Ohne weitere Sätze miteinander auszutauschen preschte die blauhaarige junge Dame beinahe achtlos über den staubigen Boden hinweg, dabei unachtsam ihrer Umgebung gegenüber und ob Ivan ihr denn überhaupt folgte. Aus reinem Trotz wäre dieser tatsächlich am liebsten stehengeblieben, doch war das hier angeblich ein anderer Planet. Wenn dem wirklich so war, wollte er das Risiko nicht eingehen alleine zu sein und sich möglicherweise sogar zu verlaufen.

"Hier überall um uns herum wird gerade Raum für Zelte gemacht die im Falle einer Katastrophe das nötigste bieten sollen."
"Und damit wollt ihr innerhalb kürzester Zeit Platz für die Einwohner ganz Urania schaffen?", er zog skeptisch die Stimme nach oben. Das klang nach einer Menge Arbeit die nahezu unmöglich war.

"Nein.", sie schüttelte traurig den Kopf,: "Wir begrenzen die Zahl der Lebewesen stark.", Aislinn drehte sich zu ihm herum,:"Einhundert von jeder Art. Bei Tieren die Hälfte. Zusätzlich wurde allen fünfundziebzig Helfern im Falle der Versuchten Rettung meines Planeten ein Platz hier versprochen, wenn wir es denn wirklich nicht schaffen sollten. Fester und ich sind sicher, aber...", sie zuckte mit den Achseln und hielt sich am Unterarm fest,: "Zion und meine Eltern eben nicht."

"Also wie bei der Arche...", wiederholte Ivan zur Feststellung für sich selbst und seufzte schwer,:"Ich versuche ja mein bestes... Aber he, sieh es positiv. Ihr seid um einiges weiter entwickelt als wir Menschen, ihr könnt auf euren Mond ziehen, wir nicht."

Fasziniert betrachtete er die grauen Holzstämme neben ihrem Weg, die sich eng aneinander als Stapel reihten. Tot schien der Baum allemal zu sein. Fast ausgebrannt wirkte es mitunter, die Rinde hing lose nebenbei und zeigte das rötliche Innere des Holzes.

"Wir sind zwar in Sachen Technik weit entwickelt, aber trotzdem ist die Erde uns in vielem voraus.", widersprach sie, als sie auf den Boden sah um die einzelnen lehmigen Stufen, die sie nahm, nicht zu verfehlen,: "Die Atmosphäre Chors können wir zwar aufrechterhalten, aber trotzdem gibt es viele Lücken in unserem System auf Urania. Wir haben keine Politiker, jeder regelt was für sich alleine. Gesetze bei uns sind uralt, werden kaum angepasst, wir entwickeln uns also kaum fort. Alles verläuft durch einzelne Abstimmungen und selbst die will man nicht zu oft einrufen, da das zu viel Aufwand ist. Unser Schulsystem ist das wohl beste Beispiel dafür, wie alles unter diesen Festlegungen leidet. Es gibt keine Pflicht oder so. Eigentlich können sich ausschließlich wohlhabende Familien eine gute Bildung lesiten. Aber wie es halt so ist... Ohne gute Bildung gibt es keinen Job in dem man viel Geld verdient und seinen Kindern eine solche Möglichkeit offenbahren kann. Ein Teufelskreis."

Er nickte geistesabwesend. Die Lage schien sehr ernst, das war ihm so gar nicht bewusst geworden. Darüber hatte er nichtmal nachgedacht. Selbstverständlich lief auch hier nicht alles rund. In welchem politischen oder wirtschaftlichen System tat es das auch?

Da er sich weiterhin nicht dazu äußerte, fuhr sie fort: "Viele können weder lesen noch schreiben... Fester und ich wurden glücklicherweise gut gefördert, weil meine Eltern sehr dahinterstanden, ansonsten...", sie zog ihre rechte Augenbraue nach oben,: "Wäre so einiges anders verlaufen."

Gerade als Ivan nachhaken wollte, ob sie und Fester sich denn aus Schulzeiten kannten, zeigte sie nach vorne und flüsterte verträumt:"Wir sind gleich da."

Und tatsächlich. Soetwas wollte er sehen.
Das würde jeder.
So manch Fotograf und Künstler träumte von dieser Perspektive, würde dafür töten, das auf ein Bild einzufangen.

Direkt über ihnen am dunklen Himmel thronte Urania.
Das worauf er vor wenigen Minuten stand, war lediglich mehr eine rötliche Kugel am Firmament. Bläuliche Flächen zogen sich vereinzelt durch die stechende Farbe, welche zugleich von einigen grauen Teilen durchschnitten wurde.

Es war sogar, als würde es ihn anleuchten. Orange- rötlich funkelte Aislinns Heimat an den Seiten klar deutlich.

So schien aufeinmal alles der Wahrheit zu entsprechen.

Die Sache mit den Aliens, dem Planeten, der Zerstörung.
Endlich, nach so langer Zeit gab es selbst in dem realistisch veranlagten Ivan keinen Zweifel mehr.

Diese Schönheit musste dringend vor einer Katastrophe beschützt werden.