Kapitel 20
Ein Klopfen riss Lorey aus ihren Gedanken. Sie schloss das Medaillon, die Melodie verstummte. Ihr Entschluss stand fest, sie würde ihr Ziel verfolgen, bis sie es erreicht hatte. Nichts und niemand würde ihr je wieder vorschreiben, was sie zu tun hatte. Sie gab erst Ruhe, wenn sie es hatte. Das kalte Metall legte sich um ihren Hals. Als sie die Tür öffnete, war sie nicht mehr Lorelei, Hüterin der Meere. Sie war Lorey, Kapitän der Black Pearl. Sie öffnete die Tür, trat an die frische Abendluft. „Kapitän", begrüßte sie George als Erstes. Hinter ihm standen sorgfältig in einer Reihe einige Männer. Groß, schlank, klein, dick alles war dabei. „Wir konnten diese Landratten auftreiben", er benutzte die typische Sprache eines Piraten. Sie trat aus dem Schatten in das Mondlicht. Einige der Männer keuchten erzürnt auf. „Eine Frau?", „Die is ja halb so groß wie ich", „Das soll die Lorelei sein?", Lorey hatte beschlossen ihre wahre Identität nicht weiter geheim zu halten. Sie sollten alle wissen, mit wem sie es zu tun hatten, auch wenn sie es nicht zu glauben schienen. „Aye, erweist ihr etwas mehr Respekt", fauchte Norrington die Männer an. „Keine Frauen unter ihnen?", Lorey hatte die Menge bisher nur beiläufig beachtet, ihr Gesicht an George gewandt. „Aye, eine", er zeigte auf eine schlanke Gestalt. Lorey hatte sie nicht bemerkt, sie stand hinter einem etwas kräftigeren Mann. Den Hut hatte sie tief ins Gesicht gezogen, ihr Mantel war von einem tiefen Rot. Die neue Piratenkapitänin schritt auf sie zu. Blieb dicht vor ihr stehen. „Was bewegt euch an meinem Schiff anzuheuern?", „Euer Schiff, dass ich nicht lache", ein kleiner, schon etwas älterer Herr hatte sich aus der Gruppe gelöst und war auf die beiden Frauen zugegangen. „Soweit ich weiß ist Kapitän Jack Sparrow schon immer der Kapitän der Black Pearl", weitere Männer lösten sich aus der Gruppe. „Aye, die Lorelei ist nur eine Legende", „Wir wollen unter einem richtigen Kapitän segeln", in Loreys innerem kochte die Wut auf. Wieso waren sie dann George und James gefolgt. Hatte sie die Männer nicht aufgeklärt. Fragend drehte sie sich zu den beiden um, eine Augenbraue nach oben gezogen. „Ihr glaubt also nicht an die Sage der Jungfrau", Lorey verließ ihren Platz, entfernte sich in Richtung der Reling, den Blick auf den Ozean hinter ihnen. „Eine Jungfrau auf einem Felsen, die arme unschuldige Männer in den Tod lockt", ihr Blick immer noch auf dem Wasser, die rechte Hand ballte sie bereits zu einer festen Faust. „Fähig, mit einer einzigen Handbewegung eine ganze Truppe an Männern auszulöschen", sie hörte das erstickte Aufkeuchen der Männer hinter sich. Sie ließ das Wasser in ihren Körpern kreisen. „Qualvoll ertrunken", sie ließ ihnen das Wasser in die Münder laufen. „Eiskalt erfroren", leichte Schneeflocken fielen vom Himmel. „Oder bevorzugt ihr es bei lebendigem Leibe gekocht zu werden", als sie sich wieder umdrehte, sah sie die Schweißperlen, die sich auf ihrem Gesicht ausbreiteten. Die Frau hatte sie verschont. James sah sie mit einem funken Unglauben in den Augen an. George wirkte dagegen Stolz. Sie öffnete die Faust und augenblicklich ging es den Männern wieder besser. Einige von ihnen verließen sofort das Schiff, machten sich drauf und dran so viel Abstand zwischen ihr und sich zu bringen wie nur irgendwie möglich. Einige der Männer jedoch blieben an Ort und Stelle, schnappten nach Luft und sahen sie fasziniert an. „Die Legenden stimmen", brachte der ältere Herr atemlos hervor. Er zog seinen Hut vom Kopf. „Madame, verzeiht mir mein Verhalten", Lorey nickte ihm nur zu. Die anderen Männer hatten sich wieder gefasst, schnappten nicht mehr ganz so eilig nach Luft. Übrig geblieben waren die großgewachsene Frau, der ältere Herr und drei weitere Matrosen. „Aye, ihr habt euch dazu entschieden unter meinem Kommando zu segeln", Sie stimmten einstimmig zu. „Zu plündern und zu rauben, was euch in die Hände fällt", das typische Piratenhandwerk, Lorey musste diesem nachgehen, um ihrem Ziel näherzukommen. Sie stimmten alle zu. „Allen Gefahren zu trotzen „Aye, Kapitän", „Jedem meiner Befehle zu folgen", sie sahen sie ernst an „Und dahinzusegeln, wo sich noch nie ein Mann hin gewagt hat", sie nickten „Bis über den Horizont", stimmte George ein „Und darüber hinaus", folgte James, „Bis ans Ende der Welt", beendete die Brünette. „Aye, Kapitän"
Die Crew stand fest, acht Personen. Der alte Mann war Bertram Noisley, einst ein gefeierter Soldat, seit Jahren Alkohol abhängig und ein begeisterter Kartenspieler. Eine gute Kombination für das, was Lorey vorhatte, sie brauchte eine Mannschaft die bereit war ein gewisses Risiko auf sich zu nehmen. Jasper und Martin Hickens waren etwa in ihrem Alter, die beiden heuerten seit Jahren auf den unterschiedlichsten Schiffen an. Erledigten hier und da einen riskanten Auftrag und konnten alles auftreiben, was das Herz begehrt. Der letzte Mann aus der Gruppe, die George angeschleppt hatte, war Kiano. Kiano Ababio, er war vor einigen Jahren einem Sklavenschiff entkommen, gelang nach Tortuga und arbeitete seitdem in einem Pub in der Küche. Jetzt hatte beschlossen, dass es Zeit für neue Abenteuer war, dies lag wohl an seinem noch recht jungen Alter. Lorey tat es schon fast Leid, sein Leben auf den schmalen Grat zum Tod zu führen. Doch manchmal muss man eben Opfer bringen. Die einzige Frau neben Lorey war Savana McKartney, sie sprach nicht viel, erzählte nur einige Geschichten, die nicht viel über sie aussagten. Sie war eine Diebin, geschickt in dem Umgang mit dem Dolch. Lorey sollte es recht sein, solange sie nicht nachts in ihre Kajüte kam, um sie zu ermorden, wahr sie einverstanden, dass Savana sich ihnen anschloss. „Hisst die Segel, macht die Taue, klarkommt in die Gänge, ihr Seemansgesindel", schrie Lorey ihren ersten offiziellen Befehl über Deck. Immer noch eingeschüchtert von der Szene zuvor leistete die Crew sofort Folge und machte sich daran, das Schiff klarzumachen. Lorey stieg die Treppen empor, hinauf zum Steuerrad. George und James folgten. „Was ist unser Kurs?", fragte der ehemalige Soldat. Loreys Hände berührten das Holz, umschloss das Steuerrad mit beiden Händen. George trat an sie heran. „Du hast doch einen Plan, oder?", Lorey wandte sich den beiden Männern zu. „Aye, den hab ich", Sie verließen den Hafen, segelten hinaus auf das offene Meer. „Doch zuerst tun wir, was Piraten so tun", George grinste. „Aye, Aye, Kapitän", er hob grinsend eine Hand empor, und machte sich dann lachend davon. Voller Tatendrang, ihr nächstes Ziel zu bestimmen. „Was ist der wirkliche Plan?", fragte James, er hatte sie durchschaut, wusste das, dass eben nur eine Ablenkung war. „Du erinnerst dich an damals, kurz bevor ich ging?", „Ja", mehr sagte er nicht, wartete ab bis sie weitersprach. „Als mein Vater starb, nahm Will seinen Platz ein", sie wandte sich ihm nun gänzlich zu, blickte ihm lange in die Augen, ehe sie fortsetzte. „Mein Vater hat seine Aufgabe immer vernachlässigt. Und Will, er war nie dafür bestimmt", James schien zu begreifen. „Du willst die Flying Dutchman", sprach er seine Vermutung aus. „Ja", er kam einen Schritt auf sie zu. Blieb dicht vor ihr stehen, sie musste den Kopf leicht in den Nacken legen, um ihm weiter ins Gesicht sehen zu können. „Warum?", seine Worte waren kaum mehr als ein leiser Hauch. „Mein Leben lang hatte ich eine Aufgabe, die mir auferlegt worden ist. Jetzt will ich das tun, was ich für richtig halte", er hob eine Hand an ihre Wange, strich zärtlich über ihre Haut, sie ließ es geschehen. „Die Flying Dutchman ist das letzte, was mir von ihm noch geblieben ist", Sie trat zurück. James ließ die Hand sinken. Sie wollte das nicht, nicht im Moment, wahrscheinlich nie wieder. Die Flying Dutchman war ihr Ziel. Und dafür musste sie einen Fluch brechen.
„Kapitän, dort hinten ist ein Schiff der Royal Navy. Ein kleines Schiff, kaum beladen. Es scheint beschädigt zu sein, vermutlich haben sie bereits einen Kampf hinter sich", Lorey nahm Martin das Fernrohr aus der Hand, setzte es selbst an und sah, was er beschrieb. Die englische Fahne zierte den größten Maßt. „An die Kanonen, Martin und Noisley", sie setzte das Fernglas ab. „George, du übernimmst das Steuer. Der Rest an die Reling macht euch bereit zum Entern", „Aye, Kapitän", sofort begaben sich alle auf ihre Posten. Lorey folgte George. Seid sie aufgebrochen waren, ließ sie ihm in dem Glauben sie wolle einfach nur das Leben eines Freibeuters führen, auf ewig Kapitän der Black Pearl. James kannte als ein zigster ihre Pläne. Sie musste zuerst das Vertrauen der Crew für sich gewinnen, ihnen zeigen, dass sie eine gute Kapitänin war. Außerdem gefiel ihr der neue George, er schien viel freier seid sie die Queen Anne's Revenge verlassen hatten, seid sie Angelica verlassen hatten. Sie strich über den Smaragd an ihrem Finger. „Du weißt, was du tuts?", George grinste, typisch für ihn. „Angst, Prinzessin?", sie verdrehte die Augen. „Du machst die gut als Kapitän. Nicht, dass ich je daran gezweifelt hätte. Ich denke, nach einiger Zeit wird sich die Crew daran gewöhnen, dass du eine Frau bist", nun grinste sie ihn an. „Eine Frau?", neckisch zog sie eine Augenbraue in die Höhe. „Eine sagenhafte Frau", Lorey musste lachen, es war schön so befreit zu sein. „Sie haben uns entdeckt", James war zu ihnen herangetreten, legte das Fernglas auf die Kartenhalterung. „Aye, dann geht es jetzt los", George drehte das hölzerne Rad. Das Schiff drehte sich frontal auf den Gegner zu. Die Segel blähten sich auf, der Wind war mit ihnen. Sie nahmen an Fahrt zu. Sie sah, wie die Gegner sich ebenfalls auf sie zuwandten, deutlich langsamer. Sie segelten gegen den Wind, waren im Nachteil. Alles lief nach Plan. „Bereit?", fragte die Kapitänin ihren zweiten Mart. James hatte seine Uniform getauscht, er trug einen dunklen Mantel, ein weißes Hemd und eine braune Hose. Lorey sah das Glänzen in seiner Innentasche. Sein altes Abzeichen, er trug es immer bei sich. Sie wusste nicht, ob es aus sentimentalen Gründen noch dort hing, oder weil James insgeheim noch immer ein Soldat war. „Alles bestens", sie nickte ihm zu. „Niemand wird verletzt, soweit wir es vermeiden können. Wir nehmen uns, was wir brauchen. Fesseln die Mannschaft und verschwinden wieder", er nickte. Das englische Schiff kam immer näher. So nahe, dass Lorey ihre Mannschaft ausmachen konnte. Sie waren in der Überzahl. Zehn gegen acht, doch Lorey war sichere, sie würden als Sieger hervorgehen. Die Mannschaft schrie, rasselte mit den Säbeln, klopften bedrohlich auf das Holz. „Macht die Kanonen bereit", zwei der Kanonenklappen wurden hochgezogen, ihre Läufer auf die linke Seite des gegnerischen Schiffes gerichtet. „Feuer", der Gegner hatte keine Chance zu reagieren. Martin und Noisley hatten die Kanonen so schnell abgefeuert, dass ihr Dröhnen der Schüsse sie überrumpelte. Die erste Kugel schoss frontal durch die Seite. Ries ein großes Loch hinein. Sie konnten hören, wie der englische Kapitän wilde Befehle über das Deck schrie. Die Soldaten fingen sich und standen nun Angesicht zu Angesicht den Piraten gegenüber. „Macht euch bereit zum Entern", schrie Lorey ihren Befehl. Die Piraten holten Enterhaken hervor, schwangen sie bedrohlich durch die Luft. Die Piraten auf der anderen Seite nahmen Stellung auf, die vorderen drei Männer knieten sich hin. Legten die Pistole an, zielten auf die Köpfe ihrer Gegner. „Kapitän", George hat sich beschützerhaft vor sich gestellt. „Haltet die Position", Ruhe legte sich über die Schiffe. Die Luft war angespannt. „Kapitän?", fragte George leise. Lorey hob hinter ihm die Hand, sie spürte das Wasser in den Gegner rauschen. „Angriff", rief sie. Zog die Hand zurück, ein Ruck ging durch die Schützen, sie vielen zu Boden. Diese Gelegenheit nutzte die Crew, sie schwangen sich auf die andere Seite und nahmen den Kampf auf. Es dauerte nicht lange und die Soldaten waren fest mit einem Seil an den Mast gebunden. Kiano hatte die Fahne heruntergenommen, reichte sie seinem Kapitän. Die Zwillinge standen bei ihren Gefangen, achteten darauf, dass niemand versuchte zu entkommen. Savana und Bertram waren James unter Deck geführt, er wusste, wo die Soldaten ihre kostbarste Fracht versteckten. George stand neben Lorey, vor ihm kniete der englische Kapitän. Er hatte ihn fest im Griff, eine silberne Klinge an seinem Hals. Er war ein hochgewachsener Mann, nicht besonders kräftig. So fiel es dem ersten Offizier nicht schwer, ihn in Schach zu halten. Lorey zog einen Dolch hervor, machte einen großen Schnitt in das Stück Stoff. „Häng sie wieder auf", sie reichte Kiano die Flagge. Jeder sollte sehen das sie Opfer ihrer Piratencrew waren, das England nichts gegen sie ausrichten konnte. „Wer seid ihr", es war die rauchige Stimme des Kapitäns. Lorey wandte sich zu ihm um, kam ihm ganz nahe. Sie lachte. „Was wollt ihr?", sie ging noch ein Stück auf ihn zu. „Die Black Pearl hat einen neuen Kapitän. Verbreitet die Kunde, dass die Lorelei die Herrschaft der Meere an sich nimmt", trotz aller Widerwillen fing der Mann an zu Lachen. „Die Lorelei. Herrschaft über die Meere", er hielt nicht an sich, lachte weiter. „Ihr Piraten trinkt eindeutig zu viel Bier", die Brünette sah ihn finster an. Sie ließ einen kalten Schauer durch seine Venen jagen. Sein Lachen verstummte. „Wie ich bereits sagte, die Black Pearl und ihre Mannschaft sind zurück. Soldaten, nehmt euch in Acht", sie nickte George zu, er verstand. Er nahm seinen Dolch von der Kehle des Kapitäns, drehte ihn um und schlug den Mann mit dem Ende zu Boden. Bewusstlos fiel sein Körper auf das Holz. „Binde ihn fest", James und die anderen beiden kamen zurück an Deck, die Hände voller Kisten, ein goldener Schimmer blitze hervor. Als George fertig war, begaben sie sich zurück auf die Pearl, lichteten den Anker und segelt entgegen dem Horizont. Mit einem lauten Geräusch kamen die Kisten auf den Fässern auf. Die Mannschaft hatte sich darum versammelt, begutachtete die Beute. „Zwei Goldstücke für jeden von euch", ehe Lorey noch einen weiteren Satz sagen konnte, schnellten gierige Hände hervor. Wühlten im Gold und füllten ihre Taschen. Ihr goldenen Augen beobachteten genau, dass sich jeder nur zwei der Münzen nahm. Den Rest brauchten sie, um ihre Vorräte aufzustocken. Seit Tagen mussten sie schon Mehlsuppe essen, da ihnen die Lebensmittel ausgegangen waren, der Rum neigte sich ebenfalls dem Ende zu. George brachte mit Kiano die restlichen Münzen in eine Kammer unter Deck. Lorey wandte sich ab und der Rest der Crew machte sich daran ihren Arbeiten wieder nachzugehen. „Ich dachte, niemand wird verletzt", der Vorwurf kam von James. „Manchmal muss man Grenzen überschreiten", sie sah ihm fest in die Augen. „Er hätte uns sonst nicht geglaubt, es ist wichtig, dass wir uns einen Ruf aufbauen. Die englische Armada hat noch immer einen starken Einfluss auf die See", er nickte, verstand es nicht ganz, doch er vertraute ihr.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top