fünfundfünfzig

Jimin wusste, dass er zu weit gegangen war.
Jihoon zu bedrohen war nicht Teil seines Plans gewesen, doch als sich die Gelegenheit bot, war sein Verstand wie vom Winde verweht.

Und dennoch war er nicht beunruhigt.
Jihoon war ein Feigling. Er würde niemals irgendwem erzählen, was passiert war.

Das Geschehen zu verschweigen war schlimm. Die Tatsache, dass es der unschuldige Schwächling namens Jimin war, war schlimmer.

Naiv. Alle waren naiv.

"Woran denkst du?" fragte Yoongi, als er das gedankenverlorene Lächeln auf Jimins Lippen fand. Das Lächeln, welches ihm wieder einmal den Kopf verdrehte und zeigte, dass er gar nicht so ein schlimmer Kerl war.

"An dich." log Jimin und drückte die Gedanken über Jihoon weg.
Yoongi hob seine Augenbrauen, als würde er ihm nicht glauben.

"Ich denke an unseren Streit." erklärte Jimin, doch bekam als Antwort bloß einen fragwürdigen Blick.
"Deshalb lächelst du?"

"Ich bin froh, dass wir es geklärt haben und du mich doch nicht verlassen hast."
Verstehend nickte Yoongi diesmal. "Ich habe dir aber noch nicht verziehen. Und vertrauen tu ich dir ebenfalls nicht."

"Ich weiß." seufzte Jimin und legte seine Hand auf Yoongis Knie. "Aber das wirst du wieder."

Sanft schob Yoongi die Hand weg.
Das ganze Wochenende hatte er überlegt, was die richtige Entscheidung sein könnte.

Er kam zu dem Entschluss, dass er ihm eine Chance gab, sich dafür aber zurückhalten musste. Er würde weder mit ihm schlafen, noch so tun, als wäre alles in Ordnung.

Jimin musste ihm zeigen, dass es wirklich bloß ein Ausrutscher war und er es bereute.

Und das, obwohl Reue nicht in Jimins Sprachgebrauch passte und schon gar nicht zu seinem Lebensstil.

"Hast du schon mit Jihoon gesprochen?" fragte der Blonde unwissend.

"Nein." antwortete Yoongi angespannt. "Ich wollte eigentlich heute, aber anscheinend ist es ihm nicht wichtig genug, sonst würde er nicht Schule schwänzen."

Selbst Jimin konnte die Enttäuschung in der Stimme nicht überhören.

Sein Leben ist wichtiger als du, dachte sich Jimin und sah ihn mitleidig an.

"Du brauchst ihn sowieso nicht." munterte ihn Jimin kläglich auf.
"Lass mich raten; Weil ich dich habe?" fragte Yoongi amüsiert.

"Ich bin der einzige Mensch, der für immer bei dir bleibt, Yoongi." entgegnete Jimin liebevoll und legte erneut seine Hand auf das Knie.

Diesmal schlug Yoongi sie nicht weg. Er war gefesselt von Jimins Augen, die ihn in den Bann zogen.
Das komplette Gegenteil von den hasserfüllten Augen vom Wochenende.

Yoongi lächelte leicht. Wem machte er eigentlich etwas vor? Er hatte Jimin schon verziehen, als er ihm heute morgen ein Frühstück vom Bäcker mitgebracht und ihm einen Kuss auf die Wange gegeben hatte.

Natürlich vertraute er ihm nicht, doch er hatte keine andere Wahl. Yoongi hatte sich noch nie glücklicher gefühlt als mit Jimin.

Selbst mit seinem Ex hatte er öfters Probleme gehabt und war häufiger unglücklich gewesen.

Jimin hatte ihm das Herz gebrochen. Hatte ihn geschlagen.

Und trotzdem liebte er ihn. Denn etwas in ihm schien Angst zu haben, dass es nie wieder jemand nach Jimin gäbe, der ihn so bedingungslos liebte.

"Soll ich euch ein Zimmer buchen?" fragte Sungho, welcher sich zu ihnen an den Tisch setzte. Er hasste es, das dritte Rad zu sein.

Sein Blick wanderte zu Jimins Hand. "Ich schätze mal, du hast nicht mit Jihoon geschlafen."

"Nein." antwortete Jimin und sah zu Yoongi. "Das war bloß ein Missverständnis. Es ging um etwas völlig banalem. Nicht wahr?"

Yoongi nickte und erwiderte den Blickkontakt kurz, bevor er sich an seinen besten Freund wandte. Wie lange wohl die Freundschaft hielt? Unwillkürlich überdachte er Jimins Worte über das Dasein in seinem Leben.

"Hast du mit Jihoon gesprochen?" fragte er, um sich der schmerzhaften Vorstellung zu entfliehen, dass Sungho ihn eines Tages auch einmal verletzen würde.

"Nein. Er ignoriert mich komplett." antwortete Sungho nachdenklich. "Was ist bitte vorgefallen?"

"Seine Psychotante macht Terror."

Und es war nicht einmal gelogen.

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