Kapitel 15
Evie
Die Sonne scheint heiß auf unsere kleine Gruppe hinunter und lässt es mich bereuen, dass ich meine Kleidung, entgegen den Warnungen meiner Mutter, heute nicht an das Wetter angepasst habe. Wie sollte man auch wissen, dass sich das Wetter innerhalb von zwei Tagen so stark wandelt?
Mein Blick wandert kurz zu meiner Schwester, die entspannt durch die Gegend blickt und wahrscheinlich das Laufen vergessen würde, wenn ich sie nicht immer wieder daran erinnern würde. Sie sagt nichts und gibt keine Antworten auf Fragen, wenn sie gerade in so einem Zustand wie jetzt ist. Mittlerweile weiß ich genau, dass sie gerade am Grübeln ist und über die Menschen um uns herum, und wahrscheinlich auch über Belle und mich, nachdenkt. Genau deshalb beschließe ich sie auch nicht unbedingt anzusprechen, sondern lieber das Ergebnis ihres Gedankenganges abzuwarten und Belle lieber mit Argusaugen zu betrachten.
Seit wir losgegangen sind, hat sie kein einziges Wort gesagt, obwohl sie mir in der Schule und auch als sie vor unserer Tür stand, nicht sonderlich wortkarg vorkam. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass mich plötzlich ein komisches Gefühl wie eine Welle überrollt und mitreißt.
Ich würde es nicht als Sorge um das, mir fast gänzlich unbekannte Mädchen, bezeichnen, sondern eher als Misstrauen gegen sie. Schließlich besucht man jemand beinahe Fremden nicht einfach in dessen Zuhause ohne einen Grund dafür, egal ob er guter oder böser Natur ist. Und dass sie nach Freunden sucht, würde ich ihr niemals abkaufen, denn besonders dann benimmt man sich nicht so komisch, sondern setzt sich vielleicht beim Mittagessen in der Cafeteria neben einen der neuen Klassenkameraden, besucht ihn habe nicht einfach.
Die verstohlenen Blicke, den ich ihr immer wieder zuwerfe, scheint sie nicht zu bemerken, doch sicher kann man sich bei der schwarzen Haarwand, hinter der sie ihre rehbraunen Augen verbirgt, auch nicht sein.
Am liebsten würde ich sie einfach hier, mitten in Princes Gardens, in Anwesenheit meiner, total abgedrifteten, Schwester danach fragen, warum sie zu uns gekommen ist. Stattdessen halte ich jedoch den Mund und verfluche mich selbst innerlich einfach nur dafür, dass ich dem Drängen der, sonst so stillen, Annabelle nachgegeben habe. Ich muss unbedingt mal an meiner Widerstandsfähigkeit, die sonst doch so ausgeprägt ist, arbeiten, anstatt an Zaubersprüchen, die sowieso nicht klappen.
Irgendwann bleiben wir im Gedränge Londons vor dem weißen Eingang der Goethe Institut Library stehen, woraufhin einige der gehetzten Passanten uns böse Blicke zu werfen, während sie weitereilen und dabei beinahe die Person vor ihnen anrempeln. Würde ich nicht hier leben, würde die Reaktion dieser Menschen mich wahrscheinlich erschrecken oder wenigstens überraschen, aber glücklicherweise weiß ich es besser.
Schnell steige ich die weißen Steinstufen vor dem Eingang hinauf und drücke dann die Türklinke hinunter. Durch die Hitze, die schon seit heute Mittag die Vorherrschaft in der ganzen Stadt hat, hat sich das Metall der Klinke aufgewärmt. Kurz ziehe ich meine Hand deshalb zurück, weil ich nicht damit gerechnet hatte, lege meine Hand nach dieser Schrecksekunde dann jedoch wieder, wenn auch vorsichtiger, darauf und öffne die Eingangstür der britischen Bibliothek.
Im Inneren des Gebäudes wird alles durch eine Klimaanlage angenehm abgekühlt, wodurch der Aufenthalt hier direkt viel erträglicher ist. Sofort steigt mir der Geruch von Staub und frisch gedruckten Buchseiten in die Nase und ich muss einen sehnsüchtigen Seufzer unterdrücken. Hätte ich keine genaue "Mission" würde ich erst ein paar Bücher aus den Regalen kramen, mich in einen der gemütlichen Ohrensessel fläzen und für einige Stunden in der Welt der Bücher verschwinden.
Sofort fällt mir das zaghafte Leuchten in den Augen meiner kleinen Schwester auf, das immer erscheint, wenn wir hier sind. Automatisch zücke ich ihren Büchereiausweis, damit sie auch etwas leihen kann, ohne mich erst suchen zu müssen: "Hör mir jetzt bitte gut zu, Ana." Sie nimmt den Ausweis vorsichtig entgegen und sieht mich aufmerksam an, als ich meine Hände sanft auf ihre Schultern lege und mich zu ihr hinunter beuge, damit sie mich ansieht und mir auch richtig zuhört: "Ich geh jetzt nach oben und suche danach einem bestimmten Buch. Bleib bitte hier unten und verlass' das Gebäude nicht." Ich weiß zwar, dass ich die Zwölfjährige hier eigentlich nicht unbedingt allein lassen sollte, aber sie ist für ihr Alter schon ziemlich reif und vertrauenswürdig. Außerdem ist sie eine Hexe und kann mich jederzeit finden, wenn etwas ist. "Klar, mach dir keine Sorgen. Ich komm zu Recht", versichert sie mir leise mit ihrer so ehrlichen Kinderstimme. Kurz ziehe ich die Rothaarige in eine sanfte, schwesterliche Umarmung, während ich Belle keines Blickes würdige. Momentan betrachte ich wie nur als einen hartnäckigen Störfaktor.
Nach einiger Zeit klopft Ana mir vorsichtig mit ihren kleinen Händen auf die Schulter: "Hast du vor mich auch irgendwann wieder loszulassen, Ev?" Sobald ich realisiert habe, was sie gerade gesagt hat, lasse ich sie los. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich sie solang umarmt habe. Dass ich meine Schwester nicht liebe, kann man mir dann wenigstens nicht vorwerfen. "Tut mir leid, Ana", grinse ich und mache mich dann, nachdem ich sie nochmal daran erinnert habe, wo sie mich finden kann, auf den Weg zu den Stufen aus dunklem Holz, die ins Stockwerk über mir führen.
Mit jeder Treppenstufe, die ich nehme, steigt auch mein schlechtes Gewissen, weil ich Annabelle alleine gelassen habe. Deshalb drehe ich mich, oben angekommen, noch einmal um und sehe, wie das Mädchen in den Filmen herumkramt. Ein Hauch von Erleichterung überkommt mich, wird aber vom einem anderen merkwürdigen Gefühl überschattet, als ich bemerke, dass Belle nirgends zu sehen ist.
Von dem plötzlichen Verdacht überwältigt, dass jemand hinter mir steht, drücke ich meine Schulterblätter nach hinten, als mich ein kalter Schauer überkommt. Dann drehe ich mich wie von der Tarantel gestochen herum, um die Person zu sehen, die da hinter mir steht, doch anstatt auf einen Menschen, starre ich nun lediglich auf die weiße Tapete an der Wand. Ich schlucke einmal schwer. Langsam verhalte ich mich echt paranoid!
In der Hoffnung, dass Keiner mich gesehen hat, atme ich mehrmals tief durch, versuche den Kloß, den ich nach wie vor im Hals habe, hinunterzuschlucken und streiche meine Kleidung glatt.
Sobald ich wieder ein wenig entspannter bin, laufe ich durch die Regalreihen der obersten Etage des Gebäudes bis ich in der, mit "historische Zeichen und Sprachen" betitelten, Abteilung angekommen bin. Genau die habe ich gesucht! Vorsichtig ziehe ich einen kleinen Zettel aus der vorderen Tasche meiner Jeans. Auf den ersten Blick wirkt er vollkommen leer und bleibt es auch auf den zweiten und dritten Blick zu bleiben. Als ich ihn jedoch in eine Hand nehme und mit dem Daumen der Anderen langsam darüber streiche, während ich kaum hörbar eine Reihe von kurzen Worten vor mich hin flüstere, wirken meine Kräfte darauf. Je länger ich spreche, desto sichtbarer wird das, was ich vor unserem Aufbruch schnell darauf gekritzelt habe. Als das Symbol drauf leicht schimmernd zu sehen ist, unterbreche ich mich augenblicklich, da ich nicht will, dass es durch die ganze Etage strahlt und massenhaft Leute anzieht.
Nun ist auf dem Papier eines der Zeichen zu erkennen, die man überall in der Stadt antrifft. Soweit ich mich erinnere, war es eines der Ersten, die ich gefunden habe und im Gegensatz zum Großteil der Anderen, leuchtete es blutrot, was ich bisher nur wenige Male gesehen habe. Das Symbol erinnert an ein mit einem "N" verschlungenes "E" mit Schnörkeln an den richtigen Stellen. Beinahe hat es sogar den Anschein, als würden die Buchstaben einander umklammern.
Die, für meine Verhältnisse relativ gut gelungene, Zeichnung habe ich angefertigt, um auch das richtige Buch finden zu können und es dann zur Sicherheit mit einem Zauber verborgen, damit nur Hexer, die meinen genauen Wortlaut kennen, es selbst sichtbar machen können, und den Zauber kennt soweit ich weiß niemand. Nicht einmal meine Familie.
Konzentriert beginne ich nach der Reihe jedes Buch aus dem Regal zu ziehen, den Titel zu lesen und die Zeichen zu vergleichen, doch aus irgendeinem Grund kann ich keine Übereinstimmungen finden. Resigniert lasse ich mich an einem der dunklen Holzregale hinunterrutschen, bis ich auf dem Teppichboden sitze, der überall außer auf den Stufen verlegt worden ist. Vielleicht ist das auch überhaupt keine Sprachen, sondern einfach nur ein absonderlicher Spaß von irgendwelchen Jugendlichen, die sich überlegt haben mit besonderen Farben, die in bestimmten Nächten leichten, Passanten zu ärgern. Vielleicht sogar die aus dem Richmondhexenzirkel mit dem mein Zirkel schon seit Jahrhunderten verfeindet ist. Möglicherweise sogar die Hollingsworths persönlich. Eine andere, viel plausiblere Erklärung wäre es aber auch, dass ich am Ende doch einfach nur übergeschnappt bin und eigentlich in die Klapse gehöre. Ich meine, ich denke plötzlich, dass jemand hinter mir steht, obwohl da keiner ist, bin neuen Mitschülern gegenüber misstrauisch, obwohl sie wahrscheinlich genauso stinknormal sind wie alle Anderen aus meiner Klasse, und denke irgendeinem Londoner Geheimnis auf der Spur zu sein. Ja, das muss es sein. Ich bin einfach verrückt geworden!
Von dem Aufprall eines Objektes neben mir auf dem Boden, werde ich aus meinen Gedanken gerissen und sehe aus dem Augenwinkel eine Hand mit einem blutroten Ring am Zeigefinger, die jemandem auf der anderen Regalseite zu gehören scheint. Innerhalb von zwei Wimpernschlägen ist die leicht gebräunte Hand auch schon wieder auf die andere Seite verschwunden. Wie automatisch beginne ich verwundert zu blinzeln und starre dann wie gebannt durch die Lücke, die durch den Fall des Schriftstückes entstanden ist. Zu sehen ist aber niemand. Das kann doch keine Einbildung gewesen sein. So verrückt bin selbst ich nicht
Immer noch ein wenig geschockt, aber auch misstrauisch, hebe ich das Buch, mit kaum merklich zitternden Händen, auf. So etwas geschieht in einer Bücherei eben nicht alle Tage, obwohl ich auch nicht sagen würde, dass seit meinem ersten Fund der Zeichen vor etwa einem Monat irgendwas in meinem Leben normal verläuft. Und seit Belle aufgetaucht ist, wird es nicht unbedingt besser.
Gegen noch mehr Absurditäten gewappnet, lege ich das Buch, das alt wirkt und so aussieht, als würde es bei der nächsten Berührung zu Staub zerfallen, auf meinen Schoß. Als ich es schaffe die blass goldenen Buchstaben, die den Titel "schottischen Runen des siebzehnten Jahrhunderts" bilden, zu entziffern, verwandelt sich mein Misstrauen plötzlich in Zuversicht. Enthusiastisch schlage ich das Werk, das so riecht und aussieht, als würde es aus dem gleichen Jahrhundert stammen wie die Runen darin, auf und beginne die ersten paar Zeilen zu überfliegen.
Auf den ersten Seiten werden die Geschichte der Runen und die Legenden, die sich darum ranken, in voller Länge beleuchtet, weshalb ich nie die wesentlichen Teile lese und den Rest überspringe. Nachdem ich mit dieser Taktik das erste Kapitel mehr oder weniger "gelesen" habe, bin ich mir fast sicher, dass es das richtige Buch sein muss. Der Inhalt bezieht sich darauf, dass die Zeichen zum ersten Mal zur Zeit des siebzehnten Jahrhunderts das erste Mal in Schottland gesichtet wurden. Man sagte ihnen nach, dass die Hexen, die zu der Zeit gelebt haben, sie zur Kommunikation genutzt haben sollen. Richtig beweisen konnte es aber niemand, weshalb der Teil mit den Hexen nur eine Legende blieb, während die Zeichen immer häufiger an Hauswänden und in Wäldern auftauchten und sich bald auch auf den Rest der Vereinigten Königreiches ausbreiteten. Ein Jahrhundert später hörten die Sichtungen jedoch überall außer in London auf. Einige Seiten weiter finde ich die ersten Zeichen und zücke sofort mein Symbol, um es mit den Runen zu vergleichen. Tatsächlich ähneln sich die Runen von der Art wie sie gezeichnet wurden, fast komplett, was bei mir dafür sorgt, dass sich ein zufriedenes Lächeln auf meine Lippen schleicht. Leider sind jedoch nicht unter alle Zeichen Bedeutungen gedruckt worden. Je weiter ich blättere, desto häufiger sind zu dem die kleinen, mit Bleistift hinzugefügten, Notizen und Bezeichnungen. Gelegentlich scheint es sogar so, als wären einige der abgedruckten Bezeichnungen von dem gleichen Leser berichtigt worden. Wie aus einer Ahnung heraus, schlage ich auf die erste Seite und liege mit meiner Vermutung, dass dort auch etwas hin gekritzelt wurde, richtig. Wie auch weiter hinten im Buch hat jemand mit seine Initialen hingeschrieben. Mit einem Finger streiche ich über das ordentlich geschriebene "J.H." und versuche das Gefühl und den Geruch des porösen, vergilbten Papiers unter meinen Fingern aufzusaugen, während sich in meinem Kopf eine Frage manifestiert. Wer ist "J.H."?
Zwar ist es komisch, aber ich weiß, dass es ein Mann sein muss, denn das ist anhand der Schrift leicht abzulesen. Den Entschluss gefasst, dass dieses Buch und ich für einander gemacht wurden, erhebe ich mich vom Boden, was für meinen Po eine echte Erleichterung ist. Schließlich ist sitzen das neue rauchen.
Beschwingt renne ich die Treppen so schnell hinunter, dass es ein richtiges Wunder ist, dass ich nicht stolpere. Bereits von Weitem sehe ich Ana, die nach wie vor bei den Filmen steht und scheinbar etwas ganz Bestimmtes sucht. Hat sie sich in meiner Abwesenheit etwa gar nicht bewegt? Verwundert sehe ich auf die grüne, leise tickende Uhr über dem Tresen, an dem man die Sachen leihen kann. Bereits eine geschlagene Stunde ist vergangen. "Hey, hast du einen schönen Film gefunden?", frage ich laut, während ich zielstrebig auf sie zugehe. Überrascht dreht sie sich zu mir um. Ihr unzufriedener Blick verrät mir, dass die Antwort "Nein" lauten wird, was sie mir mit einem niedergeschlagenen Kopfschütteln auch augenblicklich bestätigt. Vorsichtig beuge ich mich runter, sodass ich auf ihrer Höhe bin und schaue mit ihr zusammen auf die Filme im Regal: "Was suchst du denn?" Auf den ersten Blick sehen alle Filme, die ich im Regal erspähe, interessant aus. "Den ersten Teil von Harry Potter", murmelt sie resigniert. Als mir die Ironie in diesem Satz klar wird, muss ich grinsen. Eine echte Hexe, die sich einen Film über eine Schule voll mit falschen Hexen und Zauberern ansehen will. Da sie es aber scheinbar wirklich ernst zu meinen scheint, beginne ich mit ihr zusammen zu suchen.
Letztendlich finden wir den Streifen unter "Comedy", weil jemand ihn wohl falsch weggestellt haben muss, und endlich ist auch meine Schwester zufrieden. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zur Ausleihe und stellen uns in die, zugegebener Maßen ziemlich lange, Schlange, da fällt mir plötzlich etwas auf: "Hey, Ana?" "Ja?" "Wo ist eigentlich Belle? Ist sie schon gegangen?", frage ich ein wenig perplex, als ich bemerke, dass ich die Schwarzhaarige gar nicht bei Ana aufgefunden habe, als ich wieder nach unten gekommen bin. "Sie meine, dass sie sich auch noch nach einem Buch umsehen gehen will. Ich hab' okay gesagt", sie zuckt mit den Schultern, spricht aber weiter, als sie meinen Blick bemerkt, der wohl nicht gerade der Freundlichste zu sein scheint: "War das falsch?" Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass ich mich bei dem Gedanken, das Belle hier alleine herumlungert und vielleicht wirklich vorhin hinter mir gestanden hat, als ich so zusammen geschreckt bin, gar nicht wohlfühle, als ich ihr antworte: "Nein, alles gut. Hast du deine Karte noch?" Sie nickt und ich will ihr gerade meine Sachen in die Hand drücken, um mich auf die Suche nach Belle zu machen, da taucht besagtes Mädchen auch schon direkt hinter uns auf und winkt Annabelle zu, während sie auf uns zu geschlendert kommt.
Bei uns angekommen, stellt sie sich einfach zu uns und lugt immer wieder interessiert zu dem, in einen dunkelgrünen Umschlag eingebundenen, Buch. Instinktiv halte ich es hinter meinen Rücken, um ihr die Sicht auf den taschenbuchgroßen Gegenstand zu versperren. Sofort nehme ich ein unheimliches Funkeln in den goldenen Sprenkeln ihrer braunen Augen wahr und spüre, wie mir ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Kurz presst sie ihre schmalen, blassrosanen Lippen fest zusammen, nur um den Mund wenige Sekunden darauf wieder zu öffnen. Bevor die ersten Töne ihren Mund jedoch verlassen können, gehe ich dazwischen: "Und Belle? Hast du auch das Buch gefunden, dass du gesucht hast?" Ihre gerade gezupften Augenbrauen wandern ratlos in die Höhe und in ihren Gesichtszügen zeichnet sich Unsicherheit ab, die ich vorher bei ihr noch nicht bemerken konnte: "W-Was meinst du?" Ich sehe, dass Ana zu einer Erklärung ansetzen will, bringe sie aber mit einem einfachen Blick und einer kaum merklichen Kopfbewegung augenblicklich zum Schweigen. Stattdessen antworte ich: "Ach, da habe ich mich wohl vertan. Tut mir leid!" Sowohl Ana als auch ich selbst wissen jedoch genau im selben Moment, dass das gerade eine Lüge vom allerfeinsten war, denn Ana hat selbst gesagt, dass Belle nach einem Buch sehen will und ihr Gedächtnis ist erstklassig. Sie weiß sogar noch, was sie an ihrem ersten Schultag gegessen hat und ob sie es mochte oder nicht! Dass Belle sich nicht mehr daran erinnert, was sie zu meiner Schwester gesagt hat, zeigt also, dass sie heute mindestens einmal nicht ehrlich zu uns war. Doch was hat sie wirklich gemacht, wenn sie schon nicht nach Büchern gesehen hat? Diese Frage beruhigt mich und verstärkt mein Misstrauen gegen meine neue Klassenkameradin nur noch mehr.
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