Die Feste (2)

Baris und ich jaulten auf, als Zeichen der Willkommenheißung.

Auch die anderen hinter uns stimmten ein. Dieser Klang war wie Musik in meinen Ohren. Mein Heulen war lauter und voller als das der Anderen. Es stach deutlich heraus. Ich ging zu dem Jungen und sah ihm in die Augen Wie ist dein Name?" Noah", antwortete er kurz. Wir sahen zu der schwarzen Eule, die an der Brücke saß. Sie war unsere älteste. Sie empfing die neuen Namen, für diejenigen, die sich für unsere Seite entschieden. Wir wussten nicht von wem oder was sie die Namen empfing, doch sie behauptete nur sie flüsterten sie ihr zu. Ab heute sollst du Nasriel heißen." Ich sah ihn bedauernd an. Das war nicht unbedingt ein schöner Name. Ich trat näher an ihn heran. Keine Sorge", flüsterte ich ihm zu Du kannst trotzdem noch Noah genannt werden, wenn dir das lieber ist. Aber dein richtiger Name in dieser Welt wird eben Nasriel sein." Er nickte. Komm." Ich trat wieder zurück und er stellte sich zögerlich neben mich. Baris sprach nun auch mit den anderen Auserwählten, genauso wie Nemesis. Das klingt jetzt sicher merkwürdig, aber könnte ich dein Fell berühren?", fragte Noah leise. Ich sah ihn verdutzt an. Soll das ein Witz sein? Wieso das denn?", erwiderte ich. Man konnte deutlich hören das mir die Frage ganz und gar nicht passte. Ich war kein verdammter Hund den man streicheln konnte. Um mich zu vergewissern, dass du real bist.", antwortete er ernst. Er hatte Angst, nicht so viel wie die Anderen, aber dennoch... Er wäre verrückt, hätte er keine Angst. Wäre ich in meiner menschlichen Gestalt, würde er mir mein Unbehagen deutlich ansehen können.

Okay... aber nur ausnahmsweise.", gestattete ich ihm widerwillig. Ich schielte zu Baris und hoffte, das er nicht her sah. Noah hob die Hand und strich mir sanft über den Rücken. Dein Fell fühlt sich... echt an... so fest... und doch weich...", murmelte er. Ich trat unbehaglich einen Schritt von ihm weg und seine Hand glitt hinunter. Ich würde es nie zugeben, ich wusste warum Hunde gerne gestreichelt wurden. Doch es ging um Respekt. Ich war kein Hund, also würde ich mich auch nicht so behandeln lassen. Die Tatsache das ich zurückgewichen war, schien ihn etwas mutiger zu machen und er rückte einfach etwas auf. Beinahe hätte ich gelacht. Wenn der große böse Wolf vor ihm zurückwich, wieso sollte er sich dann fürchten? Ich spürte wie seine Anspannung nachließ und er sich beruhigte, das war der einzige Grund, warum ich ihn nicht darauf hinwies, dass er mir zu nahegekommen war.

Ich wusste noch wie es damals für mich war. Ich hatte so unglaubliche Angst, dass ich einen kurzen Moment darüber nachgedacht hatte, einfach zu springen um aufzuwachen. Doch ich wäre nicht aufgewacht, und ich war froh das ich es nicht getan hatte. Ein Mädchen mit dunkelblondem Haar, trat auf unseren Boden. Ich legte den Kopf in den Nacken und wir heulten erneut auf. Baris fragte sie, wie sie hieß. Ihr Name War Naomi. Und zu meiner Verwunderung, war dies auch in dieser Welt ihr Name. Das war ungewöhnlich, doch manche Menschen waren offener für das übernatürliche und allgemein feinfühliger. Da kam es schon mal vor, dass sie ihrem Kind einen besonderen Namen gaben. Den ursprünglichen Namen ihrer Seele.

Naomi, war schüchtern, doch auch sie schien die Feinfühligkeit ihrer Mutter oder des Vaters zu besitzen.

Noah winkte sie zu uns und sie stellte sich dankbar neben ihn. Du hast mir deinen Namen nicht verraten.", stellte er fest. Bangilin, doch die meisten nennen mich bloß Bangi." Noah sah mich mit seinen dunklen Augen an. Er sah aus als würde er über etwas grübeln. Er hatte ein wirklich schönes Gesicht... schwarze Locken, volle Lippen und hohe Wangenknochen die beinahe einen Schatten auf seine helle Haut waren. Diese dunklen Augen, die einem das Gefühl gaben in eine unendliche Tiefe hinein zu blicken, waren von dichten schwarzen Wimpern umgehen. Sein Blick hatte etwas so Intelligentes, als wäre er es gewohnt mit ihm jeden Menschen sofort zu durchschauen. Doch nun grübelte er, was mich irgendwie stolz machte. Ich war nicht so leicht zu durchschauen. Seine Mundwinkel zuckten und er wandte sich wieder der Brücke zu.

Es kamen noch Neun weitere auf unsere Seite. Tatsächlich waren das mehr als gewöhnlich. Eine freudige Stimmung breitete sich in unseren Reihen aus. Außer bei Naomi wurden alle Namen geändert:

Sophie, ein großes, dürres Mädchen mit langem, braunem Haar, wurde zu Menes.

Cindy, eine kleine, sommersprossige rothaarige wurde zu Moria.

Will, ein junger Mann mit ängstlichen blauen Augen und Straßenköter blondem Haar wurde Xemerius,- auch kein beneidenswerter Name.

George ein großer Junge, oder eher Mann wurde Geras. Melinda, eine kurz haarige Brünette zu Ivy.

Franklin, ein dunkelhaariger mit Brille, wurde zu Karos.

Claudia, blondes geflochtenes Haar, wurde zu Nemise, Angelina zu Penelophe und Samuel, der jüngste von ihnen, zu Siem.

Ich konzentrierte mich nicht wirklich auf die neuen. Meine Gedanken lenkten sich wieder und wieder unwillkürlich auf Noah. Denn ich war mir nun sicher. Ich wollte seine Meisterin werden. Doch das war nicht so einfach. Auch wenn wir diesmal mehr Schüler hatten, zu viele wollten bereits seit Jahren Meister werden.

Es war eine große Ehre Meisterin zu werden, doch es war wichtig den richtigen Schüler zu wählen. Da er der erste war der unsere Seite betrat hatte er viel Aufmerksamkeit erweckt. Ich würde nicht die erste sein, die sich als seine Meisterin anmeldete. Alle Entscheidungen waren gefallen und beide Seiten machten sich nun auf den Weg, um in die Stadt hinter ihren Mauern zu flüchten. Baris rief Naomi zu sich, sie zuckte zusammen, die braunen Augen vor Schreck weit aufgerissen. Er ließ sie auf seinen Rücken steigen. Missmutig beobachtete ich wie sie auf seinen Rücken stieg, als wäre er ein Pferd. Ein paar andere machten das auch. Doch die anderen Neulinge mussten laufen, da ihr vorläufigen Begleiter nicht groß genug für einen Ritt war. Zugegeben, die Feste war auch nicht gerade nah. Ich seufzte, wenn ich ihn laufen ließ, musste ich bei ihm bleiben und es würde ewig dauern bis wir ankamen.

Na los, steig auf.", forderte ich ihn, etwas gereizt, auf und legte mich hin, sodass er sich leichter auf meinen Rücken setzen konnte. Er beäugte mich kritisch und ich schaffte es nicht seinem Blick Stand zu halten. Diese Tatsache ärgerte mich, doch ich konnte es nicht ändern. Sicher?'' Ja, ich habe keine Lust erst Morgen bei der Feste anzukommen. Und glaub mir, du willst nicht laufen.", entgegnete ich. Er grinste schief, kam näher, grub die Hände in mein schwarzes Fell und sprang mit überraschender Leichtigkeit, auf meinen Rücken. Ein Glück, das wir wirklich große Wölfe waren. Immerhin groß genug, dass man nicht zu und herab sehen musste.

Sicher das ich nicht zu schwer bin?", erkundigte er sich. Ich lachte auf. Wenn er wüsste wie stark wir waren... wie stark er womöglich sein würde. Ich stand auf, und ich spürte wie er erschrocken seine Hände fester in mein Fell grub. Drück die Beine an meine Seite und halt dich gut fest.", wies ich ihn an.

Tut es nicht weh, wenn ich mich an deinem Fell festhalte" Ist ja süß! Er hatte Angst mir wehzutun! Ich lachte erneut. Nein, greif richtig fest zu. Wir wollen ja nicht, dass du runterfällst." Sobald ich das Gefühl hatte, dass sein Griff fest genug war, lief ich los.

Baris war jetzt schon weiter vorne, aber ich war schnell, nein, ich war verdammt schnell. Der Wind peitschte mir ins Gesicht, als ich über der Erde hinweg Jagte, als versuche ich abzuheben. Ich kam Baris immer näher. Er sah sich um. Es überraschte ihn sicher nicht, mich ihm nachjagen zu sehen. Er beschleunigte, offenbar dumm genug meine Herausforderung anzunehmen. Doch auch wenn er einst mein Meister gewesen war, er musste wissen das er mich in einem Rennen nicht besiegen konnte. Nicht mehr. Noah schien das Rennen bemerkt zu haben, er änderte seine Position. Er beugte sich weiter vor, seine Beine drückten etwas fester in meine Flanken und seine Hände gruben sich mit eisernem Griff tiefer in mein Fell. Er hatte keine Angst, das spürte ich. Er genoss die Geschwindigkeit und drückte sich dicht an mich um, mich nicht zu bremsen.

Lachend, wurde ich immer schneller, bis ich direkt neben Baris war. Naomi sah mich mit großen, verängstigten Augen an. Krampfhaft hielt sie sich an Baris fest, als fürchte sie, jeden Augenblick hinunter zu stürzen. Ich grinste schelmisch und rauschte an Baris vorbei. die Mauer kam immer näher, und die Wachen ließen das schwarze Tor runter. Die Feste war viel gigantischer als es in der Ferne den Anschein hatte. Ihre Türme ragten bis in schwindelerregende Höhen hinauf.

Ich preschte durch das Tor und weit hinter den gewaltigen Mauern erschienen hunderte Häuser, welche eine Stadt, gefüllt von flammenden Lichtern, bildeten. Berauschende Musik erklang, mit der die Bewohner tanzend die Ankunft unserer neuen Schüler feierten.

Ich kam beinahe gleichzeitig mit einem schwarzen Panther zum Stehen. Du hast mich fast beeindruckt, Bangi. Das war mit Sicherheit dein Rekord." Jetzt wusste ich wer es war. Wenn, dann war es der Rekord.", korrigierte ich verächtlich. Die Schnauze des Panthers verzog sich zu etwas wie einem Grinsen und entblößte scharfe Reißzähne. Ein Junge, ich vermutete es war Will, der mit den angsterfüllten blauen Augen, saß auf Neros Rücken. Er wirkte etwas grünlich und ich fürchtete schon, er würde sich übergeben. Noahs Griff hatte sich gelockert sobald ich langsamer geworden war. Er verhielt sich, als wäre diese Geschwindigkeit und diese Gefahr absolut nichts Neues für ihn.

Ich wusste nicht, dass du auch zum Empfang gegangen bist."

Ja, ich habe mich in letzter Sekunde doch endschieden hinzugehen.", erklärte er, und schwang sich auf die Hinterpfoten. Der Junge rutschte unsanft vom Rücken der großen Katze und fiel auf den Rücken. Ich bekam etwas Mitleid, doch sagte nichts. Im nächsten Moment hatte er auch schon seine Menschengestalt angenommen. Ich hörte Noah überrascht die Luft einziehen. Will, der sich gerade aufgerappelt hatte, fiel beinahe zurück zu Boden. Nero war ein ziemlich großer, dünner, junger Mann. Obwohl er sich in eine große schwarze Katze verwandeln konnte und manchmal dazu neigte etwas ruppig zu sein, konnte er doch keiner Fliege was zu leide tun.

Er hatte kurze dunkelbraune Haare, ein kantiges Gesicht und große runde, überraschend kindliche, Augen.

Zu denen, wie er häufig zufrieden feststellte, noch Niemand nein sagen konnte. Er trug, einen Ledermantel, der einem Bademantel ähnelte. Leder verwandelte sich, zu unserem Glück, mit uns. Das ersparte uns einige unangenehme Situationen.

Du kannst jetzt von mir runtergehen Noah", forderte ich ihn auf Bin schon unten." Sein Tonfall war eindeutig heiterer, als es der aller anderen gewesen wäre nach solch einem Ritt. Er ließ sich von meinen Rücken gleiten und stellte sich vor mich. Geh lieber ein paar Schritte zurück", warnte ich ihn. Dann stellte ich mich, wie zuvor Nero, auf die Hinterpfoten. Wenn ich so stand überragte ich Noah um Längen, doch er schaute nur fasziniert zu mir auf. Wieso hatte er keine Angst?

Meine Knochen verschoben und verformten sich. Das Fell verschwand, und in der nächsten Sekunde war ich auch ein Mensch und grinste Noah und Nero wölfisch an.

Noah stand der Mund offen. Endlich eine Reaktion die ich auch erwartete. Nero lächelte nur zurück.

Gut ich gehe mich mal umziehen, solltest du auch tun, ich finde es ist heute ziemlich frisch." Er deutete mit einem vielsagenden Blick auf meine spärliche Leder-Bekleidung. Es war kaum Mehr als schwarz glänzende Unterwäsche von der ein paar Fetzen herab hingen. Ich stemmte die Arme an die Hüften und sah die drei jungen Männer herausfordernd an. starrt gefälligst woanders hin!", Nero legte den Kopf in den Nacken und lachte Schallend. Nichts leichter als das Bangi!" Ich zwinkerte ihm zu. Ja sicher." Als ich zu Noah blickte, sah dieser tatsächlich mit leicht geröteten Wangen zu Boden. Ich unterdrückte ein erneutes Grinsen. Auch wenn vermutlich keiner von uns gerne Splitter Faser Nackt vor den Anderen war, so war unser Volk nackte Haut doch gewohnt. Unsere ewige Nacht war warm, selbst ohne Sonne. Dies verdankten wir einem Vulkan. Er erwärmte die Erde und alles um uns herum seit Tausenden von Jahren. Die ältesten behaupteten, dass er erst ausbrechen würde, wenn wir in unserer Bestimmung versagten.

Nero und ich zogen uns gerne gegenseitig auf, doch wir wussten beide, dass keiner von uns es je böse meinte.

Gut ich mache mich jetzt auf dem Weg. Wir sehen uns später Bangi. Lass dir nicht zu viel Zeit mit dem Anmelden!" Damit drehte Nero sich um und verschwand in der immer größer werdenden Menge um uns herum. Inzwischen waren auch die anderen angekommen. Noah sah mich nun wieder an, den Kopf neugierig schief gelegt mit einem so durchdringenden Blick, dass ich mich tatsächlich nackt fühlte. Was?", fuhr ich ihn etwas zu harsch an. Dachtest du, ich wäre ein einfacher sprechender Wolf?" Nein, dassdas ist es nicht. Mir war schon irgendwie klar, dass du ein Mensch bist... mehr oder weniger, es ist nur..." Er sah zu Boden ,,Ich habe nicht erwartet das du so aussiehst." Er sah mir in die Augen und mir wurde heiß. Sein Blick verriet deutlich was er mit, so, meinte. Ich konnte mir nur mit Mühe ein geschmeicheltes Lächeln verkneifen.

Ich räusperte mich Ähm, danke? Ich hole mal meine Sachen und zieh mich um. Warte hier.", wies ich ihn an. Die Tatsache das ich ihn allein ließ schien ihm nichts aus zu machen. Er nickte nur und wandte seinen Blick auf die Stadt, in deren Straßen sich nun alle Bewohner tummelten und neugierig die Hälse streckten um einen Blick auf die neuen Schüler zu erhaschen. Nicht jeder von ihnen stammte aus der Menschenwelt. Die Meisten waren hier geboren worden. Sie waren Nachfahren einstiger Auserwählter. Leider erbten sie nur selten deren Gaben.

Ich nahm den kleinen silbern glänzenden Schlüssel von meiner langen Kette, und ging zu einem naheliegenden Gebäude, dass auch Nero zuvor angepeilt hatte. Wie nannten es einfach die Umkleide, was Besseres war uns dazu nicht eingefallen. Das Haus war gefüllt mit Fächern und Kabinen für die Wandler. Es wurde nicht gerne gesehen, dass man innerhalb der Mauern seine tierische Gestalt beibehielt. Weswegen sie gleich am Tor dieses Gebäude errichtet hatten.

Mein Spind hatte die Nummer 21.

Ich schloss auf und die Tür öffnete sich quietschend. Dann holte ich meine Kleider heraus. Ich manövrierte mich durch die in Scharen hereinströmenden Wandler und ergatterte eine freie Kabine weit hinten. Ich meinte auch Baris an seinem Spind gesehen zu haben, doch ich hatte keine Lust zu rufen oder mich zu ihm durch zu drängeln.

Hastig schloss ich die Tür der Kabine. Ich zog meine dunkle Stoffhose, meine weichen Lederstiefel, ein elfenbeinfarbenes Hemd und meinen braunen Ledergürtel, mit goldener Schnalle, an. Das Hemd hatte goldene Verzierungen an Kragen und Schultern, und auch die Stiefel waren mit goldenen Schnallen versehen. In der Kabine war ein schmaler verdreckter Spiegel und aus irgendeinem idiotischen Grund, versuchte ich zu sehen was Noah gesehen hatte. Ich war recht groß, doch nicht auffällig groß. Ich war schlank, doch trotzdem recht kurvig. Ich hatte vermutet das, dass seinen Blick erklärte. Doch irgendwie passte das nicht. Ich sah in mein Gesicht. Viel zu große, grüne Augen starrten mir aus dem staubigen Spiegel entgegen. Ich hatte eine gerade schmale Nase und vereinzelt ein paar Sommersprossen. Ich hasste meine Sommersprossen, sie gaben meinem Gesicht etwas so ungemein Kindliches...wenn es meine riesigen Augen nicht bereits taten. Meine Lippen waren etwas zu schmal, doch im Kontrast zu meiner milchig weißen Haut wirkten sie beinahe Blutrot. Mein Haar fiel in Rabenschwarzen, langen Wellen über meinen gesamten Rücken und reichte mir bis an die Hüfte. Ich beäugte mich kritisch, bis ich mir absolut lächerlich vorkam und aus der Kabine stürmte. Schließlich wartete Noah noch immer auf mich.

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