ich würde so gerne wissen, wer du bist! Zeig dich!", wünschte ich, in der Hoffnung, er würde mich immer noch hören.

"Ich bin hier!", ich zuckte zusammen und drehte mich um. Nichts. Dabei war ich mir so sicher gewesen, die Stimme würde direkt hinter mir sein.

"Was treibst du hier für ein Spiel mit mir?", fragte ich total durcheinander.

"Eins, was nicht gut für dich ist, deswegen muss ich dich wieder verlassen."

"Lass mich nicht alleine, bitte!", flehte ich, obwohl ich ihn seit fünf Minuten kannte. Trotzdem verspürte ich dieses unerklärliche Gefühl in meinem Bauch.

"Ich würde nichts lieber als das...", flüsterte er und löste sich bei dem letzten Buchstaben gänzlich auf.

Plötzlich fand ich mich an den kleinen idyllischen See unserer kleinen Stadt wieder. 

"Erinnerst du dich?"

Da war die Stimme wieder!

"Warum sind wir nun hier? Wie kann das sein?", fragte ich ungläubig.

"Beantworte meine Frage!", wiederholte er.

"Woran? Ich war schon des Öfteren mit einem....meinem Freund hier. Es ist so wunderschön!"

"Mit deinem Freund also?"

"Ja, seit kurzem. Ich dachte nicht, dass aus uns einmal etwas werden würde, aber nun ist das Alles ganz anders...", gedankenverloren schaute ich auf den ruhenden See. Keine einzige Bewegung war zu sehen.

"Aiden, richtig? Ist er gut zu dir?"

"Woher zum Teufel weißt du das schon wieder?"

"Du sagst es..."

"Was??", ich verstand nicht, was er von mir wollte.

"Ist er gut zu dir?"

"Ja, er passt auf mich auf, ist für mich da, so, wie ein perfekter Freund sein sollte", schwärmte ich, " er ist einfach toll und das habe ich erst viel zu spät erkannt. Egal was ist, er unterstützt mich, er  hilft mir, er verzeiht mir immer und immer wieder. Bei ihm fühle ich mich so sicher, wie bei niemand anderem. Außerdem ist er klug, witzig, süß, echt sportlich und verdammt gutaussehend noch dazu. Was will man mehr?"

"Abenteuer?"

"Was?", er hatte mich aus dem Konzept gebracht.

"Man will Abenteuer", wisperte die Stimme förmlich in mein Ohr, so nahe schien sie mir. Gefährlich nahe.

"Ich bin sicher, auf Aiden und mich werden noch viele Abenteuer warten", lächelte ich verlegen.

"Das wird die Zukunft zeigen und das Schicksal entscheiden", faselte er.

"Von was bitte sprichst du überhaupt die ganze Zeit?"

"Na von dir."

"Zeig dich!"

"Nein, das geht nicht."

"Dann bin ich jetzt still und genieße die Natur."

"Du kannst sagen was du willst Tiara, ich weiß, du spürst es. Ich weiß, dass du mit dir selbst im Unklaren bist. Ich weiß, was dich bedrückt. Du fragst dich, was wohl die Antwort auf all deine Fragen ist", flüsterte er ins linke Ohr und wechselte zum rechten, "du fragst dich, was deine Gefühle bedeuten. "

So gerne ich auch die Antwort darauf hören würde, verschränkte ich die Arme vor der Brust, um mir selbst treu zu bleiben, als ich sagte, ich würde so nicht mehr mit ihm kommunizieren.

Mit diesen letzten Worten fing plötzlich wieder alles an, sich zu drehen, langsam lösten sich die Farben auf und verschwanden in einem großen, schwarzen Nichts.

Aufgebracht schoss ich aus meinem Bett. Ein Traum! Wie kam ich bloß auf sowas?! Das kam mir doch sehr abwegig vor. Das erinnerte mich stark an etwas, das ich doch vergessen wollte. Von wegen Teufel.

Trotzdem erinnerte mich diese Erzählerstimme an jemanden, ich konnte sie nur einfach nicht zuordnen. Verflixt! Ging das schon wieder los? Musste mich das jetzt auch in meinen Träumen verfolgen? Was wollte mein Unterbewusstsein mir damit sagen?

Immer hin konnte ich mir jetzt erklären woher die Stimme kam und warum sie meinen Namen wusste, da sie mein Unterbewusstsein im Traum selbst erstellt hatte. Nichtsdestotrotz wollte ich wissen, wer der Mann gewesen war.

Ich beschloss, Jo am nächsten Morgen von diesem Traum zu erzählen.

"Ich bin mir nicht mehr so sicher, aber ich meine, du hattest mir schon mal von so einem merkwürdigen Traum erzählt, wo du so einen komischen schwarzen Fremden getroffen hattest, aber es sich anfühlte, als würdest du ihn irgendwoher kennen. Das Unterbewusstsein baut vieles zusammen."

"Bist du dir da ganz sicher? Ich weiß es nicht mehr."

"Es kann auch sein, dass ich mich irre, ich gebe keine Garantie."

"Aber auch wenn es so sein sollte, was würde das dann bedeuten?", grübelte ich.

"So gerne ich dir auch helfen würde, ich kann es dir wirklich nicht sagen. Wirklich gar keine Idee."

"Dann waren wir an dem See, wo ich so oft mit Aiden war. Er hat mich gefragt, ob ich mich erinnere? Wie verrückt! Und dann hat er mich über Aiden ausgefragt, fast schon so, als wäre er neidisch. Das macht schon wieder gar keinen Sinn..." ich rieb mir die Stirn, mein Kopf dampfte. 

"Wenn es schlimmer wird, solltest du dir vielleicht doch Hilfe suchen. Ich weiß, ich sollte nicht wieder damit anfangen, aber es wäre nur eine Möglichkeit, damit fertig zu werden. Du weißt, dass ich dir nur helfen möchte. Es kann ja nicht schaden. Letztendlich ist es aber deine Entscheidung."

"Danke, das weiß ich zu schätzen. Falls das wieder vorkommen sollte, gehe ich zum Arzt, beziehungsweise Psychologen. Ich verspreche es dir. Aber jetzt geht es mir gut. Das verdanke ich Aiden", begann ich zu lächeln.

"Ich freue mich wirklich für euch! Es ist schön, dich glücklich zu sehen!"




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