Wie alles begann
Sarah saß, zusammen mit den Anderen auf der Rückbank des ausrangierten Van's. Sie hatte so lange auf diesen Moment hingefiebert und heute war es so weit. Doch von Anfang an: Sarah hatte die muntere Truppe über Facebook kennen gelernt. Von diesem Tag an, hatten sie des öfteren miteinander gechattet, die echten Namen der Leute hatte sie nie gekannt, geschweige denn ihre Identität. Aber so war das Internet eben, geschätzt und geliebt für seine Anonymität. Bis jetzt.
,,Sarah, kannst du noch ein Stück rutschen? Dann könnte sich Vega neben dich setzen. " Die Stimme gehörte Ricardo, einem bebrillten, hoch gewachsenen Jungen mit braunen, zerzausten Haaren. Ihm hatte Sarah es zu verdanken, dass sie jetzt mit einem Haufen neuer Freunde in diesem Auto saß. ,, Klar doch!", sagte Sarah und rückte noch ein wenig näher an Hannas Seite.
Vor gut vierzig Minuten hatte sie den ziemlich leeren, wenn auch großen Parkplatz betreten. Außer dem Van standen nur ein Truck, ein alter Peugot und ein Ford in geschmacklosem Orange auf dem Kies. Hier hatte sie die Anderen zum ersten Mal persönlich betrachtet. Hanna hatte sie sofort erkannt, was auch nicht weiter schwierig gewesen war, immerhin kannte sie ihr Profilbild. Hanna war, genau wie Riccardo ziemlich groß, vielleicht sogar noch ein wenig größer. Ihre braun-blonden Haare hatte sie für die Fahrt zu einem Zopf zusammen gebunden und in ihrer hautengen Jeans konnte man deutlich erkennen, wie dünn sie eigentlich war. ,, Was starrst du mich so an, habe ich was im Gesicht? ", wunderte sich Hanna und grinste, und ohne dass sie es wollte musste Sarah schmunzeln. ,, Was ist so witzig? ", wollte Hanna wissen, doch Sarah schwieg nur. Hanna hatte eine merkwürdige Ausstrahlung, ziemlich verrückt, aber auch irgendwie unbekümmert und kindlich.
,,Ist ja auch egal. Übrigens, coole Haare!" Sarah war verwundert und sah auf die Spitzen ihrer schulterlangen Haare, die von feuerroter Farbe waren. ,,Danke.", antwortete Sarah leicht verdutzt, da sie ihre Haare nie als 'cool' empfunden hatte. Hanna kicherte und meinte an Sarah gerichtet: ,,Nicht, dass ich an so etwas glaube, aber angeblich haben Rothaarige keine Seele. " Sarah lachte:,, Na dann nimm dich besser in Acht!" Während die beiden Mädchen auf der Rückbank ihre Späße machten, kamen Schritte aus Richtung des Kofferraums auf sie zu. Hanna drehte sich (soweit das im vollgepackten Auto noch irgendwie möglich war) um, um einen Blick auf den unbekannten Neuankömmling zu erhaschen, konnte aber wegen der riesigen Rucksäcke, die sie im Kofferraum verstaut hatten nichts sehen. ,,Riccardo, bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?", fragte die fremde Person. Riccardo sah von der Karte auf, die er bis eben gemeinsam mit Jan studiert hatte und blickte direkt in das Gesicht eines Mädchens. Sie hatte ähnlich braune Haare wie er, doch das erste was einem beim Betrachten ihres Gesicht's auffiel, waren ihre großen, grünen Augen. ,,Das geht schon so.", antwortete er. Das Mädchen zog eine Augenbraue hoch: ,,Hör zu, ich weiss ja, dass die Straße kaum befahren ist, aber überhaupt nichts sehen ist eine andere Sache. Wenn du nicht siehst, was hinter dir auf der Straße passiert, könnte das ernsthafte Konsequenzen haben. Man sieht ja gar nichts mehr wegen des vollgepackten Kofferraums." Bela, ein humorvoller Junge von kleinerer Statur mit meeresblauen Augen, hellbraunen Haaren und extrem vielen Sommersprossen, seufzte:,, Also ich räume bestimmt nicht den kompletten Kofferraum aus und dann nochmal ein, es war ja schon genug Arbeit das einmal zu machen. Wie viel habt ihr überhaupt mitgenommen? Ihr wisst schon, dass wir damit durch den Schnee wandern müssen?" Anouk, anscheinend empört darüber, dass niemand ihre Befürchtungen ernst nahm,verschränkte die Arme:,, Wenn wir deshalb einen Unfall bauen, dann weiss ich, was eure letzten wehmütigen Gedanken sind.". ,, Ich auch-", sagte Vega während sie weiter in ihren Sitz zurück sank. ,,Warum habe ich nicht die Maxi-Pizza bestellt? Dann wäre ich wenigstens mit vollem Magen gestorben.". Kaum sichtbar verdrehte Anouk die Augen, doch Riccardo schien das nicht entgangen zu sein. ,,Hör zu, Anouk. Ich bin ein guter Fahrer, vertrau mir!" Versuchte er sie zu besänftigen, während Anouk hörbar skeptisch reagierte:
,,Wird schwierig, so richtig kenne ich dich ja erst seit heute."
,,Dann wirst du danach nur noch von meinen Künsten als Autofahrer schwärmen. "Nicht ganz so überzeugt, wie Riccardo es gerne gewollt hätte stieg Anouk in den Van ein und gesellte sich zu Vega. In diesem Moment hatte Sarah bedenken, ob die beiden sich gut verstehen würden. Immerhin wollte die humorvolle und gelassene Vega allem Anschein nach gar nicht zur disziplinierten Anouk passen.
Doch es war noch zu früh für vorschnelle Befürchtungen, also lehnte sich Sarah in das abgenutzte Polster der Rückenlehne und starrte durch das Fenster. Der Himmel war grau und die Sonne schien nur gedämpft durch den Vorhang aus Wolken.
Der Motor sprang an und durch den Rückspiegel konnte Sarah das breite Grinsen auf Riccardo's Gesicht erkennen, als der Kies unter der Last der Reifen knackte, während sich das Auto langsam aber sicher in Bewegung setzte. Er drehte das Radio auf und schon bald ließen sich alle von seiner Euphorie mitreissen, gespannt aud das, was sie in den nächsten Tagen erwarten würde. Sogar Anouk vergaß ihre anfänglichen Bedenken. Sarah beobachtete, wie sich nach und nach die wenigen Häuser am Straßenrand in Bäume verwandelten, große grüne Tannen, die nun die Straße säumten. Wie Riccardo schon vorhergesagt hatte, war die Straße komplett verlassen, auf der Fahrt begegneten sie keinem anderen Auto. Irgendwann (es mussten inzwischen gut vier Stunden verstrichen sein) hörte man Vega vom Rücksitz rufen:,, Halt mal kurz an, Riccardo." Sie deutete mit einer komplett von ihrem übergroßen Pulloverärmel bedekten Hand auf die flackernde Neon-Reklame einer Tankstelle.,, Wir sind fast am Fuß des Berges angekommen. Ich weiss nicht, wann sich das nächste mal eine solche Gelegenheit bietet. " ,, Gut mitgedacht." Anouk öffnete die Autotür und stieg aus dem Fahrzeug. Die Anderen folgten ihr.
Sarah war kalt und sie bereute es ihre Jacke im Wagen liegen gelassen zu haben. Fröstelnd sah sie sich um. Die Tankstelle lag mitten im Nichts und allem Anschein nach waren sie die einzigen Besucher in dieser Menschenleeren Gegend. Sarah fragte sich, wer an einem so ungünstigen Ort eine Tankstelle baute. Schnell flüchtete sie sich ins innere des Ladens.
Sie ließ ihren Blick über die Regale schweifen. Wahrscheinlich lohnte es sich für den Besitzer nicht in großen Mengen einzukaufen, bei so wenig Kundschaft. Sarah schnappte sich einen Müsliriegel, eine Traubenschorle und eine Flasche Wasser. Je länger sie sich in diesem Laden aufhielt, desto mehr Makel fielen ihr auf: Die Wasserflecken an der Decke, die Staubschicht, mit der hier so gut wie alles überzogen war, die zahlreichen Spinnenweben in den Ecken. Sarah eilte zur Theke, bevor ihr noch mehr Gründe einfielen, den Laden schleunigst zu verlassen.
Die offensichtlich gelangweilte Kassiererin musterte erst Sarah, dann ihre Einkäufe. Sarah blickte auf das Namensschild. Frau Önalan, so hieß die Dame also. Sie seufzte:,, Das macht dann fünf Euro und siebenunddreißig Cent." Das war vielleicht ein wenig viel verlangt für einen abgelaufenen Riegel und zwei Getränke, doch Sarah sagte nichts. Sie klemmte sich die Sachen unter den Arm und ging in Richtung Tür. Sie war fast da, als die Verkäuferin sie
fragte:,, Hier ist fast nie Kundschaft." Sieht man, dachte Sarah.,, Also was treibt dich und deine Freunde hier her?" Frau Önalan legte ihren von wild abstehenden, kastanienbraunen Locken umgebenen Kopf schräg und sah Sarah an.,, Woher wissen sie, dass das meine Freunde sind? " Die Frau grinste und irgendetwas an diesem Lächeln machte einen verstörenden Eindruck auf Sarah. So als wüsste Frau Önalan etwas, was Sarah nicht wusste.,, Ich arbeite seit fünf Jahren an dieser Tankstelle und so gut wie nie sind mehrere Leute gleichzeitig hier. Und dann auch noch so viele." Sie schüttelte den Kopf:,, Ihr seid doch alle zusamen losgefahren, stimmt's, oder habe ich Recht? " Etwas verdutzt nickte Sarah, nicht sicher, was sie tun sollte. Schließlich wandte sie sich erneut der Tür zu und in der Spiegelung des Glases konnte sie erkennen, dass ein Lächeln die Lippen der Verkäuferin umspielte, während sie zum Abschied winkte.
Vor der Tankstelle sah sie Bela und lief zu ihm hin.Er schien nichts gekauft zu haben.,, Oh man, die Kassiererin war ja ober gruselig." Der Junge schauderte.
,, Find ich auch.Mich hat sie sogar angesprochen. " sagte Sarah. Bela zuckte zusammen und sah Sarah mit ungläubigem Blick an.,, Was hat sie gesagt?" Wollte er wissen und wartete gespannt auf eine Antwort. ,, Sie wusste, dass wir die einzigen hier sind." Sarah sah zur Tankstelle. Sie war sicher, dass Frau Önalan sie nun Ansah, auch wenn das auf diese Entfernung unmöglich erkennbar war. Sarah fühlte sich beobachtet und extrem unwohl in ihrer Haut, also schlug sie Bela vor, sie sollten besser ins Auto gehen, unter dem Vorwand, es sei zu kalt. Bela stimmte zu und gemeinsam stiegen sie in das Fahrzeug.
Jan drehte sich um. Allem Anschein nach saß er schon länger hier drin. Er seufzte:,, Ach, ihr seid es." ,, Wie enttäuschend aber auch." Bela boxte Jan in den Arm, natürlich nur zum Spaß. ,, Hey wo sind die Anderen?" Ein paar Sekunden, nachdem Sarah ihre Frage ausgesprochen hatte, öffnete sich die Tür und Hanna, Vega und Anouk traten ein. ,, Dreh die Autoheizung auf!", befahl Vega zu Riccardo gewandt, der gerade erst Platz auf dem Fahrersitz genommen hatte. Anouk beugte sich vor um ihn anzutippen:,, Du weisst doch bestimmt wann wir da sind, oder? Ich glaube nämlich nicht, dass wir es heute noch bis zur Hütte schaffen."
,,Mach dir mal keinen Kopf, bis zur Hütte wären wir eh nicht mehr gekommen. Aber am Fuß des Berges befindet sich ein kleiner Campingplatz. Eine Familie schmeisst den Laden und nimmt da in den Ferien Bergsteiger, Wanderer und Touristen auf. Dort bleiben wir über Nacht und Morgen geht es dann los. "Anouk staunte: ,,Wow, du bist ja ziemlich gut informiert. " Riccardo lächelte.
,,Muss ich ja. Ich habe diesen Ausflug schliesslich organisiert. "
,,Schon ein seltsames Gefühl. " seufzte Jan. Sämtliche Köpfe drehten sich in seine Richtung.
,,Was? Was ist ein seltsames Gefühl? ". Einen Moment lang war es still, selbst Riccardo wartete noch eine Antwort ab, bevor er den Wagen startete.Jan blickte in das verwirrte Gesicht jedes einzelnen, dann erst fuhr er fort: ,,Wisst ihr, wir kennen uns jetzt seit über einem Jahr, aber gleichzeitig auch erst seit dem heutigen Tag."
Jan hatte recht. Es war wirklich ein seltsames Gefühl seine Online-Freunde im echten Leben kennenzulernen. Doch trotz all dem fühlte sich Sarah nicht von Fremden umgeben, eher von gesichterlosen Freunden, die nun eines bekommen hatten.
Der Nachklang von Jans Worten hing immernoch spürbar in der Luft und als Riccardo den Wagen zurücksetzte sprach keiner ein Wort.
Je näher sie dem Berg kamen, desto imposanter wirkte er auf die Jugendlichen.
Knirschend kam der Van zum Stehen. Alle verließen das Fahrzeug und Sarah gähnte laut. Sie konnte verstehen weshalb dieser Platz geradezu perfekt für's Campen war. Von hier aus konnte man den gesamten Berg sehen und um die Lichtung herum lagen ausser dem schmalen Pfad, auf dem sie gekommen waren nur Bäume.
Sarah richtete ihren Blick gen Himmel und konnte vereinzelt Sterne zwischen den Wolken erkennen. Während Riccardo und Jan das Zelt aus dem Kofferraum hieften , fuhr Sarah fort ihre Umgebung zu betrachten. Im Zentrum der Fläche befand sich ein von Steinen umgebener Kreis, in dessen Mitte alles mit Asche bedeckt war, offensichtlich eine Feuerstelle.
Durch die Bäume hindurch konnte man in dem wenigen verbleibenden Tageslicht eine Felswand ausmachen, die geradezu zum Klettern einlud. Es wunderte Sarah, dass an einem solch paradiesischen Ort nicht mehr mehr Leute Urlaub machten, denn soweit sie das beurteilen konnte, war ausser ihnen und der Frau an der Rezeption niemand hier.
Sarah ging zurück zum Auto und warf einen Blick auf ihr Handy
,,Mist! " entfuhr es ihr. Jan, dem ihr Fluchen nicht entgangen war, drehte Sarah den Kopf zu: ,,Was ist denn so schlimm? " rief er von der anderen Seite der Lichtung her. ,,Mein beklopptes Smartphone hat den Geist aufgegeben, kein Akku. Was meinst du, gibt's hier irgendwo 'ne Steckdose? " Jetzt wandte sich Riccardo ebenfalls Sarah zu: ,,Eine Steckdose? Hier? Mitten in der Wildnis?" Ungläubig sah er sie an, als hätte er nie etwas derartig dummes gehört.Auch Anouk mischte sich nun ein: ,,Geh doch zur Rezeption, wenigstens da müsste es doch Strom geben." Das war gar nicht mal so eine schlechte Idee, also machte sich Sarah mit Ladekabel und Handy bewaffnet auf den Weg.
Es war wirklich ein angenehmes Gefühl nur von Natur umgeben zu sein, was Sarah als Stadtkind nicht allzu oft genießen konnte.
Sie machte Halt, als sie an der Hütte angekommen war. Von der Sonne war inzwischen so gut wie gar nichts mehr zu sehen, das einzige, was nun die Dunkelheit erhellte, war das Licht einer nackten Glühbirne aus dem Inneren der Baracke. Sarah überlegte kurz: Riccardo hatte das Mädchen mit ,, Frau Horstmann" angesprochen, also war das wohl ihr Name. ,,Entschuldigen sie, Frau Horstmann." Begann Sarah. Das Mädchen lächelte sie an:
,, Nenn mich ruhig Noa, wir sind ja ungefähr im gleichen Alter." Im Licht der Glühbirne sahen ihre ohnehin schon blonden Locken aus, als würden sie leuchten. ,, Na gut, dann eben Noa. Gibt es hier irgendwo eine Steckdose? ". Sarah versuchte hoffnungsvoll einen Blick auf das innere der Holzhütte zu erhaschen, jedoch ohne Erfolg.
,, Da muss ich dich leider enttäuschen. Dass hier kein Strom ist, ist Absicht. Man soll hier nicht die ganze Zeit über am Handy oder Laptop sein, wo doch dieser Ort Beschäftigung genug sein sollte." Sarah verzog das Gesicht und Noa erwiderte lachend:,, Schon gut, ich habe hier aber Strom, siehst du?" Sie deutete auf eine kleine Steckdose an der gegenüber liegenden Wand. ,,Ich weiss auch ehrlich gesagt gar nicht, wie ich die Zeit ohne totschlagen soll. Irgendwie muss ich mich ja beschäftigen, wenn gerade keine Kundschaft da ist.", bemerkte Noa beiläufig. ,,Entschuldige, wenn die Frage unverschämt klingt, aber-"
Sarah sah den Pfad entlang und ärgerte sich, keine Taschenlampe mitgenommen zu haben. ,,Nach meiner Auffassung ist es hier echt leer." ,, Da hast du Recht. Wie gesagt, ich habe hier ziemlich viel Freizeit. Im Sommer sind massenhaft Menschen hier. Um zu entspannen, Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, was auch immer. Aber im Herbst und im Winter...Da können wir uns glücklich schätzen, wenn überhaupt jemand auftaucht." Sie beendete ihre Rede, indem sie sich in ihren Drehstuhl zurück fallen ließ.,, Sag mal, willst du eigentlich hier bleiben während dein Handy lädt?" Noa machte eine kurze Pause, bevor sie fortfuhr:,, Andernfalls müsstest du es einer Fremden anvertrauen." Noa zwinkerte. Sarah machte sich deshalb keine Gedanken, nein, es war etwas anderes, das ihr Kopfzerbrechen bereitete. Sie scheute sich davor, allein durch das finstere Waldstück bis zur Lichtung zu gehen. Sie drehte sich noch einmal zu Noa um und fragte: ,,Kann ich mein Handy morgen abholen?" ,, Warum nicht, bis dahin ist es bestimmt aufgeladen." Gähnte Noa.Sie blickte zu der golden Uhr an ihrem Handgelenk, die die gleiche Farbe hatte, wie ihre Haare. Sarah verabschiedete sich, bevor sie ging und von der Schwärze des Waldes verschluckt wurde, mit jedem Schritt den sie tat. Jetzt wusste sie, wie Rotkäppchen sich gefühlt haben musste, ganz allein im düsteren Wald. Sarah musste grinsen, ohne dass sie es wollte. Wenn sie Rotkäppchen war, dann war das nette Mädchen an der Rezeption Goldlöcklichen. Nur, dass in diesem Wald noch viel schrecklichere Dinge als Bären und Wölfe auf sie lauern könnten. Sarah versuchte den bloßen Gedanken daran zu verdrängen, zu sehr schreckte sie dieser ab. Ihr Herz klopfte, kalte Luft durchströmte ihre Kehle, ihre Schritte wurden schneller.
Sarah konnte die Lichtung bereits sehen, sie rannte die letzten Meter. Keuchend lehnte sie sich gegen den Wagen. Von dort aus konnte sie das Zelt sehen, in dem Licht brannte. Schatten zeichneten sich an der Zeltwand ab und Sarah hörte Stimengewirr und Gelächter. Sie fühlte sich unwohl, sie wollte nicht allein hier draussen stehen, also kämpfte sie sich durch einen Schwarm Insekten, die vom Licht angezogen ihre Kreise um das Zelt zogen.
Als Sarah eintrat, saßen die Anderen in einem großen Kreis, ins Gespräch vertieft.,, Also komm ich wieder und die starrt mich einfach immernoch an!" Bela kamen die Tränen vor Lachen und Sarah hätte nur zu gern gewusst, was denn so witzig war, doch sie beschloss sich einfach neben Jan und Hanna zu setzen, um den weiteren Verlauf der Unterhaltung zu verfolgen. Vega machte sich mit einem lauten Gähnen bemerkbar. ,, Also ich weiss ja nicht was ihr macht, aber ich haue mich ersteinmal aufs Ohr. " Mit diesen Worten stand sie auf, reckte sich und ging in ihre Kabine. ,,Du, Sarah, die Kabinen reichen nur für fünf, wir sind aber zu siebt. Ich schlaf auch im Vorraum, wir wollten dich aber erst fragen ob das okay ist, bevor wir an deiner Stelle entscheiden, wo du schläfst. " ,, Das geht klar." fand Sarah und blickte voller Vorfreude auf einen angenehmen Schlaf auf ihre Schlafsachen, die in der Ecke an der Zeltwand lehnten. Es war ein anstrengender Tag gewesen, nicht nur für Sarah. Daher schlug Anouk vor, sie sollten jetzt besser alle Vega's Beispiel folgen und sich ein wenig ausruhen, immerhin beginne morgen die Bergwanderung. Anouk schaltete das Licht aus und Dunkelheit umhüllte sie. Sarah widmete sich noch kurz dem unerfreulichen Gedanken, Frau Önalan stünde am Waldrand und beobachte sie, bevor sich Sarah's Augenlider schlossen und auch sie friedlich schlummerte.
Noch konnte sie ja nicht ahnen, was für grausame Dinge geschehen würden und dass sie bald viel schlimmere Ängste plagen sollten...
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