TWENTY FIVE
,,Waging my wars behind my face and above my throat
Shadows will scream that I'm alone"
TWENTY FIVE: November 2012
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Bucky selbst wusste im Nachhinein nicht, wie genau es ihm eigentlich gelang, den Winter Soldier soweit zurück zu drängen, dass er selbst in dem früheren Bunker Hydras, wo nun alles durcheinander stand, da er sich durch sämtliche Kisten gewühlt hatte, selbst dann noch er selbst war. Und sein Gedanke galt ausschließlich Helen, nachdem er die Akten für Hydra herausgesucht und beiseite gelegt hatte. Den Rest sollte er verbrennen, es sollte keine Zeugen, keine Hinweise geben und das wusste er. Wenn Hydra herausfand, dass Bucky sich nun auch noch anderweitig an den Aufzeichnungen der ehemaligen Nazis bediente, würde ihm noch so viel Schlimmeres drohen, als nur eine Löschung seines kompletten Verstandes.
Er durchsuchte die Akten der Mitarbeiter, doch unter dem Namen Sharpe konnte er nur die ihres Vaters entdecken. Bucky schluckte schwer, als er einen kurzen Blick hinein warf. Das Wort Beseitigt sprang ihm dabei sofort ins Auge. Hastig legte er die Mappe beiseite, eine kleine Kiste erregte seine Aufmerksamkeit und er stieg über zwei der größeren Kartons, um sie aus dem Regal zu ziehen. Sie war schwer und nicht wie die anderen aus Holz, sondern aus Eisen. Auf ihrem dunkelroten Deckel prangte das Siegel Hydras, das Zeichen des Red Skulls.
Er schluckte. Die Kiste war nicht verschlossen, doch das offene Schloss daran zeigte ihm, dass sie es eigentlich sein sollte. War jemand vor ihm hier gewesen und hatte sich ihrem Inhalt bemächtigt? Er zog den Deckel ab und ihm blieb das Herz stehen, als er ein Foto von Helen sah. Ihre Akte. Ein kleines abgegriffenes Notizbuch und ein Schlüssel befanden sich darin. Bucky schloss die Kiste wieder. Er würde sich das nicht ansehen, nicht ohne sie. Er hatte, was er wollte.
Die Akten für Hydra und die von und für Helen in seinem schwarzen Rucksack verstaut, machte er sich hastig daran, das Quartier zu verlassen. Auftrag erfüllt- allerdings nur teilweise. Weder brannte die Halle, welche er nun verließ, noch hatte er die Zeugen getötet. Er hatte Helen nicht getötet, obwohl er es eigentlich müsste. Sie wusste nun davon, dass Hydra noch immer existierte. Dass die Organisation über die Jahre hinweg selbst den Krieg überlebt hatte. Und dass Hydra noch immer die Finger im Spiel hatte.
Während seines Rückweges versuchte Bucky, diese Gedanken zu verdrängen und schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch, während er sich durch den hohen Schnee kämpfte. Es war windstill, noch immer befand sich keine Wolke am Himmel - und doch war es kalt. Selbst wenn er diese Reize anders als gewöhnliche Menschen wahrnahm, fror er in diesem Moment. Vermutlich weil er sich davor fürchtete, was in Helens Akte stehen würde. Sicherlich hatte es einen Grund gegeben, weshalb man sie so sicher verwahrt hatte. Weshalb sie eine eigene Kiste bekommen hatte - versiegelt und verschlossen, zumindest eigentlich.
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Helen kam zu sich, weil sie das Schleifen einer Tür auf dem Holzboden und dann polternde Schritte hörte. Stöhnend blinzelte sie, damit ihr Sichtfeld scharf wurde und versuchte angestrengt, sich aufzusetzen. Ihre Schläfen hämmerten und als sie versuchte, auf die Beine zu kommen und sich am Waschbecken hochzuziehen, waren ihre Knie weich wie Butter. Schwach sackte sie wieder zusammen, zog die nackten Beine an sich ran und drückte keuchend ihre Stirn an ihre Knie. Tief durchatmen. Ein, aus... Ein. Aus.
,,Helen?" Es war Bucky. Zaghaft klopfte er an die Badezimmertür und Helen konnte kaum in Worte fassen, wie sehr es sie erleichterte, dass er auf seiner Mission noch er selbst geblieben war. ,,Geht's dir gut?", setzte er nach und Helen schniefte leise. ,,Es ist offen", flüsterte sie und Bucky drückte langsam die Badezimmertür auf. Sorgenvoll musterte er sie, als er sie auf dem Fliesenboden kauern sah und bemühte sich keinen all zu langen Blick auf ihre entblößte Haut zu werfen. Sie war wunderschön. Es war schwer, sie in solchen Momenten aus Respekt und Höflichkeit nicht zu lange anzusehen.
,,Was ist passiert?", fragte er leise und sank neben ihr in die Knie. Seine rechte, warme Hand berührte ihre Schulter und Helens Augen fixierten das Metall seiner Prothese. Es wirkte beinahe beruhigend, wie es im dämmrigen Licht der langsam schwächer werdenden Glühbirne schimmerte. Auf eine gefährliche Art und Weise. Eine Art und Weise, welche Helen eigentlich nicht beruhigen sollte. Und es dennoch tat.
Ihre Stimme zitterte, als sie zum Antworten ansetzte. ,,Ich bin mir nicht sicher", sie räusperte sich, ihre Stimme war brüchig und nachgiebig, ,,ich bin einfach zusammengeklappt, mir war ganz eigenartig. Und diese Kopfschmerzen... Gott, Bucky! Was stimmt nur nicht mit mir?", stieß die junge Frau mit einem Schnaufen hervor und vergrub zittrig das Gesicht in den Händen. Ihre Schultern bebten und Schluchzer krochen ihre Kehle hinauf, doch es kamen keinerlei Tränen. Vermutlich hatte sie diesmal zu viel Angst zum weinen. Oder einfach nicht mehr länger die Kraft dazu.
Der eigentliche Winter Soldier und somit die Faust Hydras räusperte sich. So viel Liebevolles hätte man ihm nicht zugetraut, hätte man ihn auf seinen Missionen, fern von sich selbst gesehen. Sanft strich er der jungen Frau an seiner Seite nun über den Rücken. ,,Ich bin losgegangen, damit wir das herausfinden, hm? Und jetzt bin ich wieder da. Du musst es also nicht alleine tun", antwortete er leise, in sanftem Tonfall. Helens Lippen zitterten, als sie sein Lächeln zu erwidern versuchte.
Bucky griff nach einem der Handtücher und legte es Helen um die Schultern. Ihre Haare waren noch feucht, kleine Tropfen lösten sich aus den angetrockneten, welligen Spitzen und rannen ihre Schultern hinab, als sie zitternd den Frotteestoff des Handtuchs enger um ihren Körper zog. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie frisch es eigentlich in dem Badezimmer war. Wie sehr sie fror, obwohl sie sonst bereits trocken war. ,,Der Kamin ist noch gerade so an. Ich lege dir gleich Holz nach, ja?", meinte Bucky, als er sie mit Leichtigkeit auf seine Arme hob und zum Sofa trug.
Er hatte Mitleid mit ihr. Denn ein Teil von ihm, vermutlich gehörend zum Winter Soldier, wusste, dass Schockierendes in der Akte stehen musste. Hydra verwahrte nur besondere Fälle so streng. Zum Beispiel seine Eigene. Er hatte den Namen James Buchanan Barnes nur ein einziges Mal in einer der Karteien lesen können und bevor er hatte überlegen können, war der Schrank von einem der Professoren wieder verschlossen worden. Er wusste noch genau, wie merkwürdig es sich kurz nach seiner Löschung angefühlt hatte. Er hatte diesen Namen gekannt, es hatte ihm auf der Zunge gelegen. Doch nie war ihm in den Sinn gekommen, wer dahinter steckte. Dass es sein eigener war. Bis jetzt.
Mit Vorsicht setzte er die junge Frau nun in das Polster des Sofas und legte erst das Feuerholz nach, ehe er die Kiste aus seinem schwarzen Rucksack zog und sich an ihre Seite setzte. Er zögerte zuerst noch, ehe er sie aber doch in ihren Schoß legte.
Helen schluckte hart, als ihr das Siegel Hydras förmlich vom Deckel der hölzernen Kiste entgegen sprang. Sie fühlte sich rau auf ihren nackten Schenkeln an und ihr wurde mulmig, als sie langsam den Deckel abzog. Ein Notizbuch, eine schmale Akte. Es war offenkundig nicht sehr viel, das man dokumentiert hatte. Eigentlich hatte sie sich ja auch achtundsechzig Jahre in der Kryostase befunden. Wenn man nach Shield ging, zumindest, welche einfach nur nach ihrer Identität Jahreszahlen berechnet hatten.
Doch was wenn das nicht stimmte und sie sich bloß nicht daran erinnerte, schon einmal geweckt worden zu sein?
Sie sah Bucky kurz an, als er ihre Schulter berührte. ,,Ganz gleich, was da drin steht. Es ändert nur wer du bist, wenn du es zulässt. Du bist Helen Sharpe - du bist rein und gütig. Und alles was sich in dieser Akte befindet, bist nicht du. Es ist Hydra", meinte er ernst und Helen nickte. Ihre Unterlippe begann zu beben, ihr Herz schlug bei den Worten des ehemaligen Sergeant der 107. einige Takte schneller. Sie zog die Mappe unter dem Büchlein hervor und ihre Hände zitterten, als sie diese öffnete.
Schnell wurde ihr beim Blättern bewusst, dass jemand Seiten entfernt hatte. Unsauber waren sie herausgerissen worden. Es gab nicht viel, das Helen nun aus den Informationslücken filtern konnte. Nur ein Protokoll gab ihr ein wenig mehr von dem, was sie wissen wollte. Der Rest bestand aus Tabellen und Kardiogrammen. Wer hatte sie untersucht? Ihre Gehirnströme waren verfolgt worden. War Hydra in ihren Kopf eingedrungen?
Die Probantin war ruhig, ihr Kreislauf ist stabil. Sie zeigt in dieser Nacht keinerlei Verhaltensauffälligkeiten. Die Infusion ist nach Fixierung der Probantin erfolgreich eingelaufen, das neu entwickelte Serum von Doktor Zola scheint Wirkung zu zeigen.
Verfasst von Robert Sharpe, wir schreiben den 21. Januar 1947, es ist nun, wo ich den Wachposten an Doktor Parson übergebe, 05:27 Uhr -
Helen spürte, wie ihre Brust sich zuschnürte. Ihr Vater hatte mitgeholfen, sie zu verändern? Weshalb hatte Hydra damit drei Jahre nach dem Einsetzen der Kryostase begonnen und warum konnte Helen sich an nichts von alldem erinnern? Mit einem erstickten Keuchen schmiss Helen die Akte von sich fort. Sie landete mit einem fiesen, beinahe spöttischen Laut auf den Holzblanken des Hüttenbodens.
Bucky rückte näher an sie heran, doch sie nahm nicht wahr, dass er mit ihr redete, nach ihren Händen griff und versuchte, sie zu beruhigen. Ihre Welt verschwamm, Tränen über Tränen rannen nun ihre Wangen hinab. Wer war sie? Was hatten die Nazis ihr angetan? Was war es, das Doktor Zola ihr hatte geben lassen?
Sie kam sich so schmutzig vor - und das, obwohl sie gerade eben erst geduscht hatte. Sie konnte nun verstehen, wie Bucky sich fühlen musste. Warum hatte man ihr das angetan? Wieso hatte ihr Vater es nie verhindert? Helen stieß die Kiste von ihrem Schoß. Das Aufknallen des Metalls holte ihren Verstand wieder in die Realität zurück. Schweratmend sah sie Bucky an, die Augen vor Schreck geweitet.
,,Was auch immer es ist, es bist nicht du, Helen!", meinte er fest und sie erinnerte sich, das hier auch schon einmal für ihn getan zu haben. Damals in seiner Zelle, als sie mit Pflaumen, Karten und seiner Kette versucht hatte, seinen Verstand immer wieder zurück zu holen. ,,Es bist nicht du", setzte er energisch nach und Helen stieß hektisch angehaltene Luft aus. ,,Ich hab Angst, James. Ich hab so schreckliche Angst vor mir selbst", schluchzte sie dann und er zog sie schweigsam an seine Brust, schlang seine Arme um ihren bebenden Körper.
,,Die musst du nicht haben, du bist kein Monster, Helen. Ich halte an dir fest, du an mir. Wir halten einander und dann wird Hydra uns nie wieder etwas anhaben können, okay? Beruhige dich... Wir finden heraus, was sie dir angetan haben, hörst du? Wir finden es heraus. Und wir werden alles tun was überhaupt möglich ist, um es rückgängig zu machen. Ich bin hier, Helen. Du bist in dieser Welt nicht alleine - und solange ich lebe, schwöre ich, wirst du es niemals sein", hauchte er, küsste ihre Stirn, ihre Schläfen. Übersäte ihre blasse Haut mit Küssen.
Er wusste, seine Worte hatten keinerlei Sicherheit. Hydra würde sie immer wieder brechen können und es gab keine Chance, vor dem Verlust ihrer selbst weg zu laufen. Doch ihnen blieb noch etwas Zeit, einige Stunden. Und in dieser Zeit wollte er sowohl sich selbst, als auch Helen einreden, dass Hydra sie beide niemals wieder verletzen würde.
Auch wenn offenkundig in der Luft lag, dass es nicht so war.
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Hallo!
So jetzt hab ichs endlich auch wieder geschafft, man hab ich das hier vermisst. Leider hatte ich letzte Woche ne sehr harte Phase Liebeskummer - und hab jetzt am Samstag angefangen, mein FSJ im Krankenhaus zu machen. Macht wirklich ziemlich Spaß, aber müde und geht aber auf die Fußballen... Ich glaube sie sind tot. :D
Naja... Was sagt ihr zum Kapitel? Was haltet ihr von Helen? Bucky? Hydra? Kleiner Zwischenstand an Feedback zur bisherigen Storyline vielleicht? Die Kommentarbox ist offen- und vorfreudig!
Widmung geht an ToastBrot154 - danke für so liebes Feedback, deine Votes und dass du meine Leserin geworden bist! Ich hoffe, ich kann dich weiterhin überzeugen.
Alles mögliche liebe, eure Mary
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