Dieser Nachmittag im Gemeinschaftsraum begann trostlos. Ryan schien sehr nachdenklich und auch Alex zeigte nicht wie sonst sein unnahbares Pokerface, irgendetwas hatte sich verändert, worüber die beiden vielleicht reden sollten. Ich wollte schon anfangen auf sie einzureden und aus den beiden ihre Gründe heraus zu kitzeln, doch Dave war diesmal schneller. „Was war los?" erkundigte er sich. Es dauerte eine Weile, doch dann begann Ryan zu erzählen. „Nicht wirklich was anders. Der Prof hat mir ein paar Fragen gestellt, doch irgendwie wirkte er dabei um einiges unsicherer als sonst. Fast so, als... wäre er sich bewusst, dass er etwas tun wird, wofür er sich schuldig fühlt, so als ob er uns etwas tun wird... Ich hab irgendwie kein gutes Gefühl bei der Sache." Was er gesagt hatte, schockierte mich und Dave sichtlich, nur Alex verzog keine Miene. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, hatte dieses... Monster von einem Mann etwa bereits angefangen, diese Pläne in die Tat umzusetzen? An Alex? „Was hat er dir getan?" sprudelte es besorgt aus mir heraus, mein Blick direkt zu Alex gewandt. Dieser wirkte etwas irritiert, darüber, dass ich ihn so direkt angesprochen hatte. Doch machte er keine Anstalten mit der Sprache rauszurücken. „Komm schon, was war? Wie sollen wir dir helfen, wenn du uns nicht sagst wobei?" machte ich schon leicht hilfesuchend klar. „Nichts wirklich drastisches, er scheint nur neue Taktiken auszuprobieren, hat mich meiner... Vergangenheit... gegenübergestellt, ich kann sie immer noch nicht verarbeiten, und komme nicht damit klar. Vielleicht ist es der richtige Weg, die Therapie so zu versuchen. Langsam meinen Ängsten stellen... Das einzige, was seltsam war, naja, er weiß anscheinend ziemlich detailliert über alles Vergangene Bescheid, wobei ich es nicht wirklich jemandem erzählt hatte, also nicht das ich mich erinnern könnte." Klärte uns Alex mit gelassener Stimme auf, hinzufügend ergänzte er jedoch dann „Es gab aber auf jeden Fall Situationen, in denen ich es wahrscheinlich jedem erzählt hätte, deshalb mach ich mir da nicht so viele Gedanken. Die solltet ihr euch auch nicht machen, bleibt aber auf der Hut..." das letzte fügte er mit ernster Miene hinzu, so als ob es besonders wichtig wäre.
Danach hellte sich die Stimmung etwas auf, nicht nur ich und Dave waren gespannt darauf zu sehen, was Tom vorbereitet hatte, auch die anderen beiden waren erwartungsvoll. „Wohin will er dann gehen? Oder will er gleich hier?" hackte Ryan nach. „Ach Schwachsinn! Er hat RUNTER gesagt!" fiel ich ihm eifrig ins Wort. „Was ist eigentlich mit dem Song, den ihr beide geschrieben habt? Ist das „Meisterwerk" mittlerweile fertig, oder müssen wir uns noch gedulden?" fragte Alex nach. Dave und ich wechselten einen Blick. Dann sagte er: „noch ein bisschen, wir haben den Refrain und die 2. Strophe müssen aber unbedingt einmal durchspielen..." schilderte er den beiden.
Wir wurden unruhig. Weshalb kam Tom nicht? Unsere Zeit hier zusammen war auf zwei Stunden beschränkt. Tom sollte das wissen... oder gab es leicht Probleme? Auch die anderen schienen nun angespannt, es war bereits eine halbe Stunde vergangen, doch von dem koch keine Spur. Was war passiert, doch in diesem Moment wurde die Türe schwungvoll aufgerissen.
Tom wedelte mit seiner Hand und gab uns damit ein Zeichen ihm zu folgen, dies taten wir auch.
„Tut mir leid, wurde aufgehalten..." flüsterte er uns zu, während wir einen Gang entlang gingen. Wir wären weiter geradeaus marschiert, wenn Tom uns nicht ein Zeichen gegeben hätte. Er stieß die Tür neben uns auf. Dahinter kam eine steinerne Treppe zum Vorschein. Tom drückte einen alt aussehenden Lichtschalter und eine flackernde Glühbirne erleuchtete schwach den Abgang. Irgendwie war es schaurig, doch ich folgte dem Älteren trotzdem in die Tiefe, auch die anderen schienen es zu tun, keiner wollte zurückbleiben. Die Tür fiel ins Schloss, leise damit niemand es mitbekommen würde. Wir gingen nicht sonderlich lange, bald schon endete die Treppe in einem kleinen nicht ganz ebenmäßigen Gang, es schien mir nicht so weitläufig und verwirrend wie oben, doch auch hier erstreckte sich eine kleine Fläche. Tom führte uns vorbei an einigen Holztüren, die ziemlich alt aussahen, dann kamen wir in einen Raum mit einem großen Rad im Zentrum. Dort blieb er erstmal stehen. „Also, wir befinden uns jetzt im Kellergewölbe des Gebäudes. Dies hier ist denk ich ein altes kleines Verlies. Ich hab in den letzten Tagen nach einem Ort gesucht, an dem ihr ungestört seid und euch niemand finden wird, außerdem ist es nah am Gemeinschaftsraum und ich hab hier noch nie jemanden heruntergehen sehen." Beim Wort „Verließ" lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. „Du meinst... hier waren Gefangene? Also gibt's hier auch..." ich wollte Skelette sagen, doch Tom würgte mich rasch ab. „Nein Nein! Keine Sorge, hier war nie jemand eingesperrt, es ist mehr wie ein ehemaliger Drehort für einen Film... Ich hab überprüft ob er vielleicht dafür noch genutzt wird, doch keiner wusste auch nur im Geringsten etwas darüber, selbst der Prof nicht." Beruhigte er uns. Ich war mir nicht ganz sicher, ob er dies nur sagte, um uns zu beruhigen, oder nicht, beschloss aber es nicht zu hinterfragen, schließlich hatte ich mir geschworen Tom zu vertrauen.
„Also, wo sind jetzt die Instrumente, wo sollen wir proben?" schob Alex die Frage ein, die ich als nächstes hatte stellen wollen.
Tom grinste wieder einmal und deutete uns wieder weiter zu kommen. „Ich hab da was cooles für euch gefunden. Seid gespannt!" und mit diesen Worten lief er los in einen kleinen Gang am Ende des großen Raumes. Wir beeilten uns ihm zu folgen, bogen in die Seitengasse und folgten dem schmalen Pfad.
Plötzlich ertönte ein Trommeln. Eine Snare schallte auf und kurz darauf eine Folge an Schlägen. Wir alle hatten uns erschrocken, das konnte ich an den Gesichtern der Jungs ablesen. Die Töne waren eindeutig von einem Schlagzeug, doch... keiner von uns... Ich begann eins und eins zusammen zu zählen. „Tom!" rief ich leicht erzürnt aus und rannte den Gang entlang bis zu dem Punkt an dem...
Dort war eine weitläufige Seiten Nische, Es war wie ich später feststellte eine große „Zelle" deren Gittertor zur Seite geklappt war. Tom grinste mich an. Er saß an einem großen schwarzen Schlagzeug. Rund um es herum erkannte ich: zwei E-Gitarren eine Bass-Gitarre und, meine Augen begannen zu funkeln, ein Mikrofon Ständer in dem ein schwarzes Mikro mit rotem Kabel steckte. Hinter mir hörte ich die anderen, ihre Reaktionen fielen nicht minder begeistert aus, wie meine eigene.
„Na, was sagt ihr, Jungs? Schon cool, nicht?" erkundigte sich Tom. Ich nickte, noch unfähig etwas zu sagen. „Wow, wo hast du die Instrumente her?" fragte Alex mit erwartungsvoller Miene.
Tom wurde wieder ruhig. „Naja, wisst ihr, ich bin leidenschaftlicher Schlagzeuger und da hat man so seine Kreise." Schilderte er geheimnisvoll und zwinkerte uns mit einem Auge zu. Alex gab es wohl auf, genauere Antworten zu fordern, sondern inspizierte die beiden Gitarren genau, bis er sich für eine entschieden hatte. „Ich nehm die, Dave, du wirst die andere brauchen, ist eher auch so zum üben." Rief er zu dem anderen Gitarristen hinüber, der gerade Ryan zeigte, wie man einen Bass hielt.
Tom kam auf mich zu. „John, ich hoffe, dass du mit dem Mikro zusammenkommst. Schau es dir auch mal genauer an. Ich geh derweil den Verstärker einrichten." Seine Hände berührten das Schaltpult für die Boxen.
Mit eiserner Vorsicht nahm ich das Mikro aus der Halterung und wog es in meiner Hand. Es war schwer, ein Zeichen dafür, das es von guter Qualität war. Es lag gut in der Hand, in meiner Vorstellung standen wir schon alle bereit für den Auftritt. Vor uns, ein riesiges Publikum, sie alle warten darauf, dass wir loslegen. Eine Anspannung liegt in der Luft, Dave beginnt zu spielen, dann setzte ich zum richtigen Zeitpunkt ein und alle Augen, liegen auf mir. Da ist etwas, was ich mit dem Song, mit dem Text rüberbringen möchte, etwas, was ich ihnen vermitteln will.
Don't be shy
whenever you want something
Die Töne hallen durch den Gang, Daves Gitarre spielt dazu die Melodie, immer wieder noch ein unsicherer Ton, doch... Wow, diese Gefühl, es war überwältigend, ich öffnete meine Augen, immer noch weitersingend und sah zu Dave hinüber. Sein Ausdruck war unbeschreiblich, er wirkte so vertieft und mitgerissen von dem was er tat. Seine Augen gingen immer wieder auf und zu, sein Kopf schwenkte nach hinten, er öffnete den Mund und wirkte wie in Trance. Auch ich verspürte etwas, was ich nicht deuten konnte. Mit jedem Wort, das von meinen Lippen glitt, wurde dieses Gefühl stärker, mein Körper steigerte sich voll und ganz ins Singen hinein, ich musste alles geben, selbst, wenn dies hier nur die allererste richtige Probe war. Der Letzte Ton von dem, was wir aufgeschrieben hatten erklang und dann richtete ich meinen Blick das erste Mal, seit wir beide angefangen hatten zu den anderen. „Halt Stopp ihr beiden... das ist der Song? An dem ist noch einiges herumzuschrauben, das war leicht grausam für die Ohren." Kam von... Alex. Ich lief tomatenrot an, konnte dieser Typ nicht einfach einmal seine Klappe halten? Doch bevor ich loswettern konnte, wurde ich von Dave unterbrochen. „ER hat recht John, der Song ist noch lange nicht fertig..., aber vielleicht hast du ein paar verbessserungsvorschläge?" Sein Blick wanderte zu dem Genannten. Dieser zuckte mit den Schultern. „Nach einmal hören, glaubt ich bin ein Wunderkind wie Mozart? Wie wärs, wenn wir uns einfach mal anhören, wie weit jeder von uns ungefähr ist, ich meine mit Ausnahme von..." sein Blick wand sich Ryan zu, der immer noch mit seinem Bass dastand und nicht genau wusste, wie er anfangen sollte. „Kann den hier überhaupt jemand Bass spielen?" erkundigte ich mich schnaubend, Alex hatte mir die Stimmung ein wenig vermiest. Doch schien ich mit meiner Frage einen ziemlich wunden Punkt getroffen zu haben. Es wurde still. „Ich... keine Ahnung, aber es kann nicht so viel anders sein als Gitarre, oder?" erkundigte sich Alex. Dave nickte hoffnungsvoll, Tom stand erwartungsvoll da, er schien darauf zu warten, was Ryan sagen würde, nur seine Meinung zählte, alles andere war nicht wichtig.
„Schon ok Jungs, ich hab ja das Buch und... naja, solange ihr nicht aufgebt, werde auch ich mein Bestes geben." Sagte er und klang zuversichtlich. Ich hatte zwar immer noch meine Zweifel, ich meine, wie sollte er üben, wenn er den Bass nicht mit ins Zimmer nehmen durfte... Doch darüber wollten die anderen wohl nacher erst nachdenken, denn Tom begann festzulegen, in welcher Reihenfolge wir zeigen sollten, was wir konnten. „Also zuerst Alex, dann Dave, ich und dann John." Er grinste wieder, anscheinend ziemlich glücklich darüber endlich etwas mit uns anfangen zu können.
Wie gesagt begann Alex, obwohl er uns Anfangs erklärt hatte, dass er schon ewig nicht mehr richtig gespielt hatte, legte er danach ein perfektes Solo aus einem der Songs von Good Charlotte hin. Wir waaren mehr oder minder beeindruckt, zwar hatte ich nicht damit gerechnet, das er schlecht spielte, doch es übertraff schon meine Erwartungen.
Dann kam Dave, er war anfangs etwas zögerlich, obwohl jeder in diesen Raum ihn vorher schon spielen gehört hatte. ER spielte eher einen Rythmischen Part eines Songs, auch ziemlcih gut, doch nicht auf Alex Level, somit war die Frage, wer der leitende Gitarrist werden sollte auch schon geklärt.
Tom beeindruckte uns mit einer ganz eigenen Art des Schlagzeugspielens, er war großartig, einfach ein totaler Profi.
Als Nächstes war ich an der Reihe, plötzlich wurde ich leicht nervös, ich sang zwar gerne, doch ob Bühne, oder einfach so vor Leuten, vorallem welchen, die mich bisher kaum singen gehört hatten... Meine Fingernägel mussten mal wieder dran glauben. So stand ich also vor dem Mikro, schüchtern, mit keiner Ahnung was ich singen sollte. Natürlich könnte ich einen der Songs meiner Eltern, die beide Sänger waren, wählen, doch... war es so passend jetzt ein Volkslied zu singen? Eher nicht...
Halb entschlossen nahm ich einen eher ruhigen Song, den ich öfter im Radio gehört hatte, er war mir nicht aus dem Ohr gegangen und ich erwischte mich immer wieder dabei, wie ich ihn vor mich hinsang. Langsam holte ich Luft, konzentrierte mich auf das Mikro vor mir und begann mit >A thousand miles<.
Making my way downtown walking fast
Faces pass and I'm home bound
Staring blankly ahead just making my way
Making a way through the crowd
And I need you
And I miss you
And now I wonder
If I could fall into the sky
Do you think time would pass me by?
'Cause you know I'd walk a thousand miles
If I could just see you tonight
Ich öffnete meine bisher geschlossenen Augen und traf auf vier verschiede Reaktionen.
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