4. Knall


Wenn dir ein Fels vom Herzen fällt,
so fällt er auf den Fuß dir prompt!
So ist es nun mal auf der Welt;
ein Kummer geht, ein Kummer kommt.

(Heinz Erhardt)

LINA

Völligst tiefenentspannt mit einem Handtuch um die Haare und in knappen Shorts, bedeckt von einem 1975 Shirt, welches Matty irgendwann einmal hier vergessen hatte, trete ich schließlich in die Küche. Tommy und Dad sitzen gemütlich auf der alten Eckbank, die kleine Ratte schiebt sich gerade wirklich meinen letzten Muffin zwischen die Kiemen und meine Mutter steht am Herd. „Mensch, Tammy scheint dich ja wirklich Bestens zu entlohnen, wenn du es dir leisten kannst, so ausgiebig zu duschen." Gerade, als ich mit einem selbstgefälligen Kommentar antworten will schiebt sie hinterher: „Und das, obwohl du nicht auf Arbeit auftauchst. Klasse, wirklich lieb von ihr."

„Kitty..." spricht Dad mit einem unverkennbaren Unterton, um seiner Frau ein bisschen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der Spitzname alleine sollte sie eigentlich runterfahren lassen. Zumindest genügte es für gewöhnlich. Eigentlich.

„Nein, Spatz. So geht das doch nicht!" kontert sie erst in Richtung meines Vaters, bevor sie sich mit in die Hüfte gestemmten Händen wieder mir zuwendet. Während ich mir meine Lieblingstasse aus dem Schrank hole und einen Kaffee eingieße, lasse ich ihren Vortrag einfach über mich ergehen. Es ist nichts, was ich nicht schon hundertmal gehört hätte.

Miete zahlt sich nicht von alleine, keine Perspektive, keine Aussicht auf irgendwas, wenig Freunde, kaum soziales Umfeld – die herkömmliche Laier. Insgeheim warte ich nur auf das Grande Finale.

„Wenn du so weiter machst, endest du noch wie Tante Lucy!" – Da ist es.

Die Tatsache, dass mir Tante Lucys Leben, je älter ich werde, immer besser gefällt, habe ich bisher nie ausgesprochen. Zumindest nicht in das Gesicht einer Mitte vierzig Jährigen Vorzeige-Hausfrau deren Vorname Programm war, mit 0815- Arzthelferinnen- Job, Ehemann und wenigstens einem perfekten Kind. Mit meinem älteren Bruder gibt sie gerne an. Er ist verlobt, hat einen Job als – irgendwas mit Versicherungen. Jacob hat Hobbies und auch sonst sein Leben bestens im Griff. Jedenfalls in ihren Augen. Tommy und ich? Wir werden wohl dafür verantwortlich sein, dass sie mit 50 ihren ersten Herzinfarkt bekommt. Ob ich wohl den Hass auf ihn lenken sollte und ihr erzähle, dass er auf keinen Fall vor hat nach der Schule zu studieren? Verdient hätte er es, immerhin schmatzt er mir vor, wie köstlich Tammys Double-Chocolate-Muffins sind.

„Mum, beruhige dich mal bitte. Ich kriege das schon hin und Tammy hat mir heute frei gegeben." Nicht ein Wort in diesem Satz entspricht der Wahrheit. Sie wird sich nicht beruhigen, ich werde hier gar nichts auf die Kette kriegen und das frei gegeben ist eine sehr lockere Definition der Ereignisse von heute Morgen. Tatsächlich habe ich mich einfach dazu entschieden mir nicht weiter anzuhören, was Matty doch für ein schlechter Mensch ist und wie dumm ich wäre und generell und überhaupt.

Der Blick in den Augen meiner Mutter sagt genau eines: Ich habe eine Chance ihr die Wahrheit zu sagen. Allerdings brauche ich mir gar nicht einzubilden, dass sie mir die Zeit gibt ihren Blick a) richtig zu deuten und b) entsprechend zu handeln.

Stumm geht sie einige Schritte nach draußen in den Flur, tritt achtlos die nur noch spärlich zusammenhaltenden, mir offensichtlich viel zu großen, schwarzen Chucks bei Seite und drückt den Knopf auf dem Anrufbeantworter. „Scheiße", rutscht es mir trocken und leise über die Lippen und während Tommy anfängt schadenfroh zu grinsen, sieht Dad mich an, schüttelt mit dem Kopf und vergräbt das Gesicht in seinen Händen. Er sagt mir ohne Worte nichts Anderes als: Du bist im Arsch, Kind.

Statt mich aber darüber aufzuregen, dass mich meine beste Freundin hier gerade den Haien zum Fraß vorwirft, oder das meine Mutter ihre 24-jährige Tochter behandelt, als wäre ich 13, geht mir nur eines durch den Kopf: Wieso zur Hölle quatscht sie mir auf den Anrufbeantworter meines Haustelefons? Niemand, wirklich absolut niemand in meinem näheren Umfeld benutzt noch diese uralten Dinger. Mal ganz abgesehen davon, dass ich selbst viel zu lange überlegen muss, wie meine Telefonnummer eigentlich lautet.

Als Tammy endlich fertig ist mit ihren Hasstiraden schließt sie ab: „Wenn du ihn jetzt unbedingt nochmal über dich drüber rutschen lassen musst, dann bitte! Aber du weißt ganz genau, dass ich dich heute brauche, also komme danach wenigstens wieder!"

„Die hat sie doch nicht mehr alle", ist der einzige Kommentar, der mir – viel, viel, viel zu laut – über die Lippen kommt.

Mit großen Augen sieht Dad mich an. Ich bin selbst erschrocken, was gerade aus meinem Mund gekommen ist. Mum hingegen interessiert sich nur für eines: „Warst du deshalb so lange weg? Ist dieser Junge noch hier?"

So langsam aber sicher verliere ich meine Geduld. „Was soll das hier eigentlich? Geht's euch noch gut? Wie kommt ihr auf die Idee hier einfach reinzuplatzen, ohne Ankündigung, und mir vorzuschreiben, wie ich zu Leben habe?" „Wir sind deine Eltern! Wir haben ja wohl ein Recht darauf-" „Mir vorzuschreiben mit wem ich wann schlafe? Ich denke nicht!" Wir begegnen uns auf Augenhöhe, ich kopiere absichtlich ihre Pose und es ist mir absolut Schnuppe, dass ich mir gerade mein eigenes Grab schaufele. Ich habe die Nase voll davon, dass sie mich wie ein Kind behandelt und noch immer bevormundet. Sie nutzt jede sich bietenden Situation aus mir eins reinzuwürgen und jetzt ist einfach Schluss.

„Alina Elisabeth Davies-" fängt sie an und sie weiß, ich hasse nichts mehr, als meinen vollständigen Namen. Ich hasse nichts mehr, als diese Klischee-Eltern-Nummer, in der sie versuchen mir mit alleine diesen drei Worten zu drohen. „Komm mir nicht so, Mutter." Kontere ich mit ihrem roten Tuch. In nur wenigen Schritten bin ich an meiner Wohnungstür angekommen, öffne sie schwungvoll und sage mit hoffentlich unmissverständlichem Ton: „Es wäre besser, wenn ihr geht."

Kommentarlos verschwindet erst meine Mutter und dann mein kleiner Bruder. Dad wartet einen Moment ab, bevor er aufsteht. „Du auch."

„Lina. Du weißt, dass sie es nicht böse meint", versucht er die Wogen zu glätten. Wie immer. Er war schon immer der Ruhepol zwischen uns, einmal wagte er es sogar zu behaupten, wir wären uns so ähnlich und würden deshalb ständig aneinander knallen. Frechheit.

„Fang gar nicht erst an, bitte", versuche ich abzuwinken. „Ich habe die Nase voll." Stumm erhebt er sich, kommt zu mir und drückt mich an sich. Ich halte noch immer die Türklinke in der Hand. Es ist, als würde sie mir den nötigen Halt geben. Wenn ich mich jetzt in dieser seltenen Umarmung fallen lasse, dann fange ich an zu weinen. Dann laufe ich die Treppenstufen nach unten und beginne mich für alles zu entschuldigen und dazu bin ich einfach noch nicht bereit.

Ich möchte weiter schmollen, möchte einfach wieder ins Schlafzimmer gehen und mich ganz, ganz lange in Mattys Armen verkriechen. Ich will, dass er mir über den Rücken streichelt und mir den Kopf krault, als wäre ich sein dämlicher Hund, der ihm immer wieder die Schuhe zerkaut und von dem er so gerne erzählt. Ich will zurück in meine Seifenblase, meinen inneren Akku aufladen und Matty soll von seinen letzten Shows erzählen. Ich will ihm zuhören, will ein winziger Teil von ihm sein und ich will, dass mir mein dämliches Herz bis zum Brustkorb schlägt, damit ich verdrängen kann, dass unser Arrangement schon lange nicht mehr so funktioniert, wie es eigentlich sollte.

„Ich hab dich lieb, Maus", flüstert Dad schließlich. Er lässt mich los, schenkt mir ein Lächeln, dass mich wohl besänftigen soll und schließt die Haustür hinter sich. Mein Puls rast und ich spüre mein Herz gegen meinen Brustkorb Donnern und das ganz ohne Mattys Kopfkraulen. Mein Hals fühlt sich unfassbar eng an.

Kaum, dass das Schloss eingerastet ist, knallt bei mir schließlich eine Sicherung durch. „Verdammte Scheiße!" schreie ich aus vollster Kehle, schnappe mir das erst beste Ding, welches ich zu fassen kriege und lasse es gegen das Holz segeln. Scheppernd geht der kleine Blumentopf meines ohnehin schon sehr traurig aussehenden Kaktus zu Bruch.

Es muss einen ordentlichen Knall gegeben haben, vielleicht war es auch mein Gebrüll, was ihn dazu veranlasst hat, nach dem Rechten zu sehen. Auf jeden Fall steht Matty, inzwischen wenigstens in Boxershorts und nicht mehr ganz so nassen Haaren, auf einmal hinter mir. „Hey!" schreit er, sichtlich verwirrt und fängt meine Arme ein, die ich sicherheitshalber nur gegen die Wand habe hämmern lassen. Welchen Kopf ich mir dabei vorstelle, ist nebensächlich.

„Sh", versucht er mich beruhigend in eine Umarmung zu ziehen, doch ich möchte einfach weiter auf die Wand eintrommeln und alles rauslassen, was sich irgendwie aufgestaut hat. Ich weiß nicht einmal, wo dieser Mist herkommt. So hatte ich mir unsere ohnehin schon begrenzte Zeit ganz sicher nicht vorgestellt, das war überhaupt nicht der Plan! Das ist doch Scheiße, was soll denn das? Wieso sprudelt diese ganze Kacke denn jetzt so aus mir heraus?

„Ich habe keine Ahnung, aber höre jetzt auf dir weh zu tun!" faucht er mich mit einem Mal an. Zum Ende seines Satzes wird er laut und ich zucke zusammen. „Habe ich laut gedacht?" „Ja, du Affe, und jetzt komm endlich her, man." Er hat mich völlig überrumpelt. An den Handgelenken zieht er mich in eine Umarmung. Mit dem Gesicht an seiner Brust, die Arme an meinem Körper baumelnd, konzentriere ich mich so lange auf seine Atmung und den Druck, den seine feste Umarmung auslöst, bis ich mich beruhigt habe. Alles um mich herum hat sich gedreht und kommt erst nach einer halben Unendlichkeit zum Stehen.

„Gott, ist das peinlich", flüstere ich nach einer gefühlten Ewigkeit und versuche mich aus seinem Griff zu lösen. Er gibt mir schließlich wenigstens so viel Raum, dass ich mein Gesicht in meinen Händen vergraben kann.

Leise kichernd fragt er: „Wieso denn das?" Ihn ebenfalls anzusehen schaffe ich nicht, ich spüre aber seinen Blick auf mir. „Entschuldigung. Das war nicht sehr ‚Miss-Alles-in-eine-Schublade-stecken' von mir."

Mum schafft es immer wieder mich auf die Palme zu bringen und dazu braucht es nun wirklich nicht viel. Rational erklären kann ich es nicht. Mir fällt nur ein Argument ein aber lieber würde ich ohne Fallschirm aus einem Flugzeug hüpfen, als ihm das auf die Nase zu binden. Vielleicht hatte ich in dem Moment einfach Angst, sie würde ihn mir wegnehmen. Vielleicht fühlte ich mich eben wirklich, als wäre ich wieder ein Kind und vielleicht wollte ich das nicht. Ich wollte nicht dumm da stehen, weil ich Angst hatte, das sie Matty vor Augen führt wie falsch das von mir mühsam aufgemalte Bild ist. Ich habe mir mein eigenes kleines Etwas gebaut, ein winziges Reich, das ich mir auf keinen Fall nehmen lassen würde.

Bisher hat mich niemand so angesehen wie Matty und bisher war er der einzige, der von meinem eigentlichen Traum wusste. Er war der einzige, der mich nicht auslachte, wenn ich wie von der Tarantel gestochen nach irgendeiner beschreibbaren Oberfläche suchte, um aufzuschreiben, was mir in den Sinn kam. Nicht eine Silbe hatte er je gelesen. Und trotzdem gestand er mir irgendwann, dass er immer einen kleinen Notizblock bei sich hatte, wenn er in meiner Nähe war.

Ich würde einen verdammten Teufel tun und ihm das alles auf die Nase binden!

„Lina, sieh mich an." „Mhmh." Schüttle ich murmelnd den Kopf und klammere mich an ihm fest. Tief atme ich diesen unverkennbaren Geruch ein. Nicht zum ersten Mal überlege ich mir eine Flasche seines After Shaves zu besorgen, wenn ich mal wieder durch eine lange Zeit der Dürre gehen muss.

Es ist zu betörend, als das ich darauf verzichten könnte.

„Lina", wiederholt er schließlich und löst meine Hände von seinem Rücken. Langsam verschränkt er unsere Finger, legt seine Stirn auf meiner ab und sieht mich trotzdem irgendwie eindringlich an. „Wehe du entschuldigst dich nochmal für sowas." „Tut mir-" Mit einem Kuss fällt er mir frech ins Wort. „Wehe!" sagt er grinsend. Ich kann nicht anders, als ebenfalls zu grinsen.

Wie lange wir so da stehen, ich mich haltlos in dem tiefen Braun und seinem Duft verliere, weiß ich nicht. Matty ist es schließlich, der den Moment ein bisschen kaputt macht. Oder viel mehr sein Magen. Ein kräftiges Grummeln lässt ihm eine ordentliche Röte ins Gesicht schießen und ich muss lachen. „Message recieved", sage ich grinsend und mache mich auf in die Küche. Flüchtig werfe ich einen Blick auf Herdanzeige. 10:34. ups.

Ein Blick in den Kühlschrank später frage ich „Worauf hast du Appetit?"

Seine Arme schlingen sich von hinten um meinen Bauch und ich bekomme zarte Küsse auf Wange und Schulter gehaucht, nachdem er mir sein eigentlich zu großes Shirt von eben jener Stelle geschoben hat. „Perfekt, ich habe eh nichts Gescheites im Kühlschrank", antworte ich grinsend und lasse mich von ihm auf die Anrichte heben.

Das Handtuch um meine mittlerweile angetrockneten Haare fliegt auf den Boden, seine Finger landen an der Stelle in meinem Haar. Die Knoten darin machen ihm seinen Move ein bisschen schwer. Es ziept, aber nicht auf die angenehme Art und Weise und auch das Gegrummel seiner Magengegend macht die Stimmung noch ein bisschen mehr zu Nichte.

Grinsend streichle ich ihm über die Wange, küsse ihn ein letztes Mal und rutsche von der hölzernen Fläche. „Ich könnte natürlich auch kurz runter was zu essen holen und du ziehst dir in der Zeit was an?" Verwirrt schaut er an sich runter. „Reicht dir das nicht? Normalerweise zieht das Outfit ganz gut." Mehr als ein Augenrollen erntet er auf diese plumpe Anmache nicht und so lasse ich einen schmollenden Matthew in der Küche stehen, während ich mir im Flur nur schnell meinen schwarzen Mantel überwerfe. Er bedeckt mich bis zu den Knien und die Sneaker, in die ich schlüpfe reichen aus, um keine Klage wegen Nacktheit in der Öffentlichkeit zu bekommen. Oder so ähnlich zumindest. Menschen im Schlafanzug hat man bestimmt schon mal im Tescos rumlaufen sehen.

Auf dem Weg die Stufen nach unten stecke ich mir die AirPods in die Ohren. Auf Interaktionen kann ich heute einfach verzichten. Mehr Gesellschaft, als den jungen Mann, der oben in meiner Wohnung auf mich wartet, brauche ich heute nicht.

Irgendjemand in diesem mich heute sehr liebenden Universum scheint das aber anders zu sehen. Ich habe nicht einmal den passenden Song ausgewählt, als ich die Haustür zum Wohnkomplex öffne und beinahe mit einer Person zusammen knalle, die im selben Moment den Türgriff von der anderen Seite ansteuerte.

„Sorry", will ich halbherzig antworten. Ich richte nicht einmal meinen Blick auf, ich erkenne sie bloß an den klobigen, weißen Schuhen. „Was willst du denn hier?" Eigentlich möchte ich mich einfach an ihr vorbei stehlen, doch sie hat mein Vorhaben schon vorher durchschaut. Schneller, als ich reagieren kann, hat sie sich in meinen Weg gestellt und schiebt mich unbarmherzig zurück in den Hausflur. „Geht's noch?" fauche ich und schaue mich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Keine Chance.

„Hast du dir die Nachricht wenigstens angehört?"

„Nein. Aber dafür Mum. Herzlichen Dank."
Erschrocken sieht sie mich an und spüre schon wieder, wie es in mir brodelt. Für wie dumm hält sie mich eigentlich? Es verlangt mir wirklich alles an Selbstkontrolle und Kraft ab, sie nicht an Ort und Stelle zu erwürgen, während sie mir mit krebsrotem Gesicht beteuert, sie habe das nicht gewollt, sie hätte die erste Nummer gewählt, die ihr Telefon angezeigt habe, sie habe mich doch lieb, sie mache sich doch nur Sorgen, Blablabla.

„Wenn es dir wirklich um mich gehen würde, dann würdest du mich einfach unterstützen. Du sollst ihn nicht lieben, aber Himmel nochmal, gib ihm doch wenigstens eine Chance." Noch immer habe ich die Arme vor der Brust verschränkt, schaffe es nicht sie anzusehen und stehe nicht nur sinnbildlich mit dem Rücken gegen die Wand.

Tammy kommt mir in genau diesem Moment mit dem absoluten Killer um die Ecke und setzt mich in nur einem Zug Schachmatt.

„Ich verstehe dieses ganze Theater nicht. Warum ist dir das denn so wichtig? Ich dachte ihr habt einfach nur gelegentlich Sex."

Dieselbe Liste an Gründen schießt mir augenblicklich in den Sinn. Und genau wie vor einigen Minuten werde ich einen Teufel tun und meine Gedanken laut aussprechen.
Eines steht fest: Irgendwie muss ich mich da raus reden. Lügen ist keine Option, auch für sie bin ich ein offenes Buch und so versuche ich es mit der Wahrheit. Wenigstens zu Teilen.
„Ja und es ist verdammt guter gelegentlicher Sex." Sie verdreht die Augen und ich weiß, dass ihr Kopfkino anspringt. Aber ich habe meinen Punkt noch nicht ausgeführt „Ich habe keine Zeit und keine Nerven mich ständig in Bars rumzutreiben und die Männer-Welt zu durchforsten, bis mal jemand dabei ist, der mir mal keine Tropfen in den Drink mischt oder mir schon mit dem ‚Hallo' an den Arsch geht."

Tammy schmunzelt. Viel Zeit zusammen hatten wir aus offensichtlichem Gründen nicht. Wenn wir es dann doch einmal schafften uns durch die Clubs Manchesters oder Londons zu arbeiten, dann sammelten wir Arschlöcher, wie andere Leute Payback-Punkte.

„Ich mag ihn und ich bin mir sicher, wenn du deine Vorurteile abstellst, dann findest du ihn auch gar nicht so scheiße." Ich habe sie weichgekocht. „Ihr seid euch gar nicht so in-ähnlich, weißt du."
Sie weicht meinem Blick aus, hat jetzt selbst die Arme vor der Brust verschränkt und Mühe ihre harte Mimik aufrecht zu erhalten. Zeit für meinen letzten Schachzug: „Außerdem weißt du ganz genau, wie sehr ich Streit hasse. So einen Mist habe ich zuhause schon ständig."
„Ach man", zischt sie leise und ich weiß, dass ich gewonnen habe.

Das breite Grinsen kann ich mir nicht mehr verkneifen und werfe mich ihr einfach um den Hals. Eine Sorge weniger.

„Frieden?" frage ich zur Sicherheit nochmal und die blöde Kuh greift kommentarlos in ihre Tasche und wedelt mir mit einem, ich glaube nicht ganz frischen weißen Taschentuch vor der Nase rum. Empört lache ich, schiebe ihren Arm mit der Rotzfahne in der Hand beiseite und nehme sie in den Arm.

„Danke." „Wenn er dir wehtut-" „Spielst du Hänsel und Gretel, ich weiß."

Matty ist heiß. Aber als brennende Mahlzeit im Ofen, mag ich ihn mir nicht vorstellen.

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