Kapitel 35

Mit ihrer Mutter zu reden.
Das war Aislinns selbsternannter erster Schritt um Fester irgendwie zu helfen.
Eine Entscheidung, die Ivan ihr zur Abwechslung nicht übel nehmen konnte. Immerhin hätte wohl auch er eine Vertrauensperson in dieser Situation zu Rate gezogen— hätte er denn jemanden, den er so betiteln würde.

So saß er auf dem Tritt vor der Haustür, hatte das blauhaarige Mädchen alleine gelassen mit dem, was auch immer sie gerade tat.

Er wollte nicht mehr sehen, auf welche Weise sie mit ihrem Elternteil sprechen konnte.
Das, was sich in diesem Gewächshaus abgespielt hatte, hatte seine Vorstellungskraft und Wahrnehmung schon genug überstrapaziert. Er genoss die Ruhe die außerhalb der Behausung lag.

Auch wenn er das Gefühl hatte, sich in einer Savanne zu befinden. Auf einem Hügel mit Ausblick auf die verschwommenen Umrisse einer Stadt.

Er scharrte mit den Füßen über den harten Sandsteinboden, den Blick konzentriert auf die einzelnen Körner gerichtet, die sich unter seinen Schuhen lösten und umherschieben ließen.

Innerhalb einer normalen Umgebung— unter normalen Umständen— hätte er sich anderweitig abgelenkt, damit er sich nicht so endlos einsam und verloren vorkommen würde, doch wurde ihm der Weg zu diesen Methoden versperrt.

Zudem das leere, in sich verwobene Gefühl in seinem Bauch auch mit fortlaufender Zeit nicht nachließ.
Ivan schürzte die Lippen, klemmte sich die Unterarme in den Bauch, als können diese somit das innerlich wirkende Loch füllen.

Er würde keine Einwände mehr haben, sollte man ihm etwas zu Essen anbieten, doch schien das wohl das geringste Problem zu sein, wenn Aislinn nicht übertrieb, als sie von Experimenten sprach.

Alleinig der Gedanke an Forschungen anhand lebender Wesen ließ Unbehagen wie Strom Ivans Rücken herunterjagen und er krümmte sich noch ein wenig mehr unter dieser Vorstellung.
Trotzdem sein Einstieg mit dem gelbäugigen Lebewesen nicht derart gut verlaufen war, war seine Empathie dennoch nicht vollkommen verschwunden— auch wenn der junge Lehrer in aller Gesamtheit weiterhin mit dem Gefühl lebte, dass alles zu einem ausgearteten Rollenspiel gehörte.

„Okay.", erklang Aislinns Stimme aus einem Seufzen heraus hinter ihm, weshalb er den Kopf schräg gelegt nach hinten wandte.
Sie ließ sich neben ihm plump auf die einzelne Steinstufe knallen, dass er die Augen zukniff, weil er schon vom alleinigen Ablick dessen den Schmerz spürte, der durch ihr Gesäß jagen musste.

Aber ihre Mimik blieb emotionslos kalt und sie drückte ihre Wangen zwischen ihren Knien ein. „Meine-", begann sie leise, die Stimme angeraut und fast abgeschnitten,:"Meine Mutter versucht sich darum zu kümmern."

Trauer und Bedrücken wogen schwer in ihrer Tonlage. Das, was sie optisch nicht zeigte, schwang deutlich in ihrer Lautstärke mit.
Sie widmete ihren Blick hilfesuchend Ivan- als könne dieser ihr helfen- doch hockte der nur schweigend neben ihr, in die Leere starrend, hoffend, dass Sätze der Aufmunterung im Laufe ihres Gesprächs noch zu ihm finden würden.

„Und was will sie machen?", hauchte er dem kalten Wind entgegen, der endlich das stickige Drücken in der Luft— wenn auch nur kurzzeitig— beseitigte.

„Ihn da rausholen. Irgendwie. Sie bezweifelt aber dass das möglich sein wird. Zumindest nicht ohne das Einwirken von Drohungen oder so." Einmal mehr seufzte sie, als könne das all den Schmerz aus ihren Gliedern jagen.

Ivan presste einen Mundwinkel ein, sagte aber schließlich mit überzeugtem Ton in der Stimme— dass er selbst von seinen Schauspielkünsten beeindruckt war: „Ich bin überzeugt davon, dass sie es hinbekommt."

Der Ernst der Situation sickerte erst jetzt allmählich zu ihm durch. Auch wenn es ihm nur real erschien, wenn er Fester gedanklich mit einem normalen Menschen ersetzte, so reichte es doch, um ebenfalls lichtes Bedrücken aufzubauen.

Sein Wissen über das System auf diesem Planeten war nicht ansatzweise weitreichend genug um Theorien aufzustellen oder Aislinn gewissentlich zu beruhigen, weshalb er mit trockenen Fragen notgedrungen fortfahren musste.

„Und was ist Schritt zwei deines Plans?", versuchte er sich allmählich von der Tiefgründigkeit dieser Thematik abzuwenden.

Sie lehnte sich an die Hauswand hinter sich, entlastete ihren Nacken wieder, indem sie den Kopf anhob: „Mir wurden meine Pläne durchkreuzt. Wir sollen mit dem ursprünglichen Ziel, Urania zu retten, weitermachen, hat meine Mutter gesagt. Ich hab' mir gerade verdammt viel Ärger abfangen können."

„Das heißt... Wo gehen wir als nächstes hin?"

„Wir besuchen eine Höhle. Die wird Ihnen gefallen, Mister Reid.", sie lächelte schwach, zog gestellt provozierend die Augenbrauen hoch,: „Da ist es schön dunkel und gruselig."

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