Kapitel 31

Mehrfach bogen sie um, auf schmale Pfade umgeben von Blumenbeeten dessen Gewächse mehrere Meter in die Höhe wucherten und Bogen bildeten, weshalb er den Kopf einziehen musste und die Angst in ihm hochkam, dass eine dieser Pflanzen jede Sekunde nach ihm schnappen würde.
Ja, ein mancher Strauch wirkte als sei er von Dämonen und Geistern besessen. Es würde ihn nicht mehr wundern, wenn einiges des hier gesammelten Grünzeugs sprechen könnte.

Ob manche Pflanzen hier giftig waren?
Hatte er etwas berührt das ihm das Leben kosten könnte?

Er schüttelte sich. Darüber wollte er gar nicht erst nachdenken.

„Hast du überhaupt Ahnung wo wir hingehen?", Ivan beugte sich zu Aislinn, die mittlerweile einen halben Schritt vor ihm ging herunter.
„Was wollen Sie hören? Eine Antwort die Ihnen gefällt oder die Wahrheit?"
„G-Gibt es da etwa einen Unterschied?"
Sie rollte theatralisch mit den Augen: „Ja. Das hier ist das reinste Labyrinth. Meinen Sie ich kenne mich hier aus? Theoretisch müssten wir schon längst da sein, aber ich glaube wir werden noch kostenlos herumgeführt."

Er schnaufte. „Auf die Führung kann ich gut und gerne verzichten.", betonte er extra laut, damit der alte Herr vor ihnen- der vor kurzem aufgehört hatte zu reden- es ebenfalls mitbekommen konnte.
Aislinn aber wandte ihren Kopf zu dem Lehrer hinter sich um: „Ich glaube er versteht Sie nicht. Und selbst wenn, er würde Sie nicht verstehen wollen. Der Kerl macht was er will. Wir müssen es über uns ergehen lassen und beten dass er eine kurze Runde nimmt."

„Super Aussichten. Können wir dann nicht schneller gehen?", dabei wollte er doch nur hier raus. Viel zu beobachtet kam er sich hier drin vor. Und das lag sicherlich nicht nur an den Beeren an einigen Büschen die die Form von Augäpfeln hatten.

„Es wird schon nicht mehr so lange sein."



In gewissem Sinne hätte sie vielleicht auch recht, wenn man- anders als Ivan- nicht unter einem Verfolgungswahn litt der diese Zeit anfühlen ließ wie mehrere Stunden.

Doch schlussendlich machte der Reiseführer vor ihnen Halt und hockte sich zu einer kleinen, vielleicht zwanzig Centimeter hohen Blume, die versteckt zwischen drei größeren Gewächsen aus dem mintgrünen Erdboden hervorkam.

„Unscheinbar.", murmelte Ivan dem blauhaarigen Mädchen zu. Das Verständnis in ihm fehlte, was daran so interessant sein sollte.
Hatten sie etwa ihr Ziel erreicht? War das was sie sehen wollten?
„Mag sein.", erwiderte sie mit einem spitzen Unterton,: „Aber das ist Festers Pflanze und ich will wissen wo dieser Typ schon wieder steckt."

Sie ging ebenfalls auf die Knie, während Ivan ungläubig das Gesicht zerknautschte.
Schön und gut, dass diesem gruseligen Alien ein winziges Blümchen gehörte, aber was sollte daran faszinierend sein?
Redeten diese Teile also doch? Konnten sie Leute beobachten?

Einmal mehr erfüllten wilde Theorien seine müden Knochen und ließen diese sich kampfbereit anspannen.

„Aislinn.", formte er fast automatisch fordernd ihren Namen,: „Weih' mich gefälligst ein. Was ist das hier?"
Hoffentlich eine Irrenanstalt, da gehörte er seiner Meinung nach mittlerweile hin.

„Soll ich Ihnen das wirklich schildern?", sie klang als hätte er einen dummen, rhetorischen Witz gerissen, was ihn nur noch ungehaltener werden ließ: „Ich bitte darum."

Nach einem extra lauten Stöhnen richtete sie sich wieder aufrecht hin, verschränkte die Arme vor der Brust, während sie zu erklären anfing: „Dieses Haus hier ist wie ein exakter Lebenslauf einzelner Personen. Jedes Kraut hier gibt Informationen zu dem Leben eines Wesens wieder."
„Aber wie soll das möglich sein?", hakte er nach und starrte wie in Trance das Gestrüpp um ihn herum an.
„Man wird nach seiner Geburt mit einer Staude verbunden und die wird hier angepflanzt. Bei dem Ableben eines Verwandten gibt man es hier im Regelfall als erstes an, damit die dann vertrocknete Pflanze entsorgt werden kann. Sie werden das gleich selber sehen.", ohne dem jungen Menschen vor ihr weitere Aufmerksamkeit zu schenken, ging sie erneut herunter in den Schneidersitz.

Das was sie ihm gerade erklärt hatte war um ein vielfaches unlogischer und surrealer als das, was Ivan sich selbst vorgestellt hatte und eben diese Feststellung legte sich bitter wie Galle auf seiner Zunge nieder.

Die Luft zwischen ihnen knisterte förmlich vor Anspannung.
Wenn seine verworren- neurotischen Gedanken schon einleuchtender waren als dieser Schein einer Realität, so wäre er nicht fähig abschätzen zu können was um die nächste Ecke auf in wartete.
Genauso wenig wie er das beflügelnde Maß an Genugtuung mehr genießen könnte, wenn es doch nicht so schlimm war, wie es sich in seiner dunkelsten Expertise abgelichtet hatte.

Er wollte doch nur zurück in sein warmes Bett...
Aislinn hatte ohnehin nicht angedacht, sich an die extra angepassten Pläne zu halten. Rein vom theoretischen Aspekt betrachtet würde es folglich keinen Unterscheid machen, wenngleich sie sich in einem gemütlichen Haus oder bei einem Verrückten umgeben von Pflanzen miteinander unterhielten... Oder nicht?

Er schluckte einen hervorkommenden Schwall heißen, übelerregenden Schmerzes herunter der von seinem Herzen aus bis in seine Rachengegend hochströmte.

Ohne darüber nachzudenken schaute er an die grell beleuchtete Decke- ließ sich von den Lichtern blenden-, erhoffte sich somit wieder den kühlen Windzug spüren zu können und den Punkt der inneren Ruhe erlangen zu können, den alle anderen zu haben schienen, er wiederum verzweifelt seit mehreren Jahren suchte, dabei jedoch bisher immer in die Leere zu greifen schien.

„Ich will nachhause.", murmelte er sich selbst mit belegter Stimme zu, da er den Kopf mit überstreckten Hals in seinen Nacken gelegt hatte. Er zwang sich sein Augenmerk wieder auf Aislinn zu heften, während er sich kräftig räusperte um dem Drücken was auf seinem Kehlkopf lag etgegenzuwirken.

Höchstwahrscheinlich musste Ivan eh nicht mal mehr eine Woche hier verbringen...

Wie auch immer es möglich war; diese winzige, nicht bestätigte Vorstellung brachte einen enormen Schwung an Zielstrebigkeit und Elan über ihn, dass er ungewohnt selbstsicher neben dem blauhaarigen Alien- Mädchen auf dem Fliesenboden Platz nahm.

Bereit anzuschauen was da noch kommen könnte.

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