⚜️ Vereinigung ⚜️

(Bild von Hwang Yeji)

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Weil mir sehr wohl etwas an Rosé lag...

Ich ließ meine Hände über die Grashalmen der Wiese gleiten, der sich über den Trainingshof erstreckte. Dabei kreisten meine Gedanken um die Worte, die Changbins Lippen verließen. Ich konnte kaum an etwas anderes denken, aus ganz unterschiedlichen Gründen.

An erster Stelle kam mir bloß ein Wort in den Sinn; Lügen. Der Ignismeister log. Er hatte mich belogen, als er sagte, ihm würde etwas an Rosé gelegen haben. Daran gab es auch nichts anzuzweifeln. Ich war mir zu einhundert Prozent sicher, dass Changbin gelogen hatte. Ich behauptete das nicht nur, weil ich davon ausging, dass der Ignis eine Leere Hülle, ohne Gefühle war, wodurch das, was er sagte, nicht mit dem Bild zusammenpasste, das ich von ihm hatte... Ich behauptete, dass die Sofia ihm nicht wichtig war, da Changbin sich gegen seine Leute stellte. Er stellte sich offensichtlich gegen mich und damit auch gegen jeden, der an meiner Seite regierte. Er verriet jeden Anwesenden aus dem Palast, indem er sich auf die Seite des Feindes schlug.

Nun wollte er mir weis machen, dass ihm etwas an der Sofia lag? Nachdem er von ihrem Todeszeitpunkt bereits in der Vergangenheit wusste...?

Eine Lüge.

Ich glaubte ihm kein verfluchtes Wort. Ich würde ihm nie wieder glauben... Ich vertraute ihm nicht mehr. Changbin verlor jegliches Vertrauen, das ich einst zu ihm hatte. Ich glaubte weder seinen Erzählungen, noch hoffte ich auf seine Zusammenarbeit.

Zusammenarbeit... Mit dem Verräter... Dass ich nicht lachte.

Dabei war mir total gleichgültig gewesen, inwiefern er mir zu helfen versuchte. Wenn sein Gerede darum, dass Jungkook der Nächste sei, um den ich mir Sorgen machen musste, als „Hilfe" überhaupt gewertet werden durfte...

Ich glaubte ihm zwar, dass Jungkook in Gefahr schwebte, denn ich vermutete, dass jeder im goldenen Palast auf der Liste meines Feindes stand. Aber... Das änderte nichts an der Tatsache, dass Changbin mit dem Feind gemeinsame Sache machte. Das bedeutete, der Ignismeister war nicht mein Freund und Helfer - er war mein Gegner... Dabei gab es nichts zu diskutieren. Ich würde meine Meinung diesbezüglich niemals ändern, soviel stand fest.

Dennoch musste ich zugeben, dass Changbin noch immer in meinem Kopf umher geisterte. Nicht etwa bloß, weil er über die Sofia sprach... Es ging unter anderem auch darum, dass er mir eine Warnung ausstellte.

Handle endlich...

Das hatte er in einem scharfen Ton gesagt. Er betonte indirekt, dass ich allmählich aktiv werden sollte, wenn ich weitere Todesfälle verhindern wollte. Wenn ich ehrlich war, brannte sich seine Warnung bis in meine Knochen. Das, obwohl ich den Aqua in mir stumm stellte, indem ich dem Ignis befahl über meinen Geist die Kontrolle zu übernehmen. Die Persönlichkeit des Aquas sorgte nämlich gerne dafür, dass ich mich aufgrund solcher Aussagen schuldig fühlte. Ich fühlte mich schuldig, dass ich nicht schon längst hier raus war, meinen Feind entlarvte und mir meine Position zurück errungen hatte.

Aber so war das...

Solche Gedanken sowie Gefühle plagten mich dennoch. Schließlich war das Wasser mein Grundelement.

Ein Glück lebte die Persönlichkeit des Ignis jedoch am Aktivsten in mir. Dieser versuchte meine Gedanken und Gefühle beiseite zu schieben. Er versuchte mir zu sagen, dass es nie zu spät für einen Kampf war. Er zwang mich dazu, mir regelmäßig mein Ziel vor Augen zu führen, damit ich den Fokus nicht verlor. Den Fokus, mich zu rächen...

Ohne das Feuerelement wäre ich vermutlich ein elendes Wrack gewesen, welches sich verloren hätte, bevor der Kampf überhaupt anfing.

Bloß traf dies nicht ein. Ich kannte sowohl meine Aufgaben als auch meine Pflichten. Ich brauchte keinen übermütigen Verräter, der mir sagte, dass ich in die Gänge kommen sollte, wenn ich das bereits wusste. Ich würde meine Ziele mit Sicherheit erreichen. Dabei war ich fest entschlossen gewesen.

Tief eingeatmet, spürte ich einen kräftigen Windzug, der von einer starken Präsenz begleitet wurde. Einer Präsenz, die mir bekannt war und die ich fühlte, mir bis eben jedoch nicht auffiel, da ich in Gedanken versunken war.

Ich wusste aber genau, wer es war, der mich zu der frühen Uhrzeit auf dem Trainingshof besuchte.

Ich atmete erneut ein, als ich ausatmete, den Kopf senkte und meine Hände langsam in meinen Schoß legte. Dabei begriff ich, dass die Nacht für mich eine schwerwiegende Bedeutung hatte und sich reflektierend anfühlte; ich war bereit. Ich war bereit, um in den Kampf zu ziehen...

„Ich brauche einen Mentor...", sprach ich daher realisierend.

Dabei nickte ich sanft, was die Person hinter mir als Bestätigung dafür sah, sich bemerkbar zu machen. Ohne zu ihm aufgesehen zu haben, konnte ich spüren, wie er auf mich zukam, um sich mit einem kleinen Abstand zu mir, neben mich zu setzen. Da die ersten Sonnenstrahlen zu sehen waren, leuchteten seine blauen Haare im Moment besonders hell. Den Kopf leicht beiseite gedreht, beobachtete ich auch, dass er seinen Trainingsanzug trug.

„Habe ich nicht bereits zugesagt? Ich werde dir dabei helfen, deine Elemente neu zu erlernen.", sprach Jeongin schließlich, was mich nur wieder nicken ließ.

Das stimmte. Das hatte er gesagt.

Nur genügte mir das nicht... Wenn ich an Changbins Worte dachte, brauchte ich jemanden, der mich zum Training zwang, ohne jegliche Beachtung auf meinen mentalen Zustand oder meinem königlichen Status. Ich brauchte einen Meister, wie es Changbin war; autoritär, streng und diszipliniert.

„Ich...", wiederholte ich mich dieses Mal präziser. „Ich brauche einen Mentor, der mich hart rannimmt."

„Oh!", kam es etwas überrascht aus dem Blauschopf, der wohl vielmehr belustigt schien. „Das könnte man jetzt aber falsch verstehen, verehrteste Sönigin...", hörte ich ihn regelrecht grinsen.

Ich hob das Kinn an, wodurch meine Augen auf seine Grünen trafen. Beide sahen wir uns tonlos an, wodurch es wirkte, als wäre die Welt für einen Moment stumm geworden. Doch dann fielen die Mundwinkel meines Gegenübers, der daraufhin beiseite schaute.

„Du musst dir keine Gedanken darum machen", sprach er schließlich. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich weiß, wie ich dich trainieren muss."

„Meinst du?", fragte ich interessiert, fast schon herausfordernd, während ich ihn von der Seite musterte.

Jeongin war ein kluger Mann, genau wie seine Brüder. Konnte er aber wirklich erahnen, wie ich trainiert werden musste? Ich wusste es bis eben selbst nicht.

Wie konnte er also?

„Ja, Yeji", drehte er den Kopf wieder zu mir, sodass wir uns beide erneut ansehen mussten. „Ich habe nämlich schon längst beobachtet, dass du deine Wut kanalisierst. Schöne Worte, Komplimente und Wertschätzungen kann ich mir daher sparen. Ich muss dich triezen, mich mit dir messen und meinen provozierenden Charme spielen lassen, damit du aktiv wirst", hob er besserwisserisch die Augenbrauen. „Hm? Nun sag mir, dass ich im Unrecht liege."

Seine Analyse überraschte mich etwas, nur ließ ich mir das nicht anmerken. Stattdessen schaute ich ihm weiterhin tonlos in die Augen.

Er konnte bereits beobachten, dass ich meine Wut kanalisierte und mich dadurch nette Worte im Kampf oder beim Training nicht weiter brachten, bevor ich das selber beobachten konnte? Hatte er mich deshalb immer großmäulig von der Seite angequatscht, wenn es um meine Fähigkeiten ging? Um meinen Posten als Sönigin? Um das Training?

Ja, hatte er...

Die Augen durch die Erkenntnis leicht zusammengekniffen, nickte ich.

„Du bist ein stiller Beobachter."

„Ja", erwiderte er mein Nicken, als er die Arme leicht anhob, um sich zu strecken. „Weshalb ich auch weiß, dass du schlafen solltest, damit du fit für dein Training bist. Es sei denn, du möchtest die Einheiten im Allgemeinen verschieben.", ließ er die Arme wieder fallen.

Er nahm seinen Blick ab, nur dachte ich nicht eine Sekunde daran, beiseite zu sehen. Dafür schien Jeongin heute viel zu interessant. Als Meister interessant...

„Wieso sollte ich sowas tun wollen?"

Seine Stirn legte sich in Falten, als er selbstverständlich die Hand hob.

„Ich dachte, deshalb sitzt du hier?"

Für einen Augenblick war ich total verwirrt, wodurch ich nicht ganz verstand, was Jeongin von mir wollte, bis es mir dann wieder einfiel.

Rosés Tod wurde heute angekündigt..

Bei der Erinnerung hörte ich den Aqua in mir regelrecht schreien, weil dieser an die Oberfläche wollte, mit all seinen Emotionen. Nur ließ ihn der Ignis nicht, worüber ich sehr froh war.

Stimmte... Rosé war tot. Daher saß ich auf dem Trainingshof und entschied mich überhaupt für die Rache.

Tatsächlich schien es mir mit dem Ignis an der Oberfläche aber ganz gut zu gehen. Ich fühlte die tiefe Trauer nicht mehr, wie zum Zeitpunkt der Ansage. Das Gegenteil war der Fall; ich fühlte mich ausgeleert, taub und... Wütend. Ich war einfach nur noch wütend, dass mir jedes andere Gefühl so ziemlich egal wurde. Ich wollte nur noch hier raus, um mich zu rächen. Ich wollte meinen Feind töten. Ich wollte gewinnen...

„Die Sofia, Rosé, ist gestorben", ergriff Jeongin wieder das Wort. „Der Tod muss dir sehr nahe gehen, wenn er selbst mich trifft, obwohl ich keinen persönlichen Bezug zu ihr hatte. Das liegt an unserer Verbindung zu ihr", fuhr er fort. „Daher gehe ich stark davon aus, du brauchst Zeit, um dich davon zu erholen. Wenn du möchtest, bändige ich die Erde für dich, damit du in den Untergrund flüchten kannst, wo wir normalerweise feiern."

Die Stirn kraus gezogen, ließ ich mir das durch den Kopf gehen, was Jeongin sagte. Er bot an mir ein Rückzugsort einzurichten? Wirkte ich etwa so hilflos? Schwach? Müde...?

Ich fühlte mich nicht... Ich war bereit für den Kampf.

Dementsprechend konnte ich einen Rückzugsort gerade wirklich nicht gebrauchen, genauso wenig, wie die Zeit in Isolation. Eine isolierte Zeit bedeutete nämlich, dass ich mit meinen Gedanken alleine sein würde und das? Das würde sich nicht gut auf mich auswirken. Mir würde es daher helfen, wenn ich beschäftigt wäre. Jeongin sollte sich mit mir ans Training setzen, um mich abzulenken, anstelle mich mit meinen Gefühlen alleine zu lassen. Er sollte lieber dafür sorgen, dass ich meinem Ziel in den kommenden Tagen näher kam, bevor ich noch einen Wutanfall kriegen würde. Einen Wutanfall, den niemand miterleben wollte.

Ausgeatmet, nickte ich bei dem Gedanken bloß.

„Mir geht es gut.", versicherte ich ihm.

Sobald diese Worte meine Lippen verließen, hob er den Kopf, um mich anzusehen. Seine grünen Augen bohrten sich durch meine Braunen. Dieses Mal war von seiner Ironie, Belustigung sowie Provokation nichts mehr zu sehen. Nun wirkte er vielmehr ernst und analysierend. Als wolle er herausfinden, ob ich auch wirklich die Wahrheit sagte.

Aber warum war das so wichtig? Seit wann hielt der Blauschopf etwas von meinen Gefühlen?

Diese waren egal gewesen. Wichtiger waren die Ziele, die ich erreichen musste.

„Möchtest du mir das beweisen, Yeji?", fragte seine Stimme, während er mir noch immer in die Augen sah.

Nun war ich diejenige, dessen Mundwinkel sich hochzogen.

Hier war sie wieder. Die Herausforderung, die ich nicht ablehnen konnte oder wollte.

Das, obwohl sie von Jeongin dieses Mal nicht so gemeint war...

„Ich bestehe drauf...", reckte ich das Kinn.

„Na gut...", gestikulierte er schließlich. „Dann stelle doch bitte eine Verbindung zu deinen Elementen her. Bekommst du das hin? Denn ich glaube, du solltest dich ausruhen."

Ohne etwas darauf zu erwidern, drehte ich mich mit meinem Körper zu ihm. Wie ich es normalerweise mit ihm gewohnt war, stützte ich die Ellenbogen auf meinen Knien ab. Meine Hände aneinander geführt, ließ ich nur zu, dass meine Fingerspitzen sich berührten, wobei ich zwischen den Fingern an den jeweiligen Händen Freiraum ließ. Nur meine Ringfinger knickte ich ein und ließ sie miteinander in Berührung kommen.

Ich wusste ganz genau, dass der Ignis vor mir nicht wollte, dass ich eine Verbindung zu meinem Geist herstellte. Nicht zu dieser Uhrzeit, nicht in meinem seelischen Zustand.

Dennoch wollte ich es ihm zeigen. Ich wollte ihm beweisen, dass ich bereit war und mich ein Tod nicht so mitnahm, wie er annahm. Er war die Motivation für mich mehr zutun; mehr, schneller, besser...

Ich atmete tief ein, bevor ich wieder ausatmete. Die Augen geschlossen, spürte ich, wie sich Jeongin ebenfalls so drehte, dass wir nun gegenüber voneinander saßen. Ich ignorierte ihn jedoch bewusst, da ich mich nur noch auf mich selber konzentrieren musste. Nach einigen Atemzügen, dessen Techniken ich über die Zeit lernte, brauchte es nicht lange, bis ich es schaffte, eine Verbindung zu meinem Geist herzustellen. Durch die letzten Durchgänge mit Jeongin und die Zeit, die ich in Übung verbrachte, schaffte ich es besser in mein Unterbewusstsein abzutauchen.

Dass Jeongin an der Stelle geschlagen seufzte, ließ ich außen vor. Ich wollte ihm beweisen, dass ich bereit war.

Die Augen weiterhin geschlossen, fand ich mich selber in der Schwärze meines Unterbewusstseins wieder. Ich entdeckte die Mini-Version von mir, die, wie in den letzten Sitzungen auch, vor den Elementensymbolen des Wassers und des Feuers stand. Sobald meine Mini-Version bemerkte, dass sie von meinem Geist angesehen wurde, drehte sie sich zu mir. Dabei erkannte ich, wie ihre Augenfarben sich von blau auf rot wechselten. Das bedeutete für mich, dass sie es noch immer nicht schaffte, die Elemente zu aktivieren.

Ich konnte gar nicht beschreiben, wie sehr mich diese Tatsache nervte. Aufgrund der Unfähigkeit meines Unterbewusstseins, das sich einfach nicht mit meinen Elementen koppeln wollte, lag ich im Rückstand und konnte einfach nicht vorankommen. Sobald keine Einigung stattfand, würde ich das Feuer- und Wasserelement niemals ausbauen können.

Das schränkte mich in meinem Trainingsverlauf ein. Mein Unterbewusstsein hielt mich auf, was verdammt nochmal genügte. Die Sofia aus meinem Palast wurde ermordet! Der Täter lief noch immer frei herum, wobei dieser den Mord der nächsten Person plante, obwohl dieser nicht einmal für seine vergangenen Straftaten bestraft wurde.

Das konnte und wollte ich nicht dulden.

Von oben auf meine Mini-Version hinab gesehen, konnte ich nicht anders, als aus meinem Impuls heraus auf meine Elemente zu deuten, damit die blöde Kuh endlich mal in die Gänge kam. Natürlich sah meine Mini-Version mich nicht in meiner menschlichen Gestalt oder konnte mein Gesicht, mitsamt Mund, Auge, Nase und Mimik, erkennen, aber sie konnte mich spüren. Sie konnte wahrnehmen, was ich von ihr wollte. Dafür musste sie mich nicht sehen oder klar hören. Schließlich stellte sie die Verkörperung meines Unterbewusstseins dar.

Meine Mini-Version schaute aus großen Augen zu mir auf. Ihr Gesichtsausdruck schien verständnislos, oder aber, sie spielte mir etwas vor - was auch immer es war... Es provozierte mich. Sie machte mich mit ihrer Ignoranz und ihrer ungehorsamen Art wütend. Sie verärgerte mich in einem hohen Ausmaße, was unter anderem an meiner aktuellen Lage, meinem seelischen Zustand und der Persönlichkeit des Ignis lag.

Also deutete ich erneut auf die Elemente.

Es sollte wohl nicht so schwer sein, einfach nach den Elementen zu fassen, um sich dann zu verbinden. Verflucht - etwas anderes hatte meine Mini-Version doch nicht zutun.

Meine Mini-Version schaute nur beiseite, während ich sie voller Aggression ansah. Dadurch entwickelten sich meine Gesichtszüge zu einem wütenden Ausdruck, der Jeongin nicht entgangen sein müsste.

Los, sprach ich schließlich ihr zu. Zumindest versuchte ich das. Im Unterbewusstsein eines Menschen war es nämlich nicht möglich mit einer Stimme zu sprechen. Das bedeutete jedoch nicht, dass meine Mini-Version nicht ganz genau wusste, dass sie gemeint war.

Als sie sich zu mir drehte, bestätigte sich mir das nur. Sie hörte mich, ohne dass ich laut zu ihr sprach.

Dennoch musste ich zugeben, dass ich noch nie zu ihr gesprochen hatte...

Mach es endlich! Na los!

Bei meinen nächsten Sätzen, spürte ich, wie die Muskeln meines Körpers sich verkrampften. Meine Arme und Beine verhärteten sich, wobei selbst meine Finger sich versteiften. Dieser Vorgang raubte mir beinahe meine Konzentration, sodass sich die Verbindung zu meinem Unterbewusstsein fast aufgelöst hätte. Meine Wut aber behielt mich da, wo ich mich aufhielt.

Hörst du mich?, fragte ich meine Mini-Version genervt. Scheiße. Du musst doch nur nach den Elementen greifen. Mehr musst du nicht tun! Du sollst dich mit ihnen verbinden!

Ich versuchte sie mit allen Mitteln zu erreichen, was aufgrund der Mühe sogar dafür sorgte, dass sich die Geschwindigkeit meines Herzschlages beschleunigte. Meine Mini-Version sah mich jedoch tonlos an.

Zu mehr war die Idiotin auch nicht fähig.

Das machte mich verdammt nochmal ungeduldig. So ungeduldig, dass ich nun auch die Zähne zusammenbeißen musste. Ein starker Schmerz durchschoss dabei meine Kiefer, aber das war mir egal.

Starr mich nicht so an, man.

Meine Hände fester aneinander gedrückt, fühlte ich auch in ihnen ein Schmerz, über den ich hinwegsah.

Los jetzt! Ich habe nicht ewig Zeit! Wie lange soll ich noch auf dich warten!

Sag schon! Muss ich dir weiter zusehen, hm?

Müssen mehrere Unschuldige ihre wunderbraren Seelen geben?

Antworte mir! Guck nicht so dumm!

Ein Knurren entfloh meiner Kehle. Ich nahm tief Luft und wollte drauf losschreien, als meine Mini-Version plötzlich seufzte. Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, worauf sie sanft nickte. Das ließ die nächsten Worte in meinem Hals stecken bleiben.

Zu ihr gesehen, beobachtete ich, wie sie sich Zeit beim Sprechen ließ.

Yeji..., sprach ihre hallende Stimme dann plötzlich, welche für eine Gänsehaut auf meinem Körper sorgte. Die Stimme, die genau so klang, wie die meine... Die Stimme, die ich das allererste Mal hörte und die mir bewusst machte; es war tatsächlich möglich mit dem Unterbewusstsein zu kommunizieren... Du brauchst etwas Geduld..., sprach ihre ruhige Stimme erneut.

Aufgrund ihrer Wortwahl konnte ich gedanklich gar nicht darauf eingehen, wie sehr mich unsere Kommunikation überraschte. Ich nahm sie einfach hin.

Sie behauptete... Ich bräuchte... Geduld? Mittlerweile war viel zu viel Zeit vergangen. Es gab eine Leiche und mein Bruder war weg. Musste ich etwa noch mehr riskieren?

Wovon zum Teufel sprach sie?!

Geduld?!, rief ich unkontrolliert. Die habe ich nicht! Ich habe keine Zeit mehr. Fühlst du mich denn nicht? Siehst du nicht, was vor sich geht? Kannst du mich nicht verstehen?

Die Mini-Version von mir schüttelte leicht den Kopf, was in mir eine neue Wut entfesselte. Sie schüttelte nämlich nicht nur den Kopf, um mir zu sagen, dass sie mich nicht verstehen wollte - sie verneinte auch zum Zeichen ihrer Ignoranz, da sie auf ihre Ohren deutete, was soviel bedeutete, wie; ich möchte nicht auf dich hören.

Vielleicht... Verborgte sich hinter ihren Worten mehr... Vielleicht... Hatten ihre Taten etwas zu bedeuten... Ja, vielleicht war ich die Ignorante von uns beiden gewesen.

In dem Augenblick sah ich aber nur ihre Hochmütigkeit. Ich konnte nur sehen, dass sie sich überlegen fühlte, weil sie glaubte, mehr zu wissen, als andere... Das, obwohl es hierbei um Menschenleben ging und ich erneut abwägen musste, zumal uns die Zeit davon lief! Ich musste endlich eine Entscheidung fällen. Entschied ich mich für mich... Oder für die Menschen...

Und... Die Entscheidung war mir ein Leichtes.

Tue was!, rief ich somit.

Meine Atmung beschleunigte sich, als ich mich bewusst an meine Wut klammerte.

Jetzt! Tue was! Verdammt los!

Ich habe keine Zeit mehr!

Los!

Jetzt!

Ich werde sonst verlieren, Yeji!

Sie werden alle sterben, hörst du?!

Ich fühlte, wie es im inneren meines Brustkorbs zu zittern begann, wodurch auch meine Hände überfallen wurden und meine Zähne zu klappern anfingen.

Rosé ist tot! Tzuyu hat mich verraten! Jungkook ist in Gefahr! Mein Palast droht auseinander zu fallen!

Die Welt braucht mich!

Ungewollt musste ich an das Gespräch mit Changbin denken, was ich, wie sich herausstellte, doch näher an mich heran ließ, als ich ursprünglich annahm.

Verstehst du nicht?! Ich muss endlich was tun!

Der Feind muss mir sagen, dass ich handeln soll! Das ist erniedrigend. Erniedrigend, wie jeder mir überlegen ist.

Ich werde sterben, wenn du so weitermachst! Wir! Wir werden sterben! Kapierst du denn nicht?

Hilf mir! Bitte! Hilf mir...

Mein zitternder Zustand breitete sich auf meinen ganzen Körper aus. Es nahm nun solch ein Ausmaß an, dass ich kaum meine Hände aneinander halten konnte und ich die Befürchtung hatte, dass ich mir meine Zunge abbeißen könnte.

Aber ich konnte mich einfach nicht mehr kontrollieren...

Ich muss die Welt retten, du nutzloses Stück Scheiße! Wenn wir nicht endlich zusammenarbeiten, werde ich zugrunde gehen! Kapierst du das denn nicht?! Ich muss doch wenigstens auf dich zählen können! Wenn sich die ganze Welt von mir abwendet, dann brauche ich doch mich!

Mich, okay?!

Mich, mich, mich!

Mein Körper war von meiner Verbindung zu meinem Unterbewusstsein überfordert und konnte weder mit meiner Mini-Version, noch mit meiner Wut umgehen. Dadurch konnte ich wahrnehmen, wie sich mittlerweile die Tränen in meinen geschlossenen Augen bemerkbar machten.

All das, während meine Mini-Version mich aus großen, verängstigten Augen ansah.

Reiß dich zusammen!

Du bist feige weißt du das? Feige, hörst du! Wovor hast du Angst, huh?

Meine Mini Version schaute noch immer ängstlich zu mir, als meine Stimme immer lauter wurde. Es flossen auch schon die ersten Tränen aus meinen Augenwinkel...

Na? Tust du immer noch so, als würdest du mich nicht hören? Als würdest du mich ignorieren?

Antworte!

Scheiße, Antworte!!!, brüllte ich regelrecht.

Meine Mini-Version wich an der Stelle zurück, worauf alles um uns herum zu beben begann.

Aber das war mir sowas von egal...

Tue was! Na los!

Mich kaum mehr kontrollieren könnend, krachten sämtliche Emotionen auf mich ein. Ich zitterte bereits so stark, dass mir übel wurde und ich nicht anders konnte, als meine Gefühle raus zu schreien.

Ohne darauf Einfluss nehmen zu können, formten sich meine Lippen plötzlich. Ich öffnete den Mund und fing auf einmal an jedes Wort zu flüstern, was ich meiner Mini-Version in der dunklen Umgebung meines Unterbewusstseins zurief.

Tue was!", platzte es anschließend aus mir.

Die Stimme war in meinem Inneren zu hören; so glasklar, dass es mich erschrak. In den letzten zehn Jahren konnte ich weder die Stimme meiner Mini-Version wahrnehmen, noch hatte ich selber sprechen können. Der Prozess der Kommunikation fand im Stillen statt, indem ich gedanklich Befehle erteilte, die meine Mini-Version stumm entgegen nahm.

Heute schien es anders zu sein... Alles, um die nonverbale Kommunikation im Unterbewusstsein schien eine Lüge zu sein, denn... Ich hörte mich. Ich hörte mich und meine Mini-Version hörte meine starke sowie dominante Stimme ebenfalls.

Jeder in meiner unmittelbaren Nähe hatte mich gehört...

Meine Mini-Version riss schlagartig die Augen weit auf, als sie meine Stimme hörte. Sie hatte sich erschrocken und wich zurück. Doch da war mehr... In ihrem Gesicht erkannte ich eine Art Verstörtheit, die sich mit einer Verwunderung über meine Stimme mischte.

Vielleicht schien das gut zu sein... Zumindest für mich. Ihre Erschrockenheit sorgte nämlich dafür, dass sie endlich dem nachging, was ich ihr sagte.

Zögerlich, wie sie war, ging sie mit wackeligen Beinen zurück, um sich dahin zu stellen, wo ich sie haben wollte. Sie positionierte sich endlich zwischen den Elementen. Das tat sie aus Angst vor mir. Aus Angst, ja... Aber auch das war mir egal gewesen...

Ja, verdammt! Stell dich dahin, greif nach einem Element und sorge für eine Verbindung! Das wird wohl nicht so schwer sein!", schrie ich weiter drauf los, während sich meine Lippen flüsternd zu den Worten bewegten.

„Yeji...?", hörte ich Jeongin auf einmal leise sprechen.

Nun war es die Mini-Version von mir, dessen Körper zu zittern begann. Sie traute sich nicht mehr mich anzusehen, geschweige denn Widersprüche zu leisten. Sie tat genau das, was ich von ihr wollte, weil sie plötzlich solch eine Angst vor mir hatte, dass anderes für sie nicht mehr in Frage kam. Gehörig blieb sie zwischen den Elementen stehen und hob ihre Hand, um nach ihrer Rechten zu fassen. Auf der Seite stand das Symbol des Wasserelements. Noch bevor sie nach ihm greifen konnte, regulierte sich ihre Augenfarbe. Ihre Iris verfärbte sich blau.

Zur gleichen Zeit wurde ihr Gesicht blass. Zudem wackelten ihre Beine, als würde sie jederzeit zusammenbrechen. Es schien, als würde ihr der Prozess schmerzen, was die Tränen erklären könnte, welche sich in ihren tiefblauen Augen sammelten.

Dafür interessierte ich mich nur nicht. Sie war endlich gewillt eine Verbindung herzustellen. Eine Verbindung zwischen mir und meinem Element, weshalb plötzlich alles andere gleichgültig war...

Weiter! Gib nicht auf! Du hast es gleich geschafft!", rief ich weiterhin.

Die ersten Tränen in den Augen meiner Mini-Version fingen an über ihre Wangen zu fließen. Sie fing tatsächlich an zu weinen. Sie schluchzte dabei, doch tat, was ich ihr sagte. In ihrem Blick noch immer die Angst, die so schnell auch nicht vergehen würde, wie ich annahm. Die könnte ihr bei der Verbindung mit dem Element zwar im Weg stehen, bloß würde ich ihr die Angst nicht nehmen. Das durfte ich nicht, wenn ich wollte, dass sie das tat, was ich von ihr verlangte.

Meine Mini-Version schluchzte noch immer, während ihr Blick ständig in dieselbe Richtung wanderte. Sie schaute nicht mehr zu mir hoch, wie sie es vorher tat. Seit sie mich sprechen hörte, wichen ihre Augen in die eine Richtung, als würde sie etwas ablenken.

Damit sah ich von meiner Mini-Version ab, um auf einmal jemanden da stehen zu sehen. Für einen Moment den Atem angehalten, erkannte ich, wer da stand und die Aufmerksamkeit meiner Mini-Version beanspruchte.

Ich. Da stand ich...

Schräg gegenüber von meinen Elementen stand ich auf einmal...

Eine weitere Version von mir... Eine Version, die deutlich größer war als die, welche sich mit meinen Elementen versuchte zu vereinigen. Eine, die das Gesicht wütend verzogen hatte und schien, als wäre sie bereit mich zu töten.

Los!", schrie diese Version meine Worte, zu denen ich die Lippen formte und von der ich bis eben nicht wusste, dass diese existierte. „Weiter!"

Was passierte hier nur...?

Zu meiner Mini-Version geschaut, konnte ich sehen, wie diese noch immer ängstlich ausschaute. Sie konnte vor Angst nicht mehr die Augen schließen oder mit dem Weinen aufhören. Sie versuchte sich hingebungsvoll dem anzupassen, was ihr die größere Version von ihr selber befahl. Dabei gab sich meine Mini-Version enorme Mühe. Sie gab sich soviel Mühe, dass ihr Gesicht rot anlief und die Adern um ihre Augen aufplatzten.

Aber sie machte weinend weiter...

„Yeji... Bitte...", hörte ich Jeongin nochmal sprechen. „Hör auf..."

Die dunkle Stimme holte mich in meinen Beobachtungen und im Rausch meiner Wut, die mittlerweile von meiner Verwunderung übertönt wurde, schlagartig in die Realität zurück.

Die Frage war aber... Wollte ich bereits in die Realität zurück?

Meine Aufgabe musste schließlich erst vollendet werden...

Erst als meine Mini-Version mit einem verzogenen Gesichtsausdruck nach dem Feuerelementsymbol griff, wodurch ihre Augen kupferrot aufleuchteten und ihr ein stummer Schrei entfloh, konnte ich erleichtert ausatmen - das, obwohl sich in dem Augenblick mein Herz schmerzhaft zusammenzog.

Die Vereinigung wurde vollendet...

„Ich hab's geschafft", sprach ich, dabei flossen mir die Tränen über meiner Wange.

Meine Gefühle schienen getötet worden zu sein, wobei ich zur gleichen Zeit Erleichterung, Anspannung und Verwirrung fühlte.

Ich öffnete meine Augen, die feucht waren. Mein Blick traf auf den von Jeongin, der mit geöffnetem Mund zu mir sah.

„Ich habe es endlich geschafft..."

Im nächsten Moment rollten meine Augen zurück, worauf meine Sicht verschwamm. Ohne mich kontrolliert haben zu können, fiel mein Körper zurück.

Doch noch bevor ich mit dem Rücken auf dem Boden landete, fühlte ich, wie sich Händen um mich legten, als alles um mich herum schwarz wurde...


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Heyheyyyy.

BOA. Dieses Kapitel war so ne Geburt nä. Ich hing da jetzt Monate dran, nur um's am Ende umzuschreiben 🥲 und anschließend zu teilen, weil's auf einmal über 10.000 Wörter hatte 🥲.

Ich hoffe doch irgendwie, es gefällt euch? Bin nämlich immer noch unzufrieden 😂 Aber wenigstens ist es jetzt update-würdig. Vielleicht stelle ich mich auch einfach nur an, weil das Kapitel für mich so wichtig ist?? Weiß nicht...

Jedenfalls... Wie habt ihr beim Lesen empfunden? Konntet ihr verstehen, was passiert ist? Was Yeji durchgemacht hat...?

Vielleicht wollt ihr euch dazu ja äußern 🤷‍♀️

Ich sag erstmal BYE zu dem Kapitel! Euch wünsche ich außerdem haha noch eine schöne Woche und bis zum nächsten Mal 🥰

In love, N ❤️

Ps. Ich freu mich auf das Japan Comeback von Skz 😏...

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