Kapitel 33

„Aislinn?", das Wort hallte in seinem eigenen Kopf wieder, hörte sich kraftlos und ängstlich an.
Die Jugendliche jedoch schien die Dringlichkeit seiner Tonlage fortgehend zu ignorieren. Sie näherte sich stetig dem strohalm-artigen Stab, der sich aus der Blume hervorgestreckt hatte und um die vier Centimeter über den Blüten ragte.
Aislinn hing mit der Nasenspitze schon direkt über dem Lichtpunkt, dass dieser ihre Haut bläulich schimmern ließ.

  Er unterdrückte das Bedürftnis, sie am Arm zurückzuziehen, auch wenn jede Stimme in ihm schrie, dass sie von Gefahren nur so umzingelt waren.
Sie würde schon wissen, was sie sich da antat, obwohl Ivan es nicht als positives Omen einstufte, wenn er von seinem Platz aus schon das Kribbeln der Spannung auf seinen Armen spühren konnte.

Fast automatisch schüttelte er sich, als sei er ein Hund, der die Schwere der Wassertropfen von seinem Rücken schleudern wollte.

Einmal mehr wanderte sein Blick misstrauisch über alles in ihrer Nähe, ehe er sich wieder auf Aislinn heftete.
Diese hatte inzwischen den Stock wie einen Füller umfasst, ließ ihre Finger überlegend über die in sich gewundene Textur wandern, bevor sie ihre Zungenspitze direkt an das Licht hielt und in dieser Position verharrte.

Kein Haar bewegte sich mehr an ihr, trotz des starken Windes der sie umzingelnd in seinen Kreisen geschlossen hatte. Als sei sie im Auge des Sturms, der kompletten Ruhe ausgesetzt.

Ivan drückte in abwartender Haltung den Rücken durch. Ein leichter Schrecken durchwirkte seine Bewegung.  Er reckte den Hals, betrachtete sie, wie sie als regungslose Erscheinung einen Schritt vor ihm auf dem Grasstück kniete.

Übelkeit kämpfte sich hoch, als er feststellte, dass ihr Brustkorb sich nicht in regelmäßigen Abständen hob und wieder senkte- sondern stattdessen so still lag wie alles andere an ihr.
„Ähm...", seine Stimme franste aus, dass die Silbe zur Hälfte abgeschnitten war und er hüstelte, versuchte den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken, doch blieb das säuerliche, drückende Gefühl an seiner Kehle haften.

Er schaute erwartungsvoll zu dem Eigentümer dieses Gewächshauses, der mit zusammengekniffenen Zügen den blass gewordenen Ivan musterte. Der Gärtner strahlte eine viel zu entspannte Aura aus, als dass man es unter diesen Umständen glauben konnte.

Wahrscheinlich war alles reinste Planung.
Das musste es sein, ansonsten wäre längst in den Zyklus der sich vor ihnen abspielte eingegriffen worden.
Ihr ging es gut, sie war immerhin kein Mensch. Nichts was bei ihr nicht so ablief, wie bei ihm, hatte direkt zur Folge, dass sie starb.
Aber dennoch packte ihn die Angst um sie von hinten, umschloss ihn tief in ihre kalten Arme.

Ivan hatte nicht mitbekommen, wie der Windzug um ihn allmählich abnahm und nur noch ein leichtes Ziehen ihre Beine umspielte.
Das blauhaarige Mädchen hatte der Pflanze vor sich inzwischen wieder den Rücken zugekehrt, blinzelte heftig, leckte sich dabei über die Lippen.
Sorge hatte ihre Stirn Falten schlagen lassen und eben jene Schwingungen hallten auch in ihrer Stimme wieder, als sie dem anderen Außerirdischen etwas zumurmelte.

Röte legte sich während ihrer Worte auf ihren Wangen nieder. Aislinn stemmte sich wackelig hoch, bis sie sich in einer unverkennbar gekrümmten Position befand.

Ivan war zwar nicht in der Lage auch nur einen Satz zu verstehen, doch reichte ihr alleiniger Anblick um ihm kein gutes Gefühl zu vermitteln.

Sie schüttelte den Kopf, richtete ihren Blick zu Ivan, murrte kurz, bevor sie herantrat, ihn am Arm packte und ihn mit sich zog.

Ohne dass sie wissen konnte, wo der Ausgang lag.

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