29 》Gala
Die Tage zogen ins Land und ehe ich mich versah, stand ich an dem Abend, an welchem die Gala stattfände, in Tonys Schlafzimmer, was mittlerweile ja irgendwie auch zu meinem Schlafzimmer geworden war. Ich hatte große Erwartungen an den heutigen Abend, denn es war im Grunde der erste Abend, den Tony und ich offiziell in der Öffentlichkeit miteinander verbringen würden.
"Das ziehe ich nicht an", ich schüttelte entgeistert den Kopf, als ich sah, welches Kleid genau Tony für mich aufs Bett gelegt hatte. Es war rosa - eigentlich überhaupt nicht meine Farbe - und war für meinen Geschmack etwas zu freizügig. Der Stoff war seidig weich und zerronn in meinen Fingern wie flüssiges Gold. Die silbernen Sandaletten, die neben dem Bett auf dem Boden standen, hatten glücklicherweise einen Blockabsatz, sodass selbst ich darauf laufen konnte. Dennoch sahen sie sehr elegant und teuer aus - genau wie das Kleid.
"Ach komm schon", rief Tony mir aus dem Bad zu und riss mich aus meinen Träumereien bezüglich dieses majestätischen und zugleich gewagten Kleides.
"Hast du dir mal den Ausschnitt angeguckt?", fragte ich ihn seufzend und zweifelte noch immer daran, das lange Rosane tatsächlich zu tragen, "Wahrscheinlich hast du es nur deswegen ausgesucht."
"Das stimmt nicht", verteidigte er sich und trat ins Zimmer, lediglich in einer Unterhose. Mein Blick wanderte über seinen Körper. Diese Muskeln...ich musste aufpassen, dass ich nicht anfing zu sabbern. Noch immer fand ich es irgendwie seltsam, dass dieser Ark-Reaktor in seiner Brust steckte. Aber wenn er ihn am Leben erhielt, war er mir mehr als recht.
"Zieh' es doch erst einmal an", schlug er vor und rubbelte sich mit dem Handtuch, welches eben noch locker über seine Schulter geworfen war, durch die nassen Haare.
"Mach ich, aber zuerst müsste ich duschen", klärte ich ihn auf.
"Warum bist du nicht mit mir zusammen gegangen?", fragte er mich mit kessem Blick. In diesem Moment konnte er wirklich nicht verführerischer sein.
"Wäre wassersparender gewesen, hm?", ich grinste ihn an, was er sofort erwiderte.
"Nächstes Mal?", er sah mich vielsagend an. Ich ließ diese Frage im Raum stehen, zwinkerte ihm stattdessen lediglich zu und verschwand im Badezimmer. Dieser Mann raubte mir die Luft zum Atmen - immer und immer wieder.
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"Tony?", rief ich nach ihm und trat angezogen die Treppe zu seiner Werkstatt hinunter. Erst hatte ich dieses Kleid direkt wieder ausziehen wollen, nachdem ich mich im Spiegel betrachtet hatte, aber aus unbekanntem Grund hatte ich das schließlich doch nicht getan. Gut, der Ausschnitt war tief - sehr tief - aber solange meine Brüste nicht rausplumpsten, war es noch akzeptabel. Für gewöhnlich trug ich sowas auch nicht, aber als die Begleitung von Tony Stark musste ich mich wohl gezwungermaßen etwas mehr rausputzen als sonst.
Das Kleid saß zudem wie angegossen und das warf die Frage auf, woher Tony meine Größe gewusst hatte. Hatte er mich vielleicht im Schlaf ausgemessen? Eine seltsame und amüsante Vorstellung.
Irgendwie fühlte ich mich auch durchaus sexy in diesem Stofffetzen, der bis zu meinen Füßen reichte, die nun in den silbernen Schuhen steckten. Meine Haare, die ich mir am gestrigen Tag extra noch hatte kürzer schneiden lassen, hatte ich hochgesteckt, mein Gesicht ein wenig geschminkt und meine Nägel in einem zarten Rosé lackiert.
Selten hatte ich mich so hübsch gefühlt.
Ich war Tony einiges dafür schuldig, dass er mich immer wieder mit so vielen Dingen überhäufte. Ich wollte gar nicht wissen, wieviel mein Outfit gekostet hatte, denn sonst fiel ich womöglich noch in Ohnmacht. Die Vorstellung, so viel Geld wie Tony zu besitzen, ließ mich jedes Mal aufs Neue erschaudern, obwohl ich nie wirklich über diesen Fakt nachgedacht hatte. Schon irgendwie komisch. Andere würden ausrasten, wenn sie in meiner Haut stecken würden. Natürlich nicht nur, weil Tony äußerlich und innerlich den absolut heißesten Mann der Welt verkörperte, sondern auch, weil er stinkreich war. Aber für mich hatte das nie irgendetwas an meiner Beziehung zu ihm geändert. Sein Vermögen war eher sowas wie eine positive Nebensache, die sich darin äußerte, welchen Standard ich Dank ihm genießen konnte. Schicke Kleider, köstliches Essen, schnelle Autos...das war alles wunderschön, aber ich könnte auch ohne diese Dinge überleben. Und obwohl Tony das wusste, hielt er sich dennoch nicht zurück. Was eigentlich gar nicht mal schlimm war.
"Hier bist du", stellte ich aufatmend fest, als ich die Türe der Werkstatt aufstieß, woraufhin Tony sich zu mir umdrehte.
"Wow", seine Augen begutachteten jede Stelle meines Körpers und schienen mich am liebsten ausziehen zu wollen, weshalb mir ein leichtes Lächeln über die Lippen huschte.
"Du siehst fantastisch aus", sein Gesichtsausdruck war noch immer vollkommen geplättet, was ich von ihm gar nicht kannte.
"Danke gleichfalls", selbstsicher warf ich ihm einen Luftkuss zu.
"Siehst du den Ferrari da vorne?", er nickte in Richtung eines roten Sportwagens, der am Ende der Garage stand.
"Meinst du den Ferrari J50?", nun konnte ich ein bisschen mit meiner Sportwagen-Kenntnis angeben, die ich mir Dank meines Ex-Freundes Jonathan über die Jahre angeeignet hatte. Er war auf alles mit über 300 PS abgefahren und würde vor Neid sicherlich platzen, wenn er wüsste, dass ich gleich in sein Traumauto einstieg.
"Hörst du denn nie auf, noch schärfer zu werden?", Tony leckte sich über die Lippen. Ich ließ diese Bemerkung unkommentiert, spürte jedoch deutlich das Kribbeln in meinem Bauch, und schritt dann mit ihm im Schlepptau zum Auto hinüber und stieg in dieses ein - darauf bedacht, meinen Aufzug nicht zu zerstören.
"Kann's losgehen?", Tony, der mir gefolgt war, setzte sich hinters Steuer und startete den Motor.
"Oh ja."
Wir fuhren überraschenderweise relativ langsam - für Tonys Verhältnisse jedenfalls. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass der Wind unsere Frisuren zerstörte - der Ferrari war immerhin ein Roadster; also ein zweisitziges Auto ohne festes Dach. Schade daran war außerdem, dass wir uns aufgrund der Geräuschkulisse nur schlecht miteinander unterhalten konnten, weshalb ich während der zwanzig-minütigen Fahrt lediglich meinen Gedanken lauschte und mir einen perfekten Abend mit dem perfekten Mann neben mir ausmalte.
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Tony hielt den Wagen vor der großen, gläsernen, abgeflachten Halle, die mich sicherlich an ein Gewächshaus erinnert hätte, wenn sie nicht wunderschön geschmückt gewesen wäre: hunderte kleine Lichter zogen sich an der Decke des Glaskomplexes entlang, grüne Pflanzen sorgten für ein frisches Ambiente und sogar von der Straße aus konnte ich den riesigen Springbrunnen in der Mitte des Saales erspähen. Dutzende Menschen tummelten sich um diesen, waren formell gekleidet und führten angeregt Unterhaltungen miteinander. Das Bild, welches sich mir bot, glich meiner Welt kein Bisschen und ich war mir sicher, dass auch Tony sich wohler in anderer Gesellschaft fühlte, aber eins wusste ich bereits jetzt: dieser Abend würde uns viel Spaß bescheren.
Tony stieg aus, eilte um das Auto herum, öffnete die Türe, reichte mir seine Hand und half mir aus dem Wagen. Ich lächelte ihn dankend an, was er matt erwiderte. Er überließ seinen Sportwagen schließlich einem jungen Mann, der ihn parken sollte.
"Wenn du eine Kamera siehst, die unbedingt dein schönes Gesicht einfangen will, dann lächle einfach", flüsterte mir Tony zu, als ich mich bei ihm einhakte. Ehe ich mich versah, gingen wir den Weg zum Eingang entlang und wurden bereits dort von einigen Menschen umzingelt. Dieses rege Treiben kannte ich sonst nur aus dem Fernsehen, wenn sie mal wieder zeigten, wie die Stars und Sternchen Hollywoods über den roten Teppich stolzierten. Oder wahlweise auch aus der U-Bahn.
"Mister Stark, was sagen Sie zu den Vorwürfen, Sie lässen Ihre Firma links liegen?", fragte die Stimme eines Reporters, der sich uns ohne Scham einfach in den Weg gestellt hatte. Stark Industries. Tonys Firma war in den letzten Monaten das Thema geworden, worauf sich die Medien stürzten wie Aasgeier. Immer wieder hatte ich gelesen, der Aufsichtsrat hätte sich längst aufgelöst und die Firma wäre lediglich Fassade für irgendein abgekartetes Spielchen des eisernen Mannes. Tony war bezüglich seiner Arbeit recht verschwiegen und das akzeptierte ich. Es bestand für mich kein Grund, den Lügenmärchen, die die Presse sich wie so oft zurecht spann, Glauben zu schenken. Mittlerweile war ich mir nämlich sicher, dass Tony mir keine Lügen auftischte.
"Unmöglich", lehnte Tony lässig ab, "Warum würde ich denn sonst diese Gala veranstalten?"
Daraufhin schwieg der Reporter und trat einen Schritt zurück, sodass wir unseren Marsch zum Eingang fortsetzen konnten. Ungläubig über Tonys Aussage schüttelte ich den Kopf.
"Du veranstaltest die Gala?", flüsterte ich ihm entsetzt zu, "Hätte ich gewusst, dass du heute im Mittelpunkt stehst, hätte ich dieses Kleid bestimmt nicht angezogen."
"Wie gut, dass ich dich nicht eingeweiht habe", er grinste mich schelmisch an, "Entspann' dich einfach. Du siehst wundervoll aus und da wird mir niemand widersprechen können."
Ich nickte zögernd und war zu perplex, um mich für sein Kompliment bedanken zu können. Er fand also, dass ich wundervoll aussah. Augenblicklich schlug mein Herz um zwei Takte höher.
Wir waren schon fast am Eingang angekommen, als plötzlich ein Mikrophon vor unseren Nasen klebte und die passende Reporterin gleich dahinter stand.
"Mister Stark, dürfte ich fragen, wer Ihre reizende Begleitung ist?", sie sah uns abwechselnd mit neugierigem Blick an.
"Reizend trifft's ganz gut", Tony grinste, "Und wenn Sie so lieb fragen..."
Der Reporterin wuchs ein gewaltiges Lächeln auf den Lippen, weil sie damit rechnete, eine Antwort zu erhalten.
"Sie ist meine äußerst reizende Begleitung", sein Blick steckte voller Triumph, als er ihr geplättetes Gesicht sah.
"Aber-", sie wollte widersprechen, doch er schnitt ihr das Wort ab.
"Wollen Sie uns etwa davon abhalten, meine Gala zu besuchen? Das wäre wirklich sehr unhöflich von Ihnen."
Ihre Kinnlade klappte hinunter und sie war wie erstarrt, weshalb Tony und ich diese Gelegenheit sofort zur Flucht nutzten. Wir quetschten uns an ihr vorbei, betraten das Gebäude endlich und wurden glücklicherweise nicht direkt von weiteren Menschen belagert.
Wir gingen an die Bar, wo Tony uns als erstes zwei Martinis bestellte, mit denen wir uns zu einem freien Tisch begaben und uns auf einen Stuhl setzten.
"Wenn das deine Gala ist-", begann ich, nachdem ich an meinem Drink genippt hatte, "-müsstest du dann nicht auch eine Rede halten?"
"Nö", er nahm ebenfalls einen Schluck von seinem Getränk, "Das interessiert hier keinen. Sie maßen sich auch ohne eine Stellungnahme meinerseits ein Urteil über mich an. Tony Stark meidet die Öffentlichkeit. Er ist verletzlich, klein und gebrochen. Pff, Idioten."
Ich war überrascht, immerhin kam es nicht oft vor, dass Tony so offen über seine Gefühle redete. Einmal in...niemals. Aber das war ein gutes Zeichen.
"Sag' sowas nicht", bat ich ihn mit ehrlichem Ton, "Du bist nicht so, wie alle anderen dich sehen. Du bist so viel besser, Tony. Die Leute haben schon immer viel geredet und das werden sie auch künftig noch tun. Nimm es nicht so schwer. Das ist nämlich genau das, was sie wollen. Sie wollen dich bluten sehen. Aber das darfst du - dürfen wir nicht zulassen. Okay?"
Er stieß einen wehmütigen Seufzer aus.
"Was würde ich nur ohne dich machen, Elli?", murmelte er und schenkte mir einen dankenden Blick.
"Also doch Elli?", ich schmunzelte kopfschüttelnd.
"Du warst für mich Elli ab dem Moment, wo wir uns geküsst haben", er zwinkerte mir zu und augenblicklich fühlte ich mich schwer wie ein Stein. Was meinte er denn damit?
"Oh und wegen der Gala...", wechselte Tony prompt das Thema, "Im Grunde war das auch gar nicht meine Idee. Pepper hat sie vor einigen Monaten organisiert."
"Du vermisst sie, oder?", fragte ich, nachdem ich tief Luft geholt hatte, und musterte ihn möglichst unauffällig. Das Glas, welches er in seiner Hand hin und her gleiten ließ und dessen Flüssigkeit durch diese Bewegung ebenfalls hin und her schwappte, hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
"Kann man so sagen", murmelte er geistesabwesend, "Sie und Happy waren immer für mich da. Tja, und ich hab's vermasselt."
"Es ist nie zu spät für eine Entschuldigung", entgegnete ich und legte meine Hand auf seine, die nun auf dem Tisch ruhte, "Ich würde dir auch helfen."
Er lächelte lediglich schwach und kippte dann den Rest des Martinis hinunter.
"Lass uns tanzen", er war bereits aufgestanden, weshalb ich wohl kaum widersprechen konnte.
"Meinetwegen", gab ich nach und ließ mich von ihm auf die improvisierte Tanzfläche ziehen, wo sich bereits einige Pärchen zu der langsamen Musik bewegten. Tony legte seine Hände auf meine Taille, zog mich nah an sich und ich verschränkte meine Hände hinter seinem Nacken ineinander.
Das Lied, welches gespielt wurde, war wirklich sehr schön, und so vergaß ich recht schnell, dass ich gerade in einem tief ausgeschnittenen Kleid mit dem Tony Stark tanzte und mich dabei höchstwahrscheinlich blamierte, weil ich eigentlich überhaupt nicht tanzen konnte.
Es fühlte sich fast an, als stände die Zeit still. Als gäbe es nur noch ein Uns, ein Sich-Eng-Umschlingen und Verliebt-In-Die-Augen-Des-Anderen-Blicken. Alle Gaffer, die sich vermutlich das Maul darüber zerrissen, wer diese gewöhnliche Frau an Tony Starks Seite war, zählten plötzlich nicht mehr. Einzig wichtig war mir Tonys Blick, der sich mit meinem zu verketten schien. Seine Augen, die sich nicht mehr von meinen trennten wollten. Es war perfekt. Er war perfekt.
"Danke für's Führen", durchbrach ich die Stille und warf Tony einen dankenden Blick zu, denn mit ihm an meiner Seite fiel es hoffentlich nicht allzu sehr auf, dass ich nie gelernt hatte, wie man mit einem Mann tanzte. In den drei Jahren, in denen ich mit Jonathan zusammen gewesen war, hatten wir derartiges nie gemacht. Umso schöner war es, das jetzt mit Tony nachzuholen.
"Dafür musst du dich doch nicht bedanken", er lachte leise auf.
"Warum denn nicht? Im Gegensatz zu mir bist du ein guter Tänzer", lobte ich Tony, der mich nur matt anlächelte. Ich genoss seine Nähe und er meine - so wirkte es jedenfalls.
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"Ich müsste mal für kleine Tänzerinnen", teilte ich ihm nach dem vierten Lied mit. Er nickte verständnisvoll und ließ von mir ab. Die Wärme wich, aber es kam mir dennoch vor, als spürte ich ein gewisses Knistern zwischen uns, welches die Luft aufheizte.
"Ich bin an der Bar", sagte Tony und so trennten sich unsere Wege.
Nach dem Toilettengang wollte ich zu Tony zurückkehren, wurde jedoch von der Reporterin aufgehalten, die uns bereits zu Beginn des Abends am Eingang abgefangen hatte.
"Dürfte ich Sie kurz stören?", fragte sie mich und bei ihrer Freundlichkeit mir gegenüber konnte ich ihre Frage im Grunde nur bejahen. Sie war schließlich auch nur ein Mensch und ich wollte sie nicht blöd anpflaumen, wenn sie sich doch so höflich verhielt.
"Sie wurden bereits öfters an der Seite von Tony Stark gesehen", begann sie nach einem Nicken meinerseits, "Welche Beziehung genau führen sie?"
"Puh", ich lachte auf, "Keine Ahnung? Eine gute würde ich sagen?"
"Sie sind also ein Paar?", hakte sie nach.
"Das lasse ich einfach mal so in der Luft hängen", erwiderte ich knapp.
"Kommen Sie schon", stocherte sie, "Geben Sie uns ein paar Details. Wie ist er so? Schnarcht er? Lässt er seine Socken überall rumliegen?"
"Das sind die Fragen, die Ihnen bei Tony Stark als erstes in den Sinn kommen?", ich schmunzelte, "Wie auch immer, ich befürchte, dass er ganz schön sauer auf mich wäre, wenn ich Ihnen Antworten darauf geben würde."
"Schade", sie biss sich auf die Lippe, "Ihr Kleid ist übrigens wunderschön. Sie könnten glatt ein Filmstar sein. War es geplant, Ihrer Begleitung die Show zu stehlen?"
"Tue ich das?", ich legte den Kopf schief, "Das war nicht meine Absicht. Wissen Sie, ich habe mir dieses Outfit gar nicht ausgesucht...das war Tony."
"Er hat einen guten Sinn für Mode", sie betrachtete mich zufrieden, "Sie sind nicht ohne Grund der Blickfang des Abends."
Ich konnte nicht anders, als leicht zu erröten. Klar, beim Tanz mit Tony hatte ich ganz genau bemerkt, dass man mich anstarrte, aber auf diese Weise? Unfassbar.
"Da kann ich Ihnen nur zustimmen", ich lächelte, "Also mit ersterem. Tonys gutem Modegeschmack. Sie wissen schon."
"Was mögen Sie sonst noch an ihm?", wollte sie wissen und im gleichen Moment tauchte Tony plötzlich neben uns auf.
"Ich dachte schon, die Toilette hätte dich verschlungen", er wendete sich seufzend an mich, "Was machst du hier?"
"Wir sind mitten in einem Interview", teilte ihm die Reporterin mit.
"Das ich hiermit für beendet erkläre", stellte Tony klar.
"Och, jetzt sei doch kein Spielverderber", ich schmollte.
"Ich und Spielverderber?", seine Augenbrauen zogen sich entsetzt in die Höhe, "Das ist eine Beleidigung."
"Oh, armer Tony", ich legte meine Arme um seinen Hals und lächelte ihn aufmunternd an, "Tut mir leid."
"Entschuldigung akzeptiert", nun grinste er wieder und zog mich an der Hüfte näher an seinen Körper.
"Hier geht es aber heiß her", die Reporterin, die ich schon fast vergessen hatte, stieß einen Pfiff aus, "Und ich darf wirklich nichts fragen?"
Ich sah Tony bittend an, woraufhin er ein leises "Meinetwegen" herauspresste.
"Welches Bett haben Sie, Mister Stark?", fragte sie, woraufhin ich sie verwundert anstarrte. War sie eine echte Journalistin oder gehörte sie irgendeinem Tony-Stark-Fanclub an und recherchierte für ihren Blog?
"Eins zum schlafen", antwortete Tony lässig, einen seiner Arme noch immer um mich gelegt.
"Untertrieben", mischte ich mich ein, "Es ist das beste Bett der Welt. Als würde man auf Wolken schlafen. Oder auf superweichen Marshmallows."
"Interessant", sie notierte sich einiges auf ihrem kleinen Block, "Wie ist Ihr Kontakt zu den anderen Superhelden auf dieser Welt? Es gibt ja die Avengers-Initiative, die in diesem Jahr jedoch kaum in Kraft treten musste, weil sich die Welt ausnahmsweise friedlich verhalten hat."
"Wir stehen in Kontakt", sagte Tony, der irgendwie in Fahrt gekommen zu sein schien, "Captain Jack Frost hat sich zwar noch immer nicht ganz an die Technik gewöhnt, aber wir grenzen ihn trotzdem nicht aus. Oh, und Abigail Whistler aka Robin Hood, oder auch-"
"Merida", ich stieg in sein kleines Witzeln mit ein, "Legolas? Uh, wie wär's mit Neytiri?"
"Von Avatar? Du bist genial", er grinste mich an.
"Sie reden von Clint Barton, stimmt's?", schaltete sich die Reporterin wieder ein.
"Dem geht's hervorragend", beendete Tony schließlich seinen eigentlichen Satz.
"Ich sehe schon, sie scheinen beide aus dem gleichen Holz geschnitzt zu sein", sie lächelte uns an, "Ich freue mich schon auf die Reaktionen. Tony Stark hat seine wahre Liebe gefunden. Das wird der Welt gefallen!"
So schnell, wie sie aufgetaucht war, verschwand sie nun wieder. Ich sah ihr geplättet hinterher.
"Das kann sie doch nicht schreiben!", ich schmiss meine Arme in die Luft und gestikulierte wild.
"Warum denn nicht?", Tony zuckte nur mit den Schultern, "Das wäre nicht das erste Mal, dass in den Zeitungen vollkommener Unfug steht."
Moment...was? Vollkommener Unfug? Das tat weh. Klar, wir waren kein Paar, aber so abwegig wäre es nicht, oder? Immerhin hatten wir innerhalb kürzester Zeit so einiges durchgemacht...gemeinsam.
"Alles okay?", Tony schaute mich besorgt an, als er meinen starren, trostlosen Blick bemerkte.
"Jaja", schnell fing ich mich wieder. Ich war erwachsen. Es tat weh, aber damit musste ich mich abfinden. In meinem Leben würde noch viel Schmerz folgen, dann durfte ich mich nicht an dieser Kleinigkeit festbeißen.
"Ich brauch' einen Drink", teilte ich ihm mit und wir gingen wieder an die Bar.
"Einen Wodka Lemon", bestellte ich beim Barkeeper, "Nein, zwei. Und lassen Sie das Lemon weg."
Er nickte und mixte die Drinks, die ja im Grunde nur aus Wodka bestanden.
"Ich trinke heute nichts mehr", lehnte Tony ab, weshalb ich direkt beide Gläser leer trank.
"Spaßbremse", trotzte ich und war plötzlich wieder auf dem Boden der schmerzenden Tatsachen: Tony empfand für mich nicht das, was ich für ihn empfand.
"Mit dir kann ich auch ohne Alkohol Spaß haben", er zwinkerte und ich hatte keine Ahnung, was das nun schon wieder zu bedeuten hatte. Dieser Mann machte mich fertig.
"Außerdem fahre ich."
"Woho, verantwortungsbewusst", ich atmete aus und spürte meine brennende Kehle. Doch das war genau das, was ich nach Tonys Aussage brauchte. Vollkommener Unfug. Tony Stark wusste, womit er einem das Herz zerreißen konnte.
"So kennt man mich doch", er leckte sich über die Lippe, wodurch sich mein Magen kribbelnd zusammenzog. Verdammt, was stellte dieser Mann bloß mit mir und meinen Gefühlen an?
"Ich müsste auch mal meine Blase leeren", sagte er dann, "Bis gleich."
Ich erwiderte nichts, sondern wendete mich wieder dem Barkeeper zu, der sich anzustrengen schien, mir nicht dauernd in den Ausschnitt zu glotzen. Ich seufzte. Für ihn hatte ich dieses aufreizende Kleid sicherlich nicht angezogen.
"Ich nehm' nochmal das gleiche", verkündete ich und er nickte lächelnd.
"Kommt sofort."
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"Starrt mir heute irgendwie jeder auf die Brüste?", fragte ich den Barkeeper, der - wie er mir mitgeteilt hatte - Kyle hieß.
"Ich glaube schon", er lächelte verschmitzt, "Aber bei dem Kleid war das ja auch zu erwarten."
"Pff", schnaubte ich, "War nicht meine Entscheidung. Mein Freund, der hat das ausgesucht. Also er ist nicht mein Freund...du weißt, was ich meine oder?"
"Nicht ganz", er lachte auf, wobei seine kurzen, schwarzen Locken umher tänzelten. Vielleicht bildete ich mich das auch nur ein. Ich schüttelte gedankenverdrängend den Kopf und fuhr glucksend fort.
"Wir sind nicht zusammen."
"Aber er kauft dir dieses Kleid?", Kyle schaute mich verschwörerisch an, "Wenn der nicht auf dich steht, dann bin ich ein Zauberer."
"Meinst du?", ich beugte mich interessiert zu ihm nach vorne und somit halb über den Tresen. Ich konnte ihm einfach nicht glauben. Immerhin hatte ich genug Andeutungen gemacht, auf die Tony nicht eingegangen war. Eine Beziehung mit mir hatte er als vollkommenen Umfug abgestempelt. Er hatte bestimmt keine Ahnung, wie sehr mich diese Worte getroffen hatten. Vielleicht fand mich Tony ja auch gar nicht attraktiv...oh verdammt, er hatte schon so viele Frauen gehabt, da war ich in seinen Augen bestimmt nur mangelhafte Null-Acht-Fünfzehn-Ware. Mein Körper war zwar durchaus vorzeigbar, aber wenn er in mir nur eine Art Schwester sah, war es unmöglich, ihn jemals zu verführen. Verflucht nochmal, er war Tony Stark. Warum gab er sich überhaupt mit einem Würstchen wie mir ab? Selbstmitleid hatte mir zwar noch nie weitergeholfen, aber in diesem Moment war es das einzige, was mir in den Sinn kam.
"Elli?", Tonys wohlige Stimme erklang in meinen Ohren. Ich drehte mich zu dieser um und ein angenehmer Schauer lief über meinen Rücken, als meine Augen ihn erblickten. Er sah so unverschämt gut aus in seinem dunklen Anzug, dass ich mich wirklich mit all meiner noch vorhandenen Kraft anstrengen musste, nicht aufzustehen, ihm seine Kleider vom Leib zu reißen und wie ein wildes Raubtier über ihn herzufallen. Er war scharf wie ein frisch geschliffenes Messer und heiß wie ein eben entzündetes Feuer, sodass sich mal wieder der Gedanke in meinen Kopf schlich, ob er gerade wirklich vor mir stand oder ob ich einfach nur einen wunderbaren Traum hatte, aus dem ich jede Sekunde erwachen könnte.
"Na Süßer", ich zwinkerte ihm vielsagend zu und tüftelte meine nächste Strategie aus: frontaler Angriff.
"Wieviel hast du getrunken?", Tony verschränkte demonstrativ die Arme und sah mich skeptisch an.
"Och, ein paar Gläschen", ich grinste, stand langsam auf, torkelte zu ihm hinüber und legte meine Arme um seinen Hals, "Stehst du auf mich?"
Mit Alkohol im Blut war es unfassbar leicht, ihm endlich diese Frage zu stellen.
"Was?", sein Blick war voller Überraschung und Verwunderung zugleich, "Nein. Du bist betrunken und wir werden jetzt wieder nach Hause fahren."
"Findest du mich nicht toll?", ich war enttäuscht und zog einen Schmollmund.
"Doch, du bist toll", entgegnete er und strich mir sanft eine lose Strähne meines Haares hinters Ohr, "Aber wir gehen trotzdem."
"Blödkopf", brummte ich, weil ich nicht wollte, dass dieser Abend schon endete. Ich wollte so lange mit Tony tanzen, bis meine Beine vor lauter Erschöpfung zusammenklappten.
Stattdessen jedoch rief ich Kyle ein "Danke für die Drinks!" zu, wurde von Tony regelrecht durch den Hinterausgang geschleift und ehe ich mich versah, saß ich auch schon auf dem Beifahrersitz des Ferraris. So hatte ich mir den Abend nicht vorgestellt.
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"Ich bin aber noch nicht müde!", nörgelte ich, als Tony mich ins Bett legte. Er hatte mich auf seinen Armen bis ins Schlafzimmer getragen und dabei keine Miene verzogen. Zuvor auf der Fahrt hatte er schon kein Wort gesagt.
"Jetzt weiß ich mal, wie albern es ist, betrunken zu sein", murmelte er, zog mir die High-Heels von den Füßen und warf diese dann in hohem Bogen durch das ganze Schlafzimmer.
"Ziehst du mir das Kleid auch noch aus?", fragte ich ihn hoffnungsvoll. Er seufzte bloß und rieb sich entkräftet über die Stirn.
"Bitte...bitte", flehte ich und er begann seufzend, die Träger von meinen Schultern zu streifen, hielt jedoch inne.
"Trägst du einen BH?", wollte er wissen, woraufhin ich unschuldig den Kopf schüttelte.
"Dann kannst du dich selber ausziehen", sagte er selbstsicher und mit ernstem Tonfall.
"Ach komm schon", brummte ich und zog ihn an seiner Krawatte zu mir hinunter, "Früher hast du sowas immer gemacht."
"Früher ist Vergangenheit", stellte er mit einer ungewohnten Strenge klar, "Du bist betrunken und solltest schlafen, denn wenn du morgen aufwachst, willst du nichts bereuen."
"Ich bereue gar nichts", widersprach ich mürrisch, "Wer wäre denn so blöd und würde Sex mit dir bereuen? Ich kann mir nichts besseres vorstellen. Komm schon Tony..."
Er biss sich auf die Lippe und ich zog ihn noch näher zu mir hinunter, sodass ich seinen heißen Atem auf meiner Haut spüren konnte.
"Du willst es doch auch", hauchte ich mit rauer Stimme, "Gib's mir Tony..."
Ihm entwich ein leises Stöhnen, was mich widerrum zum Grinsen brachte.
"Elli, nein", seine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern und sein Körper war meinem näher als je zuvor, sodass ich selbst durch den Stoff seiner Hose ganz deutlich spüren konnte, dass ich mit meinen Taten bei ihm sehr wohl etwas bewirkte. Ein freches Grinsen schlich sich auf meine Lippen.
"Nur eine Nacht", raunte ich, "Wie vielen Weibern hast du diesen Traum erfüllt? Nur ein weiteres Mal...es ist doch nur Sex, komm schon. Bitte, bitte, bitte."
Er rang sichtlich mit sich selbst, ging aber wider Erwarten nicht auf mich ein, sondern löste schnell seine Krawatte, zog sie sich über den Kopf und stieg schwer atmend von mir hinunter. Er fuhr sich mit seiner Hand durch die zerzausten Haare und schnappte nach Luft.
"Ich bin unten, wenn du mich brauchen solltest", verkündete Tony dann als wäre nichts geschehen, "Mach keinen Mist. Big brother is watching you."
"Buh", ertönte Jarvis' Stimme und ich verdrehte die Augen. Warum war er plötzlich so verbissen und spießig? Ich hatte gedacht, Tony Stark wäre immer für bedingungslosen Sex zu haben.
"Jaja, bis dann", knurrte ich.
Er verschwand ohne ein weiteres Wort zu sagen oder einen weiteren Blick auf mich zu werfen und ich schaffte es schließlich doch noch, mir das Kleid aus- und ein T-Shirt von Tony anzuziehen, bevor ich mich auf das weiche Bett warf, nochmals darüber nachdachte, weshalb mein wohl durchdachter Plan gescheitert war und letzlich gedankenlos ins Reich der Träume abtauchte - einer Welt, in welcher mich sogar der Mann, der mich am heutigen Abend mehrfach abgewiesen hatte, lieben konnte.
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Erstmal: Danke für mittlerweile über 3,5 Tausend Reads! Das ist eine enorme Anzahl für mich und es freut mich, dass einigen unter euch die Geschichte gefällt, damit hätte ich nie und nimmer gerechnet! Danke für eure Unterstützung, die aufbauenden Worte, die Sternchen und auch ein dickes DANKE für das "ledigliche" Lesen!
Diesmal mit 4438 Wörtern einen Ticken länger als sonst - etwas zu lang für meinen Geschmack, aber ich hatte keine Lust, dieses Kapitel zu splitten...
Wie gesagt, dieses Kapitel ist mein absolutes Lieblingskapitel, weil es verdammt viel Spaß gemacht hat, es zu schreiben und weil sich die beiden (endlich) mal näher gekommen sind, aber irgendwie auch nicht und arg, ich habe in diesen Teil echt viel Liebe und Mühe reingesteckt - ich hoffe mal, dass man das wenigstens ein kleines bisschen merkt :D
Wenn's euch gefallen hat, hinterlasst mir doch einen Kommentar oder Vote, das freut mich stets riesig! :)
Eine schöne Woche noch!
PS: ich hinterlasse hier mal dezent eine kleine Warnung für das nächste Kapitel...ihr werdet noch früh genug herausfinden, was ich damit meine :D
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