Kapitel 26

Er kommt auf mich zugerannt. Und er ist wütend. Sehr wütend und verletzt. Ich sehe, dass er die Tränen nicht mehr zurückhalten kann und sehe, dass er zittert und fast vor mir zusammenbricht. Wieso hat Mary es ihm gesagt? Das ist mein Untergang, er denkt, ich würde nur an mich denken und seine Liebe nicht zu schätzen wissen, doch dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Doch das weiß er nicht und ich kann es ihm auch nicht sagen. Warum nur? Warum muss alles noch viel schlimmer werden als es sowieso schon war? Wieso kann ich mich denn nicht im Frieden von ihm verabschieden und so tun, als würde ich nicht mehr viel Zeit haben und er hätte es erst dann erfahren, wenn es schon geschehen war? Er denkt nun sicherlich, dass ich ihn gar nicht mag und so egoistisch wie ich bin nur an mich denke. Nein! „Stimmt das, May? May, stimmt das, was Mary mir gesagt hat, dass du dich einfach umbringen lässt und all die Hoffnung aufgibst? Weißt du es denn nicht zu schätzen, was ich alles für dich getan habe? Ich habe dir versprochen, dass ich dich retten werde und diese Versprechen werde ich auch nicht brechen. Du darfst nicht einfach aufgeben! Verletze mich nicht so sehr! Du zerstörst damit einen Teil von mir, ist dir das eigentlich klar? Du machst mich kaputt, ist dir das eigentlich egal? Weißt du denn nicht, was ich für dich empfinde oder ist es dir nur egal? Ich dachte immer, dass wir beide füreinander bestimmt wären. Nenn mich läppisch, doch ich habe mir immer eine gemeinsame Zukunft ausgemalt. Ich habe gedacht, wenn ich dich doch nur geheilt hätte, dass du dich dann auch in mich verlieben würdest und dann alles gut wäre. Es tut mir leid, dass ich so naiv war und dich jetzt bedränge. Es tut mir leid, dass ich in dein Leben getreten bin. Das wäre mir alles erspart geblieben, wenn ich dich nie kennen gelernt hätte." Wütend kehrt er mir den Rücken zu und ist gerade dabei, aus der Hütte zu verschwinden. Ich bin noch zu perplex, um ihm etwas antworten zu können. Jetzt ist alles kaputt. Newt hasst mich und denkt, dass ich ihn nicht mag und seine Liebe nicht zu schätzen weiß. Er hat gerade wirklich gestanden, dass er in mich verliebt ist. Normalerweise müsste ich jetzt total glücklich sein und vor Freude quietschen und Luftsprünge machen, doch in dem Atemzug, in dem er seine Liebe gestanden hat, hat er auch alles zerstört. „Newt, bitte bleib. Ich ... ich brauche dich. Es ist alles so kompliziert und ich bin nicht in der Lage, es dir zu sagen. Doch du wirst es verstehen, eines Tages, das verspreche ich dir. Ich bin dir so dankbar, für all das, was du getan hast und ich bitte dich, mich nicht zu hassen. Ich habe nur noch sehr wenig Zeit und ich kann es nicht verkraften, wenn du mich hasst. Ich bitte dich, es ist mein letzter Wunsch, dass du hier bei mir bist, wenn es passiert", schluchze ich. Ich registriere, um was ich ihn da eigentlich gerade gebeten habe. Es ist das Höchste der Gefühle, was ich ihm da gerade zumute und ich weiß nicht, ob er es macht. Ich muss ihn aber sehen. Ich brauche die Liebe meines Lebens an meiner Seite. Wenn ich es ihm schon nicht sagen kann, dann sieht er es vielleicht in meinen Augen. Maulwurf mit Ratten! Ich habe mich vorhin ein Stück auf der Liege nach vorne gelehnt und rutsche nun automatisch zurück. „Mary!", rufe ich. Es geht wieder los! In ein paar Minuten werde ich nicht mehr klar denken können und bevor ich Newt dann irgendwelche Beleidigungen an den Kopf schmeiße, will ich es lieber hinter mir haben. Er soll mich als stark in Erinnerung behalten. Und er muss auch stark sein. Für mich. All das, was ich in diesem Leben nicht tun konnte, muss er tun, denn er hat noch eine lange Zukunft vor sich. Er wird mich vermissen, doch ich hoffe, dass diese Zeit nicht allzu lange andauern wird, damit er sein Leben auch noch genießen kann. Ich kann nicht mehr. Ich zittere wie Espenlaub und muss mich an meiner Liege festkrallen, da ich langsam das Gefühl bekomme, dass alles um mich herum schwankt. Die Dunkelheit, sie kommt, um mich zu holen und ich kann nichts dagegen machen. Ich fange an, zu schreien und um mich zu treten und zu weinen. Was soll das? Ich habe solche Angst, dabei habe ich mich doch sonst immer so gut unter Kontrolle. „May? May? Hörst du mich? Ich bin hier und ich werde auch nicht gehen. Bitte stirb nicht. Ich brauche dich doch! Du bist alles, was ich habe! Ich werde nicht gehen, versprochen, doch du musst mir auch versprochen, dass du nicht stirbst! Ich verkrafte das nicht, du kannst mir das nicht antun, okay?" Ich kann spüren, wie er nach meiner Hand greift, die nass vor Angstschweiß ist und er meine fast zerquetscht. Ich kann das nicht. Wo bleibt Mary denn nur? Sie wird momentan wohl alles vorbereiten. Die anderen wissen schon Bescheid, um sie brauche ich mich nicht mehr zu sorgen. Ich werde sie alle so schrecklich vermissen. Ich habe die besten Freunde und die kann ich nicht einfach so verlassen. Ich liebe Newt so sehr. Mein Körper ist vor Verlustschmerz fast dabei, zu explodieren und sich schmerzhaft zusammenzuziehen. Ich werde ihn einfach verlassen. Nie wieder sehen. Ich werde ihn nie küssen können. Ich habe mir unseren ersten Kuss so lange und oft herbeigesehnt und nun wird er nie stattfinden. Warum muss das Schicksal so grausam sein? Ich liebe Newt zu sehr. Vielleicht wäre der Abschied einfacher, wenn ich ihn weniger lieben würde. Doch zumindest ist es nicht er, der sterben muss.

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