John 4
Wieder einmal als Letzter kam ich im Gemeinschaftsraum an, der Wärter hatte diesmal länger gebraucht als sonst. Angekommen war dort erstaunlicherweise schon ein Gespräch im Gange. „Du hast was?" kam von Ryan, er klang leicht geschockt, doch auch irgendwie fasziniert. „Krank, ehrlich, du hast wirklich nicht alle Tassen im Schrank, genauso wie der Zwerg." stellte Alex klar.
„Wen nennst du hier einen Zwerg, du... du bescheuerte Pastinake!" machte ich sofort auf mich aufmerksam. Alex warf mir einen verächtlichen Blick zu, ich begann innerlich wieder zu kochen, dieser Typ machte mich wahnsinnig! „Wer hat leicht etwas getan, was ich auch tun würde, das so dumm ist um dafür schon wieder als Kranker hingestellt zu werden... und das auch noch von 'nem scheiß Psycho..." murmelte ich nur aufgebracht. Alex und Ryans Blicke richteten sich augenblicklich auf Dave, der nur mit den Schultern zuckte. „Was hätte ich denn machen sollen?" meinte er scheinbar gleichgültig.
Ich wusste immer noch nicht mehr. In der Hoffnung ein paar Infos aus den anderen heraus zu kitzeln sah ich sie weiter eindringlich an, doch es kam nichts. Irgendwann reichte es mir und ich brach wieder einmal aus wie ein Vulkan. „Scheiße, was habt ihr alle... Kann mir vielleicht mal jemand sagen, WAS ZUR HÖLLE HIER ABGEGANGEN IST?" Ein Blick ging zu Ryan, der dann endlich auspackte. „Der da," er zeigte auf Dave. „hat seine Zimmerwand mit Kohle vollgekritzelt und meint jetzt, dass er eigentlich nur eine Melodie niederschreiben wollte jedoch weder Papier noch Stift zur Hand hatte." Ein wenig baff drehte ich mich zu Dave und sah ihn erstaunt an. Dieser Typ wirkte immer so ruhig und schüchtern, doch... „Na bravo, und was genau denkt ihr hätte ich daran gleich gemacht?! Ich kann mir Papier und Stifte erfragen!" machte ich klar. Dave sah mich leicht verraten an, ich gab ihm lediglich ein Schulterzucken und fuhr fort. „Viel wichtiger... das war ein sehr guter Beginn mein Lieber, denn... wir werden... eine Band gründen, wir vier! Also brauchen wir Songs, und da hat Dave schon den Anfang gemacht." Berichtete ich den anderen, in Erwartung einer erstaunten Reaktion.
In der Tat sahen sie mich ein wenig merkwürdig an, Ryan machte immer wieder den Mund auf und zu, als ob er nicht glauben konnte, dass ich das gerade wirklich gesagt hatte. Alex sah mich wie erwartete genervt an und Dave... dieser hatte seine Augen weit aufgerissen und starrte in keine bestimmte Richtung. Schon wollte ich weitersprechen, als etwas Eigenartiges geschah, alle drei begannen zu lachen, und wie, ein wenig verstört stand ich in der Mitte, umzingelt von Gelächter und gelegentlichen Aussprüchen wie. „Oha Alex, kannst du hellsehen?" oder, „Als ob... ernsthaft jetzt...?". „HALT, HÖRT VERDAMMT NOCHMAL AUF ZU LACHEN!" brüllte ich dann und lies einen vernichtenden Blick durch die Runde gehen. „Was ist so lustig daran? Ich dachte wir haben alle irgendwie etwas mit Musik zu tun, deshalb... Und Ryan kann lernen Bass zu spielen... Dann..." überlegte ich laut. „Nein John, hör zu, wir haben nur gelacht, weil Alex gestern schon angenommen hatte, dass du so etwas vorschlagen würdest, wir es aber nicht glaubten. Die Idee ist gar nicht so schlecht, vielleicht erreichen wir damit etwas." klärte Ryan mich auf und fing an zu überlegen, doch zu viel kam er nicht. „Hört auf, hört auf, die Idee ist verdammt hirnrissig und dumm. Wo wollt ihr denn die Instrumente herbekommen? Oder seid ihr so talentiert und könnt Töne aus der Luft zaubern?" lenkte Alex ein, worauf wir alle wieder betrübt zu Boden sahen. „Naja vergessen wir das mal, es gibt weitaus Wichtigeres zu besprechen." merkte Ryan an und sah mit eindringlichem Blick durch die Runde. „Ist euch aufgefallen, dass sie die Wärter gewechselt haben? Mir hat gestern ein vollkommen Fremder mein Essen gebracht..." setzte er hinzu und wirkte leicht beunruhigt. Ich brauchte eine Weile, um zu verstehen was er meinte.
„Ach du meinst Tom! Was ist denn so schlimm an ihm, der ist doch eigentlich ganz lieb. Wir habe uns gestern schon ein wenig unterhalten." lachte ich und bemerkte zu meinem Erstaunen die verstörten Gesichter der anderen. Eine ganze Weile beäugten sie mich still, bis Alex seinen Mund öffnete. „Klar, Spinner reden miteinander, was war anderes zu erwarten?"
„Hey was meinst du damit schon wieder? Tom ist kein... ICH AUCH NICHT, verdammt!" gab ich beleidigt zurück. Er schnaubte nur und meinte dann, auch an die anderen gerichtet. „0h, und sein Vollzeitgrinsen ist normal, oder was? Ach, verarschen kann ich mich selbst, der Typ hat nicht alle Tassen im Schrank..." Ich wollte schon zurück schnauzen, überlegte es mir dann allerdings doch anders. Keiner hätte etwas davon... und ehrlich gesagt war Toms Grinsen schon ein wenig unheimlich, aber eigentlich eher.... Naja, ich kannte ich erst seit gestern. Stattdessen sprach ich eine Idee an, die mir gerade gekommen war. „Anderes Thema... was haltet ihr davon in kleinen Trupps das Gelände zu untersuchen?" gespannt wartete ich auf die Reaktionen der anderen. Fast hatte ich damit gerechnet, dass wieder ein Seufzen von Alex kommen würde, doch stattdessen sah er nur kurz auf und meinte dann: „Wow, endlich kommt mal was Intelligentes aus deinem Mund. Wer geht als erstes? Zwei sollten hierbleiben, nur zu Sicherheit." Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit Unterstützung seinerseits.
„Ok, ich bleibe mit Dave hier, ihr beide macht den Anfang." machte Ryan ein Statement. Als ich begriff was er meinte lies ich meinen Blick zu Alex schweifen, was würde der große Junge mit den blondierten Haaren dazu sagen? Doch meine „Sorgen" schienen unbegründet, Alex nickte nur und deutete mir näher zu kommen. „Also gut, John hör zu, wenn wir gehen müssen wir verdammt vorsichtig sein. Außerdem sollten wir sicherstellen, dass keiner der Wärter auf uns aufmerksam wird. Und ihr beide!", er winkte auch Ryan und Dave näher. „müsst euch was einfallen lassen, wie ihr, wenn notwendig unser Verschwinden erklärt. Eigentlich denke ich nicht, dass es so weit kommen wird, bisher haben sie uns eigentlich auch in Ruhe gelassen, sobald wir zusammen waren, aber man kann ja nie wissen." schilderte er gelassen und ausführlich, was in seinem Kopf entstanden war. Wir nickten, was er gesagt hatte klang einleuchtend.
Danach trafen wir verschiedenste Vorkehrungen, bewachten die Tür, bearbeiteten unser Schuhwerk, damit es keine lauten Geräusche von sich gab, zwar ging mir nebenbei durch den Kopf, dass ich eigentlich keine Ahnung hatte, wie groß und weitläufig das Gelände war, doch beachtete ich den Gedanken nicht ausreichend.
Als alles erledigt war, schlichen mein Begleiter und ich zur Tür und lauschten. Es war still, doch dies hieß nicht automatisch, dass niemand davorstand. Mit einer Lösung im Kopf, deutete ich Alex weiter nach hinten zu gehen. Ich würde die Türe einfach öffnen, sollte jemand davor stehen konnte ich, wenn ich alleine war immer noch sagen, dass es ein Ausflug zum Klo werden sollte. Gedacht getan stieß ich die Türe auf, zu meinem großen Glück war niemand zu sehen. Fast wäre ich in Jubel ausgebrochen, stattdessen winkte ich Alex zu mir.
„Luft ist rein, wir können ermitteln!" flüsterte ich voller Tatendrang, statt einem genervten Stöhnen kam eine neckende Antwort zurück. „Na dann beweg endlich deinen Hintern du Möchtegern-Sherlock. Wohin solls denn überhaupt gehen?" ich war leicht überfordert von der Frage, darüber hatte ich nicht wirklich nachgedacht. Um dies nicht zugeben zu müssen zeigte ich einfach in eine Richtung und begann zu marschieren. Wir wanderten relativ lange einen geraden Gang mit alt aussehenden orangen Wänden entlang, bis wir endlich an eine Kreuzung stießen. Wir bogen nach rechts, wieder gingen wir eine Weile gerade aus, dann nach links, so ging das noch weiter, nichts Nennenswertem begegneten wir. Nach der achten Kreuzung hörte ich Alex irgendwie schwer Atmen, ich wand mich zu ihm um, nur um in ein entsetztes Gesicht zu blicken. Er kniete am Boden. Ohne Ahnung was mit ihm los war, begann ich auf ihn einzureden: „Hey, Alex, du hast doch nicht etwa Angst, dass wir uns verlaufen könnten, oder?" meinte ich leicht spöttisch in der Annahme er würde mich ziemlich hart verarschen, doch er begann zu zittern, als ich das Wort „verlaufen" ausgesprochen hatte, sein gesamter Körper bebte. Ich wusste nicht, was ich tun sollt, dies war kein Spiel, oder? Es musste eines sein... Alex würde sicher gleich wieder aufstehen und dann über mein verzweifeltes Gesicht lachen, mich dafür auf den Arm nehmen, dass ich so naiv war. Doch keines der erwarteten Dinge passierte, stattdessen sank der Ältere in sich zusammen und starrte mit vor Schreck geweiteten Augen zu Boden, er atmete schwer, ich meinte auch ein leises „Nein, nicht, nicht schon wieder." Von ihm zu vernehmen, da erst wurde mir bewusst, dass ich vielleicht etwas tun sollte. Aber was, wie würde Alex reagieren, langsam bekam auch ich es mit der Angst zu tun, dieser Aufbruch ins Ungewisse war keine gute Idee gewesen...
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