TWENTY SEVEN
,,We're cetain with desire
The pleasure's pain and fire
Burn me"
TWENTY SEVEN: November 2012
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,,Müssen wir das wirklich tun? Gibt es keine andere Lösung?", fragte Helen verzweifelt, als sie am frühen morgen direkt vor ihm stand. Vor Bucky, welchen sie nun würde verlassen müssen. Sie befanden sich an dem kleinen Flughafen Sibiriens und Helen hatte fröstelnd die Arme um ihren Körper geschlungen. Leidend erwiderte Bucky ihren Blick und seine metallene Hand legte sich an ihre Wange. ,,Es tut mir so leid, Helen", flüsterte er heiser und sie schluckte hart, als sich ihre Kehle unnachgiebig weiter und weiter zuschnürte. Tränen brannten in ihren Augen und stahlen sich langsam ihre Wangen hinab. ,,Bucky...", wimmerte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sanft hielt er sie fest. In seiner Brust machte sich ein dumpfes Gefühl breit. Es schmerzte, sie gehen lassen zu müssen.
Doch er wusste, dass es zu ihrer eigenen Sicherheit war. Bevor er Hydra nicht zerstört hatte, konnte er den Winter Soldier nicht loslassen. Hydra vertraute ihm. Und das musste Bucky sich zum Vorteil machen, ganz gleich welche Opfer es kostete. ,,Pass auf dich auf. Wir sehen uns wieder, Helen. Das weißt du doch", flüsterte Bucky leise, seine raue Stimme dicht an ihrem Ohr und Helen spürte, wie sie Gänsehaut bekam. Die letzte Nacht war so schön gewesen, der jetzige Morgen schien dafür umso schrecklicher. Umso schmerzhafter.
,,Aber was wenn es nicht so ist?", flüsterte sie gebrochen und ihrer Kehle entkam ein leises Schluchzen. ,,Es wird so sein", gab Bucky kopfschüttelnd zurück. Er wollte sowohl ihr, als auch sich selbst einreden, dass alles gut werden würde. Doch wurde es das auch? Gab es wirklich keine Zweifel daran, dass sie sich wiedersehen würden? Dass er zu ihr zurückkommen könnte? Wenn Hydra ihn erst einmal wieder löschte, würde alles was Helen ihm gegeben hatte erneut vergessen sein. Er würde sie - und sich selbst erneut verlieren. Und ein Teil von ihm wusste dennoch, dass er keine andere Wahl hatte. Helen dagegen wollte das nicht einsehen.
,,Ich... Vielleicht...", setzte sie an, doch er brachte sie mit einem leichten Kopfschütteln zum Verstummen. ,,Mach es nicht noch schmerzhafter, Helen. Wir können nichts anderes tun, es muss so kommen", meinte er fest und schluchzend schlug sie die Augen nieder. ,,Ich will aber nicht, dass es so kommt, Bucky...", wimmerte sie erneut. Immer und immer wieder widerholte sie diese Aussage, so als könne das alles ändern. Es besser machen und dafür sorgen, dass es ein bisschen weniger weh tat. Dem war natürlich nicht so. ,,Ich werde versuchen, etwas herauszufinden. Über dich. Über das, was Hydra mit dir gemacht hat. Bitte versuch nicht aufzufallen, hörst du? Versteck dich - und zeig dich erst wieder, wenn wir mehr wissen. Versprich mir das, Helen. Ich kann auf keinen Fall zulassen, dass Hydra dich in die Finger kriegt!"
Bucky hatte ihr zartes, verweintes und kaltes Gesicht in seine Hände genommen und seine blauen Augen blickten so eindringlich, dass Helen einfach nicken musste. Wie hätte sie sich diesen Worten, diesem letzten Wunsch auch widersetzen können? ,,Ich liebe dich", flüsterte sie und küsste ihn einen kurzen Moment. Es sollte flüchtig, sanft werden und Helen wollte schon wieder zurückweichen, als er seine Arme fest um sie schlang und leidenschaftlich seine Lippen auf die Ihren presste. Sie keuchte auf, ehe sie aber erwiderte. Sie beide schmeckten die Verzweiflung, die in Ihnen brodelte. Die salzigen Tränen, die Helen einfach nicht zurückhalten konnte. Und die Angst, einander nun für immer loslassen zu müssen.
Sein warmer Körper drängte sich an den Ihren und entzündete trotz der Kälte in dem mickrigen Flughafengebäude, wildes Feuer in ihr. Sie spürte wie ihr Blut in Wallung geriet, wie es in ihren Ohren rauschte und ihr Puls sich mit dem Geschmack seiner Lippen beschleunigte. Es fühlte sich so gut an - und gleichsam so schmerzhaft. Als würde er ihr mit diesem Kuss endgültig ihr Herz rauben und es nun mit sich nehmen, während sie ohne zurück blieb. Nur mit einer klaffenden Kluft in der Brust, aus welcher langsam immer mehr Leben rann. ,,Ich liebe dich auch, Helen Sharpe", gab er heiser zurück, als er nur aus Atemnot von ihr abließ und seine Arme zurückzog. Helens Knie waren so weich geworden, dass sie nun beinahe zu Boden gesunken wäre. Nur im letzten Augenblick gelang es ihr noch, sich auf den Beinen zu halten.
,,Letzter Aufruf für Flug A73 nach New York!" Vernichtend hallte die helle Stimme der jungen Frau durch die Eingangshalle vor den Gates und Helens Herz krampfte sich zusammen, als Bucky leise seufzte. ,,Denk an meine Worte", flüsterte er, ehe er seine Lippen auf ihre Stirn presste. Helen schloss die Augen. Weitere Tränen brannten darin, sie musste sich wirklich halten, nicht weinend zu Boden zu sinken. Neun Tage. Neun Tage war sie an seiner Seite gewesen und mit jedem Tag, jeder Stunde... Jeder Minute und jedem Wimpernschlag war es ihr schwerer gefallen, sich nicht noch mehr in ihn zu verlieben. Jede Faser ihres Körpers verzehrte sich nach James Barnes. Wie weh würde es tun, nun nicht mehr die selbe Luft wie er atmen zu können?
Er wandte sich abrupt ab und trat mit schmerzverzerrter Mine von ihr fort. Deutlich sah man ihm an, wie sehr das Ganze auch ihn mitnahm. ,,Bucky...", flüsterte Helen und er blieb mit dem Rücken zu ihr stehen, einige Meter entfernt. Doch er wagte es nicht, sich umzudrehen. Sie anzusehen würde den Dolch in seiner Brust nur noch einmal um hundertachtzig Grad drehen. ,,Vergiss mich nicht...", hauchte sie und der Luftzug, der mit den geöffneten Türen des Flughafens kam, brachte diese leisen Worte wie einen Peitschenhieb an sein Gehör. Gott. Wann hatte etwas so weh getan, wie sie nun zurück zu lassen? Er lief weiter, wurde schneller. Beinahe rannte er.
Und Helen versuchte nicht zusammenzubrechen, als sie sich umdrehte, ihr Ticket vorzeigte und dann durch den Schalter und an ihren Gate trat. Sie wandte sich noch einmal um, blickte ein letztes Mal hinter sich. Wollte ihn noch einmal sehen. Doch Bucky war verschwunden. Als habe er sich direkt hinter ihr in Luft aufgelöst. Verzweifelt sah Helen sich um, doch ihre Augen fanden ihn nicht mehr. Sie schlug sich die Hand vor den Mund, ihr Herz schmerzte so sehr, sie glaubte gleich zusammenzubrechen. Es war wie ein rasiermesserscharfes Seil, das sich um ihr Herz schlang, fester und fester. Als wollte man es am Schlagen hindern.
Wann war Schmerz jemals so intensiv gewesen? Wann hatte Verlust sich jemals so in jede Faser ihres Körpers gerammt, wie hunderte kleine Nadeln, die sie unbedingt zu Fall bringen wollten. Sie hatte ihn gehen lassen. Sie war so dumm. Nie hätte sie ihn gehen lassen sollen.
,,Miss? Wollen Sie nun noch in das Flugzeug oder nicht?", hörte sie eine Stimme wie durch Watte fragen und Helen blinzelte gegen die Tränen an, hielt der Stewardess erneut wortlos das Ticket entgegen und lief dann den Gang hinunter, der sie auf den Flugplatz geleiten sollte. Eiskalter Wind schlug ihr ins Gesicht, als sie die Tür öffnete. Sibirien hatte einmal wieder den kältesten Tiefpunkt der letzten Monate erreicht. Nur war es Helen diesmal völlig gleich, als sie unter doch so klarem Himmel zum Flugzeug trat und eiskalter Wind an ihrem Mantel zerrte.
Sie hatte ihn nicht verlieren wollen. Sie hatte Bucky nie wieder verlieren wollen. Und doch, wieder war er fort. Wieder war sie alleine. Und jeder Atemzug eine Qual.
Er war beinahe aus dem Gebäude gestürzt und stand nun am Zaun. Er sah sie über den Flugplatz gehen, zusammengesunken und kraftlos. Und er wusste, er machte einen Fehler. Einen Fehler, mit welchem er sie jedoch bloß beschützen wollte. Wut und Schmerz ballten sich in seiner Magengegend zusammen, als er sie ins Flugzeug steigen sah und die Türen sich hinter ihr schlossen. Sie war der letzte Passagier gewesen. Und Bucky wünschte sich, er hätte sie nicht gehen lassen. Und doch schien es, als wäre ihm nie eine andere Wahl geblieben. Vermutlich war es auch nicht so.
Er wandte sich wieder ab, versuchte tief ein- und wieder auszuatmen. Sich zu beruhigen. Doch der Zorn war da. Wieso lief sein Leben nie, wie er es sich wünschte? Alles ist gut war nur eine Floskel, Frohsinn nur eine Einbildung und Hoffnung... Hoffnung war so schnell verschwunden, wie sie kam. Hoffnung war so leicht zu verlieren. Er hatte sie verloren. Er hatte Helen, er hatte seine Hoffnung verloren, als die Türen des Flugzeuges sich geschlossen hatten.
Finstere Gestalten zogen in seinem Verstand auf, legten sich über seine Seele, verschmähten und folterten sie, während sie schreiend und brüllend zu rebellieren versuchte. Schmerz gewann überhand und er spürte wie James Barnes immer und immer kleiner wurde. Eine eisige Faust schloss sich um sein zerbrochenes Herz und drückte zu, presste all die Splitter zusammen und veranlasste sie dazu, nur noch mehr zu bluten.
Er bemerkte nicht, wie er einen frustrierten Schrei ausstieß und auf dem kalten, gefrorenen Asphalt in die Knie sank. Seine Finger krallten sich in seine Haare, zogen daran, sein Körper bebte unter den Krämpfen der Dunkelheit, die ihn gnadenlos heimsuchte, nun wo alle Lichter in seiner Seele erloschen waren. Mit ihrem Gehen. Und er hatte es zugelassen. Er brüllte weiterhin und versuchte sich zu wehren, doch er konnte nicht verhindern, dass Schmerz und unendlicher Zorn dafür sorgten, dass die Boshaftigkeit in ihm wieder Überhand gewann. Seine Persönlichkeit rann mit der des Winter Soldiers, es war ein Kampf in seinem Verstand. Ein Kampf, den niemand sah und der doch so grausam war, dass er jedem Außenstehenden das Licht ausblasen könnte.
,,Nein... Nein, nein, nein", flüsterte er keuchend und seine metallene Faust drosch auf die Eisschicht über dem Asphaltboden ein. Sie zersprang. Genauso wie sein Verstand. Alles zersprang.
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