Kapitel 28
„Und wie genau willst du das alles jetzt anstellen?", er schlenderte den trocken-rissigen Weg der links von ihrem Haus wegführte neben ihr her, während sie den Hals lang streckte um über jeden kleinen Strauch hinwegzusehen, in der Hoffnung, Fester zu erwischen.
„Einen sehr... wundernswerten Bekannten meiner Eltern fragen, ob er die Wahrheit darüber weiß, was mit Zion passiert ist."
Wenn ausgerechnet so ein Wesen wie sie schon etwas als komisch bezeichnete konnte das nichts gutes verheißen.
Ivan schluckte ein Brummen was in seinem Hals bitter brodelte herunter und verzog den Mund: „Aber woher soll dieser ominöse Kontakt das denn wissen?"
„Weil er irgendwie einfach alles weiß. Sie werden ihn schon noch kennenlernen, Mister Reid."
Dabei wollte er das bei genaueren Überlegungen doch gar nicht.
Er ließ nun doch ein leises Grummeln aus seinem Mund entweichen, hielt sie am Arm fest und zog sie zurück, damit sie endlich stehenblieb.
Sie sahen einander direkt an. Wobei Aislinn ersichtlich wusste, was folgen würde. Sie ließ es aber noch auf sich sitzen und ihn zu Wort kommen, gab ihm somit die Chance, lieber die Klappe zu halten. „Du weißt doch selbst dass das nichts nützt. Riskier' gefälligst nicht das Leben tausender damit du dein Ding durchziehen kannst und Träumen hinterherjagst. Zion ist tot."
Jedoch rastete sie nicht wie er erwartet hatte aus, löste sich lediglich aus seinem Griff und meinte nüchtern: „Seien Sie still. Sie wissen doch gar nichts."
„Mag schon sein, ja, aber, verdammt, du kannst mir nicht den Mund verbieten. Du betonst doch immer, dass wir an bestimmten Orten miteinander reden sollen. Du willst doch noch deine Heimat retten, oder nicht?"
„Drohen Sie mir jetzt etwa? Meinetwegen gehen Sie wieder zurück. Ich lasse Sie gerne allein."
Wie gerne er tatsächlich abgehauen wäre, aber jetzt nach alldem fühlte er sich doch eine Spur verantwortlich für Urania. Wenn dieses trotzige, blauhaarige Exemplar eines Aliens nicht auf alles Acht gab, musste er eben den Part übernehmen. Zu anderem war er auch damals bei seiner Schwester nicht gezwungen gewesen, wenn beide alleine waren. Darin war er ungewollt geübt.
„Ich bleibe.", meinte er bestimmt und ging wieder neben ihr über die felsig- rote Landschaft.
„Wenn Sie meinen, sollte es Ihnen zu heiß werden vergessen Sie aber nicht, dass ich Sie gewarnt habe."
Jedwede Risiken waren ihm von Anfang an klar, auch wenn Aislinn es vielleicht nicht glauben mochte, die Menschen waren eine intelligente Spezies, somit ebenfalls dazu fähig, Situationen mehr oder minder richtig einschätzen zu können.
Gerade er war das Paradebeispiel für jeden Fluchtreflex und alle erdenklichen Ängste und Sorgen.
Irgendwie versammelte er sie alle. Stand auch dazu, sollte man ihn nicht negativ darauf ansprechen, dann nämlich begann er zu lügen und erklärte, dass alles einen Hintergrund habe und er bei anderen Themen nicht so sei. Aber doch, er selbst wusste am besten in wie vielen Punkten er Schwierigkeiten hatte Vertrauen zu schenken, oder Kontrolle abzugeben.
Mit ihm war definitiv nicht leicht Kirschen essen, das wiederum sollte einem jeden mittlerweile klargeworden sein.
***
Aislinn hatte zwar gesagt, dieser ‚Kontakt' ihrerseits sei abnormal, aber was sollte sie schon noch schlimmes erwarten?
„Nein.", stoppte er selbst seine Gedanken.
Jedes Mal, wenn er annahm, es könne nicht noch ausgefallener werden, tauchte ein Riesenkäfer, oder eine grinsende Sonne, oder sonst etwas auf, als versuchten alle ihn krampfhaft dazu zu bringen, sich einweisen zu lassen.
Zugeben musste er allemal, er spielte derzeit selbst mit dem Gedanken sich therapieren zu lassen, andererseits wäre es ihm auch endlos peinlich, sich irgendwo das Herz auszuschütten und von Leuten als so ein Spinner abgetan zu werden, wie er es immer von anderen dachte.
Ivan seufzte schwer, starrte die milchige Kuppel, welche vorgab ein ganzes Haus zu sein, vor sich an. Wollte er tatsächlich reingehen?
Der blauhaarige Quälgeist neben ihm erwartete ja eben das von ihm, wartete darauf, dass er den ersten Schritt machte und vorging- als wüsste er wo lang- , als wolle sie ihn im Falle eines Notfalls als Schutzschild verwenden um sich selbst in Sicherheit zu bringen.
Bei ihr konnte er sich das lebhaft vorstellen.
Oder er verbrachte einfach zu viel Zeit damit sich den Kopf zu zerbrechen und wilde Szenarien zu erfinden, die so sicherlich nicht vorkommen könnten... Oder etwa doch?
Würde die Person, die in einem derart gewächshaus-ähnlichen Gebäude lebte mit Feuerbällen auf sie schießen?
Aislinn war viel zu unpräzise. Mit allem. Da konnte man selbst aus dem am gestrigen Tage so schweigsamen Fester mehr herausquetschen.
„Wird's heut' noch was, Mister Reid? Oder soll ich Sie lieber weiter ungestört Ihre Angststörungen ausleben lassen?"
Wäre sie sein Kind gewesen, er hätte sie zur Adoption freigegeben. Ohne Anzeichen einer Reue. Wie schaffte ein so unschuldig aussehendes Lebewesen es, so frech zu sein?
Eine Sache wurde dank ihr so oft auf die Probe gestellt, dass nichts mehr an ihr reißen konnte: Seine Geduld.
Und auch wenn er ihr stellenweise gerne den Hintern versohlt hätte, er war die Ruhe selbst... Mit Ausnahme seines Magens, der so laut knurrte, dass Aislinn ihm gehäuft auf ihrem Weg vorwurfsvolle Blicke zugeworfen hatte, als würde er es kontrollieren können.
„Ich lass' dir den Vortritt.", erwiderte er stumpf und zeigte mit einer knappen Geste auf den geschlossenen Durchgang, weshalb sie entrüstet Luft aus der Nase pustete, jedoch ohne weitere Diskussionen tatsächlich hineinschritt.
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