Kapitel 26

Ivan erweiterte den Spalt und musterte Fester, der den Blick zu ihm erwiderte und eine Augenbraue hochzog: „Sir.", mit einem Lächeln auf den Lippen neigte er den Kopf und raunte Aislinn zu,: „Ich ziehe mich wieder zurück und lasse sie zwei alleine."

„Das kannst du mir doch nicht antun.", sie schnappte sich Festers linke Hand und krallte sich an seinen knochigen Fingern fest, als sei sie ein kleines Kind, welches nicht allein gelassen werden wollte.
„Sie wissen doch wo sie mich finden, wenn Sie mich brauchen.", ungewohnt gefühlvoll klang er, bevor er sich sanft aus ihrem Griff löste und ihr durch die zerzausten Haare wuschelte, daraufhin aber aus dem Gemach verschwand.

Ivan ignorierte das, seufzte schwer und beugte sich zu ihr vor: „Wie geht es dir?"
„Das ist jetzt nicht Ihr Ernst..."
„Ja... Vielleicht war das eine dumme Frage...", stellte er fest und verzog mitleidig den Mund.
„Immerhin hat Fester mich zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder freiwillig berührt. Hey, einen Vorteil hat die Sache scheinbar.", sie lachte gequält und fasste sich an den Kopf, als könne sie somit das Gefühl zurückrufen, wie er sich angefasst hatte,: „Jetzt habe ich ja nur noch ihn."

„Und mich.", ergänzte Ivan, doch schlug ihm nicht die Reaktion entgegen die er sich erhofft hatte.
Sie starrte ihn fassungslos an, den Mund so verzogen wie man es tat, wenn man etwas saures aß,: „Jaja, natürlich doch. Was bringen Sie mir bitte?"
„Das ist nicht worauf soziale Kontakte beruhen, Aislinn."
„Sie wissen ganz genau was ich meine. Wir streiten eh nur und kurz bevor Urania untergeht verschwinden Sie auch wieder auf ihre sichere Erde."
Der junge Lehrer schüttelte den Kopf: „Du hast die Hoffnung jetzt auch aufgegeben, was?"

„Was, ich? Nein! Ich bin so optimistisch wie noch nie.", murmelte sie selbstironisch und umarmte einen weißen Stoffhasen, der zuvor neben ihr saß.

Generell bestand ihr Schlafplatz förmlich ausschließlich aus Kissen und Stofftieren. Alles von genähtem Essen mit lächelnden Gesichtern bis hin zu Teddybären versammelte sich auf dem Doppelbett.
Sie hatte ein ziemlich normales Mädchenzimmer, zumindest wenn man den Klischees folgte.

Ein großer Spiegel lehnte an der Wand die violett angestrichen war. Der Großteil ihrer Möbel war magenta oder pink. Keine Farben, die man sonderlich lange betrachten konnte ohne Kopfschmerzen zu erleiden.
Und genauso wenig war dies ein Zimmer, was man von einem Alien erwartete.

„Interessante Einrichtung.", er lächelte und nahm sich ein Kissen in Form eines riesigen Hamburgers.
„Ich finde das toll.", erklärte sie so beschämt als habe sie sich damit sündhaft gemacht,: „Die Menschen leben schön, meiner Meinung nach. Ich bin auch eine der wenigen die so denkt, glaube ich."

Wie unsicher sie sich plötzlich in allem war. Es ließ sich fast mit ihr aushalten, wenn er nicht wüsste, dass sie einen Verlust erlitten hat und sie eigentlich innerlich derzeit vollkommen zerstört war.

„Mhm, das stimmt wohl.", er vermisste sein Zuhause irgendwie. Er wollte zurück zu der berechenbaren Eintönigkeit seines Lehrer-Daseins.
„Fester ist auch mit menschlichen Lebensarten aufgewachsen, weil wir keine Ahnung hatten womit sonst. Jede Rasse bei uns lebt anders, die Menschen treffen eine gute Mitte von allem und sind obendrein auch unsere best erforschte Spezies außerhalb unseres Planeten."

Immer noch nicht beruhigender. Ivan hatte keine Ahnung ob seine Regierung überhaupt irgendeine genaue Information über die Lebewesen auf Urania hatte, oder ob er der erste war der tatsächlichen Kontakt zu allen hatte. Er würde diese Ehre nach wie vor gerne jemand anderem überhelfen.

„Man erlebt nur manchmal auf der Erde komische Dinge.", wechselte er das Thema, weil ihm nicht einfiel was er sonst noch sagen könnte.
„Meinen Sie, Sie können mir was davon erzählen? Damit ich auf andere Gedanken komme, oder so?"

Immerhin war sie genauso direkt mit sich selbst, wenn sie diejenige war, die Probleme hatte.

Er schmunzelte: „Ich kann dir von einer Gruppe Männer erzählen, die manchmal nachts vor meiner Tür steht und sturmklingelt, wie wäre es damit, hm?"

***

Und einmal mehr wanderte er den Flur entlang, auf dem Weg zu seinem Gästezimmer, als er Fester in die Arme lief der besorgt das Gesicht verzog.
„Sie ist eingeschlafen.", berichtete Ivan stolz auf sich selbst, dass er sozial genug zu derartigem war. Auch wenn er sie vielleicht nur in den Schlaf gelangweilt hatte.
„Danke.", er schaute wieder zu seinen Füßen herunter,: „Gut Nacht, sir."

„Wie man ‚Nacht' definiert, was?", Ivan deutete aus dem Fenster aus dem man nach Stunden endlich mal wieder Sonnenlicht sehen konnte,: „Trotzdem danke."

Er wollte gar nicht nachfragen was morgen alles geplant war, das hätte lediglich zu Folge dass er überlegen würde, was daran alles gefährlich war und in Panik verfiel. Stattdessen ließ er sich lieber überraschen, ging vom Besten aus und hoffte auf gute Träume.

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