Die Zeremonie (3)

Ich ging wieder raus zu Noah und band mein langes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen. Noah sah mich kommen. Er hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und wartete geduldig. Er verfolgte mit den Augen jeden meiner Schritte und betrachtete meine Kleidung. steht dir.", sagte er bloß und lächelte. Ich schnaubte um zu verbergen, dass ich mich geschmeichelt fühlte. hör auf zu schleimen.", stichelte ich und sah die Straße hinunter. Man konnte zwischen den Häusern bereits das Licht des großen Feuers erkennen, das für die Zeremonie errichtet wurde. Die Straßen wurden freier, da sich alle nun nach und nach ins Zentrum begaben, um nichts von den Feierlichkeiten zu verpassen, und wohl auch um noch einen annehmbaren Platz zu ergattern. ,,Was geschieht als nächstes?", fragte Noah, und tatsächlich strahlte er ein wenig Unsicherheit aus. Ich war froh darüber. Diese unheimliche Gelassenheit war mir nicht geheuer. ,,Das erfährst du noch.'', antwortete ich bloß und ließ ihn zappeln.

Baris kam nun zu uns. Auch er hatte nun seine Menschengestalt angenommen. Seine schwarzen Locken gingen ihm fast bis zu den Schultern. Seine Haare ähnelten meinen, weshalb viele im ersten Moment glaubten wir wären verwandt. Die Tatsache das wir beide Wölfe waren, stütze diese Vermutung nur noch mehr. Doch im Gegensatz zu mir, war er ein Riese. Es gab kaum jemanden, der nicht zu ihm aufschauen musste. Er hatte breite Schultern und war allgemein sehr muskulös. Er hatte mal eine perfekte gerade Nase, doch dann wurde sie ihm ein ...oder paarmal, zu oft gebrochen. Ansonsten hatte er ein irgendwie perfektes Gesicht. Auf viele wirkte er einschüchternd, und verdammt viele Frauen warfen sich an seinen Hals. Was auch der Grund für seine krumme Nase war. Die anderen Männer fühlten sich von ihm bedroht und Baris war nicht dafür bekannt einem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Doch abgesehen davon, war er ein sehr zurückhaltender Mensch. Doch trotz all der Frauen, die sich ihm schamlos an den Hals warfen, ließ er sich nie auf eine von ihnen ein. Seid seine Frau vor drei Jahren gestorben war hatte er niemanden so wirklich an sich herangelassen. Außer vielleicht mich. Einige eifersüchtige Frauen verbreiteten gerne Gerüchte über mich und ihn. Doch es gab nie Grund zur Eifersucht, denn so würde es nie zwischen uns sein. Er war mein Meister und mein Mentor, jedes Gefühl das über Freundschaft und Familie hinaus ging erschien mir einfach absurd. Außerdem war er beinahe zehn Jahre älter als ich. Zudem war Baris für jede unerreichbar.

Wie es aussah hatte Baris, alle Neulinge eingesammelt. Er sagte zu Noah er solle ihm Folgen und ich blieb zurück. Noah warf kurz einen fragenden Blick zu mir zurück als wolle er sagen: Und was ist mit dir?

Ich rang um ein ermutigendes Lächeln und wandte mich dann wieder ab. Ich machte mich auf den Weg zum Verwaltungsgebäude, um mich als seine Meisterin anzumelden, ehe es zu spät war.

Semisis wartete dort, und nahm sozusagen die Bewerbungen an.

Ich war ziemlich spät für die Bewerbung. Die Meister sollten zu Beginn für den Lehrling Anonym bleiben, das hieß wir waren verhüllt. Sie durften nicht erfahren wer wir waren, bis zum Ende der Ausbildung. Wir waren ihre leitende Stimme, kein Gesicht, keine person. Sie durften keine tiefere Bindung zu und Aufbauen. Das könnte sie schwach machen, und uns auch. Ich hatte schon mehr mit Noah gesprochen, als die meisten von uns mit den neuen sprachen. Doch das wusste niemand. Wir trugen während der Ausbildung eine Maske, welche unter einer Kaputze unseres Umhangs nichts als Dunkelheit preisgab. Ich war an der Reihe.

Ich biete mich als Nasriel Meisterin an.", sagte ich Was soll dein Meister-Name werden?" Ich überlegte, tatsächlich hatte ich mir darüber keine Gedanken gemacht. Ich beschloss einfach Baris' alten Namen zu verwenden. Shadowfang." Gut", sagte Semisis trocken.

Der Nächste!"

Auf dem riesigen Platz war jetzt alles voll und in der Mitte stand ein hohes Podest. Es glich beinahe einem Schafott. Das mussten auch die Schüler denken, denn manche sahen aus, als würden wie sich vor Angst gleich übergeben. Nur Noah nicht. Natürlich nicht. Er sah sich nur ständig um, dann sah er mich und wirkte etwas erleichtert. Seine Erleichterung rührte mich ein klein wenig, doch ich versuchte dieses warme Gefühl beiseite zu schieben. Dafür war kein Platz. Ich winkte ihm zu und Grinste ein wildes Grinsen um ihm ein wenig Angst zu machen. Allerdings erfolglos. Er winkte nur grinsend zurück und die anderen Neulinge sahen ihn an als habe er den Verstand verloren. Naomi stand gleich neben ihm und folgte seinem Blick, bis auch sie mich entdeckte. Der jüngste stand ganz am Rand und starrte unablässig vor sich auf die Holzbalken. Langsam bekam ich ehrlich Mitleid mit ihnen. Jemand sollte sie erlösen und ihnen sagen, dass für sie keine Gefahr bestand... noch nicht. Da betrat Meletee das Podest mit Stolz erhobenem Haupt und einer golden funkelnden Krone auf ihrem ebenso goldenen Haar, das sie Kunstvoll hatte flechten lassen. Sie trug ein Rotes Kleid mit Goldenen Verzierungen die sich ihre Arme entlang schlängelten. Sie sah aus wie eine wandelnde Flamme. Meletee war unsere Königin. Sie würde verkünden, wer die Meister der Neulinge wurden. ,,Willkommen!", begann sie mit kraftvoller, melodischen Stimme. Das wunderschöne Gesicht zum Himmel gerichtet. Die Menge verstummte. Mit einem unergründlichen Lächeln wandte sie sich an die Schüler. ,,Willkommen, Schüler, in unserer ewigen Nacht!" Sie hob die Arme. Die Menge begann zu heulen und allerlei tierische Laute von sich zu geben, wie in den Momenten, als sie unser Reich betreten hatten. Auch ich hob die Hände an den Mund und Jaulte. Selbst in meiner Menschengestalt, klang mein jaulen täuschend echt. ,,Ihr würdet auserwählt. Auserwählt euch uns anzuschließen in unserem unerbittlichen Kampf gegen das alles verschlingende Licht. Ihr werdet lernen, die Gaben die tief in euch Schlummern, zu beherrschen. Um alle Wesen, und auch die Menschen, so lange ihr könnt vor dem unvermeidlichen Licht zu verschätzen." Die Neulinge sahen sich verwirrt an. Natürlich waren sie verwirrt. Was Meletee sagte widersprach dem was sie über Licht wussten. Für sie war Licht etwas Gutes und die Dunkelheit das, was alles verschlang. Sie konnten nicht verstehen was Meletee meinte, das zu erklären wurde den Meistern überlassen, da niemand es wagte Meletee dahingehend zu belehren. Sie war hier geboren, sie wusste nicht, was Menschen mit ihren Worten verbanden. ,,Doch dafür braucht ihr einen Meister.", verkündete sie lächelnd. Somit ging der Trubel los. Noahs Blick huschte wieder zu mir, doch ich beeilte mich schnell in der Mensche zu verschwinden. Alle, die sich als Meister beworben hatten gingen unauffällig hinter das Podest, wo ein großes Zelt aufgebaut wurde. Durch die Aufregung die automatisch ausbrach, bemerkte man kaum, wie einer nach dem anderen, mit gesenktem Haupt, in das Zelt schlüpfte. Wenn man Meister werden wollte, war das keine Spontane Entscheidung, man musste sich vorbereiten. So etwas entschied man nicht einfach. Man musste sich das gut überlegt haben. Es war keine leichte Aufgabe und die Ausbildung kein Zuckerschlecken. Es würde nicht zu wenige Augenblicke geben in denen sich Noah meinen Tod wünschen würde. Falls ich seine Meisterin wurde... im Zelt war es ruhiger. Die potentiellen Meister waren absolut ruhig während sie ihre Robe von der Leine nahmen. Ich entdeckte Nero, welcher mir verhalten zu lächelte. Ich nickte ihm zu und bahnte mir dann meinen Weg und nahm auch meine Robe, oder eher meinen Anzug und schnürte ihn um die Hüfte fest. Jeder hatte seine Robe selbst entworfen. Doch sie durfte nicht zu individuell sein. Meine war aus dunklem, braunem Leder das sich eng an meinen Körper schmiegte, wie eine zweite Haut. Um den Brustkorb war schwarzes Fell vernäht. An der Kapuze waren Wolfsohren Befestigt. Es könnten genauso gut die Ohren eines Bären oder sonst eines Tieres sein, was der einzige Grund war, warum ich sie dran lassen durfte. Nachdem ich den Anzug in einer Ecke übergestreift hatte, legte ich mir meinen Mantel um und Nahm mir eine der vielen schwarzen Masken, sie bereits bereit lagen. Sie verhüllten alles. Den Mund die Augen, alles war von schwärze bedeckt. Ich konnte problemlos sehen, doch ein Zauber sorge dafür das man die Stimme nicht mal mehr einem Geschlecht zuordnen konnte. Zuletzt band ich mein Haar zu einem dicken Knoten im Nacken zusammen und Zog mir die Kapuze über.

Draußen hörte ich, wie Meletee begann, die Meister zu verkünden Menes!" Ich lugte an dem Tuch vorbei und sah wie Sophie aufsah. An den neuen Namen gewöhnte man sich nicht so schnell. Bitte tritt vor!", rief Meletee, zögerlich trat das Mädchen vor Dein Meister ist... Blackstone!" Die Meisterin trat vor. Ich hatte sie gesehen als sie ihren Umhang anzog daher wusste ich das es eine Frau war. Doch ich kannte ihren Namen nicht.

Noah wurde als vorletzter aufgerufen. Es waren noch sieben andere Bewerber da. Ich hoffte wirklich sehr, dass ich endlich eine Meisterin wurde, schon seit drei Jahren hatte ich mich jedes Jahr beworben. Andererseits gab es auch viele die sich noch öfter als ich beworben hatten. Nasriel, dein Meister wird..." Ich atmete tief durch Shadowfang!" Ich musste mich halten um mir meine Freude und Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Ich schaffte es, mit Würde das Podest zu betreten. Dann trat ich vor ihn und stellte den linken Fuß hinter den rechten, verneigte mich mit ausgestrecktem Arm und Handfläche nach oben. Er machte mir nach, er hatte wahrscheinlich jetzt oft genug die Verbeugung bei den anderen sehen können, denn er machte sie ohne zu zögern und fehlerlos. Er starrte die schwarze Maske an. Man konnte kaum sehen das es eine Maske war. Vermutlich kam sie ihm eher vor wie ein endlos tiefes schwarzes Loch. So endlos wie seine Augen. Nun wusste er wenigstens wie sich das anfühlte. Ein Glück, dass man hinter dem Tuch nicht mein Grinsen sehen konnte.

Wir wandten uns wieder der Menge zu und ich stellte mich hinter ihn und legte die behandschuhte Hand auf seine Schulter. Meletee verkündete jetzt den letzten Meister und die Gemeinschaft löste sich auf. Die Menschen begaben sich zurück ans Feuer und die Musik erklang von neuem. Ich gab Noah mit der Hand ein Zeichen, dass er mir folgen soll. Wir schlängelten uns durch die Massen und entfernten uns vom Zentrum. Als es ruhiger wurde und die Wege weniger belaufen, drehte ich mich zu ihm um. Ich hatte noch nie mit der Maske gesprochen, deshalb musste ich meinen eigenen Schrecken über meine völlig veränderte Stimme verbergen. Es ist Brauch, dass der Schüler dort wohnt, wo auch der Meister wohnt. Heute werde ich dir nichts beibringen. Ich werde dir erstmal zeigen, wo du wohnen wirst. Heb dir deine Fragen für den Schluss auf."

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