3 》Gelegener Helfer
Die Tage zogen wie Wolken an mir vorbei, doch fast alles blieb wie gehabt. Mit Jonathan redete ich seit dem Vorfall in der Bar kaum noch und obwohl er wusste, dass ich sauer war und er überreagiert hatte, sah er es nicht ein, sich bei mir zu entschuldigen. Wegen ihm hätte ich aber tatsächlich richtig Ärger bekommen können, wenn Tony Stark uns beispielsweise angezeigt hätte. Aber Jon schien das nicht zu kümmern. Das war mal wieder typisch. Es war schon einiges nötig, um unsere Beziehung zu retten, aber ich hatte nicht allzu große Hoffnungen. Gestern hatte ich eine Pro-Contra-Liste erstellt und war zu dem ernüchternden Entschluss gekommen, erst einmal abzuwarten, was mir die nächsten Wochen bieten würden.
Ich befand mich also Samstagnachmittags in einem Elektronikfachhandel und suchte nach einer neuen Festplatte für meinen Computer. Das Pech verfolgte mich nun schon seit Wochen und alles, was ich in die Finger bekam, ging in die Brüche.
Als ich nach einer halben Stunde endlich an der Kasse stand, folgten weitere schlechte Nachrichten.
"Miss, Ihre Karte funktioniert nicht", teilte mir der Kassierer mit und ich starrte ihn verwirrt an.
"Das kann nicht sein", ich schüttelte intuitiv den Kopf, "Probieren Sie es bitte noch einmal."
Er zog die Kreditkarte ein weiteres Mal durch die Kasse und gab sie mir schließlich.
"Nein, tut mir leid."
"Warum nicht?", fragte ich und wurde langsam aber sicher wütend. Es war schon schlimm genug, dass ich mein Geld überhaupt ausgeben musste, aber dann konnte ich es nicht einmal ausgeben.
"Miss, das kann ich Ihnen leider auch nicht sagen-", der Mann hinter der Kasse versuchte, mich zu beruhigen.
"Oh, dann arbeiten Sie genau am richtigen Ort!", ich schnaubte lachend auf.
"Na hören Sie mal!", maulte er, "Wenn Sie nicht bezahlen können, dann gehen Sie. Und wenn Sie sich weiterhin so unverschämt verhalten, lasse ich Sie hochkant rausschmeißen!"
Ich wollte widersprechen, doch mir kam jemand zuvor.
"Ich bezahle", Tony Stark trat neben mich und drückte dem dicklichen Kassierer einige Scheine in die Hand.
"Tony?", ich schaute ihn verwundert an, "Was machst du hier?"
Er schnappte sich die Festplatte und schob mich vorsichtig aus dem Laden.
"Ich war zufälligerweise hier und konnte dich kaum überhören", klärte er mich auf.
"Ach, dieser Schwachkopf hat mich auf die Palme gebracht", trotzte ich, "Ich versteh' einfach nicht, warum meine Kreditkarte nicht funktioniert. Es ist ja nicht so, als hätte ich kein Geld auf dem Konto."
"Wir gehen zur Bank und finden es heraus, ganz einfach", erwiderte er und wir begaben uns sofort auf den Weg.
"Zugriff verweigert?", ich schaute fassungslos auf den Bildschirm, "Was zur Hölle?"
Tony blickte ebenfalls ziemlich skeptisch drein.
"Niemand anderes kann auf diese Karte beziehungsweise dein Konto zugreifen?", fragte er mich und nach kurzem Überlegen nickte ich.
"Nein, nur ich", entgegnete ich sicher.
"Hm", grummelte er, "Wir müssen an einen Computer. Am besten an deinen."
"Warum?", wollte ich wissen. Ich konnte ihm nicht folgen.
"Ich muss ihn mir anschauen", sagte er, "Vertrau' mir."
Da er der einzige war, der mir helfen konnte, stimmte ich zu und wir liefen knappe zehn Minuten, bis wir an meiner Wohnung ankamen.
Ich schloss die Türe auf und hängte meinen Mantel an der Garderobe auf.
"Nett", murmelte Tony und zog seine Jacke ebenfalls aus.
"Folg' mir", ich ging durch den Flur, bog rechts ab und betrat das Schlafzimmer. Ich deutete auf den Schreibtisch und Tony setzte sich ohne Umschweife auf den weißen Drehstuhl und schaltete den Computer an.
"Die Festplatte-", begann ich, doch er unterbrach mich.
"Brauche ich nicht."
Schweigend ließ ich mich auf dem Bett nieder und schaute über seine Schulter.
"Puh", er stützte den Kopf in seiner Hand ab, "Das sieht nicht gut aus."
"Das war klar", ich seufzte.
"Die gute Nachricht zuerst: die alte Festplatte ist noch funktionsfähig."
"Und die schlechte?", fragte ich.
"Du wurdest gehackt. Jemand hat die Daten gestohlen und konnte somit über die Online-Protokolle dein Bankkonto sperren. Ich weiß nicht, ob er das Geld auch entwendet hat, aber wenn ja, dann mach' dir keine Sorgen. Ich kann dir soviel Geld geben, wie du brauchst."
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Das alles war einfach zu viel für mich.
"Was soll ich denn jetzt machen?", fragte ich ihn hilflos.
"Überlass' das mir", er winkte ab, "Ich kümmere mich um den Hacker. Scheint zwar kein Amateur zu sein, aber ich bekomm' das hin."
"Warum tust du das?", wollte ich wissen. Ich war dankbar, aber er kannte mich kaum und eine solche Geste war mehr als nur höflich.
"Ich schulde dir etwas für letzte Woche", erklärte er, "Du hast dich um mich gekümmert."
Nun war ich noch verwirrter. Der Tony Stark aus den Medien war ein ganz anderer Mensch als derjenige, der in diesem Moment vor mir saß.
Ich hatte gedacht, dass er sein Leben einfach weiterlebte und sich nicht in die Schuld von anderen begab, weil er alles selbst regeln konnte und sowieso das tat, von dem er dachte, dass es richtig wäre. Demnach verstand ich nicht ganz, warum er mir - einer unbedeutenden Person, von welcher er sich keinen Vorteil erhoffen konnte - half.
"Ich hab' dir ein Taxi gerufen. Das ist lange nicht so nett, wie irgendwelche Kriminelle wegen einem Hack hochzunehmen."
"Es macht mir Spaß, die bösen Jungs auszuknipsen. Das ist mein Job", er grinste, "Also sag einfach 'Danke Tony, du bist toll' und lass mich mein Ding durchziehen."
"Danke Tony, du bist toll", ich verbeugte mich leicht, "Normalerweise bin ich nicht so unterwürfig, aber mein Computer ist mein Schatz und ich bin dir echt dankbar, dass du versuchst, ihn wieder gesund zu machen."
"Ich versuche es nicht, ich mache es", er zwinkerte, "Ich kümmere mich um dein Baby. Ich behandle es so, als wär's mein eigenes."
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