einunddreißig

Jimin schlenderte mit seinem Rucksack auf dem Gehweg entlang und trat kleine Steinchen vor den Füßen entlang.

Er bog in seine Straße ein und blieb stehen.
Die perfekt gemähten Vorgärten mit reifen Bäumen und schönen Blumen funkelte ihm entgegen.
Jimin verstand nicht, wieso die Bewohner einen solchen Aufwand betrieben, damit ihre Gärten schön aussahen. Denn im Inneren konnte es niemals so perfekt aussehen.

Es waren Masken, wie Jimin sie trug.
Perfekt von außen, damit man das Wrack im Inneren nicht erahnen konnte. Wieso sollte man sich mit den Innenräumen beschäftigen, wenn die Rosen am Bordstein so schön dufteten?

Ein Schnurren unterbrach Jimins Träumerei. Sein Blick senkte sich zu einer braunen Katze mit weißen Flecken.

Kurz zögerte Jimin, doch ging schließlich in die Hocke, legte sein Kinn auf den Knien ab und streichelte das kleine Tier.

Es erinnerte ihn an eine Nachbarskatze, die er einst hatte. Wie hieß die Nachbarin nochmal? Frau Wendei.
Jimin schmunzelte leicht. Die alte Frau mit den tiefen Falten im Gesicht und dem Gehstock, welcher gebrechlicher als sie selber aussah, hatte er noch vor Augen, obwohl sie vor zehn Jahren verstorben war.

Er wusste noch genau, wie sie eines Tages an der Tür geklingelt hatte und verzweifelt nach ihrem Kater gefragt hatte.
Er war nach zwei Tagen immer noch nicht heimgekehrt, weshalb sie sich Sorgen gemacht hatte.

Jimin half ihr, Flugblätter aufzuhängen, damit die Chancen besser wurden, den verschwundene Kater zu finden und heil nach Hause zu bringen.

Der Kater wurde nie gefunden. Jimin hatte ihn tief genug verbuddelt.

Nostalgisch blickte er die Katze an und griff ihr schließlich sanft unter den Bauch, um sie hochzuheben.

Es war nicht weit bis zum Wald. Er würde es rechtzeitig schaffen, ohne Verdacht zu schöpfen.
Doch nach ein paar Schritten hubte ein Auto neben ihm und fuhr in die Einfahrt seines Zuhauses.

Jimin hob die Hand und winkte kurz. Die Katze nutzte die Gelegenheit und sprang aus seinem Arm.
Seufzend sah der Blonde hinterher, wie das kleine Tier unter einem Zaun entlang kroch und aus seinem Sichtfeld verschwand.

Mit schnellen Schritten ging er nach Hause und begrüßte seinen Vater, als dieser ihm die Haustür aufhielt.
"Wieso bist du schon so früh hier?" fragte dieser gut gelaunt.

"Letzte Stunde ist ausgefallen." log Jimin und streifte sich die Schuhe von den Füßen. "Der Lehrer hatte ein Notfall. Irgendetwas mit seiner Frau."

Seine Eltern würden behaupten, dass sie ein gutes Verhältnis zu ihm pflegten. Jimin erzählte, wie es in der Schule war, doch dass über neunzig Prozent davon gelogen war, wussten sie natürlich nicht.

Der Teenager würde hingegen sagen, dass er weder seine Eltern kennt, noch sie ihn.
Sein Vater war Anwalt für eine große Firma und seine Mutter arbeitete in dieser als Wissenschaftlerin für irgendwelche Chemikalien.

Seine Mutter musste als Zeugin vor das Gericht und das Unternehmen verteidigen, wobei sein Vater ihr als Anwalt dabei geholfen hatte. Es konnte nichts positives dabei herauskommen, wenn Jimin in einem kleinen Hinterzimmer in einem Staatsgebäude als Produkt einer Affäre gezeugt wurde.

Sein Vater war bis dato verheiratet gewesen und ließ sich von seiner unfruchtbaren Frau scheiden, um Jimin mit seiner neuen großen Liebe großzuziehen.

Dass daraus ein psychopathischer Teenager entstehen würde, hätte man sich schon denken können.

Auch wenn die Elternteile viel zu tun hatten, versuchten sie mit Jimin so viel zu unternehmen wie möglich. Er wollte es zwar nicht und war glücklich, allein im Zimmer zu sein, doch um seine Fassade aufrecht zu halten, spielte er den braven Sohn.

Wie die Gärten in der Nachbarschaft.

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