Azael

"Du hast mir eine riesengroße Angst eingejagt!", flüsterte ich.

"Tut mir leid. Der Dolch hat den Dämon in ihm getötet. Bald wird er wieder aufwachen und seine Wunden ganz von alleine verheilen, da sie übernatürlichem Ursprungs waren. Praktisch galten sie dem Dämon."

"Wie...wie konnte das passieren?", stotterte ich fassungslos.

"Es war mein Bruder, er hat den Dämonen befehligt, Besitz von Aiden zu ergreifen. Ich habe es dir von Anfang an gesagt, aber du wolltest ja nicht auf mich hören. Du warst ständig in Gefahr. Ich konnte nie sichergehen, ob meine Vermutung stimmte, doch jetzt weiß ich es. Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber ich weiß nicht, wie weit der Dämon Aiden beeinflusst hat, Ti..."

"Willst du damit sagen, er...."

"Ja, seine Gefühle waren nicht echt. Er hat dich benutzt. Er hat dich ausgehorcht. Er wollte mich. Mich leiden sehen, mich verfehlen sehen, meine Macht und... dich mir wegnehmen..."

Eigentlich hatte ich vor, zum gefühlten tausendsten Mal in Tränen auszubrechen, doch bei dem letzten drei Worten hielt ich inne.

"Mich dir wegnehmen?", flüsterte ich zaghaft und schaute ihm in die Augen.

Ich fühlte mich schlecht, weil mein Kopf vollkommen ignorierte, dass Aiden dort am Boden lag. Er blendete aus, dass seine Liebe womöglich nie echt gewesen war, dass ich nach einer Lüge gelebt hatte. Es hätte nie funktioniert. Immer und immer wieder haben wir uns umsonst gestritten und verletzt.

 Ich sah nur noch Asmo. 

"Du wirst immer meine Schwäche bleiben", hauchte er und alles in mir begann zu kribbeln. 

Ich war unfähig mich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. 

"Ich habe dich nie angelogen. Ich habe dich nie manipuliert. Ob dus mir glaubst oder nicht. Deine Liebe war allein deine Entscheidung. Genauso wie meine Liebe zu dir... Es ist mir egal, was ich alles für Fehler gemacht habe, es ist mir egal, was du oder deine Freunde über mich dachten! Aber es ist mir nicht egal, dass ich dich liebe! Und dass es dir gut geht! Alles was ich tat, war immer zu deinem Schutz. Ja, der Teufel ist böse, aber er wird um sein Mädchen kämpfen, mit allen Mitteln die er hat und deshalb werde ich jetzt das tun, was ich schon die ganze Zeit hätte tun sollen, um es ein für alle Mal zu beenden."

Ehe ich etwas antworten konnte tauchte eine bronzefarbene Münze in seiner Hand auf, auf der ein großes Pentagramm eingraviert war. Es sah genauso aus, wie das auf dem Dolch, mit dem der Dämon versucht hatte, Asmo anzugreifen.

Er warf die Münze auf den Boden und faselte Worte, die ich nicht verstand. Auf einmal schossen rote Lichtstrahlen aus der Münze. Der Boden begann zu beben, fast wie bei einem Erdbeben. Der Wind zog auf und wehte im Kreis um uns, es ähnelte einem Wirbelsturm, nur das wir uns gerade so am Boden halten konnten. Die Herbstblätter flogen nur so durch die Luft, es donnerte und der Himmel verdunkelte sich. Der Anblick war dramatisch, als würde gleich die Welt untergehen. Zu meinem Schutz hielt ich die Hände vor mein Gesicht und versuchte etwas durch meine Finger zu erkennen. Der Wind machte es mir schwer zu sehen, ebenso wie die Wolken, die alles verdunkelten. Hinter den Sturmböen sah ich Asmos schwarze Gestalt, seinen Umhang im Wind wehen. In einiger Entfernung lag Aiden auf dem Boden, es ging ihm gut. Die roten Lichter aus der Münzen flammten auf und wie aus dem Nichts wuchs eine weitere Gestalt aus dem Boden empor. Die flammenden Lichter verschwanden, der Sturm lockerte sich, so dass ich wieder etwas erkennen konnte. Trotzdem kapselte er uns immer noch von der Außenwelt ab. Aus sicherer Entfernung betrachtete ich das furchtbare Spektakel. Die Gestalt hatte Ähnlichkeit mit Asmo, die Größe stimmte ungefähr überein. Da erblickte ich das Gesicht. Es war so abgrundtief böse, der Anblick allein reichte aus, zu erkennen, dass dieser Typ nichts außer Dunkelheit in sich trug. Er hatte silbernes Haar, anders als Asmo. Seine Augen glühten in einem aggressiven gelb.

"Bruder!", funkelte Asmo bitter.

Das war also sein Bruder... Jetzt sah ich es auch. Jetzt verstand ich, wovor Asmo mich gewarnt hatte. Jetzt fühlte sich alles so echt an, nicht mehr wie eine surreale Aussage. Alles, wirklich alles an mir zitterte. Eiskalt.

"Du bist so schwach geworden, Asmodeus! Schau dich nur an! Ich sehe nichts weiter, als einen wehleidigen Verräter in dir!"

"Wage es noch ein mal, deinen Teufel so zu nennen!"

Sein Zorn war spürbar zu sehen. Sein ganzer Körper glühte förmlich vor Wut. Einmal hatte ich ihn so erlebt, dort, wo der Mörder mich um ein Haar erwischt hätte. 

Die Wut ließ Asmo noch viel größer und mächtiger wirken, als er ohnehin schon war. Beide strahlten diese übermächtig, hasserfüllte Aura aus. Am liebsten würde ich wieder in Ohnmacht fallen, doch ich war hellwach.

"Du hast Schande über das Amt gebracht, du bist es nicht mehr würdig, Teufel genannt zu werden!"

Völlig unerwartet dreht sein Bruder sich zu mir.

Er sah mich schlottern und lachte höhnisch auf:

"HAHAHAHA, Tiara, so schwach und elendig. Vielleicht sollte ich lieber dich töten, um meinen Bruder ewig leiden zu lassen!"

"Wag es ja nicht, Azael!", donnerte Asmos Stimme. 

"Deine Gefühle überkommen dich, Bruder!", grinste er diabolisch.

Zu diesem Punkt wusste ich, egal was passierte, es konnte nicht gut ausgehen. Wir waren verloren. Vielleicht war es wirklich besser, jetzt Abschied zu nehmen. Das Schicksal würde nie auf unserer Seite sein. Ich erkannte, was Asmo die ganze Zeit versucht hatte mir zu erklären. Leider zu spät.

"Du kannst mich nicht besiegen, Asmodeus!", provozierte er ihn, "ich werde dich töten und deine Kleine mitnehmen!"

Bitte, konnte er mich nicht einfach töten.

Und da geschah es, Asmo verlor die Kontrolle. Er hob die Hand und riesige Flammen stießen aus ihnen empor. Jeder Mensch wäre auf der Stelle tot gewesen. Azael klopfte sich amüsiert den Mantel aus.

"Nicht schlecht", er lachte so widerlich.

Asmo verlor komplett die Fassung und bombardierte ihn mit Angriffen, sodass Azael sich schließlich auf den Kampf einließ. Die Funken flogen, ich spürte jedes Mal die Hitze der übernatürlichen Höllenflammen auf meiner Haut. Sie trafen sich gegenseitig und wirbelten durch die Luft, ich wusste gar nicht, wo ich noch hinschauen sollte. Sie schmetterten sich gegenseitig gegen die Sturmwand. Ich konnte es nicht mit ansehen, so sehr litt ich mit ihm.

Bei jedem Schrei wurde meine Angst größer, die beiden bluteten schwarz und es wollte kein Ende nehmen. Ich merkte, wie Asmo immer schwächer wurde. Wie konnte das sein? Er war doch der Teufel nicht sein Bruder!

"Du hast keine Chance, sieh es ein und ich werde dich nicht umbringen, Bruder!", keuchte Azael siegessicher.

"Niemals", trotzte Asmo stur. Warum war er nur so stur.

"So sei es!"

Ein ohrenbetäubender Schrei entwich meinem Mund, als Asmo vor meinen Augen auf den Boden krachte.

"Asmo!", rief ich.

Keine Antwort. Wenigstens atmete er noch.

Langsam baute sein Bruder sich vor ihm auf. Mit einem Mal, wollte Asmo zustechen, doch Azael hielt den Dolch fest, bevor er seine Brust durchbohrte.

"Das war also dein Plan...DU HEUCHLER!"

Er rammte den Dolch in Asmos Bauch. Schmerzerfüllt hielt ich mir den Mund, meine Schreie erstickend. Die Tränen liefen über meine Hand. Gekrümmt stand ich da und konnte nichts tun.

"Schau, wie erbärmlich du bist!", mit einem Fuß stellte er sich auf Asmos Brustkorb.

Asmo atmete schwer und röchelte.

"Ein paar letzte Worte?", fragte Azael finster.

"Ti...a..ra...Ich....lie..be..d..ich", presste er mit letzter Kraft heraus. 

Flennend schaute ich zu ihm.

Kurz bevor er den Dolch in Asmo versenken konnte, schnappte Asmo seine Hände und schneller als ich gucken konnte drehte er ihn um und stach mitten in Azaels Herz.

Mit riesengroßen Augen fasste Azael an den Dolch und begann nach hinten zu taumeln. Aus seinem Mund lief schwarzes Blut. Er zuckte und fiel nach hinten um.

Einige Sekunden brauchte ich, um das vor meinen Augen zu verarbeiten. 

Endlich erwachte ich und schnellte zu Asmo. Ich nahm seine Hand, meine Tränen tropften auf ihn.

"Verlass mich nicht!", flehte ich ihn an.

"Ti..a..ra", brachte er schmerzlich hervor.

"Nein Asmo, du stirbst nicht!", wimmerte ich, seine Hand fester drückend.

"Wie es endet..., das ...kann nur...sie...ganz allein...entscheiden."

Das Buch aus meinem Traum. Es ging die ganze Zeit um mich! Ich war zu blöd gewesen, das zu erkennen! Die ganze Zeit über hatte er von mir geredet! Das war meine Geschichte. Ich hatte über das Ende meiner Geschichte entschieden! 

"NEIN, DAS KANN NICHT DAS ENDE SEIN!", schrie ich voller Hass auf mich selbst zurück.

"Du hättest...nichts...tun können. Dem Schicksal... kann man...nicht...entfliehen..."

"Asmo, sag das nicht!!!", schrie ich ihn an.

"Ich... wollte dein...Leben nicht...ruinieren...verzeih mir...,dass ich..-deine Erinnerungen...genommen habe..."

"Ich verzeihe dir!"

"Geh... zu Aiden, ...vielleicht braucht...er dich...Lass mich...gehen..."

"Nein!"

"Komm her... ein letztes Mal... will ich ..deine Lippen...auf meinen spüren..."

Weinend beugte ich mich zu ihm herunter und legte meine Lippen auf seine. Lange verharrte ich dort, nie wieder wollte ich dieses Gefühl vergessen. Ich war nicht bereit für einen Abschied! Nicht so!

Als ich mich traurig entfernte, blickte ich auf seine Wunden.

"Asmo?? Wo sind deine Wunden?", fragte ich irritiert.

"Denkst du wirklich, der Teufel stirbt so einfach?", grinsend richtete er sich wieder auf und seine Zähne blitzen.

Klatsch!

Hatte ich ihm gerade wirklich eine verpasst? Ich hatte dem Teufel eine Backpfeife verpasst!

"DU IDIOT!", keifte ich ihn an.

Er grinste wie verrückt und legte den Kopf schief.

"Ist das dein verdammter Ernst?!"

"Aua!", lachte er gespielt beleidigt.

"Du bist so taktlos! Ich...Ich...Harrrr mir fehlen die Worte!!!", ich raufte mir die Haare.

Eindringlich und liebevoll fing er meine Blicke und strich mit seinem Finger meine Haare hinters Ohr und anschließend über meine Lippen. Meine Stimme verstummte.




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