⚜️ Verdeckt ⚜️

(Bild von Bang Chan)

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Meinen starrem Blick an die Decke gerichtet, gingen mir tausende Dinge durch den Kopf. Ich konnte daher nicht schlafen, wodurch sich die Nacht endlos anfühlte. Mein Körper stand unter Storm, meine Augen brannten und meine Gedanken wollten keine Ruhe von sich geben, egal wie sehr ich es versuchte. Ich wusste ja nicht einmal, inwiefern ich sie sortieren sollte.

Mein hellwacher Zustand war zum einen meinen Fähigkeiten zu verdanken, denen ich im Kampf mit Changbin begegnen durfte und nicht erwartete.

Eine gewisse Unruhe machte sich in mir breit.

Ich war immun, so nannte es mein Bruder. Das Feuer und das Wasser konnten mir nichts anhaben. Sie verletzten mich nicht mehr. Dadurch, dass mir als Sönigin nämlich fast alle Elemente geraubt wurden, schien das Übernatürliche für ein Gleichgewicht in mir gesorgt zu haben. Es sorgte für einen Ausgleich meiner Kräfte. Einen, den keiner kommen sah...

Das machte mir keine Angst, nein. Soviel stand fest. Zu Beginn war ich bloß etwas überrascht, doch nun? Ich sah darin vielmehr eine Bereicherung. Die neugewonnene Stärke -denn das war sie: eine Stärke- konnte ich für mich nutzen. Sie könnte mir in jedem Kampf von nun an zu Gute kommen, auf jede erdenkliche Art! Ich musste mich nicht mehr wie ein Schwächling fühlen. Erst recht nicht, wenn ich gegen einen geübten Ignis kämpfte, was bei dem Kontinent nicht unwahrscheinlich war, auf dem ich zurzeit lebte.

So auch... Konnte ich diese Immunität gegen meinen Feind nutzen. Dieser wusste mit Sicherheit nicht, dass ich eine Feuer- und Wasserresistenz entwickelt hatte.

Doch dann... Dann dachte ich an Changbin, der das gesehen hatte. Er sah, welch eine Gabe mir geschenkt wurde. Das bedeutete, er würde mir meinen Vorteil nehmen. Meinen einzigen Vorteil...

Das. Das war es, was mir Angst machte. Würde Changbin meinem Feind nämlich verraten, was ich konnte, könnte die Wahrscheinlichkeit bestehen, dass dagegen angegangen wurde. Das wollte ich nicht...

Als wäre das nicht genug gewesen!

Kreisten meine Gedanken um den blonden Lockenschopf, der die Auseinandersetzung mit Changbin mitansah.

Chan. Er hatte alles gesehen!

Die bekannte Unruhe in mir verstärkte sich, wodurch ich ein leichtes Zittern in meinem Brustkorb spürte, das sich weiter ausbreitete.

Er wusste, dass ich die Sönigin war. Das durfte nichts Gutes bedeuten. Nicht nur, dass ich niemanden einweihen wollte... Es ging darum, dass ich erst recht nicht wollte, dass ausgerechnet Chan die Wahrheit kannte!

Wie könnte ich ihm vertrauen?! Er würde mich sicherlich bei der erstbesten Gelegenheit verraten. Außerdem müsste ich mir Gedanken darum machen, dass er mich verpetzen könnte oder rum erzählte, wer ich war, weil der Idiot kaum ein Blatt vor dem Mund nahm. Ich musste ihn regelrecht dazu zwingen schlafen zu gehen, damit wir morgen in Ruhe über den Rest sprechen konnten.

Wenn er das, was ich ihm erzählen würde, überhaupt verstand.

Ich fühlte, wie mein Herzschlag sich beschleunigte und meine Atmung unregelmäßiger ging.

Daher schloss ich die Augen für einen Moment.

Beruhig dich, wollte ich mir zusprechen. Doch mein geliebter Bruder übernahm diese Aufgabe. Darüber hätte ich nicht froher sein können...

Einmal tief durchatmen, Yeji...

Ich tat, was er sagte und öffnete wieder die Augen. Mir selber zugenickt, wiederholte ich es. Ich dürfte jetzt nicht durchdrehen. Nicht, wenn ich sonst immer die Ruhe bewahren konnte...

Eben. Du musst ruhig bleiben. Es ist jetzt so gekommen, wie es kommen musste. Du bist dazu gezwungen, das hinzunehmen.

Aber wie?! Hast du etwa nicht die Befürchtung, dass das ein gewaltiger Fehler ist? Er könnte mich verraten! So unwahrscheinlich ist das ja wohl nicht!

Zu meinem Bruder gesprochen, wartete ich gespannt darauf, was er dazu zu sagen hatte.

Bei all dem Chaos, der dir durch den Kopf geht, fing er an zu seufzen. Hast du mal darüber nachgedacht, dass das vielleicht Schicksal war?

Schicksal...?

Wie sollte das gemeint sein? Dachte Hyunjin etwa, das sollte passieren?

Genau das denke ich, Schwester. Was ist, wenn das, genau das! Der erste Schritt in die richtige Richtung ist? Was ist, wenn das passieren muss, damit dir geholfen werden kann? Hm?

Die Augenbrauen zusammengezogen, grübelte ich.

Waren diese Gedanken nicht leichtsinnig und naiv gewesen...? Zu glauben, dass die Tatsache, das Chan mich sah, die restlichen Dominosteine zu meinem Ziel fallen lassen würde? Waren sie nicht etwas zu weit hergeholt?

Mein Bruder tendierte schließlich dazu optimistische Sätze zu sprechen, die einen Hang zur Übertreibung hatten. Dadurch waren sie gleich unrealistisch.

Das sagst du. Ich meine. Das selbe kann ich von dir auch behaupten. Nur mit dem Unterschied, dass deine Sätze ständig pessimistisch sein müssen.

Ich finde einfach, dass du deinem Gefühl nachgehen solltest.

Aha. Mein Gefühl sagt aber, Chan einzuweihen, das ist ein gewaltiger Fehler.

Dann schlage ich vor, hörst du auf mein Gefühl.

Oh, Hyunjin...

Geseufzt, schaute ich erneut an die Decke. Mir auf die Unterlippe gebissen, spürte ich, wie sich meine inneren Anspannungen lösten, weil ich ein Gespräch mit meinem Bruder führte.

Mein Zwiespalt löste sie jedoch nicht.

Sollte ich Chan wirklich einweihen? Ich meinte damit... Blieb mir überhaupt eine Wahl? Er würde mich sowieso nicht mehr in Frieden lassen. Er kannte die Wahrheit bereits. Es war vorbei. Ich musste ihm erzählen, was vor sich ging.

Aber wehe, er dachte daran, mich zu verraten... Ich schwor mir selber, dann würde ich ihn in Brand setzen und dabei zusehen, wie sein Körper langsam verkohlte.

Ehm....

Schnauze.

Dann fiel meine Entscheidung; gewollt oder ungewollt. Ich würde mit Chan zusammenarbeiten.

Wie bitter der Satz doch auf meiner Zunge schmeckte... Nur musste ich mich wohl mit dem Gedanken anfreunden.

Mit verzogenem Gesicht beiseite gedreht, schloss ich die Augen. Das nur, um sie im nächsten Moment wieder aufzureißen. Ein lauter Knall ertönte, weshalb ich ruckartig aufschrak. Meinen Körper zur Richtung gedreht, aus der das laute Geräusch kam, sah ich, wie die Zimmertür plötzlich speerweit geöffnet stand.

Total unerwartet platzten auf einmal mehrere Personen in das Zimmer, was sich ziemlich unwirklich anfühlte. Bloß geschah das echt. Etwa fünf bis sechs Männer liefen in das Zimmer, direkt in meine Richtung.

Ihr Ziel war ich jedoch nicht.

Geblinzelt, schaute ich dabei zu, wie sie auf Chan zuliefen. Zwei von ihnen erreichten ihn, während die Restlichen mitten auf dem Wege stehen blieben, da sich außer mir Mehrere auf den Betten aufsetzten. Während einige meiner Zimmergenossen noch realisieren mussten, was geschehen war, stand Han bereits als Erster auf den Beinen. Als würde er das jeden Tag machen, hob er beide Fäuste im verschlafenen Zustand, was dafür sorgte, dass die Erde unter den Füßen von zwei Männer aufbrach und sie so beiseite flogen. Han sprang daraufhin vor, worauf er einen Schritt vormachte und seine linke Hand ballte. Damit warf er einen großen Erdball ab, der die beiden Männer traf, die vor Chans Bett standen.

Keine Sekunde später sprangen drei Weitere aus ihren Betten. Ich erkannte, dass es sich hierbei um Felix, Minho und Chan handelte.

„Was zum-", wollte Minho rufen, der direkt einen Schlag ins Gesicht bekam.

Daraufhin brach ein Desaster aus, der sogar mich aus dem Bett holte.

Die Situation löste in mir einen Flashback aus. Er erinnerte mich an den Brand, den es damals im Institut gab, in dem ich eine ganze Weile lebte. Zwar war ich nicht dabei, als das Feuer entstand... Nichtsdestotrotz sah ich Bilder, Videos und das Endresultat. Das Feuer ragte derartig hoch, wobei es in seiner Gewalt alles mit sich riss, sodass am Ende nichts mehr davon über blieb, außer die Asche...

Das Feuer, was in diesem Zimmer zum Einsatz genutzt wurde, ließ mich an den Augenblick zurückdenken. Ohne jegliche Angst vor dem, was die Ignis mit ihren Kräften anstellen könnten, bekämpften sie sich mit dem tödlichen Element. Das Element, welches mit seiner Intensität alles mit sich reißen könnte...

Während Han mit seinen Erdfähigkeiten versuchte die Gruppen auseinander zu halten, spuckte Chan Feuer, was sein Gegenüber ihm gleich tat, sodass ein großer Feuerstrahl entstand. Dieser gab Funken von sich, wobei es in dem Zimmer schlagartig warm wurde.

Außerdem beschäftigte sich Minho mit einem Mann, indem die beiden sich mit ihren Fäusten schlugen, doch ab und an auch ihr Element nutzten. Felix versuchte die Restlichen mit dem Wasserelement ruhig zu stellen, wobei er auch nicht drum herum kam, das Feuerelement zu nutzen.

Ich konnte sehen, wie sich Namjoon darum kümmerte, den Rest hier raus zu bringen. Er schaffte es, jeden aus dem Zimmer zu schaffen, außer die, die an dem Kampf beteiligt waren und Jeongin. Dieser stand auf seinem Bett, als er durchatmete. Seine Augen verfärbten sich weiß, wie das Calcit. Daraufhin stieß er mit einem starken Windzug Chan und seinen Gegenüber auseinander, sodass beide in jeweils eine Ecke zurückfielen. Daraufhin streckte er die Arme in die Richtung von Felix aus, um ihn mit den drei fremden Männern zurückzustoßen. In dem Moment schauten Han sowie die zwei Personen, die sich mit ihm anlegten, zu ihm auf. Bevor Jeongin jedoch fortfahren konnte, warf sich jemand auf ihn, der zuvor eigentlich mit Minho beschäftigt war. So fielen beide vom Bett.

In der Dunkelheit, die durch die Macht des Feuers ihre Finsternis verlor, konnte ich sehen, dass Minhos Unterlippe blutete. Er war ziemlich wütend, was sein darauffolgendes Verhalten erklärte. Er stürzte sich auf den Typen, der sich Jeongin vornehmen wollte. Währenddessen erhoben sich die Restlichen, die bis eben auf dem Boden lagen.

Selten fühlte ich mich so nutzlos, wie zu dem Moment. Wissend, dass ich keine Kräfte hatte, mit denen ich die Beteiligten auseinander halten konnte, stand ich da und konnte bloß zusehen. Würde ich mich einmischen, könnte jemand bemerken, dass ich resistent gegen die Elemente war, mit denen gehandhabt wurden, weshalb ich stehen bleiben musste.

Aufgebracht zurückgesehen, schaute ich dem blonden Lockenkopf zu, wie er sich aus der Ecke erhob, in die er geschleudert wurde. Er funkelte seinen Gegenüber wütend an, der zwar noch auf dem Boden lag, doch ebenfalls wütend aufblickte.

Ich biss mir auf die Unterlippe.

Etwas in mir konnte aber nicht mehr... Ich konnte nicht einfach nur zusehen. Das widersprach meiner Natur...

Daher streckte ich den Arm nach Chan aus, der gerade auf seinen Gegenüber zugehen wollte. Ich hielt ihn beim Gehen auf. Seine Augenbrauen waren verzogen, als er mich ansah. Doch dann weichten seine Gesichtsmuskeln auf. Er nickte bloß ab, als wäre mein Wort Gesetz und ging einen Schritt zurück.

Somit schaute ich voraus. Der Mann, der sich gerade vom Boden erhob, richtete sich angriffsbereit auf. Bedauerlicherweise war sein Gesicht bemalt, genauso wie das der anderen, wodurch ich nicht erkannte, wer er war. Das musste ich aber auch nicht, wenn ich ihn bekämpfen wollte.

Tief durchgeatmet, führte ich meine Handflächen auf die Höhe meiner Brust, als ich aus der Luft Wasser gewann und meine Hände in seine Richtung lenkte. Aus ihnen schoss eine Wasserquelle, die direkt auf ihn zielte. So brach eine Menge Wasser auf ihn ein, wodurch er ein erneutes Mal zu Boden fiel.

Am liebsten hätte ich das Wasser mit dem Aerea in mir zu Eis gefroren, nur konnte ich nicht... Schließlich wurde mir das Element der Luft geraubt.

Das Wasser von ihm gesammelt, schwenkte ich es in die Richtung der anderen Personen. Dabei gewann ich mehr aus der Luft, sodass ich am Ende eine kleine Welle bändigte.

Dass ich das konnte, überraschte mich. Doch es war, als würde ich jeden Tag an Stärke zurückgewinnen...

Das Wasser angestrengt über die anderen gleiten lassen, indem ich es mit ausgestreckten Armen in ihre Richtung lenkte, riss ich bedauerlicherweise auch meine Zimmergenossen mit. Bloß war das unwichtig: wichtig war, dass ich den kleinen Krieg aufhielt. Ich hatte mit meiner kleinen Welle alle zu Boden bekommen, sodass sie am Ende sogar keuchen mussten, da sie das Wasser nicht kommen sahen.

Ich würde lügen, wenn ich nicht behauptete, dass mich das etwas erfreute.

Die Stärke in mir wuchs...

Doch noch bevor ich mich vernünftig darüber freuen konnte, hatte sich derjenige, der wohl ein persönliches Hühnchen mit Minho zu rupfen hatte, wieder erhoben. Er stürzte sich direkt auf den Rothaarigen. Seine Hand gehoben, ließ er diese in Flammen aufgehen. Gleich daraufhin wollte er diese in Minhos Gesicht rammen.

Mein Herz rutschte mir augenblicklich in die Hose.

„Nein!", rief ich in plötzlicher Panik und stolperte voraus.

Bloß kam mir Han zuvor. Han, der im Liegen nur die Hand heben musste, damit ein Erdstein den Typen am Hinterkopf traf. Somit fiel der Bemalte beiseite und verfehlte Minho knapp.

Die Fäuste geballt, spannte sich mein Körper an. Ich fühlte, wie schlagartig eine Wut durch meine Adern schoss, die meine Angst ersetzte und mich dazu bringen wollte, gegen die Fremden anzugehen.

Das hätte ich auch!

Nur waren sie wie Feiglinge aufgesprungen und aus dem Zimmer gelaufen, sobald eine laute Stimme ertönte, die keinen von uns gehören konnte. Die laute Stimme kannte schließlich jeder Ignis auswendig. Wie hätten sie ihren Meister auch nicht wahrnehmen können?

Wie vom Blitz getroffen, liefen sie aus dem Zimmer und rannten dabei beinahe Yeonjun um, der am Türrahmen stand.

Intuitiv lief ich auf Minho zu, um mich zu ihm runter zu beugen. Ich konnte nicht warten, bis die Sache sich endgültig gelegt hatte, um dann erst nach ihm zu sehen. Dafür hatte ich bis eben zu viel Angst davor gehabt, ihm könnte etwas zugestoßen sein.

An der Stelle realisierte ich, wie wichtig mir der Rothaarige eigentlich noch war...

„Hey?", griff ich nach seiner Schulter, weil er sich beiseite gedreht hatte. „Alles in Ordnung?"

Dieser riss sich aber bloß aus meinem Griff und setzte sich dann auf. Er ignorierte mich gekonnt, als er den Blick hob, um auf die Tür zu sehen. Obwohl mich seine Handlung direkt im Herzen traf, tat ich es ihm gleich und schaute auf. Dabei konnte ich sehen, wie Changbin im Türrahmen stand.

„Was zum Teufel geht hier vor sich?!", fragte er genervt.

Er trug seine Schlafklamotten, wodurch ich schloss, dass er bis eben geschlafen hatte. Sein Gesicht wirkte ziemlich schlecht gelaunt, was ich absolut verstehen konnte.

Ich hätte keine andere Reaktion gezeigt, wäre ich die Meisterin der Ignis gewesen...

„Nichts.", schnaubte Jeongin, der sich vom Boden erhob.

„Nichts?!", keifte Changbin.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaute ich zwischen den Beteiligten her.

„Han hat gefurzt, beruhig dich", ertönte es von Chan, der plötzlich hinter mir stand. „Das hat mich provoziert."

Der Meister verschränkte auf die Aussage bezogen die Arme vor der Brust. Mit gehobener Braue lauschte er den Jungs.

„Dann ist er wie ein Idiot auf mich zugekommen und hat mich geschlagen.", kommentierte Han spitz.

„Während ich versuchte die Idioten auseinander zu halten.", sprach Minho neben mir, der sich anschließend ebenfalls aufrichtete.

Changbin wechselte kritisch den Blick mit dem jeweils Sprechenden.

„Daraufhin ist Jeongin aufgewacht, der von der Lautstärke genervt war.", zuckte Chan die Achseln.

„So hat das eine zum anderen geführt.", schaute Felix zu seinem Bruder.

Als würden sie jeden Tag solche Lügen erzählen, ohne Angst vor den Konsequenzen zu haben, musste ich blinzeln.

Wie konnte das sein, dass ich die Jungs noch nie erlebte, wie sie harmonisch miteinander umgingen, außer dann, wenn es darum ging, den Arsch des anderen zu retten?

Das war interessant...

„Haltet die Fresse und schlaft gefälligst", knurrte Changbin sichtlich angepisst. „Mir scheißegal, ob jemand gefurzt hat oder nicht. Noch so eine Kacke und ihr wisst, was euch erwartet", schritt er zurück. 

Draußen gestanden, nickte er den anderen zu, die in das Zimmer sollten.

„Ich will keinen Ton mehr von euch hören."

Damit verließ Changbin das Zimmer. Ich erhob mich still vom Boden und bemerkte, wie die anderen ebenfalls schweigsam hinein traten. Einige gingen vorsichtig auf ihre Betten zu, wobei wir uns alle geduldeten, bis von dem Meister nichts mehr zu hören war. Erst als die Außentür ins Schloss fiel, drehte sich der Terra zu uns.

„Warum muss ich immer derjenige sein, der gefurzt hat?", fragte er, als wäre das öfter vorgekommen.

„Ach. Halt die Klappe.", rollte Jeongin die Augen.

Obwohl ich mich bereits beruhigte, weil keine Gefahr mehr bestand, warf ich ahnungslos die Arme hinauf.

Ich wusste nicht, wie wir das eben überlebten, aber... Ich hatte deutlich viele Fragen hierzu.

„Was um Himmelswillen ist gerade passiert?"

„Wooyoung und seine Freunde sind passiert.", keifte Chan, der die Arme vor der Brust verschränkte.

Wooyoung?

Der Name sagte mir doch etwas.

Urplötzlich dachte ich an den Typen, mit dem Chan im Ring gekämpft hatte. Derjenige, der unfair gegen ihn antreten wollte und daraufhin von seinem Meister hart bestraft wurde.

Bereits im Ring, bevor der Kampf überhaupt angesagt wurde, spürte ich, dass zwischen den Jungs eine dicke Luft herrschte. Sie verstanden sich nicht gut, was sich gerade nur bestätigte. Offensichtlich stritten sie sich bereits öfter bzw. überfielen er sowie seine Freunde das Zimmer schon regelmäßiger. Die Sache zwischen den beiden schien daher ernster zu sein als angenommen...

„Der Pisser wollte sich anscheinend für seine Bestrafung rächen, die er nach dem Kampf mit Chan bekommen hatte.", klärte Han auf.

„Ja! Und einer von ihnen wollte mich umbringen!", deutete Minho auf sich.

Er war derjenige, der im Vergleich zu den anderen, noch total aufgebracht war. An der Stelle bekam ich bestätigt, dass sich sein Temperament über die Jahre nicht veränderte.

Das konnte ich auf den Kontext bezogen aber auch verstehen. Wooyoung und seine Freunde waren knallhart gewesen. Sie wollten die Beteiligten im Zimmer ganz sicher verletzen oder gar töten. Ihre Intention ließ sich bei ihrem Angriff klar lesen...

Daher fragte ich mich...

Wie konnten sie allesamt, außer Minho, so ruhig damit umgehen? Wie hatten sie derartig friedlich erzählen können, dass es jemand auf sie abgesehen hatte? Warum verrieten sie Changbin nichts? Fürchteten sie sich etwa nicht vor einem Unfall? Einem Unfall, bei dem wirklich jemand verletzt werden könnte? Oder waren sie sich einander nicht wichtig genug gewesen?

Die Zusammenarbeit von eben verriet mir nämlich etwas anderes...

„Total albern.", zischte Jeongin.

Aufmerksam zu ihm gesehen, schaute ich zum Rothaarigen, der von Jeongins Aussage nicht viel hielt.

„Ach?", hob Minho eine Augenbraue. „Warum hast du sie dann nicht dazu gebracht aufzuhören? Sonst tust du doch auch immer so, als hättest du die dicksten Eier."

Er stellte sich daraufhin auf, wobei seine Haltung drohend wirkte. Mein alter Freund besaß ganz offensichtlich ziemlich schlechte Laune, die er bereit war -unter jedem Umstand- rauszulassen. Der Blauschopf gab ihm jedoch bloß einen ignoranten Blick, als er wieder beiseite sah. Minho ließ das Knurren, wodurch ich befürchtete, ein zweiter Kriegsakt könnte ausbrechen.

Bloß war das ein Glück nicht der Fall.

„Ruhe jetzt.", rollte Seungmin die Augen.

„Jedenfalls", ergriff Han wieder das Wort. „Wir haben schon öfter Stress mit dem Zimmer gehabt. Ist eins weiter als unseres", winkte er ab. „Wir streiten uns regelmäßig."

Verstanden genickt, spitzte ich die Lippen.

Ein Zimmer nebenan...? Deshalb bemerkte Changbin sie vermutlich nicht. Sie konnten geschickt davonlaufen.

Nun fragte ich mich... Fiel ihm nie auf, welch eine Auseinandersetzung die Zimmer untereinander hatten? Oder schaute er darüber schlicht hinweg? Unter solchen Umständen sollte eine Gruppe vielleicht den Gang wechseln. So ging das schlussendlich auch nicht. Die Jungs konnten nicht jeden Tag streiten. Sie waren Ignis. Eines Tages könnte jemand dabei sterben...

Bedachte Changbin all das nicht? Hatte ich ihn damals, bei der Auswahl von MeisterInnen, derartig falsch eingeschätzt...?

„Aber es ist das erste Mal, dass sie uns so überfallen haben.", meldete sich Chan zu Wort, der dabei meinen Blick suchte.

Ihn erwidert, zog ich leicht die Augenbrauen zusammen.

Das war das erste Mal, dass sie derartig überfallen worden sind? Wie hatte Han denn dann direkt reagieren können? Weshalb fiel der Gruppe das Lügen so einfach?

War ihre Geschicktheit tatsächlich nur auf das Training zurückzuführen und ihr Zusammenhalt auf ein gemeinsames Ziel...?

Untypisch für einen Ignis...

„Ich schlage vor... Wir ignorieren den Scheiß. Wenn wir darauf nicht eingehen, lassen die das schon noch sein.", sagte Felix.

„Ja, ganz bestimmt.", keifte Minho, der das nicht glauben konnte.

Dennoch richtete er genervt sein T-Shirt und ging auf sein Bett zu. Lautstark ließ er sich hinein fallen, um uns ja zu verdeutlichen, dass er keine Lust mehr auf diese Unterhaltung hatte.

So erging es den anderen auch.

Mich machte das wiederum ziemlich stutzig. Die Jungs gingen einfach zu Bett? Ohne die Dinge geklärt zu haben oder die Befürchtung darum, die Idioten könnten uns ein erneutes Mal angreifen?

Man könnte mich gerne paranoid nennen... Seit dem Überfall, bei dem mir meine Elemente geraubt wurden, wollte ich aber vorsichtig sein.

Das bedeutete... Dass ich eine schlaflose Nacht in Kauf nehmen musste...

Ich hasste es...

Damit ließ sich meine miese Laune nicht vermeiden, die ich hatte, sobald ich zum Duschen aus dem Bett stieg. Tatsächlich war es aber der erste Morgen, an dem ich mal nicht mit Chan stritt. Zumindest nicht, wenn es darum ging, wer zuerst duschen ging. Anschließend raubte er mir nämlich jeden Nerv, weil er unbedingt mit mir über das Geschehen der letzten Nacht sprechen wollte. Sobald er aus dem Badezimmer kam, wich er nicht mehr von meiner Seite. Penetrant, wie er war, was ich absolut nicht erwartete, folgte er mir überall hin.

„Du nervst mich!", zischte ich verärgert.

Nicht nur, dass ich mich noch nicht ganz mit dem Gedanken anfreundete, Chan einzuweihen - Neben dem Angriff in der Nacht litt ich unter enormem Schlafmangel, der auf mich -aufgrund meines gestressten Zustand- eine größere Auswirkung hatte. Außerdem hatte ich das Gefühl, der ganze Kontinent konnte die Augen nicht mehr von Chan und mir nehmen. Dass wir auf einmal gemeinsam an einem Tisch saßen, wirkte auf die Ignis merkwürdig...

Ganz ehrlich? Das konnte ich ihnen nicht übel nehmen.

„Yeji! Ich musste schon die Nacht hinnehmen, in der du mir nichts erzählten wolltest. Es reicht", rutschte Chan näher auf, damit ihn keiner hörte. „Ich möchte endlich wissen, was die Sönigin in Afrika macht."

Lautstark geseufzt, schob ich das Tablet von mir, auf dem mein Frühstück stand. Dabei ging mein Blick auf, wodurch ich direkt in die Augen von Seungmin sah. Dieser hatte überrascht die Augenbrauen gehoben, als er auf Chan deutete. Ich winkte bloß ab, um ihn zu beruhigen, worauf ich den Blick abnahm und mich mit dem Körper zu dem blonden Lockenkopf drehte.

„Okay", sagte ich ausatmend. „Wenn du dann wieder mehr Abstand halten kannst."

Er biss sich auf die Unterlippe, als er die Stirn kräuselte. Über meine Aussage nachgedacht, leuchtete es endlich bei ihm ein.

„Achso!", rutschte er endlich etwas von mir und nickte dann. „Tut mir leid."

Erneut die Luft ausgestoßen, musste ich mich erstmal daran gewöhnen, dass sich Chan von nun an für jeden Fehler entschuldigen würde. Nicht, dass es mir nicht gefiel! Ich genoss seinen Respekt mir gegenüber. Der war besser, als seine freche Zunge.

Ungewohnt war es dennoch.

Vorgestern wollte ich ihn schlussendlich noch töten...

So schnell wendet sich das Blatt...

„Ich weiß gar nicht, was du wissen möchtest oder was du mit den Informationen anfangen willst. Aber", rollte ich die Augen. „Kurz gesagt. Mir wurden die Elemente geraubt."

Da erhoben sich Chans Augenbrauen schlagartig. In seinem Hoodie und dem Beanie auf dem Kopf wirkte er fast schon sympathisch, wenn er erschrocken schien. Schade, dass der Zustand nicht lange anhielt.

„Von der Kléftis? Tzuyu? Gegen deinen Willen?", fragte er ungläubig nach.

„Pscht!", zischte ich, als ich ihm freiwillig -leider Gottes- näher kam, damit wir beide flüsterten. „Ja. Von ihr. Gegen meinen Willen", fuhr ich leise fort. „Mein Grund- und Feuerelement blieben verschont. Die restlichen sechs sind mir geraubt worden", erklärte ich. „Dazu muss ich auch sagen, dass der Aqua und der Ignis in mir nicht mehr dieselbe Stärke besitzen, wie zuvor."

Wenn ich das so reflektierte, wurde mir schlecht. Selbst nach zwei Wochen konnte ich es nicht glauben, dass das kleine Mädchen, welches ich in meinem Palast leben ließ, daran dachte, mich zu betrügen. Sie schlug sich auf die Seite meines Feindes, um mir meine Kräfte zu nehmen. Sie fiel mir in den Rücken- dabei waren mir ihre Tränen während des Aktes total gleichgültig gewesen.

Sie hätte mir vorher doch bloß etwas sagen müssen und ich hätte mich um alles andere gekümmert. Eine klitzekleine Warnung hätte genügt! Die mächtige Sönigin von vor zwei Wochen hätte ihren Feind nämlich mit links erledigt.

„Deshalb bist du Changbin vermutlich so unterlegen.", machte Chan die Erkenntnis.

Ich nickte.

So ungern ich das auch wollte... Es war die Wahrheit. Ich war ihm unterlegen. Vermutlich war ich sogar Chan unterlegen, obwohl dieser bloß ein einziges Element beherrschte.

Denk an deine Immunität...

„Meine Immunität", hob ich aufmerksam den Kopf. „So nenne ich das, was du zwischen Changbin und mir gesehen hast", berichtete ich, was der blonde Lockenkopf hellhörig verfolgte. „Ist aber ziemlich neu. Ich weiß erst seit gestern, dass mich Feuer und Wasser nicht mehr verletzen. Ich vermute, dass das der Ausgleich meiner Kräfte darstellen soll... Ist mir auf jeden Fall ein Vorteil."

„Ja! Und schockierend", blinzelte Chan. „Sowas habe ich noch nie gesehen! Aber ich meine... Du bist ja auch etwas Besonderes."

Etwas Besonderes...

Nun. War das eigentlich ein Kompliment? Konnte man das als eines werten? Ich persönlich fand nie, dass ich etwas Besonderes war, denn ich wollte es auch nie sein.

Seit mir jedoch meine Elemente geraubt wurden und ich mich in der Rolle eines Schwächlings wiederfand, gab ich zu, dass ich das, was Chan sagte, gerne hörte. Ich sehnte mich danach meine Fähigkeiten zurückzuerlangen, damit ich die Besondere sein konnte. Eigentlich ging es mir dabei vielmehr um die Stärke... Ich wollte wieder stark sein...

„Wie auch immer", murmelte ich. „Changbin steckt mit dem Feind unter einer Decke. Ich weiß aber nicht, um wen es sich handelt, nur, dass er ein Mann ist. Außerdem kann ich nicht sagen, wie viele mit ihm zusammenarbeiten oder was das Ziel ist, das verfolgt wird."

„Mies...", verzog Chan die Unterlippe. „Das klingt ziemlich knifflig..."

Er senkte den Kopf. Tatsächlich konnte ich dabei feststellen, dass ihn meine Lage beeinflusste. Ihn nahm meine Situation negativ mit. Der Ignis, von dem ich dachte, wir beide würden einander noch unter die Erde bringen, litt aufgrund seiner Sönigin.

Vielleicht ehrten manche Ignis mich mehr, als ich immer vermutete...

„Ich werde mir meinen Weg schon hier raus kämpfen. Mach dir keinen Kopf. So leicht kriegt man mich nicht klein.", versuchte ich Chan zuzusprechen.

Dabei gab ich mir Mühe zu glauben, was ich da sagte.

Der blonde Lockenkopf schaute wieder hoch, worauf er kräftig nickte.

„Oh, das weiß ich, Verehrteste", musste er lachen. „Mit mir an deiner Seite musst du das auch nicht alleine machen", beugte er sich vor. „Du bist doch alleine, oder?"

„Jap", kam es aus mir, wobei ich Hyunjin in meinem Kopf selbstverständlich verheimlichte. „Nur du und ich."

Da bildete sich wieder ein großes Grinsen auf seinen Lippen.

„Wer hätte das gedacht? Du und ich... Die Sönigin und ich...", hob er die Augenbrauen, was mich nur wieder dazu brachte zu zischen.

„Pscht! Leise, Idiot!"

„Jaha!", ging er leicht zurück.

Du und ich... Bang Chan und ich... Mal sehen, wie lange das Zweierteam hielt...

Ich erwischte mich erneut dabei, ob's wirklich die richtige Entscheidung war ihm von der Wahrheit zu erzählen, obwohl ich keine Alternative hatte. Nun war es aber geschehen. Die Wahrheit war raus und rückgängig konnte ich auch nichts mehr machen.

Jetzt gibt es kein zurück mehr...

Ich nickte.

Das stimmte. Nun gab es kein zurück mehr...

„Ich bin dabei mir meine Elemente neu zuzulegen", ergriff ich erneut das Wort. „In der Hoffnung, ich könnte die in mir vorhandenen weiter ausbauen und die, die ich verloren habe, wie ein Signum erlernen."

Chan lauschte meinen Worten und hing mir regelrecht an den Lippen. Dass ich die Sönigin war, veränderte so ziemlich alles in ihm - vor allem das Verhältnis zwischen uns beiden. Er versuchte mich zu verstehen und für alles eine Lösung zu finden.

Geseufzt, schüttelte er den Kopf.

„Ja... Dabei werde ich vermutlich nicht sehr behilflich sein können.", zog er die Lippen zu einer Gerade.

„Das habe ich mir gedacht.", nickte ich niedergeschlagen.

Chan war zwar ein sehr guter Ignis, was bedeutete, er könnte mich diesbezüglich belehren. Doch... Die anderen Elemente beherrschte er kaum. Eigentlich konnte er neben dem Feuer gar kein anderes Element bändigen.

Innerlich musste ich seufzen. Dann weihte ich jemanden ein und der konnte mir nicht einmal wirklich behilflich sein.

Sei mal nicht so fies.

Ist doch so!, versuchte ich mich zu verteidigen. Chan versuchte es, ja. Das musste ich ihm Lassen.

Wer wusste es außerdem schon? Vielleicht würde er noch gute Ideen bringen und den Ignis in mir aufbauen.

Nur... Mehr als das? Das würde er vermutlich nicht schaffen.

„Changbin kannst du auch schlecht fragen...", überlegte der blonde Lockenkopf.

„Nope...", stimmte ich ihm zu.

Doch dann setzte er sich schlagartig auf, was mich fast schon erschrak. Aus großen Augen zu ihm gesehen, erkannte ich, wie er nickte.

„Und was ist mit den Leuten aus unserem Zimmer?", erwiderte er meinen Blick. „Jeongin? Minho? Felix?", schnippte einleuchtend. „Ja! Die drei beherrschen alle vier Elemente, wobei ich glaube, dass Jeongin und Minho schon richtig gut sind. Oder war Felix besser als Minho?", verzog er das Gesicht. „Ist auch egal! Sie sind richtig gut! So Meister-mäßig gut, auch wenn ich das ungern zugebe..."

Auf der Stelle drückte ich Chan an der Schulter etwas zurück, damit er ruhiger wurde. Als ich die Hand zurückzog, zog ich die Stirn kraus und schüttelte streng den Kopf.

Wie kam er bloß auf die Idee, ich würde neben ihm noch andere einweihen? Er sprach hier unter anderem von Minho! Zwischen ihm und mir war soviel unausgesprochenes, dass es vermutlich ein halbes Jahr brauchen würde, um mich überhaupt mit ihm zu vertragen - die Zeit hatte ich nicht. Felix und Jeongin vertraute ich nicht.

Somit erledigte sich die Sache.

„Nein. Das kannst du vergessen. Ich möchte niemanden um Hilfe bitten."

„Aber-", wollte er es versuchen, weshalb ich nur wieder den Kopf schüttelte.

„Nein. Keine Hilfe. Keine Neuen."

Das brachte meinen Sitznachbarn dazu verdattert zu blinzeln. Verwundert zwischen meinen Augen hergesehen, versuchte er noch herauszufinden, ob ich es ernst meinte.

Dabei könnte ich es nicht ernster meinen. Changbin hatte klar ausgedrückt, was mit denen passieren würde, mit denen ich mich zusammentat. Das bedeutete, dass ich neben meiner komplizierten Beziehung zu Minho und dem Misstrauen, den ich gegenüber den Yang Brüder besaß, mit niemandem ein Bündnis eingehen könnte. Aus Sicherheitsgründen, wie sich von selber verstand.

Chan war bereits riskant genug...

„Euer Hoheit", fing der blonde Lockenkopf plötzlich mit meiner Anrede an, die sich auf einmal ziemlich fremd anfühlte. „Mir ist bewusst, dass Ihr für gewöhnlich nie auf Hilfe angewiesen wart, aber..."

Ich rollte mit den Augen.

„Ich möchte keine Weiteren einweihen, Chan. Ich wollte nicht einmal dich in Kenntnis setzen.", warf ich eine Hand hinauf, um ihm zu zeigen, dass das mein Ernst war.

„Was? Warum?", fragte er dann empört.

Mit dem Kopf zurückgewichen, erwartete er tatsächlich auch noch eine Antwort dadrauf.

Ich rollte erneut mit den Augen.

„Na, weil das gefährlich werden könnte?!"

Apropos gefährlich...

Meine Nackenhaare standen mit einem Mal ab, als ich daran dachte, wie die Ignis uns beobachteten. Auf das Volk wirkte es bereits merkwürdig, dass Chan und ich gemeinsam an einem Tisch saßen.

Wie würde Changbin das wohl auffassen?

Ungewollt beiseite gesehen, konnte ich nicht nur beobachten, wie die Ignis tuschelten, nein... Ich sah auch Changbin, der an der Haupttür stand und mit verzogenen Augenbrauen über die Tische schaute.

Er würde uns gleich sehen...

„Apropos...", räusperte ich mich. „Wir dürfen nicht so offensichtlich miteinander reden."

Den Kopf gesenkt, schenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder Chan. Dieser rückte sofort wieder auf, als er zu flüstern begann.

„Warum?", fragte er, wobei seine Stimme neugierig klang.

„Zu auffällig. Er könnte dich umbringen.", antwortete ich kurz gefasst.

Das brachte ich dazu vorsichtig zu nicken. Ich hingegen setzte mich auf und verschränkte die Hände auf dem Tisch ineinander.

„Oh, verstehe...", rutschte Chan dann etwas von mir.

Ihm fing an bewusst zu werden, in welch einer gefährlichen Situation wir beide uns befanden. Das war auch gut so. Meine Umständen waren nicht als Spaß zu verstehen und auch nicht als Abenteuer.

Unsere Leben standen auf dem Spiel. Seines vermutlich mehr als das von mir...

Chan einen Seitenblick zugeworfen, erkannte ich, wie er die Achseln zuckte, nachdem er sich umsah.

„Also? Soll ich dich etwa wieder ärgern? Damit's weniger auffällt?", fragte er kleinlaut, ohne mich angesehen zu haben.

Ich seufzte.

Muss er wohl...

Ich schloss die Augen für einen Moment.

Musste das sein? Schließlich kam ich gerade mal so davon, was die Sticheleien der Ignis angingen- vor allem die meiner Zimmergenossen. Chan war dabei einer derjenigen gewesen, die es am wenigsten unterlassen konnten.

Jetzt, wo er wusste, dass ich die Sönigin war... Endlich begriff, was Respekt bedeutete... Musste ich das wieder hergeben, damit unsere Zusammenarbeit nicht auffiel?

Das war nicht fair.

Schmoll nicht, Kleine. Tue, was du tun musst.

Ich seufzte innerlich.

„Ich hasse es das zu sagen... Aber ja.", öffnete ich die Augen wieder und drehte meinen Kopf zu Chan.

Das war der Moment, an dem sich unsere Blicke trafen. Da bildete sich das blöde Grinsen auf seinen Lippen, welches ich so sehr verabscheute.

„Easy", wurde sein Grinsen größer. „Okay..."

Er wackelte mit den Augenbrauen.

Ich erhob mich bloß augenrollend, weil ich nicht wusste, was das schon wieder zu bedeuten hatte. Aber ich sollte hier weg, bevor wir beide aufflogen. Auf einmal spürte ich aber einen stechenden Schmerz auf meinem Hintern, weshalb mein Körper abrupt zu Eis gefror.. Ich japste erschrocken nach Luft, als ich ungewollt rot anlief. Die Hitze in mir stieg schlagartig an. Die Augen unkontrolliert geweitet, drehte ich mich entsetzt zurück. Dabei blieb mir nicht erspart, wie die halbe Mensa uns bei dem Szenario zusah.

„Geht's noch?!", kam es außer Atem aus mir geschossen.

„Warum?", erhob sich Chan mit einem Ruck. „Magst du das etwa nicht?"

Mein Herzschlag überschlug sich, worauf er zu rasen begann. Obwohl ich wusste, dass der blonde Lockenkopf gerade einen spontanen Streit inszenierte, indem er mir auf den Hintern schlug, musste ich ehrlich sagen, dass er mich tatsächlich wütend machte. Am liebsten hätte ich ihm in die Eier getreten, so, wie er verdiente.

„Chan", drohte ich außer Atem, was ich nicht sein sollte. „Ich bringe dich noch um!"

„Dabei gibt es so viele andere Dinge, mit denen du mich viel eher zum Schweigen bringen könntest.", fuhr er sich mit der Zunge über die Unterlippe.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und konnte es nicht vermeiden, dass meine Augen reflexartig kupferrot aufblitzten. Chan zwinkerte auch noch, weshalb ich schon gerne ausgeflippt wäre.

Bloß behielt ich mich im Griff, da unsere Situation noch immer gespielt war.

Trotzdem! Ich würde ihm im Anschluss noch verklickern, dass er mir gefälligst nicht auf den Hintern hauen sollte!

„Entschuldige Mal", ertönte eine Stimme, die mich von Chan beiseite sehen ließ. „Ich habe lange genug zugesehen, du Ekel. Verzieh dich.", war es tatsächlich Seungmin, der auf einmal neben dem blonden Lockenkopf stand.

Meine Muskeln entspannten sich für einen Augenblick, da ich mich fragte, seit wann Seungmin derartig sprach oder gar verhielt. Von dem Zeitpunkt, an dem ich auf ihn traf, hatte ich ihn weder wütend erlebt, noch streitlustig. Er war eher der harmoniebedürftige Typ und keiner, der körperlich einen Streit austragen wollte.

Daher überraschte mich sein Auftreten.

„Seungmin? Du?", zog sich Chans Mundwinkel auf.

„Ja, ich. Pass bloß auf, was du machst. Glaub ja nicht, nur weil ich bisher keinen schlagen musste, dass ich nicht auch anders kann. Kapiert?", kam es grob aus dem Ignis mit unschuldigen braunen Augen, die gerade einfach nur unheimlich dunkel wirkten.

„Alles klar!", lachte Chan provokant und hob verteidigend die Arme. „Ich versteh schon. Kein Grund zu bellen, Welpe", schnalzte er mit der Zunge. „Ich hatte sowieso vor zu gehen."

„Gut.", zischte Seungmin nur.

Daraufhin schritt der eigentlich vernünftige Ignis auf mich zu, wobei seine Augen aufweichten. Sobald er bei mir stand, schaute er mich eindringlich an, um bestätigt zu bekommen, dass mit mir auch alles in Ordnung war.

Dabei schaute ich nur zu Chan, der unauffällig einen Daumen hob, der an sich selber gerichtet war. Anschließend deutete er auf den Tisch hinter sich, der ihm gerade ziemlich gelegen kam.

Als ich rüber sah, erkannte ich, wie Jeongin seelenruhig an ihm aß. Da begann ich neben meiner Aufgebrachtheit zu realisieren, was er mir damit sagen wollte.

Ich sollte meiner Aufgabe nachgehen...

...
...

Gähnend ging ich durch die Mensa. Wir hatten es mitten in der Nacht, wodurch alle Lichter aus waren. Diese Dunkelheit machte meinen Körper träge, der bis eben versuchte einen Zugang zu seinem Energiefluss zu finden, woran er scheiterte. Meine Müdigkeit war deutlich zu spüren.

Ich erinnerte mich daran gedacht zu haben, dass ich den Schlafmangel in Kauf nehmen könnte. Dabei ignorierte ich total, dass ich für die Meditation konzentriert sein musste. Das klappte in keinem gereizten oder müden Zustand.

Eigentlich... War ich nicht mal wirklich müde. Ich könnte noch wach bleiben, wenn ich wollte. An meinem Körper lag es nämlich nicht. Dieser war noch ziemlich aktiv, wobei ich ihn überanstrengen könnte. Es ging vielmehr um meinen Geist, der erschöpft war. Ich spürte es mit jeder Minute.

Aus diesem Grunde ließ ich die Meditation nach einer halben Stunde sein. Sie hielt nicht einmal eine halbe Stunde... Ich glaubte, es waren...

Exakt zwölf Minuten.

Danke sehr.

Zwölf Minuten. Nach knapp einer viertel Stunde hatte ich mich dazu entscheiden, aufzugeben. Es brachte nichts meinen Geist über anzustrengen, wenn ich keine Aussicht auf Erfolge hatte. Zumindest heute nicht.

Beinahe gegen eine Bank gelaufen, da die Mensa noch immer stockdunkel war, seufzte ich. Die Hand hervorgeholt und geöffnet, spannte ich meinen Arm an, um eine Flamme in der Mitte meiner Handfläche aufleuchten zu lassen. So brannte eine kleine orangefarbene Lichtquelle in meiner Hand auf, die mir mit einem Mal das Sehen vereinfachte.

Aufgesehen, zuckte ich abermals zusammen. Plötzlich ertönte ein Geräusch, als wäre jemand gegen einen Tisch gelaufen.

Wie von selbst drehte ich meine Flamme in die Richtung, sodass ich tatsächlich einen Schatten wahrnehmen konnte. Ich sah, wie jemand zwischen den Tischen auf dem Boden lag, bevor die Person schlagartig aufsprang und ohne weiteres loslief.

Überwältigt nach links und rechts gesehen, konnte ich nicht anders, als meine Beine in Bewegung zu setzen. Ich tat es der Person gleich, indem ich loslief. Unbedacht rannte ich mit der Flamme in meiner Hand los.

„Hey!", rief ich, obwohl ich es hätte nicht sollen.

Aber da war jemand! Da war jemand, der nicht hätte hier sein dürfen! Jemand, der mich vermutlich gesehen hatte... Jemand, der sah, was ich auf dem Trainingshof trieb und wie ich mich mit meinem Bruder unterhielt...

Die Flamme in meiner Handfläche vergrößert, indem ich mir einmal in die Händen klatschte, lief ich um die Tische.

Die Person vor mir trug eine weite Kapuzenjacke, die mich ihren Körper nicht sehen ließ, genauso wenig wie vom Kopf.

Ich schaute voraus. Die Person zielte auf die Tür zu, die in den Flurabteil führte, in dem sich mein Zimmer befand. Sie lief auf Tür 04 zu.

Gegen die Tür gelaufen, riss sie die Person auf, als sie hinein stürmte. Ich war ihr dicht auf den Fersen, weshalb ich die Tür aufschlug, noch bevor sie ins Schloss fiel. Durch die Flamme in meiner Hand sah ich, dass die Person um die Ecke huschte. Eilig lief ich hinterher, indem ich ebenfalls um die Ecke ging.

Doch dann krachte ich volle Kanne mit jemandem zusammen, wodurch ich abrupt zurück stolperte. Meine starke Flamme löste sich damit in Luft auf. Durch den Aufprall benebelt, blickte ich auf. In der Sekunde gingen die Lichter auf dem Flur an.

In der Helligkeit schaute ich direkt in die grünen Augen von Jeongin...

Mit geweitetem Blick schaute ich an ihm vorbei und ging dafür sogar einen Schritt beiseite. Er stand da zwar mit geweiteten Armen, wobei sein Gesicht eindeutig sagte, dass er nicht erwartete mich auf dem Flur zu treffen, aber das war mir egal.

Jemand hatte mich gesehen... Jemand, der selber nicht gesehen werden wollte...

„Hast du jemanden laufen sehen?", atmete ich aus.

Der Flur war wie leer gefegt. Ich konnte keinen mehr sehen. Geschweige denn konnte ich Anzeichen dafür, erkennen, dass jemand hier rein gelaufen sein könnte.

Als hätte ich mir jemanden eingebildet...

„Du meinst, außer dir??", fragte Jeongin.

Ich konnte die Verwunderung in seiner Stimme raus hören... Er hatte niemanden gesehen...

Aber... Da war jemand...

Zu hundert Prozent...

Ich bildete mir niemanden ein. Jemand hatte sich in der Mensa versteckt...

Geschluckt, strich ich mir meine Haare aus dem Gesicht.

In der Mensa versteckt, weil sie mich erwartete... Die Person wollte nicht von mir gesehen werden. Das war glasklar.

Irgendwas stimmte nicht.

Du wirst beschattet.

Mir wurde urplötzlich übel.

Beschattet... Eine mir unbekannte Person beobachtete mich... Verfolgte mich auf Schritt und Tritt... Versuchte herauszufinden, was ich tat...

Erneut wusste ich nicht, wer...

„Hallo?", ertönte wieder die Stimme von Jeongin. „Hast du einen Geist gesehen oder was?"

Ich wünschte, ich hätte einen Geist gesehen...

Das durfte doch nicht wahr sein. Ich wurde beschattet... Das bedeutete, dass ich meinem Feind nicht überlegen sein konnte. Nie hätte sein können...

Er war mir nämlich überlegen! Er wusste mit Sicherheit, was ich plante und vorhatte, wodurch er gegen mich angehen konnte. Schlussendlich hatte er mich über jemand anderen beobachten können!

Diese Erkenntnis sorgte für eine weitere Welle Stress. Stress, der mich nicht schlafen lassen würde. Stress, der meine Konzentration schwächte. Stress, der mir noch mehr Schwierigkeiten bringen würde...

Nein, nein, nein. Male gefälligst nicht den Teufel an die Wand!

Das passiert alles doch nur, weil ich die verdammte Erde nicht mehr bändigen kann! Ich spüre niemanden mehr kommen, Hyunjin! Das wird gegen mich genutzt... Das...

Ich hielt mir den Kopf, da mich ein stechender Schmerz durchzog. Dabei kniff ich die Augenlider zusammen, weil er kaum auszuhalten war. Schlagartig erschienen bunte Bilder vor meinen Augen. Bilder, die ich an dem Tag meines Elementenraubes sah.

Meine Elemente... Ich konnte sie sehen. Die Nachwirkungen des Raubes...

Du musst dich beruhigen! Wir wissen ja nicht einmal, ob's wirklich zu hundert Prozent jemand ist, der dich beobachtet. Wir wissen gar nichts!

Die Schmerzen ließen nicht wirklich nach, doch ich öffnete meine Augen dennoch. Schließlich stand mit mir jemand auf dem Flur, der nicht verstehen durfte, was in mir vor sich ging. So schwer das auch zu verbergen war, richtete ich den Blick. Der Blauschopf schaute dabei bloß zwischen meinen Augen her.

Hyunjin...

Es ist nichts geschehen, Yeji. Du bist sicher... Hörst du? Mach dir keine Sorgen. Die Person war nicht wegen dir da und gesehen hat sie auch nichts. Sollte sie, hast du noch immer dich und mich. Dir kann nichts passieren...

Das kannst du nicht wissen...

Doch, kann ich. Schon vergessen? Ich bin irgendwie ein Geist! Glaub mir... Du bist viel zu stark, als dass dir jemand was anhaben könnte...

Ich wünschte, du könntest dich einmal aus meinen Augen sehen...

Tief eingeatmet, hob ich den Kopf an. Ich versuchte mich auf die Worte meines Bruders zu konzentrieren, der mich aufbauen wollte. Ich spürte, dass meine Kopfschmerzen dabei nachließen. Sie schwanden mit jeder Sekunde, die verstrich.

Er hatte es geschafft... Mit nur wenigen Worten... Schaffte er es, mich ruhig zu stellen.

Hyunjin war mein Anker... Mein Fels in der Brandung... Mein Zufluchtsort...

Ohne ihn wäre ich verloren.

Wenn du mal ehrlich zu dir selbst wärst... Du brauchst mich nicht.

Tue ich wohl.

Ich liebe dich, Yeji. Aber sich drum zu streiten, wer hier wen mehr braucht oder liebt, die haben wir nicht. Der junge Mann vor dir wartet.

Hast du Chans Zeichen etwa vergessen?

Obwohl ich noch ziemlich aufgewühlt war, dachte ich an das zurück, was Chan mir riet. Er sagte, ich solle mir Hilfe holen, wenn es darum ging, meine Elemente zu erlernen. Ehrlicherweise hatte ich noch gar nicht darüber nachgedacht, ob ich das sollte.

Da ich den jetzigen Moment als einzige Chance sah, ergriff ich sie.

Nach der Tatsache, dass mich jemand beschattete, fühlte ich mich regelrecht verpflichtet... 

Schließlich stand ich schon lange genug stumm vor Jeongin. Das kam mir zumindest so vor. Die Wahrheit war, dass jedes Gespräch mit Hyunjin meist nur Sekunden einnahm. Sekunden, die sich für mich manchmal wie Stunden anfühlten...

„Jeongin?", hob ich aufmerksam den Kopf.

An der Stelle bemerkte ich, dass der junge Ignis bereits an mir vorbei ging. Doch sobald er meine Stimme wahrnahm, die seinen Namen sagte, blieb er stehen.

„Hm?", kam es nur von ihm, ohne sich zu mir zu drehen.

„Was machst du jetzt noch?", fragte ich, ohne gewusst zu haben, wie ich sonst hätte anfangen sollen.

Der Blauschopf drehte sich zu mir. In seinem Gesicht war ein großes Fragezeichen zu erkennen, das von seiner Körperhaltung unterstrichen wurde. Seine Stirn lag in Falten, als er die Achseln zuckte.

„Das muss ich dir sagen, weil...?", schüttelte er leicht den Kopf. „Du sagst ja auch niemandem, was du um diese Uhrzeit rennend auf den Fluren verloren hast."

Oh, okay...

Ausgeatmet, um nicht die Geduld zu verlieren, ballte ich meine Hände für einen Moment. Jeongin drehte sich aber bereits weg und setzte wieder zum Gehen an. Da dachte ich, musste ich direkt zur Sache kommen.

Ich vergaß, dass die Ignis die Dinge gerne sofort beredeten, ohne drum herum zu reden. Sie und die Terras.

Eigentlich tat ich das auch. Bloß war ich im Moment noch ziemlich durcheinander, was dem Aqua in mir zu verdanken war.

„Würdest du die Energieflüsse mit mir durchgehen?", platzte es daher aus mir.

Interessiert hob dieser die Augenbrauen, als er sich doch wieder zu mir drehte. Sein Blick wirkte auf einmal neugierig. Er hob leicht den Kopf an, bevor er vorsichtig nickte.

„Energieflüsse? Du meinst, die Chakren?", versuchte er zu verstehen, bis er realisierte, worüber ich sprach und wobei er mich bereits erwischte. „Wieso fragst du das nicht Changbin? Deinen Meister?", fragte er, wobei ein Ton mitschwang, den ich nicht mochte.

Es war ein Hochmütiger...

„Muss ich dich an die Mensa erinnern?", kniff ich die Augen zusammen.

Den Tag durfte keiner vergessen haben. Ich musste selber regelmäßig daran denken, wie brutal Changbin mich hochhievte, nur um mich dann auf den Tisch zu hauen und beinahe zu erdrosseln.

„Ach, ja...", nickte Jeongin verstanden.

„Also? Ich hörte, du sollst das gut können.", zuckte ich mit den Achseln.

Das war ja nicht gelogen. Chan hatte behauptet, Jeongin gehörte zu den fleißigsten Ignis. Ich hoffte, dass er damit recht behielt. Der Blick des Blauschopfes konnte nämlich ziemlich demütigend für einen wirken.

„Hast du das?", musste er schmunzeln.

Ich versuchte meine Augen zu kontrollieren, damit ich bloß nicht darauf kam sie zu rollen.

Die Männer diesen Kontinentes und ihr großes Ego - langsam wurde mir das wirklich zu viel. Konnten sie ein positives Feedback nicht einfach hinnehmen? Zumal das, was ich Jeongin sagte, bloß eine Annahme war...

„Und?", kam es unsanfter aus mir als beabsichtigt.

„Weißt du was? Überredet. Okay", nickte der Blauschopf. „Ich erkläre dir gerne, wie sie funktionieren und aufeinander aufbauen", fuhr er fort. „Aber nur ein einziges Mal."

„Um mehr habe ich nicht gebeten.", hob ich zufrieden die Arme.

Siehst du! Läuft doch!

Sie wieder gesenkt, schaute ich in seine grünen Augen auf, die vielsagend in meine sahen. Ein Gespräch mit meinem Bruder vorerst nach hinten verschoben, hob ich fragend die Hand.

Warum schaute er mich denn jetzt so an?

„Natürlich", setzte Jeongin ausatmend an. „Verlange ich aber was dafür."

Ein selbstgefälliges Grinsen machte sich auf seinen Lippen bemerkbar. Meine Zähne presste ich in dem Moment fest aufeinander.

Er wollte was? Dafür etwas verlangen?

Wo war ich hier? Etwa im Kindergarten? Für so einen Quatsch hatte ich doch keine Zeit!

Ihm jetzt aber zu widersprechen... Dafür hast du auch keine Zeit.

Wohl wahr...

„Was denn?", nahm ich den Blick ab, um an ihm vorbei zu sehen, weil ich beinahe die Augen rollte.

Wie es nervte anderen entgegenkommend sein zu müssen, bloß da man auf sie angewiesen war. Ich wünschte, dass es anders wäre, nur... Konnte ich nicht alles haben, nicht?

Die Zunge in die Innenseite meiner Wange gedrückt, schaute ich wieder zu Jeongin, der nachdenklich die Achseln zuckte.

„Das überlege ich mir dann noch."

Aha... Das würde er sich noch überlegen? Ich wusste nicht recht, ob das gut klang.

Ich nahm es nichtsdestotrotz hin.

„Na gut...", atmete ich aus.

Daraufhin ging ich einen Schritt vor. Nach vorne geblickt, nickte ich. Vermutlich müsste ich auf die Nacht doch verzichten, um Fortschritte zu erzielen. Dieses Mal wäre Jeongin dabei, der mich durch kleine Erfolge sicherlich motivieren könnte. Außerdem war mir meine Müdigkeit aufgrund der Person in der Mensa sowieso vergangen...

Sobald ich einige Schritte vorging, bemerkte ich, dass Jeongin gar nicht neben mir herlief. Mit gerunzelter Stirn blieb ich daher stehen, um mich doch wieder zu ihm zu drehen.

Er stand noch immer an Ort und Stelle. Er hatte bloß eine Augenbraue gehoben, während ich wartend da stand.

Wieso kam er denn jetzt nicht mit?

„Ich dachte...", deutete ich hinter mich.

Wollte er mir nicht zeigen, wie ich nun den Zugang zu meinen Energieflüssen bekam? Wie die Dinge hier funktionierten? Oder hatte ich ihn falsch verstanden?

Für Spielchen war es wirklich viel zu spät.

„Na...", schüttelte er den Kopf. „Nicht heute. Du bist doch total unkonzentriert..."

Ich zog erneut die Augenbrauen zusammen.

Wie bitte? Das konnte er sehen? Ich war nämlich nicht der Meinung, dass ich müde wirkte. Ich sollte vielmehr einen hellwachen Eindruck machen...

Verwundert zu ihm gesehen, erkannte ich, wie er gestikulierte.

„Geh schlafen, Möchtegern-Sönigin. Wir machen das morgen Nacht, wenn du ausgeschlafen bist.", fuhr er fort.

Möchtegern-Sönigin... Er nannte mich ja noch immer so. Ich hatte es nicht für wahrscheinlich gehalten, dass er sich das zur Aufgabe machen würde mich damit aufzuziehen. Vor allem nicht nach meiner peinlichen Niederlage im Ring...

Aber, wenn er das wollte, bitte... Anderes war sowieso wichtiger.

Woher wusste er, dass ich nicht ausgeschlafen war? War er etwa die Person, die mich beschattete...?

„Hast wohl ein scharfes Auge, was.", verschränkte ich die Arme vor der Brust und musterte ihn kritisch.

„Könnte man so sagen...", schauten seine grünen Augen direkt in die meine.

Eine Belustigung war aus ihnen herauszulesen, aber worauf sie sich genau bezogen, wusste ich nicht. Daher musste ich die Stirn kraus ziehen. Nicht nur, weil ich versuchte zu erkennen, was Jeongin mir sagen wollte... Das geschah wie von selber, da es wirkte, als wolle er etwas aus meinen Augen lesen.

Den Kopf geneigt, atmete er aus und richtete sich auf. Den Blick abgenommen, schaute der Blauschopf beiseite. Als hätten wir uns alles gesagt, schritt er langsam aber sicher zurück. Keinen Moment später drehte er sich endgültig von mir. Wortlos entfernte sich Jeongin...

Das Kinn gehoben, verfolgte ich ihn mit meinen Augen.

„Bis morgen!", rief ich ihm hinterher, in der Hoffnung, unser Gespräch war nicht ganz so unnötig gewesen.

Da hob sich bloß sein Arm, die eine gehorsame Geste machte, indem er seinen Zeige- und Mittelfinger an die Stirn führte und abnickte. Sein Rücken zeigte dabei noch immer in meine Richtung, worauf er auf das Zimmer zusteuerte, indem er hinein verschwand.

Mit verschränkten Armen schaute ich in die Leere, in der er zuvor noch stand.

Das war merkwürdig, oder...?

Wenn du mich fragst, ist hier einiges merkwürdig.

Mhm...

Intuitiv den Blick gehoben, landete dieser auf das Gemälde meines Bruders, das am Ende des Flurs hing.

Dem stimme ich voll und ganz zu, Bruderherz.



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Hey 🍂

Wieder ein längeres Kapitel und keine Ahnung, was schon wieder passiert ist 😱. Wir hatten einen Angriff von Wooyoung und seinen Zimmergenossen, ein Gespräch zwischen Chan und Yeji (bei dem Channie es wieder zu weit treiben musste 😂), Yeji beim Training bzw. mit einem Stalker und dann Jeongin...

Hmmmm...

Dass sie jetzt einen Stalker hat oder eher gesagt, jemanden, der sie beschattet, das dürfte nicht neu sein... Vermutungen, wer's sein könnte?

Mehr frage ich zu dem Kapitel heute mal nicht... 😇

Des Weiteren... Hören wir uns hoffentlich beim nächsten mal! Guten Resttag/ gute Restnacht wünsche ich 🥰

In Liebe, N 💕

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