Kapitel 13

Widerwillen legte sich auf seinen Zügen nieder, als er nach oben blickte. Die helle Scheibe die das Firmament zierte ließ Schauer des Unbehagens über seinen Rücken gleiten.

Wollte er tatsächlich seinen Heimatplaneten- oder eher Heimatmond- nach neunundzwanzig Menschenjahren wiedersehen? Ein Teil von ihm schrie danach, während der andere ihm anwies sich vor dieser Reise zu verstecken. Aber was sollte es schon bringen sein ganzes Leben wegzulaufen?
Zwar würde Fester selbst durch den Aufenthalt dort nichts weiteres in Erfahrung bringen können, dennoch sollte er sich seiner Angst stellen.

Als er noch nichteinmal geboren war, gingen die natürlichen Reccourcen Uranias allmählich aus, weshalb sich die Personen derzeit sich dazu entschlossen, einen ihrer Monde- der ebenfalls über Atmosphäre und Wasser in flüssiger Form verfügte- auszubeuten um die dortigen Rohstoffe für die eigenen Zwecke zu nutzen.

Hatte man damals auch nicht gewusst, dass auch Chors- der größte von Uranias Trabanten- bewohnt war. Die Lebensformen dort verharrten jedoch still, während ihre Nahrungsgrundlagen immer mehr verschwanden.

Schlussendlich war der Mond beinahe kompett ausgebrannt und die Einwohner dort verhungerten ohne dass sie sich zuvor gezeigt hatten. Die Population ging stark zurück, ohne dass es irgendjemand gemerkt hatte.

Erst als man Chors nach einigen Tagen Ruhe wieder besuchte und genau unter die Lupe nahm, fand man das ultimative Chaos vor, stellte erst dann fest, dass man Völkermord begangen hatte. Unbemerkt.

Als man daraufhin Suchtrupps losschickte um die ausgebeuteten Flächen abzugrasen fand man lediglich ein schwaches lebendes Wesen. Ein Neugeborenes inmitten eines ehemaligen Waldes. Fester.

Das Schuldbewusstsein der Bevölkerung Uranias saß so tief, dass sie den jungen Knaben mit sich nachhause nahmen. Man wollte es nicht auf noch ein Todesopfer angehen lassen. So lehrten sie ihm ihre Sprache und ließen ihn im Rahmen einer normalen Familie aufwachsen: Bei Aislinns Eltern, welche ihn auch ursprünglich gefunden hatten.

Sie selbst wurde erst zwei Jahre später geboren. Ja, Aislinn war eigentlich siebenundzwanzig, war in Menschenjahren jedoch noch ein jugendliches Mädchen. Daher wuchs sie mit ihm auf, als sei er ihr Bruder.

Doch wurde ihr stets eines vor Augen gehalten: dass sie seine Vergangenheit nicht außer Acht lassen solle, dass man ihm nie ganz vertrauen könnte und dass sie nicht wirklich verwandt waren.
Und trotzdem schloss sie ihn in's Herz, auch wenn es von der Gesellschaft als nicht gut erachtet wurde.

Eben aufgrund der Gesellschaft wünschte Fester selbst sich, so auszusehen wie einer der anderen dort existierenden Rassen, doch war er andererseits froh überhaupt noch zu leben, auch wenn seine Familie sicherlich tot war. Er war eben was er war.

Also stand er nun hier. Wusste nicht was er von alldem halten sollte.

Irgendetwas an ihm überflutete ihn mit Aufregung und trotzdem war ihm unerträglich schlecht.

***

"Aufwachen!", Aislinn klaschte mehrfach laut in die Hände und grinste schief, starrte ihren Englischlehrer vor sich abwartend an, als dieser die Augen aufriss und sich leicht hochdrückte, aufrecht hinsetzte und sich müde das Gesicht rieb: "Was zur Hölle?", murmelte er schlaftrunken.

Die Situation wurde ihm erst einige Sekunden später klar. Wo er war. Wieso er da war... Und irgendwie glaubte er seinen eigenen Erinnerungen im erstem Moment nicht, weshalb er so heiser- als sei er ein alter Mann- fragte: "Wieso bist du hier?"
"Um Sie aufzuwecken, ganz offensichtlich. Ich hätte auch Fester herschicken können, aber ich finde ihn nirgends."

Es war also doch geschehen.

Er ließ seinen Kopf in das Kissen sinken, was sein halbes Gesicht daraufhin verdeckte. Sein Zimmer war nach 'menschlichen Maßstäben gehalten', so wurde ihm gesagt. Was wohl zu stimmen schien, auch wenn ihn die vielen Farbunterschiede der Holzmöbel nur allzu stark aufregten.

"Bring' mich nachhause.", stieß er genervt hervor und stöhnte, als er sich auf den Bauch drehte um dem Licht, was aus dem kleinen Flur zu ihm drang, aus dem Weg zu gehen.

"Das ist jetzt nicht Ihr ernst, oder?", sie trat zu ihm vor, beobachtete ihn dabei wie er sich zu einer Kugel formte und mit den Armen seine Knie umschloss, ausschließlich brummte: "Das kann alles einfach nicht wahr sein..."

"Ey!", rief sie entsetzt und lehnte sich auf ein Geländer der Fußlehne des Einzelbettes,: "Fangen Sie mir nicht wieder damit an!", mahnte sie mit einem knurrenden Unterton, ehe ihre Stimme schlagartig wieder sanfter wurde, als habe sie sich selbst ausgewechselt wie die Glühbirnen einer Lampe,: "Sie haben doch sicher Hunger oder?"

Ihr war klar, sobald sie ihn ersteinmal aus dieser kleinen Kammer gelockt hatte, würde er alles stumm über sich ergehen lassen.

Bei dem Gedanken an Essen begann sein Magen tatsächlich zu knurren und er verzog widerwillig den Mund. Es gab keinen Sinn aufzustehen und trotzdem wollte er erfahren was der Tag für ihn bereit hielt.

Ivan welzte sich umher und zog seine Decke bis über die Nasenspitze: "Ich komme ja in fünf Minuten."
"Aber wirklich, sonst ziehe ich andere Seiten auf.", sie hob warnend den Finger, bevor sie ihn alleine ließ, weiterhin das doch recht überschaubare Haus- zumindest so beschaubar, dass man niemanden darin verlieren konnte- nach Fester durchforstete.

Ivan rollte sich aus dem Bett, hatte keine andere Wahl als seine Kleidung vom gestrigen Tag nocheinmal anzuziehen, auch wenn er diese- für ihn schon wilde- Angewohnheit hatte, sich dann immer dreckig zu fühlen, gleichgültig wie viele Stunden er das selbe Hemd anhatte.

Langsam schritt er hinaus, musste sich zur Hälfte erst neu orientieren, war zu tief in seinen Gedanken versunken, nahm jede Stufe der steilen Treppe extrem langsam, weil er in seinen eigenen Überlegungen festhing die den Rest seiner motorischen Lenkung zu blockieren schienen.

Er kannte seine ganz eigenen Wege die Zeit unnormal zu strecken.

Unsicher- wohin mit sich- tappte er in Richtung Küche, hörte jedoch direkt vor ihm einige rasche Schritte von der anderen Seite der Haustür, weshalb er inne hielt und wartete, wer gleich eintreten würde.

Und wer sollte es auch anderes sein als das dünne Alien mit dem schmalen Mund und den Augen die-... aufeinmal komplett schwarz waren.

Das sonst so stechende Gelb tat sich nicht mehr hevor, Festers Augen waren komplett von Schwärze getränkt.

Ivan, der zwei gute Meter entfernt von ihm stand, lehnte sich ein wenig zurück, spührte lediglich wie Schock sich auf seinen Gliedern ausbreitete und dass sein Herz wie wild zu Pumpen begann, ihm dabei das Blut in die Wangen schoss.
"Ähm...", brachte er perplex hervor und musterte ihn von oben bis unten.

Schien sich dieses halbe Monster tatsächlich bemüht zu haben, sich halbwegs normal zu machen- so gut es eben ging. Zumindest an der Kleidung schien es geschraubt zu haben, woher auch immer er auf die schnelle ein weißes T- shirt und eine einfache Jeans auftreiben konnte.

Und wie auch immer es möglich war diese gigantischen Flügel duch ein derart kleines Loch des Oberteils zu fädeln... Diese Kreatur war ihm eben ein ewiges Rätsel und es war vielleicht sogar gut so. Dennoch konnte Ivan den Blick nicht von den aufsehenerregenden Augen ablassen.

Aislinn hatte sich hinter ihn gestellt und die verwunderte Miene Festers eingefangen, der ersichtlich besorgt darüber war, so misstrauisch gemustert zu werden.

Sie umrandete in kreisförmigen Bewegungen ihr linkes Auge, weshalb er verstehend den Mund öffnete, als würde er ein lautloses 'Ah!' von sich bringen, bevor er sich dem.Lehrer vor ihm widmete:"Ich kann im Dunkeln sehen, so sieht das nunmal aus, sollte aber gleich verschwinden."

"Wo warst du so lange?", fragte sie und streckte sich müde, war überfordert so früh schon einwandfreies Englisch sprechen zu müssen. Ihr Reflex wollte immer gleich davon abgleiten.

"Draußen.", entgegnete er brav, aber stumpf, weshalb sie den Kopf schief legte: "Ach was?", merkbar unmotiviert winkte sie ab, verschwand daraufhin im Esszimmer,:"Egal, ich bin eh zu faul, weiter zu fragen."

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