Kapitel 1: Der Start in ein neues Leben - dachte ich


Zuerst möchte ich sagen, dass alle Rechte bei der wunderbaren J.K. Rowling liegen und ich zu ihrer gigantischen Geschichte nur eine kleine Figur hinzugefügt habe...Also viel Spaß bei meiner kleinen Story...

Ich starre in den Spiegel. Ich hasse mein Spiegelbild. Meine Hände beginnen zu zittern. Sie zittern immer, immer, wenn ich in den Spiegel sehe. Hastig blinzle ich und sehe weg. Ich hasse Spiegel.

Und trotzdem, ich muss meine langen, dicken, schwarzen und glänzenden Locken kämmen. Manche sagen sie wären schön, doch die meisten sind eher erschrocken, wenn sie mich sehen. Unter den meisten verstehe ich Zauberer. Ich ähnle zu sehr meiner Mutter, zu sehr, um nicht als ihre Tochter erkannt zu werden und dafür verachtet zu werden.

„Asbeel, kommst du," ruft eine Stimme, die bis in mein kleines Zimmer dringt.

Meinen Namen hasse ich auch. Asbeel war ein Todesengel, so wie der Teufel einst – wenn man diesem Mythos glaubt. Meine Mutter hat sich Mühe gegeben – Mühe, auf die ich hätte verzichten können.

„Asbeel, wir haben nicht mehr viel Zeit," dröhnt die Stimme ein zweites Mal.

Ich seufze leise und sehe mich noch einmal in dem Zimmer um. Es ist klein, sehr klein. Es passen gerade ein wackliges Bettgestell mit einer harten Matratze, ein schmaler Schrank und ein kahler Stuhl hinein. Und ein Fenster gibt es auch noch. Es weißt auf den leeren Hof des Waisenhauses. Ich mag Fenster nicht. In ihnen sieht man sein eigenes Spiegelbild.

Dann fällt mein Blick auf den Koffer, der zu meinen Füßen steht. Er ist nicht groß. Außerdem wirkt er ziemlich kaputt. Misses Cornwall hatte aber keinen anderen mehr, also musste ich ihn nehmen. Solange er die Fahrt überlebt, habe ich kein Problem mit ihm.

„Asbeel, wenn du nicht kommst, dann verpassen wir den Zug," ruft die strenge Frauenstimme ein drittes Mal. „Ich komme, Misses Cornwall," antworte ich.

Eine weitere Sache, die ich hasse. Reden. Reden gehört nicht zu meinen stärken. Ich schweige lieber. Es ist angenehmer als sprechen, finde ich. Die meisten anderen Kinder finden es seltsam, aber sie haben sich wohl daran gewöhnt. Sie sprechen nicht mehr mit mir oder nur noch selten.

Kopfschüttelnd ergreife ich den ausgefransten Henkel meines Koffers und schleife ihn zu meiner Tür, die nur angelehnt ist. Das Schloss ist kaputt. Misses Cornwall konnte es nicht mehr reparieren, aber sie meinte, wenn ich zurückkomme, funktioniert es wieder. Eigentlich ist es mir egal. Ich denke gar nicht daran, dass ich wieder hierhermuss.

„Da bist du ja endlich, Asbeel," schimpft unsere Heimleiterin, als ich endlich die breite Treppe erreiche.

Sie steht ganz unten, während ich von oben auf sie herabsehe. Ich werde sie nicht vermissen. Ich mag sie, schließlich kümmert sie sich rührend um uns alle, aber vermissen werde ich sie trotzdem nicht.

„Tut mir leid, Misses Cornwall," sage ich, obwohl mir rein gar nichts leid tut. Man sagt das eben einfach, aus Höflichkeit. „Beeil dich, Asbeel, dann schaffen wir es noch," sagt sie ernst und ich poltere eine Spur schneller die abgenutzten Holztreppen hinunter. „Sie müssen mich nur bis zum Bahnhof King's Cross bringen, den Rest schaffe ich alleine," erkläre ich ihr leise, als ich endlich unten angekommen bin. „Wenn du das sagst, Asbeel."

Ich nicke nur und folge ihr, den Koffer hinter mir her rumpelnd den langen schmucklosen Gang entlang. Die Wände sind weiß, der Boden auch. Die Fenster sind fest verschlossen und die Vorhänge zugezogen. Schön ist es hier nicht, aber groß, damit möglichst viele Kinder unter ein Dach passen.

Der Korridor ist leer und Still. Nur das schleifen meines Koffers ist zu hören. Ich mag es am liebsten, wenn es Still ist. Es fühlt sich gut an. Warum weiß ich nicht.

„Hast du die Karten, Asbeel?", frägt mich Misses Cornwall. „Ja, Miss," antworte ich knapp, bevor sie mit ihren dürren Armen das große Tor des Waisenhauses öffnet.

Insgeheim habe ich immer von diesem Tag geträumt, von dem Tag, an dem ich dieses einseitige Haus verlassen kann und ein neues Leben an einem anderen Ort beginnen kann. Elf Jahre habe ich gewartet und heute ist es endlich soweit. Ich verlasse dieses Haus.

Ich bemerke wie Misses Cornwall mich von der Seite mustert. Wahrscheinlich sucht sie mein Gesicht nach jeglicher Emotion ab, nach Schmerz, Erleichterung oder Missmut. Ich weiß, dass sie nichts sehen wird. Ich habe mit den Jahren gelernt mein Herz zu verschließen und nichts vom dem, was darin schlummert jemals nach außen zu tragen. Ich denke es wäre gefährlich, sehr gefährlich.

Und so laufe ich die drei wuchtigen Stufen hinunter, mein Koffer hinter mir. Das war es dann also, das war der Schritt in ein neues Leben. Meine abgelaufenen Schuhe lassen den Kies unter meinen Sohlen knirschen und die Rollen meines Gepäcks sinken tief in die kleinen Steine ein, sodass ich noch fester ziehen muss. Links und rechts von mir erheben sich hohe Bäume, so groß, dass es keiner von uns Kindern jemals geschafft die Spitze von ihnen zu erklimmen.

Es ist wie eine Allee aus Bäumen mit bunten Blättern, die von dem sanften Wind durch die Luft gewirbelt werden, sodass es aussieht als würden sie einen Tanz aufführen. Es ist Herbst – der erste September des Jahres 1989, um genau zu sein.

Der Kies knirscht weiter unter meinen Schuhen, der Wind streicht mir durch meine Haare, fast als wolle er mir Mut machen, als wolle er mir Liebe schenken und ein paar Blätter, rot und orange, tanzen durch die Luft, anmutig und schön.

Misses Cornwall läuft vor mir, ihre Schultern gestrafft und ihr Gang gerade und strickt. Sie trägt ein schlichtes, schnittloses braunes Kleid und dazu abgelaufene schwarze Schuhe. Ihre grauen Haare sind zu einem strengen Dutt gebunden, aus dem sich nicht eine Strähne löst. Ihre Gestalt wirkt hager und viel zu unweiblich für eine Frau. Sie ist keine Schönheit. Bis auf ihre blitzenden grünen Augen ist alles an ihr schlicht. Ihr Gesicht ist faltig und etwas eingefallen, ihr Kinn spitz und ihre Lippen schmal. Ich finde sie wirkt etwas verbissen. Aber sie ist nun Mal eine der wenigen, die in den letzten elf Jahren für mich da waren.

Wir kommen an dem großen Tor an, das unser Gelände abgrenzt. Es ist hoch, schwarz und oben mit rostigen Zacken geschmückt. Es wirkt gruselig und abschottend. Manche Leute in der Gegend beschreiben es als ein Schandfleck. Vielleicht haben sie recht.

Misses Cornwall fischt einen Schlüssel aus der Innentasche ihres Kleides. Ihre Finger sind lang, zu lang, um zierlich zu sein. Ein leises Klacken ertönt, als das Schloss sich entsperrt. Ich sehe nicht zurück. Vielleicht irgendwann, aber heute nicht. Heute beginne ich neu.

Ein lauter in der Stille wiederhallender Ton zerreißt das Schweigen, das wie eine Glocke über der Gegend hängt. Ich sage nichts. Was sollte ich schon sagen.

Misses Cornwall nickt mir zu und lässt mir den Vortritt. Für mich ist es ein Schritt in die Freiheit, für sie – keine Ahnung, vielleicht bedeutet es ihr so viel wie ein Grashalm. Wieder knirscht der Kies unter meinen Schuhen, der meinen Koffer schwerer zu ziehen macht, bevor die Sohlen meiner Schuhe einen geteerten Gehweg berühren und mein Gepäck neben mir zum Stehen kommt.

Ich hatte nicht erwartet, dass etwas anders ist, als auf dem Gelände des Waisenhauses. Ich dachte vielleicht wären ein paar mehr Menschen unterwegs, als bei uns. Aber hier draußen herrscht ein ähnlich bleiernes Schweigen, wie in dem weißen Korridor mit den schweren Vorhängen.

„King's Cross ist nicht weit weg, Asbeel. Wir werden in einer Viertelstunde da sein, wenn wir schnell laufen, also beeil dich," teilt mir Miss Cornwall mit. Sie hat alles im Griff, wie immer.

Ich nicke nur. Wie gesagt, ich rede nicht gerne. Und so marschieren wir los. Sie voran, mit ihrer hohen hageren Gestalt und ich hinterher, mit meinen schwarzen Locken und dem schweren Koffer. Es ist nicht viel los, kaum ein Mensch ist zu sehen.

Ich schweige. Der Koffer hinter mir spricht für mich. Er rattert lautstark über den unebenen Asphalt. Mich stört es nicht und Misses Cornwall auch nicht. Habe ich mehr von meinem Weg in die Freiheit erwartet? Nein, nicht wirklich. Ich weiß, dass Erwartungen und Hoffnungen meistens nur zu Enttäuschungen führen.

Ich habe lange gehofft, dass irgendwann jemand kommt und mich abholt. Ich habe schließlich Verwandte, nicht unbedingt viele, aber da gibt es durchaus welche. Sie wollten mich trotzdem alle nicht. Warum weiß ich nicht. Es kam jedenfalls nie jemand, bis heute nicht.

Ich bin nicht in einem normalen Waisenhaus aufgewachsen. Nun ja, für uns Kinder war es wohl ab dem ersten Moment an normal, schließlich fanden wir nichts seltsames dabei Zauberer und Hexen zu sein. Für andere – nun für andere mag es seltsam sein, für Muggel, wenn ich mich genau ausdrücke. Muggel ist die nicht magische Bevölkerung, diejenigen, die nicht zaubern können.

Es gibt viel weniger Zauberer als Muggel, aber dennoch genügend Kinder, deren Eltern gestorben sind und die höchstwahrscheinlich Zauberer sind. Insbesondere nach dem 1. Zaubererkrieg gegen Voldemort gab es viele Waisen in der magischen Gesellschaft. Deshalb wurde das Orphanage of Camden Town gegründet. Ein Waisenhaus nur für potenzielle Zauberer und Hexen. Und dort bin ich aufgewachsen. Klar, manchmal passiert es auch, dass jemand ein Squib ist – also jemand, der zwar Eltern hat, die magisch sind, aber selbst die magischen Fähigkeiten nicht geerbt hat – aber das passiert seltener.

Meine Eltern waren magisch. Deshalb kam ich hier her, weil ich mit fast hundertprozentiger Sicherheit eine Hexe bin, wie es sich jetzt auch bestätigt hat. Misses Cornwall ist auch eine Hexe, aber sie verwendet ihren Zauberstab nie für „Schnickschnack", wie sie selbst immer zu sagen pflegt, sondern nur für die Arbeit. Auch die anderen zwei Betreuerinnen sind Hexen.

„Asbeel, wir sind da," teilt mir Misses Cornwall mit und bleibt direkt vor mir stehen.

Ich sage nichts, wie immer, sondern luge nur an ihr vorbei. Vor mir erstreckt sich ein großer Platz, der mir vielen Leuten gefüllt ist, die zum Teil warten, zum Teil aber auch gehetzt in das Bahnhofgebäude hasten.

Der Bahnhof selbst ist groß, türmt sich vor mir auf, wie ein Ungeheuer. Die ganze vordere Wand besteht aus kleinen Glasfenstern, durch die man das Treiben innerhalb beobachten kann. Auch das Dach ist teilweise verglast. Nur die Seiten sind aus festem Beton.

„Vielen Dank, Misses Cornwall," sage ich dann. „Ab hier komme ich alleine zu Recht, wenn dass Ihnen passt." Sie beäugt mich kurz mit ihren funkelnden grünen Augen: „Das musst du ganz alleine entscheiden, Asbeel." Ich nicke nur. „Auf Wiedersehen."

„Auf Wiedersehen," sagt auch sie und nickt mir mit ihrem spitzen Kinn zu.

Sie hat immer versucht nicht meine Mutter in mir zu sehen, aber selbst ihr ist es nicht ganz gelungen. Ich kann es ihr nicht übelnehmen, obwohl ich es vielleicht sollte.

Und so ziehe ich meinen Koffer hinter mir her und laufe über den Platz. Die Menschen um mich herum beachten mich nicht. Sie sind Muggel, zum größten Teil. Sie kennen meine Mutter und meinen Namen nicht. Ich gehe weiter, strickt auf den Eingang des Gebäudes zu. Mein Zug fährt in einer Viertelstunde. Genug Zeit, um rechtzeitig zum Gleis zu kommen. Hoffe ich.

Mein Koffer rattert und scheppert wieder über den Asphalt. Doch das stört keinen, schließlich ist der allgemeine Geräuschpegel so hoch, dass mein kleiner Koffer einfach darin untergeht. Menschen hasten an mir vorbei, beachten mich gar nicht und rempeln mich sogar achtlos zur Seite. Ich sage nichts, wie immer.

Dann endlich kann ich durch die große Tür ins Innere des Bahnhofs schlüpfen. Erstaunt lege ich meinen Kopf in den Nacken. Ich stehe in einer hohen Halle, die erfüllt von Lauten ist. Um mich herum hetzten Menschen in den Bahnhof hinein oder hinaus. Keiner scheint mich zu bemerken – mir soll es nur recht sein. Ich schliefe meinen Koffer weiter, immer noch verblüfft über die Höhe der Halle.

Mein Blick fällt auf das Ticket in meiner kleinen Hand. Es ist schon etwas geknickt. Ich habe mir es wohl in den letzten Wochen zu oft angesehen. Gleis 9 ¾. Manche würden das für einen blöden Scherz halten. Ich nicht. Ich weiß, dass dieses Gleis existiert.

Mein Koffer hinter mir herziehend steuere ich auf das Gleis neun zu, während weiterhin große Menschen an mir vorbeihetzen. Ich allerdings halte Ausschau nach Leuten, die Eulen oder andere seltsame Tiere dabeihaben. Eulen, Katzen, Ratten oder Kröten sind nämlich typisch für Zauberer.

Und tatsächlich. Eine Gruppe rothaariger Menschen hat tatsächlich ein paar Eulen dabei und steuert genau wie ich auf das Gleis neun zu. Ich schlucke schwer. Das sind Zauberer, ganz sicher. Ich sollte wohl auf Abstand gehen. Aber ich kann mir auch nicht mehr all zu lang Zeit lassen. Also folge ich ihnen möglichst unauffällig.

Und während wir dem Gleis immer näher kommen begutachte ich die Familie etwas genauer. Alle Mitglieder scheinen roote Haare zu haben und männlich zu sein. Nur ein jüngeres Mädchen ist unter ihnen. Ich seufze leise. Solange sie mich nicht erkennen. Fast automatisch ziehe ich mir die schwarze Kapuze meines Mantels über, sodass diese meine langen schwarzen Haare und die dunklen Augen verdeckt. Die Hoffnung auf einen Neuanfang habe ich allerdings noch nicht verloren.

Und dann sind wir endlich da. Links befindet sich Gleis Zehn, rechts Gleis neuen und in der Mitte davon das Gleis 9 ¾. Ich habe lange auf diesen Moment gewartet, zu lange.

Die Familie scheint noch zu diskutieren, jedenfalls bleibt die Gruppe stehen und verschwindet nicht, um an das Gleis zu kommen. Mein Blick fällt auf die Bahnhofsuhr. Zehn Minuten noch.

Ich gebe mir einen Ruck und laufe mit gesenktem Blick an der laut quatschenden Truppe vorbei. Sie beachten mich nicht, so wie all die anderen Menschen. Und so renne ich unbemerkt auf den Betonblock zwischen Gleis 10 und 9 zu, um Sekunden später zu verschwinden. Es dauert nur einen Augenaufschlag, da stehe ich auch schon auf der anderen Seite. Am Gleis 9 ¾.

Für eine Sekunde lächle ich, bevor mein Gesicht wieder eine Maske wird. Der rote Hogwarts Express steht vor mir. Er bläst Dampf über die Menschenmenge, sodass diese im Dunst verschwindet, Ein Vorteil für mich. Keiner wird mich bemerken, so wie die rothaarige Familie vorhin.

Der Rauch wabert über das Gleis, verschluckt mein Gesicht und somit meinen Namen. Mein Koffer poltert wieder hinter mir her, während ich mir einen Weg durch die Masse bahne. Alle sind zu sehr auf ihre Kinder fixiert, dass keiner auf ein kleines Mädchen in einem schwarzen Mantel achtet. Mir soll es recht sein.

Und bevor irgendetwas geschieht schlüpfe ich in den Hogwarts Express, der beginnt langsam zu rattern. Ich bin wohl genau richtig. Schweigend schleife ich meinen Koffer durch den Gang und werfe einen kurzen Blick in jedes Abteil. Stimmen schwirren durch den Zug, lachen ist zu hören und Türen werden zugeschlagen.

Ich schweige, wie immer. Hinter mir ertönen Schritte. Ich drehe mich nicht um. Vorerst möchte ich Frieden, ein neues Leben, so wie ich es mir immer vorgestellt habe. Tatsächlich finde ich kurze Zeit später ein leeres Abteil, in das ich auch gleich schlüpfe. Hauptsache weg vom Gang. Ohne weitere Umstände ziehe ich auch die Rollos herunter, sodass niemand hereinsehen kann.

Erst dann streife ich mir meine Kapuze vom Kopf. Nur noch ein Fenster ist offen, nur eines gibt noch freien Blick nach draußen auf das Gleis. Und genau in diesem Fenster spiegle ich mich, nur ganz schwach, wie ein Schemen und dennoch gut zu erkennen.

Meine langen schwarzen Locken fallen meinen zierlichen Körper herab, bis zur Mitte meines Rückens. Meine Augen sind dunkel, fast schwarz und werden von langen Wimpern und schweren Augenliedern umrahmt. Mein Name ist Lestrange, Asbeel Lestrange.

Ich starre aus dem Fenster hinunter in den kahlen Garten, der von einer hohen Hecke umsäumt wird. Das alles erinnert mich ein bisschen an das Waisenhaus, indem ich einst gelebt habe. Ich schließe meine Augen. Meine Schulzeit ist vorbei, ich habe meine UTZ geschrieben. Die Ergebnisse interessieren mich nicht. Eigentlich tun sie das schon, aber das dürfen sie nicht. Ich bin achtzehn Jahre alt, also seit einem Jahr volljährig.

Meine Schulzeit ist abgeschlossen. Ich trauere ihr nicht nach, keines Wegs. Der sprechende Hut teilte mich damals nach Ravenclaw ein. Er meinte ich wäre viel zu intelligent für die Slytherins. Er meinte auch, dass ich unglaublich mutig sei, er aber befürchte, dass die Gryffindors mich noch weniger annehmen würden als die Ravenclaws. Also kam ich nach Ravenclaw. Und das war es dann schon. Ich hatte keine Freunde, nur ziemlich gute Noten und eine ganze Schülerschaft, die mich gehasst hat.

Ich habe dazu nicht mehr zu sagen. Es ist vorbei. Jetzt beginnt ein neuer Teil meines Lebens, der Teil, von dem ich wusste, dass er kommen wird und vor dem ich mich immer gefürchtet habe.

Ich öffne meine Augen wieder und starre erneut aus dem Fenster in den trostlosen Garten. Es hat sich nicht viel geändert. Ich sehe immer noch aus wie meine Mutter, wie Bellatrix. Ich bin jetzt nur eine Frau und ähnle ihr damit noch mehr. Meine blasse Haut, meine schwarzen Haare und meine hohe Gestalt gleichen ihrem Aussehen zu hundert Prozent. Nur mein Blick ist anders, nicht fanatisch, sondern emotionslos und undurchdringbar. Mein Gesicht ist bis heute eine Maske. Heute vielleicht sogar noch mehr als damals.

Meine Mutter. Sie ist erst vor einem Jahr ausgebrochen, aus Askaban. Gemeinsam mit meinem Vater und vielen weiteren Todessern. Wir haben das Jahr 1996 und es ist Sommer – genauer gesagt August. Doch draußen wabert ein kühler Nebel durch den einsamen Garten. Es ist wegen den Dementoren, die durch gesamt England streifen.

Voldemort ist zurück. Das Ministerium hat es erst vor Wochen bestätigt, ich wusste es seit dem Ausbruch meiner Mutter. Der Dunkle Lord, wie ich ihn nennen muss.

Ich blinzle und sehe wieder aus dem Fenster. Meine Gedanken driften ab, weit zurück, zu einem Mädchen, das ich heute nicht mehr bin. Ich darf es nicht mehr sein. Keiner weiß von der Existenz dieses Mädchens, keiner außer ich selbst. Und dieses Wissen ist so tief in meinem Herzen eingeschlossen, dass es keiner jemals sehen wird. Nicht einmal der Dunkle Lord.

Und trotzdem, manchmal wünsche ich mir ich könnte dieses Mädchen sein, ich könnte die sein, die ich wirklich bin. Aber das würde meinen Tod bedeuten und für den bin ich nicht bereit, noch nicht. Ich war für alle die böse Tochter von Bellatrix und so bin ich das geworden, was jeder in mir sehen wollte. Und genau das bin ich auch. Die böse Tochter von Bellatrix.

Ich bin das, was sie sehen, ich muss das sein, was sie dachten gesehen zu haben. Es erfordert Disziplin. Aber heute, heute bin ich das, was ich sein muss. Ich berühre ganz sachte meinen linken Unterarm, der von einem langen schwarzen Mantel verdeckt wird. Noch ist er weiß, noch.

Ein dumpfes Klopfen dringt durch die komplett schwarze Tür. Ich schließe kurz meine Augen und atme tief durch, bevor ich meine Schultern straffe und wieder meine Maske aufsetze.

„Herein," sage ich und die Tür geht mit einem leisen Quietschen langsam auf. „Bella schickt mich," ertönt die Stimme von Narzissa, der Schwester meiner Mutter. „Du sollst zu ihr ins Wohnzimmer kommen." Ich schweige kurz. „Ich komme."

Ich weiß bereits, dass man sich den Befehlen meiner Mutter nicht wiedersetzen sollte. Ein paar Todesser haben mich vor dem Waisenhaus abgepasst und mich hierhergebracht. Als Bella erfuhr, dass ich in das Haus Ravenclaw gekommen bin, hat sie mich gefoltert. Ich habe nicht geschrien, kein Schmerzenslaut ist über meine Lippen gedrungen. Vielleicht hat sie das überzeugt, sie scheint jedenfalls beschlossen zu haben mir mehr oder weniger eine Chance zu geben.

So folge ich Narzissa, die ich in diesem Haus am meisten mag. Sie ist still, sagt wenig und scheint mir die einzige zu sein, die ansatzweise noch ein Herz hat. Aber darum geht es nicht. Ich darf weder über sie, noch über andere Bewohner urteilen. Es gibt kein mögen unter den Todessern.

Wir passieren die breite Marmortreppe, die hinunter in eine imposante Eingangshalle führt. Ein goldener Kronleuchter baumelt von der Decke, der Boden ist wie die Treppe aus glänzendem weißen Marmor und die Halle geschmückt mit Tischen auf denen verschiedene schwarz magische Artefakte ausgestellt sind. Wir sind natürlich nicht im Malfoy Manor, das wäre zu gefährlich, wo doch Lucius erst kürzlich nach Askaban gebracht wurde. Das hier ist ein altes Anwesen der Lestranges, getarnt durch den Fidelius-Zauber. Hier gehen so ziemlich alle Anhänger des Dunklen Lords ein und aus.

Das Haus ist groß, eigentlich schon eine Villa. Es gibt dutzende Schlafräume und dazu noch ein Haufen Bäder, eine Küche, ein Esszimmer, mehrere Wohnzimmer und natürlich einen Raum, der extra für Versammlungen freigehalten wird. Es könnte ein schönes Haus sein, würde man im Garten Blumen anpflanzen und würde man versuchen Leben in die kahlen und kalten Wände zu bringen. Aber darum geht es nicht. Hier sind wir sicher, das ist der Punkt.

Narzissa stößt eine Flügeltür auf, die in das größte Wohnzimmer des Hauses führt. Ich folge ihr. Der Raum ist etwas abgedunkelt, da die schweren schwarzen Vorhänge zugezogen sind und nur ein Kornleuchter und ein gefährlich flackernder Kamin das Zimmer beleuchten.

Meine Mutter sitzt auf der schwarzen Couch, die gegenüber dem Kamin platziert ist. Vor ihr steht ein schmuckloser Sofatisch und hinter ihr türmt sich ein Regal, welches bis zur Decke reicht, auf.

Ich mustere Bella, wie sie dort mit verschränkten Füßen auf der Couch sitzt. Ihre Haare sind genauso lang wie meine, doch ihr Gesicht wirkt eingefallen ergraut. Nur ihre fanatisch glühenden Augen bringen Leben hinein, sonst könnte man sie wirklich für Tod halten. Ihr schwarzes Kleid mit dem weiten Ausschnitt geht ihr bis zu den Knöcheln und in ihren Händen hält sie ihren Zauberstab.

„Asbeel," sagt sie dann mit ihrer leisen gefährlich, aber auch irgendwie irren Stimme, „der Dunkle Lord gibt dir eine Chance." Ich schweige. „Du musst ihm aber deine Treue beweisen, indem du Amelia Bones für ihn tötest." Sie sieht mich immer noch nicht an. „Um dies vollbringen zu können werde ich dich eine Woche lang unterrichten."

„Ich werde den Dunklen Lord und dich nicht enttäuschen," sage ich leise. „Das werde ich hoffen," flüstert meine Mutter gefährlich.

Erst jetzt wendet sie ihren Kopf und nimmt mich mit ihren dunklen, fanatisch glühenden Augen ins Visier. Ich weiß, was sie vorhat. Bella ist eine hervorragender Legilimentor, aber bei mir kommt sie damit nicht durch, schon lange nicht mehr. Ich halte ihrem Blick stand, lasse sie aber nicht in mich sehen, lasse sie nicht sehen, was sie versucht zu erkennen.

„Das kannst du wohl," sagt sie nicht überrascht, aber erfreut. „Das ist gut. Aber der Rest...CRUCIO."

Der Fluch trifft mich unvorbereitet, so unvorbereitet, dass ich nicht einmal in der Lage bin meinen Zauberstab zu ziehen.

Schmerzen schießen durch meinen Körper, pochen mit meinem Herzen und zwingen mich in die Knie. Ich hole leicht keuchend Luft und beiße meine Zähne zusammen. Alles schmerzt, alles beißt, alles kratzt und alles brennt. Es ist unerträglich. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Ich darf nicht schreien. Der Schmerz schwillt an, will mich dazu zwingen zu schreien, versucht die Kontrolle über mich zu erzwingen. Doch meine Lippen bleiben geschlossen, während der Schmerz durch mein Blut in meinen ganzen Körper fließt.

„SCHWACH," kreischt Bella und reißt ihren Zauberstab weg. „SCHWACH UND LANGSAM." Ich bleibe auf den Knien und sehe ganz vorsichtig zu ihr auf.

Ihre schwarze Mähne ist verwuschelt, ihr Blick funkelnd und ihr Zauberstab drohend auf mich gerichtet.

„Versuchen wir es noch einmal. Seit zwei Wochen trainieren wir das...ohne Erfolg," flüstert sie gefährlich.

Ohne Worte richte ich mich auf, dieses Mal mein Zauberstab ruhig in der Hand. Sie taxiert mich mit ihren dunklen Augen, die fanatisch aufglühen. Das geschieht immer, wenn sie kurz davor ist einen Menschen zu foltern.

Ihre Lippen bewegen sich nicht, doch ihr Zauberstab zuckt. Schneller als vorher reagiere ich und lasse den Fluch auf sie zurückprallen, schweigend, so wie sie. Doch mir bleibt keine Pause. Bella leitet ihren eigenen Zauber mühelos ab und schickt Sekunden später einen weiteren in meine Richtung. Auch diesen blocke ich, gehe aber gleich in die offensive über.

„SCHWACH UND LANGSAM. Das bist du," kreischt meine Mutter, während ich versuche ihre vielen Flüche alle abzuwehren und gleichzeitig auch sie anzugreifen.

Doch ich bin nicht gut genug um sie zu besiegen. Sie ist besser, viel besser als ich. Ein Fluch, eine schlechte Reaktion und ich werde in die Höhe geschleudert und krache unsanft auf den Boden. Ein Keuchen entweicht meiner Kehle, als es für eine Sekunde die Luft abdrückt, weil ich direkt auf meinen Rücken gefallen bin. Doch ich bete nicht um Hilfe, ich ringe nach Atem, liege schweigend auf dem Boden, während meine Mutter ein hysterisches Lachen ertönen hört.

„SCHWACH. Crucio," kreischt sie übermütig.

Der Schmerz trifft mich Sekunden später, beißt, kratzt und pocht durch meinen Körper, fließt mit meinem Blut und schlägt mit meinem Herzen. Doch ich schreie wieder nicht. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, schließen sich um meinen Zauberstab. Der Schmerz schwillt an, alles beißt und kratzt, als würde ein wildes Tier in mir wüten.

„WEITER. Weiter, bis du es kannst," verlangt Bella und ich richte mich, kaum, dass der Schmerz so schnell verschwunden ist, wie er kam, hastig wieder auf.

Erneut stehen wir uns gegenüber, Mutter und Tochter. Ich atme schwer, bin aber wieder konzentriert. Mein Zauberstab liegt ganz ruhig in meiner Hand. Meine Augen ruhen auf dem von Bella. Er zuckt, nur ganz kurz, doch es warnt mich vor.

Wortlos lasse ich ihn abprallen und schicke gleich einen zweiten Fluch hinterher. Doch damit hat sie kein Problem, sie wehrt beide ab und schleudert mir einen so mächtigen Fluch entgegen, dass ich Mühe habe, ihn mit einem Schildzauber aufzuhalten.

„SCHWACH, SO SCHWACH," kreischt sie hysterisch.

Ich schlucke schwer. Ihr Zauberstab zuckt schneller, meiner auch. Ihre Augen beginnen vor Gier zu glühen, meine bleiben emotionslos wie immer. Flüche zischen zwischen uns hin und her, dass man das Gefühl hat, dass die Luft im Raum elektrisiert ist. Doch auch in diesem Duell ist sie besser. Ich lande wieder auf dem Boden, dieses Mal umgestoßen von einem Fluch.

„Du wirst es noch lernen, Asbeel, du wirst es noch lernen," flüstert sie. „Crucio."

Ich schließe erschöpft meine Augen. Alles schmerzt, mein ganzer Körper scheint eine einzige Wunde zu sein. Ich weiß nicht wie oft Bellatrix den Folterfluch noch mit vergnügen an mir verübt hat, aber es müssen einige Male gewesen sein.

Und das war erst der erste Tag. Ich habe noch viele schmerzhafter vor mir. Sie wird nicht nachlassen, bis ich sie besiegt habe oder zumindest in ihren Augen gut genug bin. Ich muss es einfach schaffen, aber ich weiß nicht wie. Ich habe nur eine weiter Woche Zeit. Dann muss ich mich darauf vorbereiten Amelia Bones zu ermorden. Sie ist eine begabte Hexe. Ich brauche also einen guten Plan.

Ich öffne meine Augen wieder und starre an die weise Decke. Wenn einer nur wüsste wie hart es ist ein Todesser zu werden, dann würden sie uns mit ganz andere Augen sehen. Manchmal glaube ich sogar, dass wir Kinder es noch viel schlimmer haben, als die „Guten".

Vielleicht haben sie Verwandte verloren, doch das habe ich auch. Ich habe meine Eltern mit dem Fakt verloren, dass die den Todessern beigetreten sind. Das verstehen so viele nicht. Ein Todesser bedeutet zwangsläufig, dass deine Kinder eines Tages das selbe Schicksal erleiden wie du selbst, dass sie morden müssen, dass sie böse sein müssen und dass sie gefoltert werden, wenn etwas schiefgeht. Ein Schicksal, das vielen nicht bewusst ist.

Man sieht nur die Verluste der Helden, die Schmerzen, die sie ertragen müssen. Doch unsere Qualen sieht keiner. Nein, wir sind schließlich die „Bösen", wir sind das, was man hassen muss. Wir sind falsch. Dabei wissen sie nicht wie es ist ein Todesser sein zu müssen.

Ich hätte gerne jemand gehabt, der da ist, jemand der mich liebt und mich nicht nur gezeugt hat, um die Linie des reinen Blutes zu erhalten. Ich hätte gerne Eltern gehabt, doch das wurde mir verwehrt. Es ist ein trauriges Schicksal in so eine Familie hineingeboren zu werden. Ein viel traurigeres, als eine schöne Kindheit mit schönen Erinnerungen zu erleben und dann zu verlieren, was man liebt. Denn da sind Erinnerungen, da ist Leben, da ist etwas Schönes. Bei mir ist da...nichts. Keine Liebe, einfach nichts. Nur das Schicksal, das ich mit mir trage, das Schicksal eines jeden Todesserkindes.

Ich seufze leise in die Dunkelheit hinein. Ich hätte es auch gerne einfacher. Ich wäre auch gerne auf der „guten" Seite, auf der Seite der Helden. Sie haben es so einfach, denken aber, ihre Seite wäre die schwierigere.

Ich werde es ihnen wohl nie erklären können. Sie würden es nicht verstehen. Sie sind „gut", sie sind Helden. Ich bin „böse", ich bin Teil der Todesser. Ich bin eine Schande für sie, Abschaum, der aus der Welt geräumt werden muss.

Vielleicht, wenn alles vorbei ist. Dann könnte ich es ihnen vielleicht erklären. Aber was würde es dann noch bringen? Nichts. Dann ist es schon längst vorbei, dann habe ich endgültig verloren, was ich nie besaß. Aber das ist mein Schicksal. Und wenn ich eines weiß, dann das ich stark bin. Stärker als die „Guten". Ich werde alle Qualen durchstehen müssen, bis ich stark genug bin, um zu beenden, was ich nie sein wollte, um die zu sein, die ich wirklich bin.

Ich schüttle meinen Kopf. Das darf nicht sein, daran darf ich nicht denken. Ich bin eine Lestrange, ich bin so brutal wie meine Mutter und vollkommen bereit dem Dunklen Lord zu dienen. Das ist wichtig, überlebenswichtig.

„Die Unverzeihlichen Flüche. Du kennst sie, nehme ich an" erklärt Bellatrix am nächsten Morgen im selben Raum, nur viel früher. Wir haben gerade erst gefrühstückt. „Ja, ich kenne sie," bestätige ich knapp. „Ich habe sie dir gezeigt, ich habe sie dich üben lassen. Heute werden wir sie noch einmal wiederholen und du wirst sie an Menschen ausführen und nicht an Tieren. Beginnen wir mit dem Folterfluch," ihre Stimme vibriert vor Erregung bei dem puren Gedanken daran. „Du kennst seine Wirkung, sehr gut sogar. Ich hoffe, dass du ihn auch einsetzen kannst. Er ist sehr wichtig für Todesser. Er dient als Druckmittel und natürlich als Foltermittel, um die Wahrheit aus Menschen herauszupressen." Es ist weder zu überhören, noch zu übersehen, dass das ihr Gebiet ist. „Einen Unverzeihlichen Fluch kannst du nur richtig ausführen, wenn du seine Wirkung, seine Qualen, dem Menschen auch wirklich zufügen willst. Verstehst du, du musst es wollen."

In ihren Augen flackert ein fanatisches Glühen, ihre Pupillen sind größer als sonst und ihre Stimme scheint begeistert von der Macht, die die unverzeihlichen Flüche ihr bescheren.

„Du musst die Bosheit, das Grauen, ja die Qualen fühlen, dann haben sie eine Wirkung. Das ist die einzige Regel, die du beachten musst. Der Rest ist Übung. Heute Abend möchte ich, dass du alle Unverzeihlichen Flüche kannst." Ich nicke stumm. „Narzissa, führ sie in den Kerker. Sie kann üben an wem sie will."

Ich atme tief durch, bevor ich alles Gute aus mir verscheuche und nur eine kalte, fast leblose Hülle meiner selbst bleibt. Das fordert Disziplin. Aber ich weiß, dass ich es kann. Ich muss es können, es gibt keine andere Wahl. Es ist Teil meines Schicksals. Ich muss es tun.

Mit einer ausdruckslosen Miene folge ich Narzissa, die wortlos aus dem Raum schreitet. Ihre langen blonden Haare, die zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden sind, wippen im Takt ihres Ganges. Manchmal habe ich das Gefühl, sie versteht mich. Ich habe sogar den Eindruck, dass ihr leidtut, was ich durchmachen muss. Doch ihr Gesicht ist wie meines eine Maske aus unechten Emotionen. Nur ihren Sohn, den scheint sie zu lieben, mehr als sich selbst.

Weiterhin schweigend drückt sie eine schwarze Tür auf und knippst in dem Raum dahinter das Licht an. Sofort entflammen mehrere Kerzen. Wie sich herausstellt ist es kein Zimmer, sondern eine steile Treppe, die wohl in den Kerker führt.

„Nimm deinen Zauberstab zu Hand," befiehlt sie leise. Ich schweige, wie immer, ziehe aber wie befohlen meinen Zauberstab aus der Tasche. Eine Bewegung und seine Spitze entflammt. „Du findest den Weg," sagt Narzissa nur und lässt mir den Vortritt. Ich nicke.

Ohne zu zögern schlüpfe ich durch die Tür. Ich drehe mich nicht um, sondern gehe langsam, aber sicher die steil abfallende Treppe hinunter. Kaum habe ich ein paar Stufen bewältigt kracht die Tür hinter mir zu und hallt gespenstisch an den steinernen Wänden nieder bis hinunter ins ungewisse, wo ich nur die Flammen der entzündeten Kerzen sehe. Ich muss das tun.

Entschlossen straffe ich meine Schultern und steige Stufe um Stufe hinunter. Meine Schuhe klappern geheimnisvoll in der Finsternis und hallen an den Wänden wieder. Angst habe ich nicht. Ich fürchte die Dunkelheit nicht. Da ist nur ein Ekel vor mir selbst, den ich wie alles andere sofort einschließe, tief in meinem Herzen in einer Kammer, die nie jemand zu Gesicht bekommen wird.

Ein Scharren ertönt, doch ich erschrecke nicht. Ich habe gewusst, dass die Gefangenen irgendwo hier jetzt sein müssen. Und tatsächlich, die Treppe endet abrupt und führt in einen nicht sehr langen ebenfalls schwach mit Kerzen beleuchteten Gang. Die Wände hier sind kahl, es ist feucht und riecht nach Moder. Auch gibt es kein Tageslicht.

„Hallo," krächzt eine Stimme und ich richte ganz langsam und bedrohlich mein Zauberstablicht auf die erste Zelle neben mir.

Ein Mann mit schmutzigen Klamotten und einer Schramme im Gesicht blinzelt mir entgegen. Mein Licht scheint ihn zu blenden.

„Bellatrix Lestrange," keucht er entsetzt und voller Abscheu zugleich. „Ich bin nicht Bellatrix," stelle ich kühl dar und öffne mit einem Schlüssel, den Narzissa mir noch in die Hand gedrückt hat, das Verließ. „Mein Name ist Asbeel, Asbeel Lestrange."

Seine Augen werden groß und die Angst ist ihm jetzt ins Gesicht geschrieben, als ich in seine Zelle trete und die Türe hinter mir zuschnappen lasse.

„Ich bin ihre Tochter," füge ich noch hinzu. Der Mann schweigt. Er scheint zu wissen, was jetzt kommt. „Meine Mutter dachte, ich sollte einen von euch mal einen Besuch abstatten. Dich trifft es wohl heute."

Die Kälte und Grausamkeit in meiner Stimme klingt echt, so echt, dass ich fast stolz auf mich sein könnte, wäre da nicht diese eine Kammer in meinem Herzen, diese eine einzige Kammer, in der die wahre Asbeel Lestrange versteckt ist. Doch das darf mich nicht interessieren, noch nicht.

Mit einem sanften Lächeln richte ich meinen Zauberstab auf ihn. Er schließt seine Augen. Ich atme tief durch. Es ist nicht mein erster Unverzeihlicher Fluch.

„Crucio," sage ich deutlich und der Gefangene krümmt sich unter Schmerzen, schreit aber nicht, wie er es tun sollte.

„Du bist ein Anfänger," stellt er fest, als ich meinen Zauberstab von ihm wende. „Und durch dich werde ich ein Profi," flüstere ich eisig und konzentriere mich wieder.

Ich muss es fühlen, diese Macht, diese Qual, dieses Böse, das in dem Fluch steckt. Ich muss es wollen, ich muss ihm Schaden wollen. Es gehört zu meinem Schicksal. Ich muss...

„Crucio," rufe ich, dieses Mal lauter, mit mehr Kraft und Boshaftigkeit.

Die Qualen fließen durch die Fasern meines Zauberstabes, fließen hindurch wie Blut und bringen den Fluch zur Stande, den Unverzeihlichen Fluch. Ich beobachte wie sich der Gefangene krümmt, wie er die Zähne zusammenbeißt und seine Fäuste ballt. Wieder breche ich ab.

Es ist nich nicht genug. Ich muss es noch mehr fühlen, noch mehr wollen. Ich muss ihm diese Qualen, diese Schmerzen, zufügen wollen. Ich halte erneut meinen Zauberstab auf ihn. Es gehört alles zu einem Plan. Es ist meine Pflicht, nur so kann es funktionieren. Nur so...

„Crucio."

Der Fluch zischt durch die Fasern des Zauberstabes und trifft den Mann, direkt in seine Brust. Und dieses Mal schreit er, schreit vor lauter Schmerzen auf. Ich kann es nicht genießen, aber ich kann es wollen. Dafür braucht es viel Disziplin und Beherrschung. Die Boshaftigkeit fließt durch die Fasern des Zauberstabes, von meinen Adern, von mir. Und dann breche ich ihn ab, den Folterfluch.

„Das war Lektion eins," flüstere ich kalt.

Der Mann wirkt erschöpft. Seine Augen sind geschlossen, sein Körper zittert und er scheint sein letztes bissen Kraft verloren zu haben, denn er liegt zusammengesackt auf dem Boden. Ich schüttle meinen Kopf. Disziplin.

„Beginnen wir mit Lektion zwei," sage ich eisig und richte meinen Zauberstab auf den erschöpften Körper. „Imperius."

Meine Stimme klingt kühl und gefasst, mein Zauberstab ist ruhig und mein Kopf vollkommen klar. Er hat keine Chance, kein bisschen. Der Fluch ist zu stark, zu boshaft, als, dass er ihm noch standhalten könnte. Seine Augen werden kurz ausdruckslos, bevor er wieder ganz normal aussieht.

„Steh auf und verbeuge dich vor mir," befehle ich ihm und er tut es.

Er rappelt sich auf mit wackligen Beinen, um dann vor mir auf die Knie zu fallen. Ich nicke nur. Den Imperius-Fluch kann ich, sehr gut so gar.

„Finite," meine ich und schnippe mit meinem Zauberstab. Er sack zu Boden, endgültig all seinen Kräften beraubt.

„Sie sind ein Biest, genauso wie Ihre Mutter, " flüstert er so schwach, aber mit einer Abscheu in der Stimme, die mich kurz stutzig werden lässt. „Bin ich das?", frage ich gefährlich und sehe ihn spöttisch an.

Ohne ein weiteres Wort stoße ich die Zellentür auf und lasse sie hinter mir wieder in Schloss krachen. Vollkommen ruhig schließe ich die Türe wieder ab und sehe dann noch einmal auf den Mann, der am Boden kauert und mich böse ansieht.

„Sie haben recht. Ich bin ein Biest," flüstere ich, drehe die Schlüssel einmal in meiner Hand und wende mich dann ab.

Disziplin.

Ich starre an die Decke. Draußen ist es dunkel, hier auch. Die Matratze ist hart, zu hart, um bequem zu sein. Ich seufze leise.

Jeder Mensch auf dieser Welt hat eine Möglichkeit seinem Leben zu entfliehen. Manche Lesen, andere machen Sport und wiederum andere hören Musik. Zu letzten Gruppe gehöre auch ich. Ganz allein Melodien, Töne und Stimmen können mich davontragen, irgendwo hin. An einen Ort, an den mir keiner folgen kann.

Ich greife nach meinem Walkman, der neben mir auf der unbequemen Matratze liegt. Ich habe nur ein Lied, nicht mehr und nicht weniger. Misses Cornwall hat ihn mit einmal geschenkt. Damals hatte ich ein Lied, genauso wie heute.

Ich fahre vorsichtig mit dem Finger über die Kassette, bevor ich sie einlege und dann die dazugehörigen Kopfhörer über meine Ohren stülpe. Ich schließe meine Augen.

Das Lied beginnt, die Melodie erklingt und ich schwebe dahin, weit weg, in eine andere Zeit, an einen anderen Ort. Nur weg von hier, weg von mir, weg von dem, was ich sein muss, was ich bin.

Somewhere over the rainbow, way up high
And the dreams that you dreamed of, once in a lullaby
Somewhere over the rainbow, blue birds fly
And the dreams that you dreamed of, dreams really do come true

Irgendwo über dem Regenbogen, irgendwo dort oben schwebt mein Geist, befreit von den Qualen meines Körpers. Dort oben – und nur dort – kann ich glücklich sein. Nur dort kann ich leben, kann ich meinen geschundenen Körper verlassen und endlich lieben und geliebt werden. Hier, über dem Regenbogen kann ich mich daran erinnern, was geschehen ist und was nicht.

Die Worte des sprechenden Hutes klingen mir noch in den Ohren, selbst als ich am nächsten Morgen in meine erste Unterrichtsstunde husche, immer bedacht darauf in der Masse der Schüler unterzugehen. Es war seltsam, was er zu mir sagte, so seltsam, dass ich mir sicher bin, dass es eine Logik dahinter gibt.

„Was haben wir denn da? Eine Lestrange? Seltsam, seltsam, seltsam. So wie du bist darfst du nicht sein, mein Kind. Ich denke das weißt du? Nun, ich sehe Mut, sehr viel Mut. Ich sehe aber auch List und Intelligenz – ja, du bist sehr schlau, viel schlauer als deine Verwandten. Aber dein Mut...unüblich, sehr unüblich, diese Kombination. Nach Gryffindor kann ich dich nicht schicken, die würden dich zerfleischen, die Löwen. Nach Slytherin – nun dein Name passt dort hin, aber du bist nicht dein Name – werde ich dich auch nicht schicken. Für mich gehörst du am ehesten nach RAVENCLAW."

Und das war es. Er hat gesagt, dass mein Name nach Slytherin passt, aber ich nicht mein Name bin. Der Hut ist intelligent, viel intelligenter, als die Schüler hier. Schon seltsam, nicht? Ich meiner ist nur...ein Hut. Aber er hat gesehen, was anderen verborgen bleibt, er hat erkannt, was andere nicht verstehen und er hat mich gesehen, nicht meine Mutter, sondern mich. Damit scheint er wohl alleine zu sein.

Ich hatte gehofft, dass mein Name, meine Abstammung ein bisschen Untergeht, doch spätestens nach der Häuserwahl hat auch der letzte Schüler verstanden, wer ich bin und wer meine Mutter ist. Ich presse meine Tasche fest an mich. Die Mädchen in meinem Schlafsaal haben getuschelt und wollten nicht mit mir reden. Vielleicht legt sich das noch. Vielleicht ist es einfach die erste Aufregung.

Ich betrete das Klassenzimmer. Verwandlung steht auf dem Plan, gemeinsam mit den Gryffindors. So weit ich es erkannt habe, haben wir entweder mit den Löwen oder den Schlangen. Beides ist mir nicht recht, am liebsten wäre mir Huffelpuff gewesen.

Kaum erkennen mich die anderen Erstklässler verstummen sie und starren mich böse an. Ich schlucke schwer. Vielleicht brauchen sie Zeit. Ich senke hastig meinen Kopf, streiche verlegen meine schwarzen Locken hinters Ohr und haste an das Ende des Klassenzimmers, wo noch ein Platz frei ist.

Die Blicke folgen mir, böse und abstoßend. Ich kann es fast spüren, wie sie mich mustern, als wäre ich ihre nächste Beute. Ich schlucke wieder hastig. Es ist...beunruhigend.

Selbst die Schüler aus Ravenclaw scheinen mich zu verachten. Sie brauchen nur Zeit, einfach nur ein wenig Zeit, bis sie verstehen und beginnen zu sehen. Da bin ich mir sicher.

Immer noch mit gesenktem Kopf krame ich aus meiner Tasche eine Pergamentrolle, ein Tintenglas, eine Feder und ziehe aus der Innentasche meines gebrauchten Umhangs meinen Zauberstab. Er fühlt sich vertraut an, als würde er zu mir gehören, als wären wir eins. Ich blinzle und betrachte ihn nachdenklich. Es fühlt sich an als wären meine Adern mit seinen Fasern verbunden.

„Sie scheinen es nicht für nötig zu halten aufzustehen, Miss..."

Ich sehe hastig auf, direkt in das kantige Gesicht einer streng wirkenden Hexe. Ihre ergrauten Haare sind zu einem perfekten Dutt gebunden, ihre grünen Augen blitzen mich durch ihre eckigen Brillengläser an und ihre langen, etwas knochigen Finger, legen sich beunruhigend um ihren Zauberstab. Ich kann das Entsetzen in ihrem Blick lesen, die Abscheu und den Hass. Es ist dort, wie in all den anderen Gesichtern aus.

„Lestrange," flüstere ich überflüssig. „Das nächste Mal schreiben Sie Sätze, Misses Lestrange," sagt sie eisig, woraufhin feixendes Gelächter zu hören ist. „Und ich wüsste nicht, was es da zu lachen gibt," fügt sie mindestens genauso streng hinzu und bringt die Klasse damit zum Schweigen.

Gerade als sie kerzengerade vor der Klasse steht, springt die Tür auf und zwei rothaarige Jungen stolpern herein. Sie sehen beide komplett identisch aus und haben ein breites Grinsen im Gesicht. Wenn mich nicht alles täuscht gehören sie zur Familie, die ich vor dem Gleis mehr oder weniger getroffen habe.

„Verzeihen Sie, Professor," sagt der eine, „wir haben den Raum nicht gefunden," beendet der andere. „Auch für Sie, das nächste Mal schreiben Sie Sätze. Dürfte ich Ihre Namen erfahren?", erkundigt sich McGonagall, scheint aber ein wenig belustigt. „Fred und Georg Weasley," antworten sie wie aus einem Mund. „Nun, dann setzten Sie sich doch bitte...hinter zu Misses Lestrange."

Ihre Köpfe zucken gleichzeitig zu mir, doch ich freudiges Lächeln scheint wie weggewischt. Ich schlucke schwer. Zeit, alles, was sie brauchen, ist Zeit. Und trotzdem. Ihre eisigen Blicke, ihr versteinerter Ausdruck und das wütende funkeln in ihren Augen lässt mich daran zweifeln, dass wir eines Tages beste Freunde werden.

„Neben der?", frägt der eine kühl. „Es ist kein anderer Platz frei. Also setzen Sie sich jetzt," antwortet McGonagall mit streng funkelndem Blick.

Und so geben die Zwillinge nach und trotten hinter zu mir, während ich hastig an den äußeren Rand des Tisches rutsche.

„Wenn dann alles geklärt ist, können wir ja anfangen mit..."

Ich bezweifle, dass McGonagall mich wirklich gut leiden kann. Auch sie hat wohl Erfahrungen mit Todessern gemacht und somit zwangsläufig mit meiner Mutter. Aber sie ist mir um einiges lieber, als die Zwillinge, die neben mir sitzen und mich mit eisigen Blicken bedenken, sobald ich auch nur in ihre Richtung sehe. So gewöhne ich mir schnell an meine Augen starr auf die Tafel zu richten und das abzuschreiben, was McGonagall mit ihrem Zauberstab dort erscheinen lässt.

Nachdem wir eine Menge komplizierte Sachen aufgeschrieben haben, die ich alle eigentlich verstanden habe, teil unsere Lehrerin Streichhölzer aus, die wir in Nadeln verwandeln sollen.

„Und vergessen Sie nicht, Verwandlung ist höchst kompliziert und verdient daher auch eine Unmenge an Konzentration," ruft McGonagall noch, bevor wir uns an die Arbeit machen.

Auch ich bemerke schnell, dass es nicht einfach ist, eine solche Beherrschung über seinen eigenen Zauberstab zu haben und auch über sich selbst, doch am Ende der Stunde bin ich die einzige, die es geschafft hat, ihr Streichholz silbern zu färben und an einem Ende etwas spitzer zu machen.

„Sehr gut, Misses...Lestrange. Wirklich, sehr gut. Nehmen Sie zehn Wohlverdiente Punkte für Ravenclaw," sagt McGonagall zu mir, sieht mit dabei aber nicht in die Augen. Ich nicke nur. Vielleicht kann ich die anderen mit Hauspunkten etwas besänftigen, was mich angeht.

„Lestrange, also," sagt eine Stimme neben mir, als ich gerade meine beschriebene Pergamentrolle in meine alte Ledertasche gleiten lasse. Hastig richte ich mich auf und sehe direkt in zwei funkelnde braune Augen. „Ähm, ja," antworte ich etwas ratlos.

Die Zwillinge stehen vor mir, ihre Arme vor der Brust verschränkt. Ihr Blick steckt voller Hass und ihre Haltung voller Abscheu.

„Wir fragen uns, warum du nicht in Slytherin gelandet bist? Als Tarnung?", fragen sie gefährlich leise. Ich schweige. „Pass Mal auf, Lestrange, wir wissen, was deine Mutter für ein Scheusal ist. Und wir versprechen dir, wenn du meinst dich hier in der Schule groß aufspielen zu müssen, dann machen wir dein Leben zur Hölle."

Ich starre die beiden etwas hilflos an. Sie scheinen es wirklich ernst zu meinen. Ich schlucke schwer und senke meine schweren Lieder.

„Bist du stumm oder blöd?", frägt einer spöttisch. „Beides nicht," antworte ich sehr leise und schlüpfe in einem Moment ihrer Unaufmerksamkeit an ihnen vorbei.

Someday I'll wish upon a star,
Wake up where the clouds are far behind me
Where trouble melts like lemon drops
High above the chimney top that's where you'll find me
Oh, somewhere over the rainbow way up high
And the dream that you dare to, why, oh why can't I?

Das Lied ist zu Ende...und meine Erinnerung auch. Damals hat alles angefangen, alles. Wären Dinge damals nicht passiert würde ich vielleicht heute nicht auf einer unbequemen Matratze liegen, in einem dunklen Haus und mit einem Auftrag, den ich erledigen muss.

Aber damals, genau in diesem Moment, als alle mich abgestoßen haben, genau da, hat es angefangen. So muss ich es eben alleine machen, so musste und muss ich die Qualen alleine durchstehen. Ich öffne meine Augen wieder und ziehe meine Kopfhörer ab.

Es hätte alles anders sein können, alles. Aber es musste so kommen, weil...weil ich es aus der Sicht der anderen nicht anders verdient habe. Und weil es zu meinem Schicksal gehört, so wie das Leid und die Schmerzen. Ich muss das alles ertragen, es gehört zu mir und zu dem, was ich bin – oder eben auch nicht.

Es ist kompliziert, viel komplizierter als man denkt und als ich damals erahnte, damals, als es begonnen hat, als ich begonnen habe, mich einzuschließen, in einer Kammer tief in meinem Herzen, dort wo mich niemals jemand finden wird, nur ich selbst oder das, was ich bin – oder eben nicht.

Ich starre weiter an die Decke, ohne sie wirklich zu sehen. Es ist schließlich dunkel. Aber für mich macht es keinen großen Unterschied, ob ein Zimmer dunkel oder hell ist, solange es nicht lebt. Und hier...lebt rein gar nichts. Hier, in diesem Haus, ist alles Tod, so wie seine Bewohner. Leblos, gefangen in einer Hülle aus leerem Nichts. Das sind wir, das sind Voldemorts Todesser.

Es hätte alles anders kommen können, doch es musste so geschehen. Mein Schicksal – es wollte es so. Aber darüber darf ich nicht nachdenken, es ist mir verboten.

Eine Träne, verräterisch und schwach, läuft meine Wange hinab. Nur eine einzige Träne, eine einzige, die eine Narbe hinterlässt, eine von vielen Narben in meinem Herzen. Jede Träne, die ich vergieße ist eine Narbe, mit jeder Träne, mit jeder Art von Reue, wird das, was ich eingesperrt habe, stärker. Und ich weiß, dass es eines Tages aus mir herausbrechen wird. Aber bis dahin ist Zeit, Zeit in der ich wahren muss was ich geschaffen habe, Zeit in der eine Maske sich über mein Gesicht legt, wie eine zweite Haut.

Das war das erste Kapitel...das nächste folgt bald... Ich höre mir gerne konstruktive Kritik an, also hinterlasst einen Kommentar, wenn ihr was zu sagen habt. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top