59 》Verhaftet wegen sexy
—
Der Partybus erinnerte mich von außen an einen Shuttlebus, wie man ihn vom Flughafentransfer kannte. Aber als wir über die ausfahrbaren Treppenstufen ins Innere stiegen, klappte mir die Kinnlade runter. Auf der linken und rechten Wandseite befanden sich geschlängelte Sitzbänke aus Leder, die mit bunten LED-Röhren beleuchtet waren. Dazwischen war sogar genügend Platz zum Tanzen. In der Mitte des Busses war eine silberne Pole-Dance-Stange montiert, an der Dana sofort ihr Können versuchte und kläglich scheiterte.
Maria versuchte es stattdessen, wobei versuchen aber das falsche Wort war: sie wirbelte um die Stange, als hätte sie nie etwas anderes getan. Die Truppe stieß beeindruckte Laute aus und klatschte vor Begeisterung. Nur Dana verschränkte schnaubend die Arme vor der Brust und zog gedemütigt die Schultern ein.
Chase schloss die Türe und wenig später setzte sich der Partybus in Bewegung. Roger drehte die Anlage auf und aus den Boxen schallte Gute-Laune-Musik, zu der wir alle laut mitsangen. Ich schenkte uns allen Getränke ein und mit jedem Tropfen Alkohol, der floss, wurde die Stimmung ausgelassener und die Gespräche verrückter.
Als wir schließlich vor dem Sound Nightclub anhielten und ausstiegen, schwankten wir alle schon ein wenig. Die kalte Nachtluft wehte durch meine offenen Haare und zerrte an meinem Kleid. Augenblicklich überkam mich Gänsehaut und meine Gedanken wurden wieder etwas klarer. Vor dem Club stand bereits eine Schlange von knapp fünfzig Leuten, aber dank Tony musste ich mich nur bei Security am Einlass melden und schon durfte unsere Truppe an allen anderen Gästen vorbei ins Gebäude gehen.
Mal abgesehen davon, dass Tony Stark mehr Feinde als Freunde hatte, war es manchmal von Vorteil, mit einem Superhelden zusammen zu sein.
Chase, unser Fahrer, blieb nicht im Partybus, sondern folgte uns in den Club. Wir hatten ihn dafür gebucht, uns auf Abruf abzuholen und nacheinander nach Hause zu verfrachten, aber ganz sicher nicht fürs Feiern. Groll stieg in mir auf.
"Geht schon mal vor", wies ich die anderen an, während ich mir Chase vorknöpfte und ihn am Ärmel zurückhielt.
"Hey, was machst du da?", wollte ich von ihm wissen. Er blieb überrascht stehen und sah zu mir herab.
"Feiern, Elli, feiern." Er zwinkerte mir zu und es gefiel mir nicht, wie nah wir uns plötzlich waren. Ich machte einen Schritt zurück, um den Abstand zwischen uns wieder zu vergrößern.
"Du weißt schon, dass du unser Fahrer bist und nüchtern bleiben musst?", rief ich ihm ins Gedächtnis. Er verdrehte die Augen.
"Mit mir kann man auch ohne Alkohol Spaß haben. Vorzugsweise auch ohne Klamotten", säuselte er und ich hätte mich am liebsten übergeben.
"Dafür wirst du nicht bezahlt", entgegnete ich trocken, doch er ließ nicht von mir ab. Er machte einen Schritt auf mich zu und beugte sich zu mir herunter.
"Ich besorg' es dir auch gerne gratis."
Das war zu viel. Ich schubste ihn von mir weg und hob die Faust.
"Wehe du kommst mir noch einmal zu nah!", drohte ich mit düsterer Stimme. Er riss überrascht die Augenlider auf. Ein schrankhoher Security-Mitarbeiter trat zu uns.
"Belästigt Sie dieser Mann, Miss?", fragte er mich und durchbohrte Chase mit vernichtendem Blick.
"Woah, ganz ruhig. Ich bin ja schon weg", schnaubte Chase und huschte schnell an mir vorbei in die Menschenmenge.
"Behalten Sie ihn im Auge", teilte ich der Sicherheitskraft mit und begab mich ebenfalls ins wilde Getümmel.
Ohrenbetäubende Techno-Musik schallte aus den Lautsprechern, während flackernde Lichter die Tanzfläche ab und zu erhellten. Obwohl der Club gut besucht war und sich Mensch an Mensch drängte, dauert es nicht lange, bis ich unsere Truppe gefunden hatte. Cynthias Lachen übertönte selbst die lauten Beats. Ich war erleichtert, dass wenigstens sie und die anderen den Abend genossen. Ich für meinen Teil wäre jetzt lieber in der Villa in Malibu und würde mich mit Jarvis unterhalten, bis ich irgendwann einschlief und Tony sich zu mir kuschelte.
Doch ich versuchte, mich von der guten Laune der anderen anstecken zu lassen. Die Musik strömte durch meine Adern und als ich merkte, wie sehr Cynthia strahlte, heftete sich ein breites Lächeln auf mein Gesicht. Das war alles, was ich erreichen wollte.
Ich tanzte ausgelassen, schaute etwas zu tief ins Glas und als wir entschieden, hinauf in die Hollywood Hills zu fahren, torkelten wir alle in Richtung Partybus. Das Timing war perfekt, denn ich wusste, dass im Bus der bestellte Stripper auf uns wartete. Cynthia würde mich hassen. Mir entwich ein leises Giggeln.
"Isch bin escht froh, dass Tony disch gefunden hat und wir uns jetscht kennen", hikste Cynthia, die sich auf meiner Schulter abstützte.
"Bin ich auch froh drüber", erwiderte ich und strengte mich an, die Worte klar auszusprechen. Denn eigentlich hatte ich mir vorgenommen, heute Abend halbwegs nüchtern zu bleiben, um notfalls Katastrophen abwenden zu können.
Doch mein Plan war kläglich gescheitert. Meine Sicht drehte sich wie ein Karussell und plötzlich schien alles urkomisch zu sein. Chris und Roger tanzten unter dem Sternenhimmel, wobei man kaum von tanzen sprechen konnte. Viel mehr schaukelten sie hin und her und allein vom Zusehen wurde mir schwindelig. Cynthias Cousinen und Maria hatten sich in einem Kreis versammelt, um zu rauchen. Heller Qualm stieg in den dunklen Nachthimmel empor.
Ich wollte gerade die Türe des Partybusses öffnen, als sie mir entgegen schwang. Hinaus trat Chase, gefolgt von einem Polizisten. Unser Fahrer hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und ich erkannte, dass er Handschellen trug.
Cynthia begann zu lachen.
"Genau, schaff' diesen Dreckssack weg!", jubelte sie dme Polizisten zu und wandte sich dann an mich, "Du hast mir einen Stripper gebucht? Elli, ich dreh' durch!"
Da sie immer noch über beide Ohren grinste, deutete ich ihre Reaktion positiv.
"Miss, ich bin kein-", setzte der Polizist an, doch ich unterbrach ihn.
"Du bist noch viel heißer als auf den Fotos", merkte ich an, während Cynthia seine Dienstmarke ergriff, die auf seiner Brust prankte.
"LAPD", las sie vor, "Wow, die sieht ja richtig echt aus."
"Weil sie echt ist", erwiderte er schroff, "Geben Sie sie mir zurück, Miss."
"Sonst was?", provozierte Cynthia ihn kess und hielt ihm ihre ausgestreckten Arme entgegen,"Verhaftest du mich sonst?"
"Verhaftet wegen sexy!", rief ich, "Los, zeig uns, was du draufhast!"
Cynthia nickte eifrig und gab ihm einen leichten Klaps auf den Hintern. Ich hingegen schnappte mir die blaue Polizeimütze, die er trug, und setzte sie der zukünftigen Braut auf den Kopf. Cynthia formte ihr Finger zu einer Waffe und richtete sie auf den Officer.
"Ausziehen oder ich schieße!"
"Okay, das reicht jetzt!" Er erhob seine Stimme und urplötzlich verstummt unser Lachen, weil er alles andere als belustigt klang. "Sie beide haben eindeutig zu viel getrunken. Ich nehme Sie mit."
Er zog zwei Handschellen aus seiner Hosentasche hervor und ehe wir uns versahen, hatte er sie uns angelegt.
"Ähm Elli, gehört das zum Auftritt dazu?" Verwirrung schwang in Cynthias rauer Stimme mit.
"Eigentlich nicht", antwortete ich ihr ebenso irritiert. Mittlerweile waren auch die anderen auf uns aufmerksam geworden. Maria kam zornig auf uns zugelaufen.
"Hey Officer, was soll der Scheiß?", blaffte sie ihn an, "Wir sind hier auf einem Junggesellinnenabschied!"
Der Polizist betätigte sein Walkie-Talkie. "10-15 hier. Ich bräuchte Unterstützung. Zwei stark alkoholisierte Frauen vor dem Sound Nightclub und eine gesuchte Person."
"Gesuchte Person?!", entfuhr es Roger ungläubig,"Wer soll das denn sein?"
Der Officer deutete auf Chase, der an der Fassade des Busses lehnte. "Der da ist ein gesuchter Autodieb und hat eine ellenlange Liste an Kavaliersdelikten. "
"Dann nehmen Sie nur ihn mit und lassen die beiden laufen! Sie sind betrunken und haben doch nur ein wenig rumgeblödelt", argumentierte Chris und schien wieder völlig nüchtern zu sein.
"Tut mir leid, aber die beiden haben einen Officer bedrängt und sind außerdem nicht mehr zurechnungsfähig. Ich muss sie in eine Ausnüchterungszelle bringen, so sind die Vorschriften", erklärte er, "Diese Fahrt endet hier sowieso, weil es sich um ein gestohlenes Fahrzeug handelt, das beschlagnahmt wird."
Ein genervtes Raunen ging durch die Runde und es wurde diskutiert und protestiert, doch am Ende wurden Cynthia und ich auf die Rückbank eines Streifenwagens verfrachtet und in Richtung Polizeistation gefahren.
"So ein Scheiß." Seufzend lehnte Cynthia ihren Kopf an die Fensterscheibe und beobachtete die vorbeiziehenden Palmen im Mondlicht. Meine Sicht war noch immer verschwommen und ich fühlte mich gleichzeitig federleicht und tonnenschwer.
"Tut mir leid", nuschelte ich und hörte selbst, wie betrunken ich klang, "Das ist der schlimmste Junggesellinnenabschied überhaupt."
Sie drehte sich zu mir um.
"Immerhin war er nicht langweilig", merkte sie an und wir blickten uns kurz einfach nur stillschweigend an, bevor wir zu kichern begannen.
"Ruhe da hinten", rief der vermeintliche Stripper von vorne, doch das brachte uns nur noch mehr zum Lachen.
Die Ausnüchterungszelle war bereits mit fünf anderen Personen belegt und es kroch ein beißender Geruch aus Bier, Urin und Erbrochenem in meine Nase. Augenblicklich drehte sich mir der Magen um.
Cynthia und ich setzen uns auf eine harte Betonbank und lehnten uns an die kalte Wand.
Ich fühlte mich miserabel und hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich für unsere Situation verantwortlich war. Hätte ich auf Tony gehört, dann säße unsere Truppe jetzt in seiner Villa in Malibu und würde sich von Mark XVI Cocktails mixen lassen.
Seufzend schloss ich die Augenlider - in der Hoffnung, dass mein wummernder Schädel sich dadurch beruhigen würde.
"Psst, Knastbraut", machte es und ich sah Richtung Gitterstäbe, an denen niemand geringeres als Tony lehnte.
"Tony!" Sofort sprang ich auf und torkelte zu ihm herüber.
"Woah, ganz langsam." Er fasste durch die Gitterstäbe nach meinen Händen. "Wer hätte gedacht, dass du vor mir im Gefängnis landest. Und dann auch noch wegen Alkohol."
Ein schelmisches Grinsen huschte über seine Lippen.
"Ich hasse dich", murrte ich und versuchte, ihn durch die Stäbe hindurch zu boxen, doch er wich zurück.
"Morgen früh wirst du dich selbst hassen. Aber keine Sorge, ich mach' dir ein gutes Katerfrühstück."
"Sir, treten Sie bitte von der Zelle weg!", erklang es und hinter Tony tauchte der Polizist auf, der uns verhaftet hatte.
Als Tony sich zu ihm umdrehte, fiel ihm vor Schreck sein Klemmbrett aus der Hand.
"Sie...Sie sind Iron Man!", rief er aufgeregt und raufte sich sein dunkles, gelocktes Haar, "Oh verdammt, ich bin ein riesen Fan! Was machen Sie denn hier?"
"Ich biete Ihnen-", Tony trat einen Schritt näher an ihn heran und blickte auf sein Namensschild, "-Simon, einen Deal an. Sie bekommen ein Foto mit mir und dafür lassen Sie meine beiden Freundinnen gehen."
Er lukte an Tony vorbei und ich hob die Hand.
"Ähm Sir...ich meine Mister Stark", stotterte Simon verlegen, "Das geht leider nicht so einfach. Ich...ich brauche eine Kaution, dann können die beiden gehen."
"Das sollte ja wohl ein leichtes für einen Milliardär sein, nicht wahr?" Sarkasmus schwang in Tonys Stimme mit. "Dann hopp hopp, ich hab' nicht die ganze Nacht Zeit."
Nach zwanzig Minuten trudelte auch Rhodey in der Polizeistation ein und es dauerte noch weitere dreißig Minuten, bis man uns endlich aus der Zelle ließ. Rhodey warf mir einen halb erbosten, halb enttäuschten Blick zu und ich entschuldigte mich mehrfach bei ihm, bevor er schließlich mit Cynthia nach Hause fuhr.
"Rhodes kriegt sich schon wieder ein", beschwichtige Tony mich, als wir mit seinem Audi R8 vom Parkplatz rollten, "Das ist nicht deine Schuld, El."
Stöhnend vergrub ich mein Gesicht in den Händen und war froh, wenn dieser Tag endlich vorbei war.
In Tonys Villa angekommen, begaben wir uns schnurtracks ins Schlafzimmer, wo ich mich als erstes aus dem engen Kleid raffte, mein Make-Up entfernte und anschließend ins Bett taumelte.
Tony zog mich vorsichtig an sich heran und selbst in der Dunkelheit erkannte ich sein breites Grinsen.
"Du hast eine ordentliche Fahne", bemerkte er, "Soll ich dir besser einen Eimer holen?"
"Du bist der blödeste Mann in diesem Universum", wisperte ich undeutlich, doch Tony verstand mich trotzdem.
"Und du bist die tollste Frau in diesem Universum." Er überbrückte den Abstand zwischen uns, um mir einen langen, intensiven Kuss zu geben. "Und ich bin froh, dass du mich nicht aufgegeben hast, als ich es selbst schon getan habe."
Mein Lächeln wuchs ins Unermessliche.
"Okay, vielleicht bist du doch nicht so blöd", entgegnete ich und Tony entwich ein leises, raues Lachen.
"Sobald du wieder nüchtern bist-", raunte er mir verführerisch ins Ohr, "-werde ich dir meine weiteren exzellenten Fähigkeiten als Liebhaber beweisen."
Mir gefiel die Richtung, in die unser Gespräch verlief.
"Ich bin total nüchtern."
Mit diesem Satz brachte ich uns beide zum Lachen. Tony und ich schliefen in dieser Nacht allerdings nicht mehr miteinander, sondern redeten noch lange über kleine Belanglosigkeiten, bis ich irgendwann in seinen Armen einschlief – mit dem Gedanken, dass Tony Stark und ich uns gesucht und gefunden hatten.
—
Hey ihr!
Ich hoffe, es geht euch gut und ihr schmelzt bei den aktuellen Temperaturen nicht weg! (Ich in meiner Dachgeschosswohnung jedenfalls schon ._.)
Verratet mir doch gerne, wie euch das neue Kapitel gefallen hat und eure Vermutungen, wie es weitergehen wird! 🤍
Wir lesen uns sehr bald wieder, weil meine Liebe zu Tony und zum Schreiben gerade wieder entfacht und ich dieser Fanfiction nach so vielen Jahren endlich ein würdiges Ende geben möchte :)
xx Lu
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top